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Krim. Komm. Wimmer der 19. Abt berichtet am 25. 10. 24
Wie im Hauptbüro der Firma Maurer und Söhne-Forstenriederstrasse 73 auf Grund, der dort aufliegenden Lohnlisten festgestellt werden konnte hat Kaltenecker an den genannten beiden Tagen - 31. III. u, 1. IV., 22 - dort nicht gearbeitet, bezw ist bei der Firma nicht in Arbeit gestanden.
Dagegen hat er wie dort eingetragen ist, von 10. VI. 21 bis 15. III. 22 und vom 25. III. 24 bis 31. V. 24 bei der Firma gearbeitet.
gez. Wimmer
Abteil. I. München, den 24. September 24.
Nach Einsicht der bei der Münchner Ortskrankenkasse anfliegenden Arbeitemeldungeliste ist dort Kaltenecker seit 1921 wie folgt in Arbeit angemeldet worden:
| vom 10. VI.21
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bis 15. III. 22
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bei Maurer und Söhne
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| vom 23.III. 22
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bis 3. IV. 22
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bei Maurer und Söhne
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handschriftl. eingefügt nur vom 22.o.23./24.3. dann 4. o. 5./4.
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| vom 4.IV.22
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bis 21. IV.22
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bei Maurer und Söhne
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| vom 26.V.22
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bis 1.IX.22
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bei Maurer und Söhne
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| vom 15.XI.22
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bis 5.IX.23
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bei Maurer und Söhne
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| vom 17.XI.23
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bis 15.I.24
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Emanuelstrasse 8/0,
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| vom 16.II.24
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bis 26.8.24
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Ingolstädterstrasse 109,
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| vom 25.III.24
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bis 31.V.24
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bei Maurer und Söhne, Forstenrieder Str. Nr. 73,
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Auf Grund dieser Meldungen bei der Ortskrankenkasse hier habe ich mich heute nachm. in das Betriebsbüro der Firma Maurer und Söhne, Inhaber Georg Maurer, Forstenriederstrasse 73, begeben und den Geschäftsinhaber ersucht aus den vorliegenden Wochen- Lohnlisten feststellen zu wollen, ob Kaltenecker tatsächlich am 31. März 22 und am 1. April 22 dort in Arbeit gestanden hat und entlohnt worden ist.
Aus der einschlägigen Lohnliste gab mir Maurer auf das bestimmteste bekannt, dass Kaltenecker nur am 23. und 24.März 22 und dann wieder am 4. T. April 22 gearbeitet hat.
An den kritischen Tagen , am 31. März fand 1. April 22 hat er bestimmt nicht in seinem Betriebe gearbeitet und ist auch nicht entlohnt worden.
Die Arbeitsmeldungen, wie sie bei der Krankenkasse eingetragen sind, sind von der Firma gemacht worden. Dies bestätigte mir die anwesende Kontoristin.
Unterschrift Reingruber
Der aus dem Polizeigefängnis vorgeführte verh. Schlosser
Josef Kaltenecker, geb. 26. II. 95 in Grillheim, erklärt auf neuerliche Vernehmung:
Ich kann mich ganz gut erinnert, dass ich am 15.III.22 wegen des eingetretenen Metallarbeiterstreiks bei Maurer und Söhne die Arbeit habe niederlegen müssen.
Ich habe mich dann in meiner Wohnung aufgehalten, Ingolstädterstrasse 109a, gearbeitet habe ich bei meinem Hausherrn, Michael Trinkgeld. Es waren dies teils Gartenarbeiten, teils Reparaturenarbeiten, wie Ausbesserungen im Stalle, Einsetzung eines Türstockes und so weiter. Der Streik war auch der Anlass, dass ich vom Maurer bei der Ortskrankenkasse abgemeldet worden bin. Es ist infolge des eingetreten Metallarbeiterstreiks bei Maurer und Söhne alles entlassen worden.
Etwa nach 8 oder 9 Tagen, es kann auch eine kürzere Zeit gewesen sein, hat mir Maurer eine Karte geschrieben und mir
Mitgeteilt, dass, wenn ich gewillt bin, bei ihm Arbeit bekommen kann. Daraufhin bin ich von meiner Wohnung weg in die Werkstätte des Maurer gegangen und habe mich nach der Arbeit erkundigt. Es waren vor der Werkstätte Streikposten ausgestellt. Da ich aber bei Maurer diesmal als Bauarbeiter Verwendung finden sollte, ist mir der Eintritt nicht verweigert worden. An welchem Tage ich diese Arbeit angefangen habe, weiss ich nicht mehr, ich meine aber, dass es an keinem Montag war, vielmehr unter der Woche. Mit mir arbeiteten dort auch als Bauarbeiter noch ein Herr Hans Koppleder, ein Herr Fleischmann und ein älterer Invalide, der Name ist mir nicht bekannt, er war nach meiner Schätzung 60 bis 70 Jahre alt. Vorarbeiter war der Herr Eisemann, oder Eisenmann. Ich kann mich ferner erinnern, dass diese Bauarbeiten infolge eingetretenen schlechten Wetters ein paarmal unterbrochen werden mussten. Einmal waren es mehrere Tage, wo die Arbeiten ruhten.
Die Bauarbeiten bestanden in Verputz - Mörtelverputz - einer Halle. Ob ich infolge des schlechten Wetters und der dadurch bedingten Arbeitseinstellung (ich) vom Maurer bei der Krankenkasse abgemeldet worden bin, weiss ich nicht. Eine Invaliden-Versicherungskarte ist mir nicht ausgehändigt worden.
Aus freiem Willen habe ich die Arbeit nicht aufgehört. Ich habe mich während des schlechten Wetters auf der Arbeitsstelle öfters umgesehen, ob die Arbeit wieder aufgenommen worden ist, es war aber nicht der Fall. Es haben auch die Maurer die Arbeit ausgesetzt und deshalb habe auch ich aussetzen müssen.
Wenn mir vorgehalten wird, dass ich bei Maurer und Söhne am 23. März 22 bei der hiesigen Ortskrankenkasse an = und am 3. April 22 wieder abgemeldet wurde, so kein ich hierüber keine Aufklärung geben. Ich kann auch darüber keinen Aufschluss geben, wie es mit der Neuanmeldung .am 4. April 22 zusammenhängt, da ich wie bereits angegeben, in diesen Tagen nie eine Karte in die Hand bekam.
Die Kranken-Kasseabmelung am 21. April 22 hängt damit zusammen, weil die Bauarbeiten bei Maurer und Söhne um diese Zeit zu Ende waren. Die Krankenkasse = Anmeldung am 26. Mai 22 hängt damit zusammen,
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weil um diese Zeit der Metallarbeiterstreik beendet war und ich bei Maurer wieder als Schlosser weiter arbeiten konnte. Ich erkläre wiederholt, dass ich in der Zeit vom 25. März 22 mit 3. April 22 nicht aus München hinaus gekommen. Ich habe in diese dieser Zeit bei meiner Hausherrn die bereits angeführten Gelegenheitsarbeiten ausgeführt. Trinkgeld kann sich gewiss an diese Arbeiten erinnern, er hat mir diese arbeiten selbst angetragen, weil er wusste, dass ich keine Arbeit habe. Ich kann aber nicht mit Bestimmtheit sagen, ob ich die Arbeiten bei Trinkgeld vom 15. III. mit ausgeführt habe, oder nachher, wie ich wegen des schlechten Wetters bei Maurer als Bauarbeiter aussetzen habe müssen. Erinnerlich ist mir aber, dass ich noch einige Arbeiten ausgeführt habe, als ich bei Maurer schon wieder gearbeitet habe.
Dass ich in der mehrmals angeführten kritischen Zeit nicht aus München hinausgekommen bin, kann außer meiner Frau die Familie Trinkgeld am besten bezeugen. Wenn Trinkgeld gesagt wird, dass es sich um die Einmauerung eines Türstockes in die zwischen Haus und Stadel gel. Wand handelt, wird er sich an meine Anwesenheit während der Zeit vom 25. März bis 4. April 42 in München wohl erinnern können. Ich habe alle meine Straftaten angegeben, wenn ich. mich noch einer Tat schuldig fühlen würde, so würde ich es sagen. Ich habe die beiden Schweiger im März 24 kurz vor dem Diebstahl in Brachshof durch meinem Bruder Michael kennen gelernt. Wenn mir vorgehalten wird, dass ich in der kritischen Zeit, d. i. am 31. März 22 bei einem Raub oder Mord beteiligt gewesen sein soll so muss ich dieses entschieden bestreiten. Ich habe auch von meinen
Mitbeschuldigten nie etwas erfahren, dass sie eine Tat, wie Raubmord, ausgeführt haben.
Ich bin auch in der Zeit vom Dezember 21 bis Pfingsten 22 nicht in reine Heimat gekommen. Ich bin auch von meinen in Grillheim. wohnhaften Angehörigen in dieser Zeit in München nicht besucht worden.
Ergänzen muss ich die mir vorgelesenen Angaben noch in der Weise, dass ich vom15.März bis 23. März 22 mitunter Streikposten am Eingang zur Werkstätte des Maurer in der Dieselstrasse bei Freimann gestanden hin. Ich habe also in dieser Zeit bei Trinkgeld keine Arbeiten verrichtet.
Vorgelesen und unterschrieben
Unterschrift Josef Kaltenecker
München, den 25. September 24.
Die vor Amt erschienen Frau
Margarethe Kaltenecker, geb. Bramstaller,
Ehefrau des Schlossers Josef Kaltenecker, Emanuelstrase 8/0 wohnhaft erklärt nach geeigneten Befragen: I
Ich bin nicht in der Lage genaue Angeben darüber zu machen, ob mein Mann sich Ende März 22 ununterbrochen in München war. Soviel ich mich erinnere, habe Ich mich schon Ende Februar 22 von meinem Manne getrennt, weil er mit einer Kassiererin vom Wirt Hofmeister in der Ingolstädterstrasse angebandelt haben soll. Ich und mein Mann haben zwar eine gemeinsame Wohnung gehabt, allein jedes hat ein Zimmer für sich bewohnt. Es hat jedes seinen eigenen Haushalt geführt und haben auch getrennt geschlafen. An den Mitte März 22 ausgebrochenen Metallarbeiterstreik kann ich mich wohl erinnern. Vor dem Streik hat mein Mann bei der Firma Maurer gearbeitet. Ob er aber während des Streiks bei Maurer auch Arbeit gefunden hat, weiss ich nicht. Ich bin jeden Tag früh fort in meine Arbeit und abends auch erst spät mitunter um 10 und 11 Uhr nach Hause gekommen. Manchmal habe ich meinen Mann schon zu Hause angetroffen, manchmal auch nicht. Erinnern kann ich mich, dass er bei dem Trinkgeld unsern Hausherrn, in eine Mauer, die zwischen Haus und Heustadel oder Heuboden sich befindet einen Türstock und eine eiserne Türe anbrachte. Ebenso kann ich mich erinnern, dass mein Mann leere Munitionskisten zusammen schlug und zu Brennholz hergerichtet hat.
Bemerkt habe ich nie, dass mein Mann Ende März oder Anfangs April 22 ein paar Tage von der Wohnung abwesend war.
Genauen Aufschluss kann ich hierüber nicht geben. Ich glaube, dass Herr Trinkgeld. besser Aufschluss geben kann. Ich weiss nicht, dass er in der Zeit Ende März 22 in seiner Heimat war, oder dass er Besuche von Bekannten oder Angehörigen aus. seiner Heimat empfangen hat. Einmal ist er um diese Zeit mit der erwähnten Kassiererin ausgegangen, ist aber abends 6 Uhr wieder zu Hause gewesen. Erinnern kann ich mich nicht, dass mein Mann Ende März 22 vom Maurer eine Karte zugeschickt bekommen hat, und ihn Arbeit angeboten wurde. Die Möglichkeit ist gegeben, allein ich weiss davon nichts.
Weitere sachdienliche Angaben kann ich nicht machen da ich gerade zu dieser Zeit mit meinen Manne nicht zusammenlebte und mich um ihn nicht weiter kümmerte
Nach vorlesen unterschrieben
Unterschrift Margarethe Kaltenecker
Frau Kaltenecker gab noch an, dass sie erst in Spätherbst 22 wieder zu ihrem Mann gezogen sei und sich mitt ihn ausgesöhnt habe.
Niederschrift:
Nach der Feststellungen in der Abteil. VI dauerte der Metallarbeiterstreik vom 24. II. 22 bis 26. V. 22.
Unterschrift Reingruber
München, den 26. September 24.
Die Familie Trinkgeld, Ingolstädterstrasse 109a /0 wohnhaft, ist heute zu den Angaben des Josef Kaltenecker l dass er sich In der Zeit vom 25. III. 22 mit 3. IV. 22, insbesondere aber am 31. III. und 1. IV. 22 bei der Familie Trinkgeld aufgehalten habe, einvernommen worden.
Der Gärtnermeister Georg Trinkgeld erklärte, dass er den Josef Kaltenecker schon seit vielen Jahren kenne, er war bereits 4 Jahre bei ihm in der Gärtnerei tätig. Trinkgeld will sich wohl erinnern können, dass im März 22 der Metallarbeiterstreik ausgebrochen ist und Kaltenecker einige Zeit ohne Arbeit war. Weiter will er sich noch genau erinnern können , dass er dann in der arbeitslosen Zeit den Kaltenecker aushilfsweise beschäftigt habe.
Kaltenecker habe bei ihm als ständiger Arbeiter eintreten wollen, er habe diesen aber nicht genommen, weil die Söhne nun herangewachsen seien und bei der Arbeit behilflich sind. An die Anbringung eines Türstockes, Gattenarbeiten und Zertrümmern der Munitionskisten kann sich Trinkgeld ebenso erinnern, allein unmöglich sei es ihm anzugeben, an welchen Tagen diese Arbeiten angeführt worden sind.
Richtig sei auch, dass damals schlechtes Wetter herrschte.
Ausschreibungen darüber, wann die fraglichen Arbeiten vorgenommen worden sind, habe er – Trinkgeld - sich nicht gemacht. Sohin sei es ihm bei besten Willen nicht möglich zu sagen, wann die fraglichen Arbeiten vorgenommen worden wurden, er kann auch nicht angeben, ob Kaltenecker zu der kritischen Zeit eine Reise unternommen hat und etwa über Nacht von der Wohnung abwesend war.
Die Ehefrau Trinkgeld ist ebenfalls nicht in der Lage bestimmte Angaben zu machen, ob Kaltenecker in der kritischen Zeit von der Wohnung abwesend war. Erinnern kann sie sich wohl, dass Kaltenecker infolge des Metallarbeiterstreiks arbeitslos war und dann in der Gärtnerei mithalf, den fraglichen Türstock einmauerte und seine Munitionskisten zerkleinerte, allein wann dies genau war, an welchen Tagen, das kann sie nicht angeben. Dunkel sei ihr in Erinnerung, dass Kaltenecker einmal vom Maurer eine Karte erhalten hat, allein den Inhalt und fie Zeit der Zustellung wisse sie
Nicht mehr.
Dagegen will sich der Gärtnersohn Georg Trinkgeld, 21 Jahre alt, bei den Eltern wohnhaft, genau erinnern können, dass Kaltenecker die angeführten Arbeiten ausgeführt hat und dass er in der kritischen Zeit, d. i. vom 25. III. 22 bis 2. IV. 22 nie einen oder zwei halbe Tage und eine Nacht von der Behausung abwesend war. Er könne sich an diese Zeit genau erinnern, insbesondere an die mit Kaltenecker ausgeführten Arbeiten.
Er will eidlich erhärten können, dass Kaltenecker zu der kritischen Zeit - 25. III. 22 mit 2. IV. 22 - von der Behausung längere Zeit nicht abwesend war. Aufzeichnungen habe er sich allerdings nicht gemacht, doch sei ihm die Zeit noch gut in Erinnerung . Auf verschiedene Einwendungen seiner Mutter, dass er diese seine Behauptungen beeiden müsse , blieb er bei seinen Behauptungen stehen.
Unterschrift Reingruber
München, den 27. September 24.
Es findet sich ein Herr
Johann Kopleder, getr. leb. Hilfsarbeiter, äuss. Wienerstrasse 67/0 wohnhaft, und erklärt nach sachgemäßen Befragen:
Ich habe mit Kaltenecker im Winter 21/22 bei Maurer und Söhne in der Dieselstrasse gearbeitet. Meiner Erinnerung nach ist bereits am 7. März 22 infolge des Metallarbeiterstreiks die Arbeit bei Maurer niedergelegt worden.
Nach etwa 14 Tagen haben ich, Kaltenecker, Fleischmann und glaublich auch Eisenmann vom Maurer Karten zugeschickt bekommen und ist uns da mitgeteilt worden, dass wir wieder bei ihm als Hilfsarbeiter bei Bauarbeiten eintreten können, wir bräuchten
keine Streikarbeiten zu verrichten.
Wir haben gleich ein paar Tage darauf bei Maurer zu arbeiten angefangen. Es handelte sich Hilfsarbeitern bei den `Maurern, wie Materialbeischaffung, Kiesgraben , Gleiselegen und so weiter. Es ist nach ein paar Arbeitstagen schlechtes Wetter eingetreten und mussten wir diese Arbeit aussetzen. An welchem Tage wir aber die Arbeit aussetzen mussten , kann ich heute nicht mehr angeben. Wir haben wegen des schlechten Wetters öfters aussetzen müssen, allein wie bereits angegeben, bin ich nicht im Stande, anzugeben, an welchen Tagen gefeiert wurde. Was Kaltenecker an solchen Feiertagen getan hat, weiss ich nicht, ich habe damals in Giesing gewohnt und er wohnte in Freimann bei Trinkgeld. Kaltenecker kam auch manchmal in meine Wohnung, aber ich weiss auch nicht , an welchen Tagen dies war. Ich kann nicht angeben , ob diese Bauarbeiten Ende März 22 und Angangs April 22 ausgeführt worden sind, d. h. an welchen Tagen die Arbeit begann und wann sie endete. Die Arbeit hat nach meiner Berechnung etwa 3 bis 4 Wochen gedauert. Es wird die Arbeit bis 20. oder 25 .April 22 gedauert haben . Ich bin schon ein paar Tage vor Beendigung der Bauarbeiten ausgetreten, weil ich in München eine Beschäftigung bekommen habe. Ich kann daher keine sachdienlichen Angaben machen, ob Kaltenecker Ende März 22 einige Tage von München abwesend war oder nicht.
Nach vorlesesen unterschrieben
Gez. Kopleder Johann
Abt. IMünchen, den 28. September 24.
Der verh. Maschinist
Andreas Fleischmann,
Wohnhaft Schellingstr. 108/2 R. G., gab mir bei der am 20. ds. Monats in seiner Wohnung erfolgten Vernehmung an:
Bei Ausbruch des im Monat März 22 erfolgten Metallarbeiterstreiks habe er mit anderen Arbeitern die Arbeit bei Maurer und Söhne niederlegen müssen. Anfangs habe er dann Streikgeld erhalten und
eines Tages sei vom Maurer eine Postkarte eingetroffen mit dem Inhalt, dass, wenn er arbeiten wolle, wieder zu arbeiten anfangen könne. Damit sei er einverstanden gewesen. In dem Betriebe des Maurer an der Dieselstrasse wurden damals von Eisenmann Bauarbeiten vorgenommen und da habe er in der Halle Aufräumungsarbeiten verrichtet.
Bei diesen Arbeiten waren auch der Josef Kaltenecker und Kopleder beteiligt. Sie waren aber nicht in der Halle , sondern im Freien mit Mörtelbeischaffen, Gleiselegen, u. dgl. beschäftigt.
Fleischmann selbst, hat , wie er aus seinen Lohnzetteln noch nachweisen konnte,
am 31. März 22 für 46 Stunden Arbeitslohn ausbezahlt erhalten. Am 7. April 22 habe er wieder für 46 St. Lohn erhalten, er hat sohin auch eine ganze Woche gearbeitet. Die Lohnauszahlung erfolgte regelmässig am Freitag. Der Lohn wurde aber nur bis zum Donnerstag abend bezahlt.Der Freitagslohn ist immer für die folgende Woche stehen geblieben.
Erinnern kann sich Fleischmann wohl, dass wegen eingetretenen schlechten Wetters die. im Freien beschäftigten Arbeiter einmal bestimmt haben aussetzen müssen . Alein an welchen Tagen dies der Fall ware kann er unmöglich angeben.
Fleischmann hat sich seine Arbeitzeit und seinen Verdienst seit Jahren Woche für Woche aufgeschrieben, allein die wegen des schlechten Wetters eingesetzten Feierschichten habe er nicht vorgetragen, weil er ja nicht zu feiern brauchte.
Fleischmann ist daher nicht in der Lage Angaben zu machen, an welchen Tagen wegen schlechten Wetters die Arbeiten ruhten und was Kaltenecker an diesen Tage getan hat. Ob Kaltenecker sich während des schlechten Wetters mitunter bei der Baustelle habe eingefunden, wisse er auch nicht.
Fleischmann erklärt ferner, dass, wenn Kaltenecker in der Zeit vom 25. III. 22 mit 3. IV. 22 nicht in der Lohnliste eingetragen ist, er auch bestimmt nicht gearbeitet hat. Bei Maurer wird keine Schlamperei geduldet.
Reingruber
Krim. Oberinsp.
München, den 29. September 24.
Der verh. Bauunternehmer
Ludwig Eisenmann,
wohnhaft Albanistrasse 3/4 am 28 ds. in seiner Wohnung einvernommen, erklärt:
Ich habe im Winter 21/22 in der Dieselstrasse für den Fabrikanten Maurer Arbeiterwerkstätten aufgeführt. Als dann der Metallarbeiterstreik - Anfangs März 22 - ausbrach , sind mir von der Fabrik des Maurer einige Streikende als Bauhilfsarbeiter zur Verfügung gestellt worden. Es war dies der Kopleder, Fleischmann und Kaltenecker. Fleischmann arbeitet in den Werkstätten und die beiden anderen im Freien. Ich kann mich erinnern , dass nach ein paar Tagen , nachdem diese Männer die Arbeiten begonnen hatten, schlechtes Wetter. eingetreten ist und wir im Freien nicht mehr arbeiten konnten, wir sind so , wie ran bei den Maurern spricht „eingefroren“. Es ist mir aber unmöglich zu sagen , wann diese Arbeitseinstellung stattgefunden hat. Es ist möglich , dass dies Ende des Monats März 22 war. Ich bin aber auch nicht in der Lage anzugeben, wann die Arbeit wieder aufgenommen worden ist.
Massgebend für die Arbeitstage sind die Lohnlisten und wenn in den Lohnlisten eingetragen ist, dass Kaltenecker am 31 März und 1. April 22 nicht gearbeitet hat, so ist dies maßgebend. Ich habe auch die Arbeitstage der mir unterstellten Arbeiter in meinem Lohnbüchlein eingetragen. Ich kann aber diese Einträge nicht mehr vorfinden. Die Möglichkeit ist aber auch gegeben, dass ich eine Liste. 'angelegt und diese bei Maurer abgegeben habe. So die Angaben des Baunternehmers Eisenmanns
Nachdem Kaltenecker selbst keine Unterlagen bieten kann, wo er sich am31. März und April 22 nachweislich aufgehalten hat, ist es unmöglich anderweitig ein Alibi zu beschaffen, die von ihm genannten Personen haben in dieser Richtung , wie auch vorauszusehen war, versagt.
Ausgenommen der Gärtnereibesitzerssohn Georg Trinkgeld, wohnhaft in der ingolstädterstrasse 109 a bei den
Eltern, will sich bestimmt erinnern können, dass Kaltenecker in der kritischen Zeit - 31. März und 1. April 22 - nicht für längere Zeit ( ein oder zwei Tage )von seiner Wohnung und der Behausung des Trinkgeld abwesend war.
Ein Verdachtsgrund, d. h. ein Anhaltspunkt, dass Kaltenecker an dem Verbrechen in Hinterkaifeck in irgendeiner Weise mitbeteiligt gewesen sei, konnte auch anderweitig nicht erbracht werden.
Vom Eisenmann und auch von seinen Mitarbeitern wird er als ein sehr fleißiger, tüchtiger und verträglicher Arbeiter geschildert.
Sie hätten ihm nie eine Tat , wegen der sich nun in Untersuchungshaft befindet, zugetraut.
Reingruber
Krim. Oberinsp.
H A F T I. A. Sache! B.
Anz. V. Z. A 169/22.
Mit 2 Akten dem Herrn I. Staatsanwalt für den Landgerichtsbez.
N E U B U R G A. Donau
ergebenst zurück.
München, den 29. September 24.
Polizeidirektion:
i.A.
gez. Tenner
I. Vermerkung zum Personalakt des Josef Kaltenecker gefertigt .
II. Zu den Akten: Raubmord in Hinterkaifeck, W. V. Abteil. I.
Am 29. September 24
i.A.
Unterschrift Tenner
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