Dokumente: 1933-04-17 Erhebungen zu Schweiger, Groß und Kaltenecker

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Detailinformationen

Datum

17.04.1933

Ort

München

Art des Dokumentes

Verfasser

Verfasst für

Polizeidirektion München

Quelle

Staatsarchiv Augsburg

Inhalt

Polizeidirektion München,
Am 17. April 1933

V 5.
I. Zu dem Verdacht, daß die Brüder S c h w e i g e r und Josef G r o ß als Täter bei dem Mord in Hinterkaifeck in Frage kommen, wird nach eingehendem Aktenstudium folgendes festgestellt:
Die Familie Schweiger von Ebenhausen umfaßt nicht zwei sondern sieben Brüder ( Xaver, Martin, Johann, Georg, Josef Karl und Albert ) sowie zwei Schwestern ( Anna und Ursula) Nach den vorliegenden Akten dürften jedoch hievon nur sechs Brüder in Betracht zu ziehen sein, die auch mit den seinerzeitigen Einbruchdiebstählen usw. in Verbindung gebracht wurden, es sind dies:


S c h w e i g e r Martin, geb. 30.11.1987 Ebenhausen
          "                Johann, geb. 23.5.1900     "             
          "              Georg, geb. 4.8.1901     "             
          "                Josef, geb. 4.3.1904     "             
          "                Karl, geb. 11.11.1905     "             
          "                Albert, geb. 7.4.1907     "             

Hievon käme mit Rücksicht auf seine sonstigen Straftaten für eine Beteiligung an dem Mord in Hinterkaifeck in erster Linie Josef Schweiger in Frage, der z.Zt. bis 3.7.1934 in Kaisheim eine Zuchthausstrafe von 14 Jahren wegen schweren Raubes verbüßt.
Josef S c h w e i g e r war es auch, der in den zurückliegenden Jahren in erster Linie mit den Brüdern Kaltenecker und mit dem Korbmacher Josef Groß, geb. 25.12.1904, zu Grillheim, Gde. Karlskron, Raubzüge unternommen hat. Hiebei kommt besondere Bedeutung dem Umstand zu, daß die Art wie die Beiden bei ihren Einbrüchen und Raubüberfällen vorzugehen pflegten, in gewisser Beziehung dem Vorgehen der " Mörder von Hinterkaifeck " ähnelt. So sei beispielsweise hier kurz ein Abschnitt aus einem im Jahre 1925 von Josef Kaltenecker abgelegten Geständnis wiedergegeben. Josef Kaltenecker, der seinerzeit durchwegs wahrheitsgetreue Angaben gemacht hat, gab u.a. von der Durchführung einiger Diebstähle folgende Schilderung:



" ... Nach Verübung dieses Diebstahls gingen wir ein paar Häuser weiter und zwar bis zum Schulhaus. Von dem Anwesen neben dem Schulhaus haben Josef Schweiger und Groß das Dach teilweise abgedeckt und sind dann durch die Öffnung eingestiegen. Nach kurzer Zeit sind sie mit einigen Stücken geräucherten Rindfleisch und mehreren Paar geräucherten Leberwürsten, sowie alter Wäsche, auf demselben Weg wieder zu uns zurückgekehrt. Von dort aus begaben wir uns zu einem anderen Anwesen. Dort gelangten wir durch die Stalltüre in die Scheune, von der aus wir auf einer Leiter zum Heuboden hinaufstiegen. Von dort aus konnten wir dann mit Leichtigkeit in das Wohnhaus selbst gelangen. Wer der Dienstmagd ins Gesicht geleuchtet hat, kann ich nicht sagen. .... " 


Ein Vergleich mit dem Mord in Hinterkaifeck zeigt sofort die überraschende Ähnlichkeit des Vorgehens. Es dürfte auch kaum einem Zweifel unterliegen, daß die aus den Brüdern Kaltenecker, Schweiger und Groß bestehende Räuberbande bereits im Frühjahr 1922 ihre Raubzüge ausgeführt hat. Wie ein Blick auf die Landkarte zeigt, konnten auch alle Mitglieder der Bande von ihren damaligen Wohnorten ( Griliheim, Karlskron und Ebenhausen ) in der Nacht sehr wohl nach Hinterkaifeck gelangen sie haben ihre Raubzüge in den Jahren 1923 und 1924 sogar oft noch viel weiter ausgedehnt.
Die Beobachtung des Gütlers Simon R e i ß l ä n d e r ( siehe dessen Bekundung vom 16.5.1922 im Hauptakt) der in der Nacht zum 1.April 1922 zwischen Brunnen und Edelzhausen zwei Burschen gesehen hat, die offenbar befürchteten von ihm erkannt zu werden, kann gleichfalls sehr wohl mit dem gegenwärtigen Verdacht in Zusammenhang gebracht werden.
Es hat auch die Behauptung des Willy Schnepf viel für sich, daß die fragliche Unterhaltung im Gefängnis Neuburg a.D. von Zelle zu Zelle nicht wie früher angenommen zwischen den Brüdern Kaltenecker sondern zwischen den Brüdern Groß geführt wurde.
Schließlich sei noch auf die Akten der Staatsanwaltschaft Augsburg, AVZ. C 1095/32, hingewiesen, aus denen hervorgeht, daß der jüngste der Brüder Schweiger, der nun in Amerika lebende Bäcker Albert Schweiger, bei Erwähnung der Mordtat von Hinterkaifeck ein auffallend reserviertes Verhalten an den Tag gelegt hat. Er selbst dürfte zwar mit Rücksicht auf seine damalige große Jugend als Täter ausscheiden, jedoch ist nach der ganzen Sachlage der Gedanke nicht von der Hand zu weisen, daß Albert Schweiger vermutet, oder gar weiß, wer die Täter sind.