Zeitungsartikel: unbekannt II
Wieder ein Zeuge im Mordfall Hinterkaifeck
Detailinformationen
Datum
unbekannt
Ort
unbekannt
Art des Dokumentes
Zeitungsartikel
Verfasser
unbekannt
Verfasst für
unbekannt
Inhalt
Wieder ein Zeuge im Mordfall Hinterkaifeck Das Tor des Stadels war geöffnet, alle übrigen Türen hingegen waren geschlossen. Seitlich an der Haustür befand sich eine kleine Hundehütte. Der Hund, ein kleines Tier, offenbar ein Spitz, fuhr mit wütendem Gekläff auf den Ankömmling los. Die Kette, an der er hing, war aber so kurz, dass der Monteur auf die Klinke der versperrten Tür drücken und einen Blick durch die Fenster werfen konnte. Alle Anzeichen wiesen darauf hin, dass sich trotz der Mittagsstunde niemand zu Hause befand. Dem Monteur war dies schon unangenehm, da er beabsichtigt hatte, ein paar Eier im Hof zu kaufen. An dem grimmig bellenden Hund vorüber durchquerte er den Wurzgarten an der Stirnseite des Hauses und begab sich zum sogenannten Motorenhäuschen, das an der Rückseite des Stadels angebaut war. Es bereitete ihm, dem Schlosser, keine Schwierigkeiten, die ebenfalls versperrte Tür zu öffnen. Die Reparatur des Motors nahm eine ganze Weile in Anspruch. Der damals 20jährige Monteur pfiff und sang während der Arbeit. Einmal entglitt ihm eine Schraubenmutter. Sie fiel in die Kühlwassergrube, die allerdings kein Wasser enthielt. Der Mann stieg in die etwa einen Meter tiefe Grube. In diesem Augenblick vernahm er ein Geräusch aus dem Freien. Es hörte sich genau so an, als sei jemand eilig und mit flatterndem Mantel außen vorübergelaufen. Der Monteur stieg schleunigst aus der Grube und begab sich ins Freie. Obwohl seit Hörbarwerden des Geräusches nur einige wenige Sekunden vergangen waren, konnte er ringsum keinen Menschen sehen. Im ersten Augenblick hatte er gedacht, jemand von den Hofbewohnern sei vom Felde heimgekehrt. Dann, als sein Blick auf eine am Fenster steckende Zeitung fiel, sagte er sich der Postbote habe kurz Halt gemacht und sofort die Weiterfahrt angetreten. Er führte seine Arbeiten zu Ende, ließ den Motor eine Weile zur Probe laufen, und da inzwischen immer noch niemand zurückgekommen war, trat er die Rückfahrt an. Dies war ungefähr gegen ein Uhr mittags. Er verständigte den Ortsführer von Gröbern davon, dass er in Hinterkaifeck keine Menschenseele angetroffen hatte. Im Laufe des Nachmittags entdeckte der Ortsführer und noch einige Männer das Verbrechen. Am folgenden Vormittag wurde der Monteur von der Gendarmerie angerufen. Er erfuhr von der Bluttat und sollte Angaben machen, ob ihm während der am vergangenen Tage vorgenommenen Reparatur etwas aufgefallen sei. „Ich konnte eine Weile kein Wort sagen“, berichtete uns der Monteur, als wir ihn besuchten ,denn mir fiel sofort jenes Geräusch wieder ein und mir wurde schwach vor Schrecken bei dem Gedanken, es könnte der Mörder gewesen sein, der am Motorenhäuschen vorbeigelaufen war. Wie leicht hätte mich der Mann erschlagen können, während ich ahnungslos und pfeifend in der Kühlwassergrube nach der Schraubenmutter suchte!“ Wer ist damals am Motorenhäuschen vorbeigelaufen? Von den Hofbewohnern war es niemand, da diese um die fragliche Stunde bereits seit mehr als drei Tagen tot im Hause bzw. in der Futterkammer lagen. Der Postbote kann es unmöglich gewesen sein. Das Fahrrad des Monteurs lehnte einige Schritte vom Motorenhäuschen entfernt an einem Baum. Angesichts dieses Fahrrades und der offenstehenden Tür des Motorenhäuschens hätte der Postbote zweifellos Nachschau gehalten, wer sich hier aufhielt, da ihm doch tags zuvor schon aufgefallen war, dass eine am Samstag ans Fenster gesteckte Zeitung sich immer noch unberührt an der gleichen Stelle befand. Vielleicht rührte das Geräusch von einem vorbeilaufenden Kind, möglicherweise stammte es überhaupt von keinem Menschen. Es kann sich aber auch anders verhalten. Höchst interessant ist in diesem Zusammenhang eine weitere Aussage des Monteurs. Etwa im Jahre 1924, zwei Jahre nach dem Mord, wurde er von der Gendarmerie einem Verhör unterzogen. Es handelte sich dabei um den Hund, den er am 4. April 1922 mittags bellend und völlig gesund an einer Kette hängend seitlich der Haustür von Hinterkaifeck gesehen hatte. Er erinnerte sich dieses Hundes, der ihm damals die Annäherung ans Haus streitig machen wollte, mit aller Deutlichkeit. Die Gendarmen hingegen behaupteten wenige Stunden später bei Aufdeckung des Verbrechens sei kein Hund mehr vorgefunden worden. Der Monteur blieb unbeirrt bei seiner Aussage. In Waidhofen erklärte man uns hierzu, der Hund sei damals mit einer schweren Schädelverletzung aufgefunden worden und einige Zeit später eingegangen. Wie verhalten sich diese Dinge? Der Monteur sah den Hund vormittags gesund an der Kette. Wenige Stunden später soll das Tier nicht mehr da gewesen sein bzw. schwer verletzt gewesen sein. In diesem Zusammenhang scheint die Mutmaßung des Monteurs, dass der Mörder oder ein Helfer damals am Motorenhäuschen vorübergelaufen sei, nicht mehr völlig unwahrscheinlich. Derjenige, der den Hund entfernte bzw. verletzte – beides kann nur kurz nach dem Weggang des Monteurs geschehen sein- hat zweifellos Gründe für dieses tun gehabt. Um einen Einbrecher hat es sich nicht gehandelt, denn ein Einbruch wurde zu diesem Zeitpunkt nicht verübt. An den Aussagen des Monteurs, dass er den Hund tatsächlich gesehen habe, ist wohl nicht zu zweifeln. Das bedeutet, dass das Tier nach dem Mord vier Nächte und beinahe vier ganze Tage an der Kette hing. Wurde der Hund in dieser Zeit von jemandem gefüttert, damit er durch sein Heulen nicht die ganze Umgebung aufmerksam machte? Dies ist wiederum eine der vielen Fragen, die der Mordfall Hinterkaifeck auch heute noch aufbringt. |
Offene Fragen/Bemerkungen
Dieser Artikel stammt offenbar aus den Beständen des Staatsarchiv Augsburg. In welcher Zeitung er veröffentlicht wurde ist nicht bekannt. Falls Sie hierzu Informationen haben wären wir über entsprechende Hinweise dankbar!