Zeitungsartikel: 1953-01-20 Abendzeitung: Unterschied zwischen den Versionen
Zur Navigation springen
Zur Suche springen
Zeitungsartikel: 1953-01-20 Abendzeitung (Quelltext anzeigen)
Version vom 13. Juni 2015, 19:38 Uhr
, vor 9 Jahren→Inhalt
Dodo (Diskussion | Beiträge) (Die Seite wurde neu angelegt: „Kategorie:Zeitungsartikel rechts '''''Der Mörder lebt unter uns!''''' == Detailinformationen == === Datum === 20.01.1953 === Ort …“) |
Dodo (Diskussion | Beiträge) K (→Inhalt) |
||
Zeile 23: | Zeile 23: | ||
<tt> | <tt> | ||
'''''Stefan Jörg berichtet über die Bluttat von Hinterkaifeck'''''<br><br> | '''''Stefan Jörg berichtet über die Bluttat von Hinterkaifeck'''''<br><br> | ||
2. Fortsetzung | 2. Fortsetzung<br> | ||
Wie hypnotisiert, wie Marionetten, die an einer unsichtbaren Schnur gezogen werden, laufen sie, einer nach dem anderen in ihr Schicksal. Andreas Gruber, seine Frau Cäcilie, die blonde Viktoria und das siebenjährige Schulkind. Lautlos sterben sie. Einmal nur muß jemand geschrien haben, in letzter, verzweifelter Todesangst. Vielleicht war es der kleine Spitz, dem der Mörder einen Schlag quer über den Schädel und in das eine Auge versetzte, vielleicht war es das Kind, vielleicht auch eine der Frauen. Die Magd jedenfalls hört etwas. Eiskalt kriecht ihr die Angst den Rücken hinauf. In fliegender Hast zieht sie sich den Mantel wieder über, steigt in die Schuhe, schnürt nicht einmal die Bänder zu und nimmt den Rucksack über eine Schulter. „Nichts wie fort aus diesem unheimlichen Haus“, hämmern ihre Gedanken. Da knarrt etwas. Die Tür fliegt auf. Und der Tod steht auf der Schwelle. Der Tod, der schließlich auch nicht vor dem Kinderwagen des armseligen unschuldigen Säuglings Halt macht. Der Tod, der Mörder, der in wahnsinniger Rachelust innerhalb von einer knappen halben Stunde sechs Menschenleben auslöscht.<br> | Wie hypnotisiert, wie Marionetten, die an einer unsichtbaren Schnur gezogen werden, laufen sie, einer nach dem anderen in ihr Schicksal. Andreas Gruber, seine Frau Cäcilie, die blonde Viktoria und das siebenjährige Schulkind. Lautlos sterben sie. Einmal nur muß jemand geschrien haben, in letzter, verzweifelter Todesangst. Vielleicht war es der kleine Spitz, dem der Mörder einen Schlag quer über den Schädel und in das eine Auge versetzte, vielleicht war es das Kind, vielleicht auch eine der Frauen. Die Magd jedenfalls hört etwas. Eiskalt kriecht ihr die Angst den Rücken hinauf. In fliegender Hast zieht sie sich den Mantel wieder über, steigt in die Schuhe, schnürt nicht einmal die Bänder zu und nimmt den Rucksack über eine Schulter. „Nichts wie fort aus diesem unheimlichen Haus“, hämmern ihre Gedanken. Da knarrt etwas. Die Tür fliegt auf. Und der Tod steht auf der Schwelle. Der Tod, der schließlich auch nicht vor dem Kinderwagen des armseligen unschuldigen Säuglings Halt macht. Der Tod, der Mörder, der in wahnsinniger Rachelust innerhalb von einer knappen halben Stunde sechs Menschenleben auslöscht.<br> | ||
Niemand denkt sich etwas dabei, als am nächsten Morgen die kleine Cäcilie nicht auf ihrer Bank in der Schule sitzt. „Die hat öfters mal ein paar Tage gefehlt", sagt man heute in Gröbern. Als am Sonntag die Hinterkaifecker nicht zur Kirche kommen, beginnt man sich zu wundern. Am Montag bringt der Postbote wie gewöhnlich die Zeitung. Er sieht keinen Menschen auf dem Hof. Am nächsten Vormittag kommt er wieder. Da steckt, am gewohnten Platz, noch die Zeitung von gestern. Er erzählt so nebenbei unten im Dorf, was er beobachtet hat. Am frühen Nachmittag kommt ein Monteur aus Pfaffenhofen, den Andreas Gruber bestellt hatte. Der Monteur klopft, pfeift und ruft. Als er keine Antwort erhält, geht er in den Geräteschuppen, sperrt ihn mit dem Dietrich auf und macht sich an die Arbeit. Als er fertig ist, rührt sich immer noch nichts auf dem Hof. Der Monteur geht zum Händewaschen in den Stall. Dabei kommt er durch die Futterkammer, in der zu dieser Zeit vier Leichen liegen. Aber er sieht es nicht in dem halbdunklen Raum. Es fällt ihm nur auf, daß das Vieh unruhig ist. Er schließt das Motorenhäuschen wieder, steigt auf sein Fahrrad und fährt nach Gröbern. Dort geht er zum Ortsführer. „Die Grubers sind wohl auf dem Feld, sagen Sie ihnen bitte, daß ich da war."<br> | Niemand denkt sich etwas dabei, als am nächsten Morgen die kleine Cäcilie nicht auf ihrer Bank in der Schule sitzt. „Die hat öfters mal ein paar Tage gefehlt", sagt man heute in Gröbern. Als am Sonntag die Hinterkaifecker nicht zur Kirche kommen, beginnt man sich zu wundern. Am Montag bringt der Postbote wie gewöhnlich die Zeitung. Er sieht keinen Menschen auf dem Hof. Am nächsten Vormittag kommt er wieder. Da steckt, am gewohnten Platz, noch die Zeitung von gestern. Er erzählt so nebenbei unten im Dorf, was er beobachtet hat. Am frühen Nachmittag kommt ein Monteur aus Pfaffenhofen, den Andreas Gruber bestellt hatte. Der Monteur klopft, pfeift und ruft. Als er keine Antwort erhält, geht er in den Geräteschuppen, sperrt ihn mit dem Dietrich auf und macht sich an die Arbeit. Als er fertig ist, rührt sich immer noch nichts auf dem Hof. Der Monteur geht zum Händewaschen in den Stall. Dabei kommt er durch die Futterkammer, in der zu dieser Zeit vier Leichen liegen. Aber er sieht es nicht in dem halbdunklen Raum. Es fällt ihm nur auf, daß das Vieh unruhig ist. Er schließt das Motorenhäuschen wieder, steigt auf sein Fahrrad und fährt nach Gröbern. Dort geht er zum Ortsführer. „Die Grubers sind wohl auf dem Feld, sagen Sie ihnen bitte, daß ich da war."<br> |