Berichte: 1932-08-12 Riedmayr

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Quelle

Bayerisches Armeemuseum

Detailinformationen

Datum

12. August 1932

Ort

München

Autor/Funktion

Kriminalinspektor Martin Riedmayr,

Inhalt

Polizeidirektion,
München, den 12. August 1932

Dienstelle2.




Betreff: Sechsfacher Raubmord in Hinterkaifeck, verübt am 31.3.1922

Beilage: 1 Brief.





In obiger Sache erhielt der frühere Bearbeiter des Falles der im Ruhestand lebende Kriminaloberinspektor Reingruber, den anliegenden Brief, indem ein angeblicher Eduard Heinz die Aufklärung des sechsfachen Mordes verspricht. KOI Reingruber bemerkte bei der Ubergabe des Schreibens, daß er Heinz nicht kennt. Der Unterzeichnete hat sich hierauf am 9.8.1932 unter Benützung der Dienstfahrkarte nach Nürnberg begeben und hat dort den Briefschreiber aufgesucht.
Es handelt sich um den mehrfach vorbestraften früheren Reisenden

Eduard H e i n z ,

geb. 28.3.1902 zu Nürnberg, wohnhaft Nürnberg, Lorenzerstr. 16/1 der zuletzt wegen Diebstahls eine Zuchthausstrafe von 3 Jahren 10 Monaten verbüsst hat und am 16. Juli aus dem Zuchthaus Ebrach entlassen wurde.
H e i n z machte folgende Angaben:
Ich war in den letzten zwei Jahren beim Arbeitsdienst in Ebrach mit dem Zuchtshausgefangenen Philipp S c h n e p f beisammen und habe mich mit ihm angefreundet. Schnepf hat wegen schweren Raubes 14 Jahre Zuchthaus zu verbüßen. Soviel er mir erzählt hat, hat er einige Straftaten gemeinsam mit den Brüdern Kaltenecker verübt. Die Brüder Kaltenecker habe er etwa im Jahr


1923 oder 1924 kennen gelernt.
Nach und nach hat mir Schnepf immer mehr aus den vergangenen Jahren erzählt und er hat mir nicht nur seine eigenen Straftaten geschildert, sondern auch die der Brüder Kaltenecker und seiner anderen früheren Freunde. So hat er mir auch gesagt, er wisse genau, daß den sechsfachen Mord in Hinterkaifeck ein gewisser Schweiger zusammen mit zwei Brüdern K a l t e n e c k e r verübt habe. Es seien wegen der Beteiligung der Brüder Kaltenecker auch schon viele Erhebungen durchgeführt worden und auch er selbst sei vor mehreren Jahren von dem Kriminaloberinspektor Reingruber vernommen worden. Er habe aber damals nicht gesagt, was er wußte, weil er hätte fürchten müssen, daß dann noch mehr Sachen aufgekommen wären, wodurch auch sein Bruder Konrad Schnepf nochmals in eine Untersuchung gekommen wäre. Die Einzelheiten der von Schweiger und den Brüdern Kaltenecker verübten Mordtat in Hinterkaifeck seien ihm von dem " kleineren Kaltenecker " geschildert worden, und zwar schon zu der Zeit, als er noch mit Kaltenecker gemeinsame Raubzüge unternommen habe. Kaltenecker habe damals auch geäußert, in einem ähnlichen Fall würden sie in Zukunft das Haus anzünden, damit sie nicht mehr fürchten müßten, daß durch Spuren etwas aufkommt.
Ich selbst kenne weder Schweiger noch die Brüder Kaltenecker. Ich kann mich auch nicht mehr genau an die Vornamen erinnern, die mir Schnepf genannt hat. Wie der Vorname des Schweiger gelautet hat, weiß ich nicht, bei den Kaltenecker glaube ich von Schnepf die Vornamen Johann und Simon gehört zu haben.
Schweiger soll aus der Gemeinde Greben ( Gröbern ?) oder so ähnlich stammen.
Das ist alles, was ich darüber angeben kann. Ich habe den bestimmten Eindruck, daß Schnepf mir die Wahrheit erzählt hat und ich


glaube auch, daß er heute zugänglicher wäre und bei einer neuerlichen Vernehmung alles erzählen würde, was er weiß.
Ich betone noch, daß dem Schnepf sehr wohl davon Kenntnis gegeben werden darf, daß ich diese Anzeige gemacht habe. Er kann ja dann nicht mehr leugnen, daß er mir das alles erzählt hat, denn ich werde meine jetzt gemachte Aussage auch Schnepf gegen-ner aufrecht erhalten."


Zu vorstehenden Angaben des Heinz sei folgendes bemerkt:
Bei den Genannten handelt es sich um eine Reihe von gewerbsmäßigen Verbrechern, die sich insbesondere in den Jahren 1923 und 1924 zur gemeinsamen Verübung von Raubüberfällen und Einbrüchen verbunden hatten und die sämtlich in mehreren Verhandlungen des Jahres 1925 in Neuburg a.D. zu Zuchthausstrafen von 1 - 14 Jahren verurteilt wurden.
Es sind dies:
K a l t e n e c k e r Simon, geb. 28.09.1904 zu Grillheim Gde. Karlskron,
K a l t e n e c k e r Michael, geb. 16.07.1902 zu Karlskron,
K a l t e n e c k e r Josef, geb. 26.2.1895 zu Grillheim Gde. Karlskron,
K a l t e n e c k e r Johann, geb. 19.12.1892 zu Grillheim Gde. Karlskron,
S c h n e p f Konrad, geb. 8.3.1899 zu Probfeld Gde. Karlskron,
S c h n e p f Philipp, geb. 10.6.1901 zu Kleinhohenried Gde. Karlshuld
S c h w e i g e r Martin, geb. 30.11.1897 zu Ebenhausen BA. Ingolstadt
S c h w e i g e r Josef, geb. 4.3.1904 zu Ebenhausen BA. Ingolstadt


Von den Gerannten befinden sich heute noch
Im Zuchthaus Straubing: (Irrenabteilung): Kaltenecker Michael
" "             Ebrach:                   Schnepf Philipp,
" "            Kaisheim:                   Schweiger Josef.

Der Verdacht, daß die Gebrüder Kaltenecker möglicherweise als Täter bei dem am 31.März 1922 in Hinterkaifeck verübten sechsfachen Mord in Frage kommen könnten, ist bereits im September 1924 aufgetaucht, als Michael, Simon und Josef Kaltenecker wegen verschiedener schwerer Einbrüche festgenommen wurden.
In den folgenden Jahren wurde auch wiederholt versucht, den bestehenden Verdacht nachzuprüfen und es gelang schließlich mit einiger Sicherheit den Nachweis zu erbringen, daß Johann und Simon Kaltenecker an dem Mord nicht beteiligt gewesen sein können.
Simon Kaltenecker hat zur kritischen Zeit und an den kritischen Tagen in München in der Schlosserei Bößner u.Co. gearbeitet, ebenso war Johann Kaltenecker an diesen Tagen bei der Firma Wolle, Stollenbau am Walchenseewerk beschäftigt.
Dagegen hat Josef Kaltenecker für die Tatzeit kein Alibi. Er war damals Fabrikarbeiter und stand als solcher im Streik. Bereits bei den seinerzeitigen Feststellungen ist aufgefallen, daß er lediglich vom 7.3.1922 bis 24.3.1922 und vom 5.4.1922 bis 26.5.1922 Streikunterstützung bezog. Für die Zeit vom 24.3.1922 bis 5.4.1922 hat er also keinen Nachweis und gerade in diese Zeit fällt die etwa am 31.3.1922 verübte Mordtat in Hinterkaifeck.
Alle Einvernahmen verliefen bis jetzt ergebnislos. Der In der Irrenabteilung Straubing untergebrachte Michael Kaltenecker konnte in den vergangenen Jahren infolfe seines Geisteszustandes nicht gehört werden. •