Zeitungsartikel: 1953-05-06 Weltbild: Unterschied zwischen den Versionen

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=== Datum ===
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06.Mai 1953
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[[Datei:Ehepaar Gump 1953.jpg|thumb|Ehepaar Gump]]
[[Datei:Ehepaar Gump 1953.jpg|thumb|Ehepaar Gump]]
<b>Wie ein Blitzschlag</b> trifft dieses Ehepaar die Rundfunkmeldung, man habe den Mörder von Hinterkaifeck. „Auf Silvester, beim Halmaspielen, hören wir es. Wir atmen beide auf. Gott sei Dank! ruf ' ich aus. Da merke ich entsetzt: Ich selber bin ja gemeint!" Ein hinter die Kirche geducktes Haus, grau, mit langen Reihen kleiner Fenster. Ein Scheunentor führt hinein. Wo wohnt Herr Gump? Eine Frau deutet zu einer schmalen eisernen Treppe hinüber. „Da oben!" Lüstern, neugierig schaut sie uns an. „Ich hab es in der Zeitung gelesen", sagt sie, „der Frau soll es sein, sagen die Leute . . ." Die eiserne Treppe wankt unter unserm Gewicht. Dann lesen wir an der Tür: Gump!<br>
<b>Wie ein Blitzschlag</b> trifft dieses Ehepaar die Rundfunkmeldung, man habe den Mörder von Hinterkaifeck. „Auf Silvester, beim Halmaspielen, hören wir es. Wir atmen beide auf. Gott sei Dank! ruf ' ich aus. Da merke ich entsetzt: Ich selber bin ja gemeint!" Ein hinter die Kirche geducktes Haus, grau, mit langen Reihen kleiner Fenster. Ein Scheunentor führt hinein. Wo wohnt Herr Gump? Eine Frau deutet zu einer schmalen eisernen Treppe hinüber. „Da oben!" Lüstern, neugierig schaut sie uns an. „Ich hab es in der Zeitung gelesen", sagt sie, „der Frau soll es sein, sagen die Leute . . ." Die eiserne Treppe wankt unter unserm Gewicht. Dann lesen wir an der Tür: Gump!<br>
Wir sind aufgeregt. Wir besuchen ja in dieser bayerischen Kleinstadt einen Mörder.<br><br><br>
Wir sind aufgeregt. Wir besuchen ja in dieser bayerischen Kleinstadt einen Mörder.<br><br><br>
[[Datei:Herr Leykam WB 1953.PNG|thumb|Herr Leykam]]
[[Datei:Herr Leykam WB 1953.PNG|thumb|Herr Leykam]]
<b>Zwölf Jahre lang,</b> schon 1922, habe ich in der Fabrik neben Gump Anton gesessen", sagt Herr Leykam, ein Arbeitskollege. „Da lernt man einen Menschen kennen. Er war immer vergnügt. Hab' nie was bemerkt. Für den leg ich meine Hand ins Feuer!"<br><br><br>
<b>Zwölf Jahre lang,</b> schon 1922, habe ich in der Fabrik neben Gump Anton gesessen", sagt Herr Leykam, ein Arbeitskollege. „Da lernt man einen Menschen kennen. Er war immer vergnügt. Hab' nie was bemerkt. Für den leg ich meine Hand ins Feuer!"<br><br><br>
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Die Frau tritt neben ihren Mann. Ihr Gesicht ist vom Weinen gerötet! "Mein Toni ist kein Mörder!" Sie klammert sich an ihn. Er greift sich mit der Hand an die Brust. Hilflos und schmerzlich ist sein Blick auf uns gerichtet.<br>
Die Frau tritt neben ihren Mann. Ihr Gesicht ist vom Weinen gerötet! "Mein Toni ist kein Mörder!" Sie klammert sich an ihn. Er greift sich mit der Hand an die Brust. Hilflos und schmerzlich ist sein Blick auf uns gerichtet.<br>
"Ich bin unschuldig", sagt er in einem Ton der so wahr und echt klingt, daß es uns erschüttert. "Ich habe überhaupt nichts mit der ganzen Sache zu tun."<br>
"Ich bin unschuldig", sagt er in einem Ton der so wahr und echt klingt, daß es uns erschüttert. "Ich habe überhaupt nichts mit der ganzen Sache zu tun."<br>
"Wir sind jetzt dreiunddreißig Jahre verheiratet", sagt Frau Gump. "Damals ist er in die 'Deutschen Werke eingetreten und hat fünfundzwanzig Jahre dort gearbeitet. Immer im Akkord. Er kam abends müde nach Hause und hat sich gleich hingelegt. Der hatte keine Zeit, um Leute umzubringen. Und damals sind wir jung verheiratet gewesen. Ich war krank. Ich bin sehr viel krank gewesen. Ich kann mir keinen besseren Mann als Toni vorstellen. So geduldig hat er mich gepflegt. Glaube Sie, eine Frau hätte das nicht in dreiunddreißig ihrer Ehe herausbekommen, ob ihr Mann ein Mörder ist oder nicht?"
"Wir sind jetzt dreiunddreißig Jahre verheiratet", sagt Frau Gump. "Damals ist er in die 'Deutschen Werke eingetreten und hat fünfundzwanzig Jahre dort gearbeitet. Immer im Akkord. Er kam abends müde nach Hause und hat sich gleich hingelegt. Der hatte keine Zeit, um Leute umzubringen. Und damals sind wir jung verheiratet gewesen. Ich war krank. Ich bin sehr viel krank gewesen. Ich kann mir keinen besseren Mann als Toni vorstellen. So geduldig hat er mich gepflegt. Glaube Sie, eine Frau hätte das nicht in dreiunddreißig ihrer Ehe herausbekommen, ob ihr Mann ein Mörder ist oder nicht?"<br>
 
[[Datei:Sargbild Weltbild 1953.jpg|thumb|Ausschnitt in der Zeitung mit Sarg-und Hoffoto]]


'''''Im Kreuzverhör'''''<br>
'''''Im Kreuzverhör'''''<br>
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