Zeitungsartikel: 1971-04-02 Schwäbische Neue Presse
Das Massaker von Hinterkaifeck
Detailinformationen
Datum
02.04.1971
Ort
Art des Dokumentes
Zeitungsbericht
Verfasser
Schwäbische neue Presse, Fritz Aumann
Verfasst für
Verfügbar
Zeitungsarchiv
Inhalt
Schwabens aufregendste Kriminalfälle (23. Folge) Das Massaker von Hinterkaifeck Neue-Presse –Tatsachenbericht von Fritz Aumann Die Bestimmungen über die Verjährungsfristen kamen vermutlich einem der beiden Männer zugute, die vom Dachboden eines heruntergekommenen Bauernhofes in einer düsteren Waldlichtung ca. 500 m südwestlich von Gröbern bei Waidhofen, Landkreis Schrobenhausen, eines der größten Verbrechen der Kriminalgeschichte vorbereiteten: das Massaker von Hinterkaifeck. Am Freitag, den 31. März 1922, nach zweitägiger, heimlicher aber sorgfältiger Beobachtung ihrer Opfer, hielten die Verbrecher die Zeit zum Handeln für gekommen. Vom Heuboden herunter schleichen sie sich kurz nach 20 Uhr über den Hof in den Kuhstall des Einödhofes. Dort ketten sie eine Kuh los, verstecken sich dann mit Kreuzhacken bewaffnet hinter der Stalltür. In der abendlichen Stille, bevor der nahe Wald singt sein schaurig-schönes Lied, stört die los gelassene Kuh die nächtliche Ruhe. Sechs Menschen ermordet Einer der Mörder packt die alte Frau an den Beinen, schleift sie durch den Stall und wirft die Tote in den anschließenden Heustadel. Erneut begibt sich der Rohling zu seinem Mordkomplicen an der Stalltür. Wenig später kommt Viktoria Gabriel, eine 35jährige Kriegerwitwe in den Hinterkaifeck`schen Rinderstall, um nach der lärmenden Kuh, beziehungsweise ihrer Mutter Cäcilie Gruber zu sehen. Auch Viktoria Gabriel wird von den unbekannten Mördern erbarmungslos niedergeschlagen, getötet und in den Stall geschleift. Genau so ergeht es dem Besitzer des Einödhofes, Andreas Gruber. Der 64jährige Bauer hat bereits im Bett gelegen. Nur mit einer Unterhose bekleidet läuft er in den Stall und damit in die Hände seiner Mörder. Viertes Opfer der blutgierigen Mordbuben wird schließlich die 8jährige Schülerin Viktoria Gabriel, Tochter der Kriegerwitwe. Die kleine Viktoria trifft der tödliche Schlag mit der Kreuzhacke, zerspaltet die rechte Schädelseite. Zweijähriger im Kinderwagen erschlagen Noch immer aber ist der Blutrausch oder der Hass der zwei Einbrecher nicht gestillt. Im Schlafzimmer des Ehepaars Gruber liegt der zweieinhalbjährige Josef Gabriel, das zweite Kind der Kriegerwitwe im blutschänderischen Beischlaf mit dem Vater gezeugt. Auch das unschuldige Kind wird erschlagen. Ich kenne die Mörder Trotz eifrigster Fahndung von Polizei und Staatsanwaltschaft und der ausgesetzten hohen Belohnung von 100.000 RM für die Ergreifung der Täter wird der sechsfache Raubmord von Hinterkaifeck nicht aufgeklärt. Die Akten über den Mordfall verbrennen 1944 nach dem Terrorangriff auf Augsburg im Justizgebäude. Die Erinnerung an das grausige Verbrechen aber bleibt in der Bevölkerung wach. Immer neue Versionen über Tatmotiv und Täter werden vorgebracht – und erfunden. Die Gerüchte führen dazu, dass sich Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft immer wieder mit dem Mord beschäftigen. Dabei kommen sie im Jahre 1952 auf eine absolut neue Spur. Danach sollten die Brüder Adolf und Anton G., zwei vagabundierende Korbmacher die Mörder von Hinterkaifeck gewesen sein. Adolf G. soll mit der Witwe Viktoria Gabriel befreundet gewesen sein und zusammen mit seinem Bruder Anton den Mord begangen haben, weil er eifersüchtig auf den alten Gruber war im Hinblick auf dessen blutschänderische Beziehung zu seiner Tochter. Adolf G. kann nicht mehr gehört werden. Er ist 1944 als Unteroffizier der Bewachungsmannschaft eines Kriegsgefangenenlagers bei Würzburg erschlagen worden, nachdem er ohne Grund einen französischen Kriegsgefangenen erschossen hatte. Anton G. aber lebte 1952 noch. Staatsanwalt Dr. Andreas Popp lässt ihn verhaften und verhört ihn eingehend. Das erhoffte Geständnis bleibt allerdings aus. Dennoch ist der Staatsanwalt überzeugt, Adolf und Anton G. waren die Mörder von Hinterkaifeck, Anklageerhebung ist allerdings nicht mehr möglich; die Tat ist verjährt. 1955 wird das Verfahren eingestellt.
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