Zeitungsartikel: 1951-11-16 Schwäbische Landeszeitung: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Die wildesten Gerüchte gingen um'''<br>  
'''Die wildesten Gerüchte gingen um'''<br>  
Die Volksmeinung ging auseinander. Die einen sagten:“Das war niemand anderer als der junge Schwiegersohn, der [[Personen: Gabriel Karl|Gabriel]]. Der kam nach dem ersten Krieg aus dem Feld heim, erfuhr dass sein Weib die [[Personen: Gabriel Viktoria|Viktoria]] in Hinterkaifeck ein Kind geboren hatte, als er nicht da war und dessen Vater er unmöglich sein kann. Der erschlug sie alle, weil er die Schmach nicht dulden wollte. Derjenige der`s gemacht hat, muss den Hof wie seine Westentasche gekannt haben. Die Hinterkaifecker ließen kaum einen Hamsterer vor die Tür, geschweige einen Fremden gar ins Haus. „Nein!“ widersprachen andere. „Der junge Gabriel kann es unmöglich gewesen sein. Der ist als Soldat bereits am Anfang des ersten Weltkrieges bereits in Belgien gefallen.“ „Vermisst war er nur“. „Nein er ist gefallen und begraben worden; das steht amtlich fest.“ So gehen seit drei Jahrzehnten die Meinungen hin und her. War es ein Raubmord? Es fehlte zwar [[Sachverhalte: Nach der Tat vorhandenes Geld|Geld]]. Aber es blieben eine Menge Goldstücke auf dem Hof zurück, die ein Raubmörder, wenn er vier Tage lang in dem Einödhof zum Suchen Zeit hatte, unbedingt hätte finden müssen. Für das, was fehlte lohnte sich jedenfalls die Ermordung von vier Erwachsenen und zwei Kindern nicht. Das außereheliche Kind der Viktoria Gabriel, der dreijährige [[Personen: Gruber Josef|Josef]] sah bei der [[Sachverhalte: Die 5 Tatortbilder|Auffindung]] am schrecklichsten aus.  
Die Volksmeinung ging auseinander. Die einen sagten:“Das war niemand anderer als der junge Schwiegersohn, der [[Personen: Gabriel Karl|Gabriel]]. Der kam nach dem ersten Krieg aus dem Feld heim, erfuhr dass sein Weib die [[Personen: Gabriel Viktoria|Viktoria]] in Hinterkaifeck ein Kind geboren hatte, als er nicht da war und dessen Vater er unmöglich sein kann. Der erschlug sie alle, weil er die Schmach nicht dulden wollte. Derjenige der`s gemacht hat, muss den Hof wie seine Westentasche gekannt haben. Die Hinterkaifecker ließen kaum einen Hamsterer vor die Tür, geschweige einen Fremden gar ins Haus. „Nein!“ widersprachen andere. „Der junge Gabriel kann es unmöglich gewesen sein. Der ist als Soldat bereits am Anfang des ersten Weltkrieges bereits in Belgien gefallen.“ „Vermisst war er nur“. „Nein er ist gefallen und begraben worden; das steht amtlich fest.“ So gehen seit drei Jahrzehnten die Meinungen hin und her. War es ein Raubmord? Es fehlte zwar [[Sachverhalte: Nach der Tat vorhandenes Geld|Geld]]. Aber es blieben eine Menge Goldstücke auf dem Hof zurück, die ein Raubmörder, wenn er vier Tage lang in dem Einödhof zum Suchen Zeit hatte, unbedingt hätte finden müssen. Für das, was fehlte lohnte sich jedenfalls die Ermordung von vier Erwachsenen und zwei Kindern nicht. Das außereheliche Kind der Viktoria Gabriel, der dreijährige [[Personen: Gruber Josef|Josef]] sah bei der [[Sachverhalte: Die 5 Tatortbilder|Auffindung]] am schrecklichsten aus.  
Alle Umstände deuten darauf hin, dass der Täter mit einem geradezu tierischen Hass das Kind getötet haben musste. Man versuchte amtlich mehrmals die Tat zu rekonstruieren: Mit großer Wahrscheinlichkeit schlich sich der Täter eine Nacht vorher ins Haus und blieb auf dem Heuboden liegen. Dann löste er am zweiten Abend das Vieh von den Ketten und machte dadurch Lärm. Der alte [[Personen: Gruber Andreas|Gruber]] hat daraufhin mit ziemlicher Sicherheit zuerst im Stall nach gesehen . Hinter der dunklen Stalltür stand der Täter mit der Hacke. Der Bauer kam nicht mehr. Die alte [[Personen: Gruber Cäzilia|Bäuerin]] wollte nachsehen – und kam auch nicht mehr zurück. Die junge Bäuerin ging ebenfalls ihren letzten Gang in den Stadel, als sie nach ihren Eltern sehen wollte, die so lange wegblieben und hinter ihr die siebenjährige [[Personen: Gabriel Cäzilia|Tochter]]. Und alle kamen sie nicht mehr zurück. Dann drang der Mörder ins Haus, sah in der Schlafstube das dreijährige Bübchen im Kinderwagen und schlug mit der Haue nochmals zu. Nun glaubte er wohl, dass niemand mehr im Hause sei. Er musste aber die neue Magd in der Kammer gehört haben. Die wurde dort sein letztes Opfer. Dann floh er. Fast vier Tage hatte er Zeit. Die reichte aus, um ihn unter damaligen Umständen an jede Landesgrenze des deutschen Reiches zu bringen mit dem Geld, was vom Hinterkaifeckerhof fehlte. Wie gesagt: Das ist eine Hypothese. Klare Beweise gibt es nicht.<br>
Alle Umstände deuten darauf hin, dass der Täter mit einem geradezu tierischen Hass das Kind getötet haben musste. Man versuchte amtlich mehrmals die Tat zu rekonstruieren: Mit großer Wahrscheinlichkeit schlich sich der Täter eine Nacht vorher ins Haus und blieb auf dem Heuboden liegen. Dann löste er am zweiten Abend das Vieh von den Ketten und machte dadurch Lärm. Der alte [[Personen: Gruber Andreas|Gruber]] hat daraufhin mit ziemlicher Sicherheit zuerst im Stall nach gesehen . Hinter der dunklen Stalltür stand der Täter mit der Hacke. Der Bauer kam nicht mehr. Die alte [[Personen: Gruber Cäzilia|Bäuerin]] wollte nachsehen – und kam auch nicht mehr zurück. Die junge Bäuerin ging ebenfalls ihren letzten Gang in den Stadel, als sie nach ihren Eltern sehen wollte, die so lange wegblieben und hinter ihr die siebenjährige [[Personen: Gabriel Cäzilia|Tochter]]. Und alle kamen sie nicht mehr zurück. Dann drang der Mörder ins Haus, sah in der Schlafstube das dreijährige Bübchen im Kinderwagen und schlug mit der Haue nochmals zu. Nun glaubte er wohl, dass niemand mehr im Hause sei. Er musste aber die neue Magd in der Kammer gehört haben. Die wurde dort sein letztes Opfer. Dann floh er. Fast vier Tage hatte er Zeit. Die reichte aus, um ihn unter damaligen Umständen an jede Landesgrenze des deutschen Reiches zu bringen mit dem Geld, was vom Hinterkaifeckerhof fehlte. Wie gesagt: Das ist eine Hypothese. Klare Beweise gibt es nicht.
In der Bombennacht von 1944 verbrannten in der Augsburger Staatsanwaltschaft die  
In der Bombennacht von 1944 verbrannten in der Augsburger Staatsanwaltschaft die  
[http://www.gda.bayern.de/archive/augsburg/3 Akten] Hinterkaifeck. Der Fall schien damit endgültig in der Rubrik „Unerledigt-Ungeklärt“ eingeordnet zu werden. Da veröffentlichte vor kurzem der „Der Donaukurier“ in Ingolstadt eine Artikelserie zur Mordnacht von Hinterkaifeck, in der all das zusammengetragen worden war, was zum Teil amtsbekannt, zum Teil auch Volksmeinung gewesen ist. Es war kein Tatsachenbericht, sondern eher schon eine Deutung dieser Tragödie. Und da sprach eines Tages ein Rußlandheimkehrer aus dem zweiten Weltkrieg einen Reporter dieser Zeitung an und meinte: „ Na, die Sache da mit Hinterkaifeck , wie ihr sie schreibt, die stimmt nicht immer!“ Und nach einigen Hin und Her erzählte der etwa 35-40 Jahre alte Mann dem Journalisten:“Ich habe einen kennen gelernt, der sich als Mörder von Hinterkaifeck bezeichnete.“ Das konnte eine sogenannte „Ente“ sein, aber Matthäus Eser, ehemaliger Landser der 71. Infanterie-Division stand zu seinem Wort. Wir fuhren also nach Ingolstadt und unterhielten uns mit dem Mann in einer kleinen Gastwirtschaft. Dabei soll nicht verschwiegen werden, dass wir einen Experten bei uns hatten, der den Fall Hinterkaifeck auch „wie seine Hosentasche“ kannte. Eser legte also los, ruhig, sachlich, ohne Übertreibung, sagte zwischendurch auch einmal: „das weiß ich nicht!“ wo er sicher und gefahrlos hätte aufschneiden können. Seine Aussagen fingen langsam an, unheimlich präzise zu werden.  
[http://www.gda.bayern.de/archive/augsburg/3 Akten] Hinterkaifeck. Der Fall schien damit endgültig in der Rubrik „Unerledigt-Ungeklärt“ eingeordnet zu werden. Da veröffentlichte vor kurzem der „Der Donaukurier“ in Ingolstadt eine Artikelserie zur Mordnacht von Hinterkaifeck, in der all das zusammengetragen worden war, was zum Teil amtsbekannt, zum Teil auch Volksmeinung gewesen ist. Es war kein Tatsachenbericht, sondern eher schon eine Deutung dieser Tragödie. Und da sprach eines Tages ein Rußlandheimkehrer aus dem zweiten Weltkrieg einen Reporter dieser Zeitung an und meinte: „ Na, die Sache da mit Hinterkaifeck , wie ihr sie schreibt, die stimmt nicht immer!“ Und nach einigen Hin und Her erzählte der etwa 35-40 Jahre alte Mann dem Journalisten:“Ich habe einen kennen gelernt, der sich als Mörder von Hinterkaifeck bezeichnete.“ Das konnte eine sogenannte „Ente“ sein, aber [[Personen: Eser Matthäus|Matthäus Eser]], ehemaliger Landser der 71. Infanterie-Division stand zu seinem Wort. Wir fuhren also nach Ingolstadt und unterhielten uns mit dem Mann in einer kleinen Gastwirtschaft. Dabei soll nicht verschwiegen werden, dass wir einen Experten bei uns hatten, der den Fall Hinterkaifeck auch „wie seine Hosentasche“ kannte. Eser legte also los, ruhig, sachlich, ohne Übertreibung, sagte zwischendurch auch einmal: „das weiß ich nicht!“ wo er sicher und gefahrlos hätte aufschneiden können. Seine Aussagen fingen langsam an, unheimlich präzise zu werden.  


'''Ein „oberbayerischer“ Russe'''<br>
'''Ein „oberbayerischer“ Russe'''<br>
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