Landpolizei B a y e r n Hohenwart, den 10. 9.1948
Chefdienststelle Schwaben
I/Krim.
Vernehmungsniederschrift
In seiner Wohnung gibt der verw. Friseur
Lorenz S c h r ö f f e r
60 Jahre alt, wohnhaft in Hohenwart Hs. Nr. 82 mit dem Gegenstand der Vernehmung
bekanntgemacht und zur Wahrheitsangabe ermahnt folgendes an:
Z u r S a c h e :
Seit dem Jahr 192o bin ich in Hohenwart selbstständig als Friseur tätig. Seit dieser
Zeit bin ich jeden Freitag bis zum Jahr 1932 nach Waidhofen und in den umliegenden
Anwesen, speziell auch nach Lagg, zuerst in die einzelnen Anwesen und abends von
5 Uhr ab in die Wirtschaft und habe dort die Leute rasiert und ihnen die Haare
geschnitten. Die jüngeren Leute sind dann abends meistens in die Wirtschaft
gekommen, wo ich sie bediente, meine Tätigkeit dauerte meistens bis nachts l0 Uhr.
Die jungen Leute von Laag und besonders die Söhne des Gabriel kamen auch in die
Wirtschaft nach Waidhofen. Jeden Freitag kamen sie nicht, denn die Söhne des
Gabriel waren damals noch jung und mußten nicht jede Woche rasiert werden. Sie
kamen regelmäßig so alle 3 oder 4 Wochen, jedoch kam ich jeden Freitag bestimmt in
die Wohnung des Gabriel, weil ich jede Woche den alten Gabriel rasierte.
An den Freitag, nachdem der Mord entdeckt wurde, kann ich mich noch gut erinnern
und zwar daß an diesem Freitag der Mord in Hinterkaifeck verübt worden sein soll.
An diesem Freitag, es war der 31.3.1922 war ich auch gegen 11 Uhr vormittags im
Anwesen des Gabriel in Laag und rasierte den alten Gabriel. Um diese Zeit war auch
sein Sohn Anton und noch einer, der jetzt eine Gastwirtschaft in Waidhofen hat
anwesend.
Mir ist damals nichts besonderes an ihnen aufgefallen, die Haare habe ich ihnen
damals in ihrem Anwesen nicht geschnitten, denn in der Regel kamen sie zu diesem
Zweck immer in die Wirtschaft nach Waidhofen.Gegen abend war ich dann in der
Gastwirtschaft in Waidhofen tätig. Ich kann mich noch bestimmt daran erinnern, daß
am diesem Abend keiner von den Gebr. Gabriel in der Wirtschaft in Waidhofen war.
Ob ich damals den Gabriel die Haare 8 Tage vorher geschnitten hatte, weiß ich nicht
mehr, sondern ich kann nur sagen, daß sie an diesem Abend nicht anwesend waren,
sie kamen auch nicht jeden Freitag, sondern wenn sie sich die Haare schneiden
ließen. Es fiel daher auch nicht besonders auf, daß sie an diesem Freitag abend nicht
in der Wirtschaft in Waidhofen waren , denn es hielten sich oft an die 50 Personen
dort auf. Ich kann mich nicht daran erinnern, daß ich schon zu jemand einmal sagte,
es sei mir aufgefallen,weil die Gebr. Garbiel an diesem Abend nicht anwesend waren.
Am Freitag nach Entdeckung des Mordes waren die Gebr. Gabriel ebenfalls nicht in
der Wirtschaft in Waidhofen, es fiel mir aber auch nicht besonders auf, sondern ich
dachte mir, sie wollen Redereien aus dem Wege gehen, weil ihr Bruder mit einer
Ermordeten verheiratet war. An diesem Freitag war ich auch in der Wohnung des
Gabriel und habe ihn rasiert. Damals sind war auf den Mord zu sprechen gekommen,
und insbesondere darauf, daß sich das Vieh so ruhig verhalten hat, denn wenn es nur
einen Tag nicht getränkt wird, dann brüllt es auf die Nacht.
Er sagte noch zu mir, das Vieh müsse unbedingt getränkt worden sein sonst hätte es
sich nicht so ruhig verhalten. Es müsse deshalb abends immer einer in den Hof
gekommen sein und das Vieh getränkt haben. Aus diesem Grunde müsse der Täter in
der Nähe gewesen sein. Auf wen er damals Verdacht hatte, darüber hat der alte
Gabriel sich nicht geäußert.
Ich schaue die ganze Familie Gabriel für ehrenhafte Menschen an und ich würde die
Hand für sie ins Feuer legen, daß keiner von ihnen an der Mordtat beteiligt war, denn
ich habe 12 Jahre lang mit der Familie verkehrt. Nach mehreren Jahren brachte ich in
Erfahrung, daß die Gebr. Gabriel in Untersuchungshaft genommen wurden.
In den Hinterkaifecker Hof bin ich nie gekommen und kannte auch die Familie
Gruber nicht. An dem Dienstag, als der Mord von Hinterkaifeck bekannt wurde, war
ich soeben in einem Vereinsabend, des Gesangvereins. Ich ging damals nicht an den
Hof, obwohl eine wahre Völkerwanderung dorthin einsetzte. Auch nachher kam ich
nicht hin und zur Sektion wurde ich auch nicht hinzugezogen, sodaß ich von der
ganzen Angelegenheit nichts gesehen habe.
Den Schlittenbauer kannte ich auch nur vom sehen und kam mit ihm geschäftlich
nicht in Berührung. Auf Schlittenbauer fiel der meiste Verdacht und es wurde viel
davon gesprochen, daß er an der Mordtat beteiligt war. Ob er damals in
Untersuchungshaft genommen wurde, ist mir nicht bekannt. Es war auch ein
Sonderling und er ist inzwischen gestorben.
Ein weiterer Verdacht richtete sich damals auch auf einen Bader Wendelin von Waidhofen der
inzwischen auch gestorben ist. Warum der Verdacht auf ihn gelenkt wurde, ist mir
nicht mehr bekannt. Er war ein Raufbold und es war ihm nichts Gutes
zuzutrauen.
Die Gebrüder Thaler wurden mir nicht näher bekannt. Ich brachte in Erfahrung, daß
sie auch wegen dem Mord in Untersuchungshaft kamen, näheres ist mir jedoch nicht
bekannt.
Mein Geschäft bringt es mit sich, daß ich mit vielen Leuten zusammenkomme.Nach
Entdeckung der Mordtat waren viele der Meinung es liege ein Racheakt vor von
seiten der Gebr. Gabriel. Wieder andere waren der Ansicht, daß ein Raubmord
vorliegt, wobei hauptsächlich der Wendelin Bader verdächtigt wurde. Als er dann
starb hieß es häufig, er hätte das Geheimnis von Hinterkaifeck mit ins Grab
genommen.Ich glaube auch nicht daß der Mord von zwei Tätern ausgeführt wurde,
sondern nur von einem. Meine Ansicht ist, daß der Mord von keinem Fremden
verübt wurde, sondern von einem Bekannten, der über die Verhältnisse im Haus
Bescheid wußte. Diese Ansieht haben bisher 90 % von den Leuten vertreten, mit
denen ich bisher über den Mord gesprochen habe. Der Mörder muß gewußt haben
wie viele Leute im Haus wohnten und hat eines wach dem andern in den Stall
gelockt. Daß auch die Magd im Haus war, wird er nicht gewußt haben, deshalb wird
sie in ihrer Kammer erschlagen worden sein. Er wird sie auch deshalb erschlagen
haben, weil er befürchten mußte, daß sie ihn erkannte. Unter der ganzen Bevölkerung
der Umgebung wurde die Ansicht vertreten, daß nur ein Einheimischer als Täter in
Frage kommt. Im Laufe der Jahre hat sich das Interesse an dem Mord verloren. Nur
vergangenes Jahr erschien in der Zeitung "Donaukurier ein Artikel zum 25. Jahrestag
des Mordes und die Leute haben wieder davon gesprochen. Ich vermute, daß der
Mörder nicht mehr lebt.
Geschlossen: Selbstgelesen und unterschrieben: Huber
Lorenz Schröffer
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