Zeitungsartikel: 1951 Hecker Serie 03: Unterschied zwischen den Versionen

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'''ES LIEGT WAS IN DER LUFT'''<br>
'''ES LIEGT WAS IN DER LUFT'''<br>
Das Unwetter hält an, als die achtjährige Cäzilie von der Schule heim kommt, und es stürmt und regnet noch, als sie in Hinterkaifeck zu Abend essen. Eine Petroleumlampe mit rußgeschwärztem Zylinder erhellt die Küche trübe. Die alte Gruberin betet das Tischgebet vor, dann setzen sie sich hin.<br>
Das Unwetter hält an, als die achtjährige Cäzilie von der Schule heim kommt, und es stürmt und regnet noch, als sie in Hinterkaifeck zu Abend essen. Eine Petroleumlampe mit rußgeschwärztem Zylinder erhellt die Küche trübe. Die alte Gruberin betet das Tischgebet vor, dann setzen sie sich hin.<br>
Es gibt nichts weiter als Brotsuppe und Kartoffeln. Aber die junge Bäuerin und ihre Eltern sind keine armen Leute. Die Inflation hat begonnen, während des Krieges und in den ersten Jahren nach dem Kriege gab es gutes Geld für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse. Der alte Gruber besitzt Hunderte von Gold- und Silbermünzen.<br>
Es gibt nichts weiter als Brotsuppe und Kartoffeln. Aber die junge Bäuerin und ihre Eltern sind keine armen Leute. Die Inflation hat begonnen, während des Krieges und in den ersten Jahren nach dem Kriege gab es gutes Geld für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse. Der alte Gruber besitzt Hunderte von [[Sachverhalte: Vor der Tat vorhandenes Geld|Gold- und Silbermünzen]].<br>
Das Essen geht nahezu schweigend vorüber. Nur die kleine Cäzilie plaudert. Sie erzählt von einer Schulkameradin, die von ihrem Vater zum Namenstag ein hübsches Kleid geschenkt bekam, dann sieht sie ihre Mutter an und schließt mit der Frage: "Könnte es nicht sein, daß unser Vater auch noch vom Kriege heimkommt?"<br>
Das Essen geht nahezu schweigend vorüber. Nur die kleine Cäzilie plaudert. Sie erzählt von einer Schulkameradin, die von ihrem Vater zum Namenstag ein hübsches Kleid geschenkt bekam, dann sieht sie ihre Mutter an und schließt mit der Frage: "Könnte es nicht sein, daß unser Vater auch noch vom Kriege heimkommt?"<br>
Viktoria schweigt. Ein schneller Blick irrt zu ihrem Vater hinüber. Er sitzt breit und schwer da, die Brauen über den Augen sind gefurcht, ruhig und gleichmäßig führt seine Hand den Löffel.<br>
Viktoria schweigt. Ein schneller Blick irrt zu ihrem Vater hinüber. Er sitzt breit und schwer da, die Brauen über den Augen sind gefurcht, ruhig und gleichmäßig führt seine Hand den Löffel.<br>
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Die alte Frau weint immer noch, und als sie verstummt, lastet das Schweigen schwer in der Küche. Andreas Gruber erhebt sich als erster vom Tisch. Er verläßt die Küche, um sich in den Stall zu begeben. Hart fällt die Türe hinter ihm ins Schloß. Viktoria hebt den Knaben von ihren Knien.<br>
Die alte Frau weint immer noch, und als sie verstummt, lastet das Schweigen schwer in der Küche. Andreas Gruber erhebt sich als erster vom Tisch. Er verläßt die Küche, um sich in den Stall zu begeben. Hart fällt die Türe hinter ihm ins Schloß. Viktoria hebt den Knaben von ihren Knien.<br>
"Hör' endlich mit dem Weinen auf", wendet sie sich an ihre Mutter. "Damit machst du nichts besser. Es ist nun schon so, wie es ist. Daran ändert keiner mehr etwas."<br>
"Hör' endlich mit dem Weinen auf", wendet sie sich an ihre Mutter. "Damit machst du nichts besser. Es ist nun schon so, wie es ist. Daran ändert keiner mehr etwas."<br>
Sie folgt ihrem Vater in den Stall. Das Melken und Füttern haben sie oft im Dunkeln vorgenommen. An diesem Abend hat Andrea Gruber eine kleine Petroleumlampe angezündet. Er starrt nach der stark rußenden Flamme, als Viktoria in den Stall tritt. Sie geht wortlos an ihm vorüber, durchquert den Stall und steigt die zwei Stufen empor, die in die Futterkammer führen.<br>
Sie folgt ihrem Vater in den Stall. [[Datei:Skizze HK Sigl 1923xxxx EG.jpg|150px|right|]]Das Melken und Füttern haben sie oft im Dunkeln vorgenommen. An diesem Abend hat Andrea Gruber eine kleine Petroleumlampe angezündet. Er starrt nach der stark rußenden Flamme, als Viktoria in den Stall tritt. Sie geht wortlos an ihm vorüber, durchquert den Stall und steigt die zwei Stufen empor, die in die Futterkammer führen.<br>
Mit einem Armvoll Heu kommt sie zurück. Ihr Vater steht immer noch regungslos. Ein zweites und drittes Mal holt sie Heu aus der Futterkammer, bis die zehn Stück Vieh versorgt sind. Dann stellt sie einen Eimer klirrend vor die Füße ihres Vaters. Er regt sich nicht. Sein Gesicht zeigt einen fast drohenden Ausdruck. Da tritt sie dicht an ihn hin. Sie blicken einander in die Augen.<br>
Mit einem Armvoll Heu kommt sie zurück. Ihr Vater steht immer noch regungslos. Ein zweites und drittes Mal holt sie Heu aus der Futterkammer, bis die zehn Stück Vieh versorgt sind. Dann stellt sie einen Eimer klirrend vor die Füße ihres Vaters. Er regt sich nicht. Sein Gesicht zeigt einen fast drohenden Ausdruck. Da tritt sie dicht an ihn hin. Sie blicken einander in die Augen.<br>
"Ich fürchte mich", sagt sie bebend und greift mir beiden Händen nach seinem Arm. "Seit ich den Menschen im Wald gesehen habe fürchte ich mich. Und heute nachmittag die Gestalt im Regen...! Es war kein Brett. Einer geht umher und belauert uns. Er zeigt sein Gesicht nicht. Wir sollen nicht wissen, was im Gange ist."<br>
"Ich fürchte mich", sagt sie bebend und greift mir beiden Händen nach seinem Arm. "Seit ich den Menschen im Wald gesehen habe fürchte ich mich. Und heute nachmittag die Gestalt im Regen...! Es war kein Brett. Einer geht umher und belauert uns. Er zeigt sein Gesicht nicht. Wir sollen nicht wissen, was im Gange ist."<br>
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