Berichte: 1924-10-07 Tenner Friedrich

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Bericht der Kriminalpolizei München

Quelle

Staatsarchiv München, PolDir 8091b

Detailinformationen

Datum

07. Oktober 1924

Ort

München

Autor/Funktion

Friedrich Tenner

Inhalt

München, den 7. Oktober 24.

Betreff: Raubmord in Hinterkaifeck. I. Auf Grund der Angaben des Pfarrers in Waidhofen, den Angaben des Dentisten Josef Fuchs in Pfaffenhofen a. Ilm und des Metzgers Anton Strasser, hier Thalkirchnerstrasse 39/0, hat die Staatsan. Neuburg a.D. in der Richtung gegen die Verdächtigen, den Familien Kaspar und Thaler in Waidhofen eingehende Erhebungen durch die Gendarmerie in Hohenwart und Schrobenhausen veranlasst, welche zu folgenden Feststellungen führten:
Am 27. III. 24 wurde vom Amtsgericht Schrobenhausen der led. Landwirtssohn Josef Maier in Waidhofen zur Sache einvernommen. Er gab an: Dafür ob Wendelin Kaspar und sein Sohn Andreas Kaspar den Mord in Hinterkaifeck begangen haben, habe ich keine Anhaltspunkte. Richtig ist, dass im Februar 24 in der Brummerschen Gastwirtschaft in Waidhofen gelegentlich einer Tanzmusik zwischen mir und Kaspar ein Zusammenstoss stattfand, wobei mir Andreas K. eine Ohrfeige gegeben hat. Im Anschluss an diese Schieberei sagte Andreas Kaspar zu mir: "Gleich erschlag ich Dich, Du Krüppl".
Darauf gab ich ihm zur Antwort: "Ja das könnts, sonst könnt Ihr nichts". Veranlasst bin ich zu dieser Äußerung wurden, weil der alte Wendelin Kaspar, als er vor zwei Jahren im Anwesen meiner Eltern einen Stier kastrierte, sich erbost darüber ausliess, weil das Gerede gehe, er sei der Täter von Hinterkaifeck. Er sagte dabei, dass jetzt die Gendarmen zu ihm wegen der Angelegenheit kommen, sie sollen doch einmal zu Thaler gehen und dort nachschauen. Auch geht allgemein das Gerede in Waidhofen, dass Kaspar Wendelin der Täter sei. Da ich über die Ohrfeige, die mir Andreas Kaspar versetzt hatte, erbost war und ich ihn auch treffen wollte, so habe ich mit meiner Antwort: "Ja, das könnt Ihr, das Leut erschlagen" auf das in Waidhofen gehende Gerede anspielen wollen, um den Kaspar zu treffen. Aber nähere Anhaltspunkte, dass einer der Familie Kaspar der Täter sein könnte, habe ich nicht.
Ich hatte früher ein Verhältnis mit einer Tochter des Thaller in Kaifeck. Dieser habe ich von der Äusserung des Wendelin Kaspar Mitteilung gemacht, es war dies an einem Sonntag nachm. Die Maria Thaller, so hiess die Geliebte, schaute zuerst eine Zeitlang vor sich hin, dann gab sie mir zu Antwort "Glaubst Du dass unsere Buben so was tun?" Mir machte es schon den Eindruck als wäre die Marie Thaller auf die Mitteilung hin, dass Wendelin Kaspar geasgt habe, die Gendarmen sollen einmal bei ihnen in Kaifeck nachschauen, etwas erschrocken sei.
Im Juli 23 hatte ich mit einem gewissen Hiemer auf der Kothmühle in Waidhofen Weizen entwendet. Diese Tat kam sofort auf und die Gendarmen suchten nach mir. Die Gendarmen waren auch, währen ich gerade nicht bei Thaller war, dort und suchten nach mir.
Am Sonntag drauf kam ich nach Kaifeck, da teilte mir die Marie Thaller mit, dass die Gendarmen da gewesen sind und nach mir gefragt hätten.
Ich sagte nun der Marie Thaller, dass die Gendarmen mich suchten, weil ich Weizen entwendet habe sowie, dass ich wegen dieser Tat jetzt werden eingesperrt werden. Und nun sagte Marie Thaller zu mir, ich solle bei der Gendarmerie ja nichts davon sagen, was Wendelin Kaspar bei uns geäußert hat. Richtig ist, dass ich im Gefängnis Neuburg einen Zettel geschrieben habe und diesen einen gewissen Weis aus Pobenhausen mitgegeben habe, als dieser entlassen wurde. Dieser Zettel wurde aber dem Weiss in Neuburg abgenommen.
In diesem Zettel teilte ich der Marie Thaller mit, dass ich nur über den Weizendiebstahl ausgesagt habe und dass sie keine Angst zu haben brauche. Diese Mitteilung wollte ich der Marie Thaller deswegen zukommen lassen, weil sie mir vor meiner Verhaftung gesagt hatte, ich solle der Gendarmerie nichts davon erzählen, dass Wendelin Kaspar geäußert hat, der Täter von Hinterkaifeck sei in ihrer Familie zu suchen. Ich selber habe aber keinen Verdacht, dass irgend ein Mitglied der Familie Thaller den Mord in Hinterkaifeck begangen haben könne. Die vier Söhne des Thaller sind alle vier lustig und zeigen keinerlei Niedergeschlagenheit, ebensowenig merkt man in dem Wesen des alten Thaller etwas auffälliges.
Mein Verhältnis zu Maria Thaller besteht nicht mehr.
gez. Josef Mayr.


II. Die weiteren von der Gendarmerie in Hohenwart und Schrobenhausen in der Richtung gegen Kaspar und Thaller gepflogenen Erhebungen führten zu keine Ergebnis.
Auch über die vom Fuchs vorgebrachten Verdachtsgründe gegen "den Metzger in Waidhofen", gemeint ist Kaspar Wendelin, sind von der Gendarmerie in Pfaffenhofen a.d.Ilm Erhebungen eingeleitet worden. Es wurde festgestellt, dass an einem Dienstag, Wochenmarkt, näheres unbekannt, in Pfaffenhofen der Schmiedmeister Kreppmeier mit dem die Malersfrau Berta Finkenzeller in Pfaffenhofen geschäftlich sehr viel zu tun hat, zufällig in deren Behausung kam, wo auch Fuchs anwesend war. Dieser sagte, dass jetzt die Kaifecker Mörder aufgekommen seien. Er habe dies in Schrobenhausen beim Stieglbräu erfahren und zwar von einem unbekannten Bauern. Als Täter hat dieser Bauer den Metzgermeister in Waidhofen bezeichnet. Dieser Metzger soll seit neuerer Zeit sehr trübsinnig gegen seinem früheren Verhalten sein. Dass dieser Metzger als Täter in Frage kommt, wird in Schrobenhausen und in Waidhofen öffentlich erzählt und wenn der Metzger sich in einem Gasthause befindet und man von dem Morde spricht, er sich immer entfernt. Auch soll dieser Verdacht dem Metzger schon verschiedentlich vorgehalten worden sein, er aber nichts dagegen unternommen haben. Nach der Erzählung des Kreppmeier und nachdem er bei Finkenzeller sein Geschäft erledigt hatte, hat die Finkenzeller fernm. mit der Amtspächtersfrau Kaufmann in Loch über das vom Kr. geführte Gespräch gesprochen. Hierauf habe ihr die Kaufmann auch mitgeteilt, dass dieses Gespräch schon seit langer Zeit bestehe, fragl. Metzger tatsächlich als der Mörder bezeichnet wird, aber niemand traue sich gegen ihm öffentlich vorzugehen.
Angeblich sei dieser Metzger eine sehr gefürchtete Person. Weiters gab die Finkenzeller an, dass sie von einer gewissen Maria Lachermeier, deren Vater heisst Demmel und ist in der Obermühle in Hohenwart beschäftigt, habe erzählen hören, dass der Mörder der Metzger von Waidhofen sei.
Die weiteren von der Gendarmerie in Schrobenhausen beim Stieglbräu in Waidhofen veranlassten Erhebungen führten zu keinem Resultate.
An ein Gespräch, wie das vorstehen geschilderte, kann sich dort niemand erinnern.

Auf Grund dieser Feststellungen hat der St.A. beim Landger. Neuburg a.D. das Verfahren gegen Kaspar und Thaler eingestellt, weil sich neue belastende Tatsachen nicht ergeben haben, vielmehr nur ein unkontrollierbares Wirtshausgespräch über den Kaifeckermord von Marktbesuchern festgestellt werden konnte.
Kaspar hat gegen den Josef Essigkrug in Waidhofen Privatklage gestellt.


II. Zu den Akten: Raubmord in Hinterkaifeck, W.V. der Abteil. I.

I.A.
Tenner