Zeitungsartikel: 1927-01-31 Ingolstädter Anzeiger

Die Sonne bringt es an den Tag...

Detailinformationen

Datum

31. Januar 1927

Ort

Neuburg a. d. Donau

Art des Dokumentes

Zeitungsartikel

Verfasser

unbekannt

Verfasst für

Ingolstädter Anzeiger

Inhalt

Neuburg. (Die Sonne bringt es an den Tag...)
Am 4. April 1922 abends zwischen 8 und 9 Uhr erschienen vor dem Anwesen der Gütlerleute Stadler von Karlshuld zwei Burschen, klopften an der Haustüre und baten um Auskunft über den Weg nach Pobenhausen. Nichts Böses ahnend, öffnete der Hausbesitzer die Türe und schon war er überfallen. Der eine Bursche packte ihn, hielt ihm einen Revolver vor die Brust, der Andere schwang ein langes, großes Messer drohend gegen ihn und verlangte Geld. Als Stadler erklärte, kein Geld im Hause zu haben, bedrohten ihn die beiden Eindringlinge mit dem Tode. Schließlich versetzten sie ihn mit dem Messer einen derartigen Schlag auf den Kopf, daß er eine schwere blutende Wunde davontrug. Auch sonst wurde der 60 Jahre alte Mann schwer mißhandelt. Stadler gab nun Auskunft über sein im Hause aufbewahrtes Geld, das sich die Räuber selbst suchten, worauf sie verschwanden. Die Ehefrau des Stadler konnte sich noch rechtzeitig durch Flucht vor den Eindringlingen retten. Bis zum Jahre 1926 hat von den Tätern jeder Spur gefehlt. Durch die frühere Geliebte eines der Räuber kam Licht in das Dunkel, so daß sich am 26. Januar die ledigen Korbmacher Ludwig und Paul Blunder und der verheiratete Gütler Josef Bork, sämtliche von Neuschwetzingen wegen schweren Raubes und Begünstigung zu verantworten hatten. Ludwig Blunder, wegen Brandstiftung, Raubes, Diebstahls schwer vorbestraft, ebenso auch der vorbestrafte Paul Blunder leugneten die Tat, auch Bork stellte die Begünstigung in Abrede. Durch das Zeugenverhör wurde aber den Angeklagten die Tat nachgewiesen, was ihre Verurteilung zur Folge hatte. Ludwig Blunder wurde verurteilt zur Zuchthausstrafe von 5 Jahre 3 Monaten, Paul Blunder zur Zuchthausstrafe von 5 Jahren, Josef Bork zur Gefängnisstrafe von 3 Monaten, die durch die erlittene Untersuchungshaft für verbüßt erklärt wurde. Gegen die Angeklagten Blunder wurde Haftfortdauer und Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf 10 Jahre ausgesprochen.

Offene Fragen/Bemerkungen

Es gibt keine offensichtliche Verbindung zum Mordfall Hinterkaifeck. Wir sammeln aber auch andere Verbrechen in räumlicher und zeitlicher Nähe, damit ein klares Bild von dem damaligen Leben auf dem Land mit sämtlichen Gewohnheiten aber auch Risiken entsteht. Wegen solcher Verbrechen wird es verständlich, warum die Ermittler sich sehr schnell auf das Tatmotiv Raubmord festlegten.