Aussagen: 1930-08-08 Bley Wenzeslaus: Unterschied zwischen den Versionen
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Der [[Personen: Yblagger Hans | Lehrer Yblagger]], der damals Lehrer an der Volksschule in Waidhofen war, ging ein paar Jahre nach dem Mord zufällig einmal an dem Hof, der um diese Zeit im Abbruch stand, vorbei. Der ganze Hof lag verlassen da, es war also niemand dort beschäftigt. Yblagger dachte sich, nachdem der Hof schon im Abbruch war, sich die örtliche Lage doch etwas besser anzusehen, denn früher fürchtete er sich, dorthin zu gehen. Als er hinkam, sah er wie Schlittenbauer in der Vertiefung, wo ursprünglich der Keller war, kniete und unter dem Schutt herumwühlte. Yblagger schaute dem Schlittenbauer einige Zeit zu. Plötzlich bemerkte Schlittenbauer, daß er beobachtet wurde. Er erschrak und als Yblagger den Schlittenbauer fragte, was er denn da suche, sagte Schlittenbauer, er schaue, ob nicht mehr zu finden sei. Was er eigentlich suchen wollte, hat er nicht gesagt. | Der [[Personen: Yblagger Hans | Lehrer Yblagger]], der damals Lehrer an der Volksschule in Waidhofen war, ging ein paar Jahre nach dem Mord zufällig einmal an dem Hof, der um diese Zeit im Abbruch stand, vorbei. Der ganze Hof lag verlassen da, es war also niemand dort beschäftigt. Yblagger dachte sich, nachdem der Hof schon im Abbruch war, sich die örtliche Lage doch etwas besser anzusehen, denn früher fürchtete er sich, dorthin zu gehen. Als er hinkam, sah er wie Schlittenbauer in der Vertiefung, wo ursprünglich der Keller war, kniete und unter dem Schutt herumwühlte. Yblagger schaute dem Schlittenbauer einige Zeit zu. Plötzlich bemerkte Schlittenbauer, daß er beobachtet wurde. Er erschrak und als Yblagger den Schlittenbauer fragte, was er denn da suche, sagte Schlittenbauer, er schaue, ob nicht mehr zu finden sei. Was er eigentlich suchen wollte, hat er nicht gesagt. | ||
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Wieder eine Zeit später, zu einer Zeit, als der Hof vollständig abgebrochen war und an dessen Stelle [[Sonstiges: Das Marterl | ein Marterl]] stand, kam Lehrer Yblagger im nahe gelegenen Wald vorbei. Es war wieder niemand in der Nähe. Er beobachtete aber von seinem Standplatz aus, daß wieder Schlittenbauer neben dem Marterl auf den dort errichteten Betstuhl kniete und betete. An diesem Tage hat Yblagger glaublich den Schlittenbauer nicht angesprochen. Yblagger hat sich die Daten in seinem Notizbuch aufgeschrieben. Er erzählte seine Wahrnehmung einmal in einer Schützenver-sammlung. Ich habe auch beobachtet, wie er seine Wahrnehmungen dem [[Personen: Haas Michael | Pfarrer vom Ort]] in Gesellschaft erzählte. Aus dem Reden der beiden Herren konnte man immer entnehmen, daß jeder der Ansicht war, daß Schlittenbauer der Täter ist. Der Pfarrer hielt sich in seinen Äußerungen zurück, dagegen äußerte sich der Lehrer mit den Worten dem Pfarrer gegenüber: “Ich bin auch ihrer Ansicht“. Daraus konnte man schließen, daß der Pfarrer auch den Schlittenbauer in Verdacht hatte. In seiner Grabrede sagte sogar der Pfarrer, er drückte sich in seinen Worten so aus, als ob der Mörder sich unter den Leidtragenden befände. Der Pfarrer – Michael Haas – ist jetzt Stadtpfarrer bei St. Josef in Augsburg. | Wieder eine Zeit später, zu einer Zeit, als der Hof vollständig abgebrochen war und an dessen Stelle [[Sonstiges: Das Marterl | ein Marterl]] stand, kam Lehrer Yblagger im nahe gelegenen Wald vorbei. Es war wieder niemand in der Nähe. Er beobachtete aber von seinem Standplatz aus, daß wieder Schlittenbauer neben dem Marterl auf den dort errichteten Betstuhl kniete und betete. An diesem Tage hat Yblagger glaublich den Schlittenbauer nicht angesprochen. Yblagger hat sich die Daten in seinem Notizbuch aufgeschrieben. Er erzählte seine Wahrnehmung einmal in einer Schützenver-sammlung. Ich habe auch beobachtet, wie er seine Wahrnehmungen dem [[Personen: Haas Michael | Pfarrer vom Ort]] in Gesellschaft erzählte. Aus dem Reden der beiden Herren konnte man immer entnehmen, daß jeder der Ansicht war, daß Schlittenbauer der Täter ist. Der Pfarrer hielt sich in seinen Äußerungen zurück, dagegen äußerte sich der Lehrer mit den Worten dem Pfarrer gegenüber: “Ich bin auch ihrer Ansicht“. Daraus konnte man schließen, daß der Pfarrer auch den Schlittenbauer in Verdacht hatte. In seiner Grabrede sagte sogar der Pfarrer, er drückte sich in seinen Worten so aus, als ob der Mörder sich unter den Leidtragenden befände. Der Pfarrer – Michael Haas – ist jetzt Stadtpfarrer bei St. Josef in [[Orte: Augsburg|Augsburg]]. | ||
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Auch [[Personen: Pointner Hans | der prakt. Arzt Dr. Pointer]] in [[Orte: Hohenwart | Hohenwart]] äußerte sich in Gesellschaft öfters, daß er es fast behaupten möchte, daß Schlittenbauer der Täter ist. Einmal weiß ich, daß er seine Vermutung in Gegenwart von [[Ermittler: Goldhofer Georg | Kom. Goldhofer]] in Hohenwart zum Ausdruck brachte. Gend. Kom. Goldhofer sagte aber darauf, daß dies unmöglich sei. | Auch [[Personen: Pointner Hans | der prakt. Arzt Dr. Pointer]] in [[Orte: Hohenwart | Hohenwart]] äußerte sich in Gesellschaft öfters, daß er es fast behaupten möchte, daß Schlittenbauer der Täter ist. Einmal weiß ich, daß er seine Vermutung in Gegenwart von [[Ermittler: Goldhofer Georg | Kom. Goldhofer]] in Hohenwart zum Ausdruck brachte. Gend. Kom. Goldhofer sagte aber darauf, daß dies unmöglich sei. | ||
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Version vom 22. August 2011, 20:30 Uhr
Quelle
Staatsarchiv München / Pol. Dir. 8091b
Detailinformationen
Datum
08.08.1930
Ort
unbekannt
Zugegen
Wenzeslaus Bley, Schreiner
unbekannter Protokollant
Inhalt
München, den 8.8.30
Ref. I. Dst. 2
Schreiner Wenzeslaus Bley Geb. 16.10.84 in Waidhofen, B.A. Schrobenhausen, wohnhaft hier, Reifenstuelstrasse 4/0 und erklärt zu obiger Sache: Die Angaben des Kammerer sind zum Teil richtig, zum Teil sind sie von ihm falsch verstanden und deshalb unrichtig wiedergegeben. Bezüglich des Gesprächs des alten Gruber in der Eisenhandlung in Schrobenhausen: In der Wirtschaft wurde erzählt, daß Gruber am Tage vor dem Mord in Schrobenhausen in einer Eisenhandlung – es sind zwei dort – aber vermutlich bei Vogel war. Dort sagte er, er müsse schauen, daß er wieder heimkomme, denn er fürchte, daß in seinem Hause etwas nicht in Ordnung sei. Weiter sagte er: Während der vergangenen Nacht ist keine Ruhe gewesen, die ganze Nacht habe ich im Boden droben etwas gehört, wie wenn jemand herumgehe. Ich bin auch hinaufgegangen mit Licht, habe aber nichts gesehen. Fürchten tue ich mich nicht. Ich habe mein Gewehr schon hergerichtet. In der Früh habe ich sogar eine Spur im Neuschnee gesehen, die in das Haus führte, Aber eine Spur, die vom Hause wegführte, habe ich nicht gesehen“. Er meinte dann, der werde schon wieder hinaus sein. Er machte dann seine Einkäufe, ich glaube es wurde von Schienen gesprochen. Auch die Tochter des Gruber, verw. Gabriel war an dem Nachmittage in Schrobenhausen und hat dort in einem Geschäft, wo weiß ich nicht, ich glaube aber, daß es der Sigl von Gröbern weiß, ähnliche Äußerungen gemacht wie ihr Vater. Sie sagte auch, daß es daheim unheimlich sei, es komme ihnen vor, als wenn jemand bei ihnen einbrechen wolle, sie müsse daher schauen, daß sie wieder heimkomme. Ich kann es evtl. noch erfragen, wo sie eingekauft hat. Bezüglich der Angaben des Kammerer wegen des Briefträgers muß ich verbessern, daß der Briefträger seine Zeitung nicht in einen Briefkasten, sondern zwischen Fenster und der darin befindlichen Eisenstange steckte. Die Zeitung erschien Dienstag, Donnerstag und Samstag. Als er an einem Dienstag diese Zeitung an den ben. Ort stecken wollte, steckte die vom Samstag noch drin. Bezüglich der Angaben über den [[Personen: Hofner Albert | Monteur] muß ich verbessern, daß dieser nicht zum Schlittenbauer nach Waidhofen, sondern nach Gröbern ging und diesem mitteilte, daß er im Hofe von Hinterkaifeck niemand getroffen habe und er – Schlittenbauer – solle es den Leuten sagen, daß der Motor gerichtet sei. Zu dieser Sache erzählte mir Siegl [Anm,: richtig: Sigl], daß am Mittwoch, 5.4.22, abends um 1/2 6 Uhr herum Schlittenbauer zu ihm herüberrief: “Kommen ein paar mit nach Hinterkaifeck, die Leute sind alle erschlagen“. Siegl, Kreitmeier Josef, der Bauer Pöll und glaublich Schrätzenstaller sind hierauf mit Schlittenbauer nach Hinterkaifeck. Dort ist den Leuten aufgefallen, daß Schlittenbauer mit einem Schlüssel aufsperrte und hineinging. Die gen. Herren wollte jeder in eine andere Richtung gehen. Schlittenbauer aber sagte:“Geht nur mit mir, da draußen liegen sie alle“ – er meinte den Stadel – und ging voraus. Die anderen folgten ihm. Er war so orientiert über die Lage der Toten, daß es ihnen zwar momentan nicht aufgefallen ist, sie sich aber später darüber Gedanken machten. Er hat ferner die Toten ohne weiteres anfassen können, während jedem anderen ein Grauen über den Rücken lief. Aufgefallen ist den Leuten außerdem, daß vor dem Scheunentürl – innen – ein Seil herunterhing. Es machte den Eindruck, als wenn sich der Täter an diesem Seil heruntergelassen hat. Das Schlittenbauer mit dem rechtmäßigen Schlüssel aufsperrte, fiel eigentlich anfänglich weniger auf, weil man wußte, daß Schlittenbauer mit der Frau Gabriel ein Verhältnis hatte. Außerdem versteht sich Schlittenbauer mit jedem Handwerk, er ist also sehr geschickt und man glaubte, er wird sich einen Nachschlüssel gefertigt haben. Nachträglich ging das Gerede, daß Frau Gabriel vor dem Mord schon in Geschäften oder bei Leuten erzählte, daß bei ihnen der Haustürschlüssel fehle. Siegl wird hier Namen nennen können.
Schlittenbauer stand, soweit hier bekannt, schon gleich nach dem Morde in verdacht, die Tat verübt zu haben. Die in dieser Richtung eingeleiteten Erhebungen führten zu keinem positiven Ergebnis. Über die Einzelheiten der seinerzeitigen Verdachtsgründe ist kein hiesiger Beamter näher unterrichtet. Krim.O.Insp. Reingruber, der die Erhebungen in der Mordsache gemacht hat, ist seit 1. März 1930 pensioniert. Inwieweit es sich den Angaben des Schreiners Wenzeslaus Bley um neue Tatsachen handelt, läßt sich hier nicht beurteilen. Vielleicht ist die zuständige Gendarmeriestation in der Lage, sich hierüber zu äußern.
An den Herren
Zum Sonderakt bei der Dst. 2: Sechsfacher Raubmord in Hinterkaifeck
München, den 8. September 1930 I. A.
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Verbindung zum Mordfall Hinterkaifeck
Fragen/Bemerkungen
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