Sachverhalte: Strafprozess wegen Blutschande gegen Andreas Gruber und Viktoria Gabriel 1915: Unterschied zwischen den Versionen

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== Der Anzeiger ==
== Der Anzeiger ==
Da die Prozessakte nicht vorliegt, kann über den Anzeiger von Andreas Gruber und Viktoria Gabriel nur spekuliert werden. Weiter kann nicht ausgeschlossen werden, dass es keine Anzeige gab, sondern jediglich einen Hinweis. Die Staatsanwaltschaft könnte diesen Hinweis zum Anlaß genommen haben, die Sache zu verfolgen und daraus resultierend entstand die Anklage. Im Strafprozess ist der Staat (also der Staatsanwalt) Kläger. Betroffende treten, wenn überhaupt, nur in der Nebenklage auf.<br>
Da die Prozessakte nicht vorliegt, kann über den Anzeiger von Andreas Gruber und Viktoria Gabriel nur spekuliert werden. Weiter kann nicht ausgeschlossen werden, dass es keine Anzeige gab, sondern lediglich einen Hinweis. Die Staatsanwaltschaft könnte diesen Hinweis zum Anlass genommen haben, die Sache zu verfolgen und daraus resultierend entstand die Anklage. Im Strafprozess ist der Staat (also der Staatsanwalt) Kläger. Betroffene treten, wenn überhaupt, nur in der Nebenklage auf.<br>
Folgende Personen werden in diesem Zusammenhang diskutiert:
Folgende Personen werden in diesem Zusammenhang diskutiert:


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=== Pro ===  
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Da [[Personen: Asam Martin | Martin Asam]], der Stiefbruder von Viktoria, zu diesem Zeitpunkt ev. noch auf Hinterkaifeck wohnte, könnte er seine Stiefschwester und seinem Stiefvater beim Geschlechtsverkehr gesehen haben. Martin bekam nach dem Tod seines [[Personen: Asam Josef | Vaters]] ein geringes Vatergut von 100 Mark. Seine Schwester [[Personen: Starringer Cäzilia | Cäzilia Starringer]] hingegen bekam fast 700 Mark.
Da [[Personen: Asam Martin | Martin Asam]], der Stiefbruder von Viktoria, zu diesem Zeitpunkt ev. noch auf Hinterkaifeck wohnte, könnte er seine Stiefschwester und seinem Stiefvater beim Geschlechtsverkehr gesehen haben. Martin bekam nach dem Tod seines [[Personen: Asam Josef | Vaters]] ein geringes Vatergut von 100 Mark. Seine Schwester [[Personen: Starringer Cäzilia | Cäzilia Starringer]] hingegen bekam fast 700 Mark.
Vielleicht wollte Martin Asam auch den Hof übernehmen. Er war der einzigste männliche Nachfahre und könnte sich ein größeres Recht am Hof eingeräumt haben, als er seiner Stiefschwester zugestand.
Vielleicht wollte Martin Asam auch den Hof übernehmen. Er war der einzige männliche Nachfahre und könnte sich ein größeres Recht am Hof eingeräumt haben, als er seiner Stiefschwester zugestanden hat.
Aus diesen Gründen könnte es ein Racheakt gewesen sein.
Aus diesen Gründen könnte es ein Racheakt gewesen sein.


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=== Kontra ===
=== Kontra ===
Nach letzten Recherchen soll Lorenz Schlittenbauer zum Zeitpunkt der Anzeige im Krieg und in Belgien stationiert gewesen sein. Wie kann er dann vor Ort eine Anzeige gemacht oder der Staatsanwaltschaft einen Tip gegeben haben (Feldpost mal ausgeschlossen).
Nach letzten Recherchen soll Lorenz Schlittenbauer zum Zeitpunkt der Anzeige im Krieg und in Belgien stationiert gewesen sein. Wie kann er dann vor Ort eine Anzeige gemacht oder der Staatsanwaltschaft einen Tipp gegeben haben (Feldpost mal ausgeschlossen).


== Viktoria Schlittenbauer ==
== Viktoria Schlittenbauer ==
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=== Pro ===
=== Pro ===
Da die Anzeige nahe bei der Geburt von Cäzilia gemacht wurde, könnte die Geburt und die Anzeige in unmittelbarem Zusammenhang stehen.
Da die Anzeige nahe bei der Geburt von Cäzilia gemacht wurde, könnte die Geburt und die Anzeige in unmittelbarem Zusammenhang stehen.
[[Personen: Gabriel Karl sen. | Karl Gabriel sen.]] könnte von der Blutschande gewusst haben, ev. sogar von seinem Sohn Karl, dem Ehemann der Viktoria. [[Personen: Sigl Jakob | Jakob Sigl]] berichtet in seiner [[Aussagen: 1952-01-10 Sigl Jakob | Aussage]] 1952 davon: "Nach meiner Ansicht trieben die beide Blutschande, während der Zeit in der sie bereits mit Karl Gabriel verheiratet war. Dies schließe ich daraus, weil der junge Baur ( Karl Gabriel) seine Frau verlassen hat und wieder in sein Elternhaus zurückgegangen ist. Wie lange er damals weggegangen war, weiß ich nicht."<br>
[[Personen: Gabriel Karl sen. | Karl Gabriel sen.]] könnte von der Blutschande gewusst haben, evtl. sogar von seinem Sohn Karl, dem Ehemann der Viktoria. [[Personen: Sigl Jakob | Jakob Sigl]] berichtet in seiner [[Aussagen: 1952-01-10 Sigl Jakob | Aussage]] 1952 davon: "Nach meiner Ansicht trieben die beide Blutschande, während der Zeit in der sie bereits mit Karl Gabriel verheiratet war. Dies schließe ich daraus, weil der junge Baur ( Karl Gabriel) seine Frau verlassen hat und wieder in sein Elternhaus zurückgegangen ist. Wie lange er damals weggegangen war, weiß ich nicht."<br>
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Familie Gabriel an der Vaterschaft Karl´s an Cäzilia Gabriel Zweifel hatte, ein etwaiger Zweifel könnte einen solchen Schritt rechtfertigen. Ein (anonymer) Hinweis an ansprechender Stelle kann nicht ausgeschlossen werden.<br>
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Familie Gabriel an der Vaterschaft Karl´s an Cäzilia Gabriel Zweifel hatte, ein etwaiger Zweifel könnte einen solchen Schritt rechtfertigen. Ein (anonymer) Hinweis an ansprechender Stelle kann nicht ausgeschlossen werden.<br>
Zu dem Zeitpunkt gab es zwischen den Parteien Streitigkeiten um das Erbe von Karl Gabriel jun.
Zu dem Zeitpunkt gab es zwischen den Parteien Streitigkeiten um das Erbe von Karl Gabriel jun.
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== Der Prozess ==
== Der Prozess ==
Aus der [[Dokumente: 1926-11-06 Zusammenstellung des Staatsanwaltes Pielmayr | Zusammenfassung]] des [[Personen: Pielmayr Richard | Staatsanwaltes Pielmayr]] ist bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Neuburg an der Donau unter dem Aktenzeichen Str.P.Reg. 105/15 Anklage erhob und es zu einem Strafprozess kam. Am 28. Mai 1915 erfolgte eine Verurteilung beider Personen wegen eines Verbrechen gegen die Sittlichkeit (schwere Blutschande). Ein inzestiöses Verhältnis konnte für den Zeitraum von 1907 bis 1910 nachgewiesen werden.
Aus der [[Dokumente: 1926-11-06 Zusammenstellung des Staatsanwaltes Pielmayr | Zusammenfassung]] des [[Ermittler: Pielmayr Richard | Staatsanwaltes Pielmayr]] ist bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Neuburg an der Donau unter dem Aktenzeichen Str.P.Reg. 105/15 Anklage erhob und es zu einem Strafprozess kam. Am 28. Mai 1915 erfolgte eine Verurteilung beider Personen wegen eines Verbrechen gegen die Sittlichkeit (schwere Blutschande). Ein inzestiöses Verhältnis konnte für den Zeitraum von 1907 bis 1910 nachgewiesen werden.


== Die Strafe ==
== Die Strafe ==
Andreas Gruber wurde zu einem Jahr Zuchhaus und Viktoria Gabriel zu einem Monat Gefängnis verurteilt. StA. Pielmayr erwähnt dies ebenfalls in seiner [[Dokumente: 1926-11-06 Zusammenstellung des Staatsanwaltes Pielmayr | Zusammenfassung]] aus 1926. Beide hätten ihre Strafe verbüst.<br>
Andreas Gruber wurde zu einem Jahr Zuchthaus und Viktoria Gabriel zu einem Monat Gefängnis verurteilt. StA. Pielmayr erwähnt dies ebenfalls in seiner [[Dokumente: 1926-11-06 Zusammenstellung des Staatsanwaltes Pielmayr | Zusammenfassung]] aus 1926. Beide hätten ihre Strafe verbüßt.<br>
[[Personen: Renner Ferdinand | Staatsanwalt Renner]] hingegen [[Berichte: 1922-04-10 Renner Ferdinand, Staatsanwalt | berichtet]], dass Viktoria Gabriel zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden ist.<br>
[[Ermittler: Renner Ferdinand | Staatsanwalt Renner]] hingegen [[Berichte: 1922-04-10 Renner Ferdinand, Staatsanwalt | berichtet]], dass Viktoria Gabriel zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden ist.<br>


Welche Variante der Wahrheit entspricht ist nicht nachvollziehbar.
Welche Variante der Wahrheit entspricht ist nicht nachvollziehbar.
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Andreas Gruber und Viktoria Gabriel sind höchstwahrscheinlich nach §173 des StGB, gültig vom 01.01.1872 bis 01.10.1953, verurteilt worden:
Andreas Gruber und Viktoria Gabriel sind höchstwahrscheinlich nach §173 des StGB, gültig vom 01.01.1872 bis 01.10.1953, verurteilt worden:


(1) Der Beischlaf zwischen Verwandten auf- und absteigender Linie wird an den ersteren mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren, an den letzteren mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft.<br>
(1) Der Beischlaf zwischen Verwandten auf- und absteigender Linie wird an den ersteren mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren, an den letzteren mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft.<br>
(2) Der Beischlaf zwischen Verschwägerten auf- und absteigender Linie, sowie zwischen Geschwistern wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft.<br>
(2) Der Beischlaf zwischen Verschwägerten auf- und absteigender Linie, sowie zwischen Geschwistern wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft.<br>
(3) Neben der Gefängnißstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.<br>
(3) Neben der Gefängnisstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.<br>
(4) Verwandte und Verschwägerte absteigender Linie bleiben straflos, wenn sie das achtzehnte Lebensjahr nicht vollendet haben.
(4) Verwandte und Verschwägerte absteigender Linie bleiben straflos, wenn sie das achtzehnte Lebensjahr nicht vollendet haben.
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