Dokumente: 1971-06-29 Zeugenvernehmung Tschernay Therese: Unterschied zwischen den Versionen

 
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=== Verfasst für ===
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Kriminal-Polizei Augsburg
Kriminal-Polizei Augsburg
=== Verfügbar ===
=== Quelle ===
Staatsarchiv Augsburg
Staatsarchiv Augsburg, 1 Js 244/51
 
== Inhalt ==
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Den mir vorgelegten Brief, adressiert an Herr OStA Öchsler, habe ich geschrieben.
Den mir vorgelegten Brief, adressiert an Herr OStA Öchsler, habe ich geschrieben.
Ich habe mich dazu veranlaßt gesehen, weil ich in. der „Schwäbi-schen Neuen Presse“ einen Bericht über den Mordfall Hinterkaifeck gelesen habe der nach meiner Überzeugung nicht den Tatsachen entsprach. In dem Bericht ist davon die Rede, daß ein Adolf G. des Mordes verdächtig ist, Das stimmt aber nicht. In Wirklichkeit wurde dieser mehrfache Mord in Hinterkaifeck von den Brüdern Karl und Andreas Schreier aus Sattelberg verübt.  
Ich habe mich dazu veranlaßt gesehen, weil ich in. der [[Zeitungsartikel: 1971-04-02 Schwäbische Neue Presse|„Schwäbi-schen Neuen Presse“]] einen Bericht über den Mordfall Hinterkaifeck gelesen habe der nach meiner Überzeugung nicht den Tatsachen entsprach. In dem Bericht ist davon die Rede, daß ein Adolf G. des Mordes verdächtig ist, Das stimmt aber nicht. In Wirklichkeit wurde dieser mehrfache Mord in Hinterkaifeck von den Brüdern Karl und Andreas Schreier aus Sattelberg verübt.  
Ich habe mit meinem Wissen über die beiden angeführten Täter deshalb so lange zurückgehalten, weil ich von den Genannten für mich und meine Familienangenhörigen Repressalien befürchte. Außerdem hat mich meine Mutter, von der ich eigentlich die Einzelheiten über den Mordfall mitgeteilt erhalten habe, gebeten, von der Sache nichts zu erzählen. Sie meinte, ich solle mein Wissen erst preisgeben, wenn in derMordsache Hinterkaifeck in der Zeitung falsche Berichte abgedruckt würden. Meine Mutter hat kurz vor ihrem Tode, das war vor etwa 3 Jahren, das Versprechen abgenommen, die Sache nur in ihrem Sinne bekanntzugeben.
Ich habe mit meinem Wissen über die beiden angeführten Täter deshalb so lange zurückgehalten, weil ich von den Genannten für mich und meine Familienangenhörigen Repressalien befürchte. Außerdem hat mich meine Mutter, von der ich eigentlich die Einzelheiten über den Mordfall mitgeteilt erhalten habe, gebeten, von der Sache nichts zu erzählen. Sie meinte, ich solle mein Wissen erst preisgeben, wenn in der Mordsache Hinterkaifeck in der Zeitung falsche Berichte abgedruckt würden. Meine Mutter hat kurz vor ihrem Tode, das war vor etwa 3 Jahren, das Versprechen abgenommen, die Sache nur in ihrem Sinne bekanntzugeben.




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Meine Eltern hatten in Sattelberg, LKrs. Schrobenhausen, eine kleine Landwirtschaft. Sie hatten 14 Tagwerk Land zu bewirtschaften. In der Familie waren wir insgesamt 7 Kinder. Weil die Landwirtschaft für den Familienunterhalt nicht ganz ausreichte, hat sich mein Vater nebenbei noch als Uhrmacher, Scherenschleifer und Schirmflicker betätigt. Der Einödhof Hinterkaifeck dürfte von Sattelberg etwa 15 km entfernt gewesen sein. Ich weiß noch, daß wir mit dem Fahrrad etwa 30 Minuten dorthin zu fahren hatten. Als dieser mehrfache Mord in Hinterkaifeck durchgeführt wurde war ich gerade 12 Jahre alt. Ich weiß noch, daß mein Vater und meine Mutter damals von der Polizei wegen des Mordfalles vernommen wurden. Frau Schreier, die Mutter der Brüder Karl und Andreas Schreier, hat damals meiner Mutter erzählt, daß ihre Söhne die Täter von Hinterkaifeck seien. Ihre Söhne hätten auch Schmuck und Kleidungsstücke von dem Mordfall nach Hause gebracht, die sie, Frau Schreier trage. Meine Mutter hat dieses Wissen um die Sache sehr belastet. Sie hat es selbstverständlich ihrem Mann erzählt. Schließlich ist meine Mutter dann in ihrer Angst zum Ortspfarrer gegangen und hat die Sache gebeichtet. Meine Eltern mußten ja um ihr Leben und um ihr Anwesen fürchten, weil nicht ausgeschlossen werden konnte, daß die Täter evtl. Hitwisser beiseite schafften.
Meine Eltern hatten in Sattelberg, LKrs. Schrobenhausen, eine kleine Landwirtschaft. Sie hatten 14 Tagwerk Land zu bewirtschaften. In der Familie waren wir insgesamt 7 Kinder. Weil die Landwirtschaft für den Familienunterhalt nicht ganz ausreichte, hat sich mein Vater nebenbei noch als Uhrmacher, Scherenschleifer und Schirmflicker betätigt. Der Einödhof Hinterkaifeck dürfte von Sattelberg etwa 15 km entfernt gewesen sein. Ich weiß noch, daß wir mit dem Fahrrad etwa 30 Minuten dorthin zu fahren hatten. Als dieser mehrfache Mord in Hinterkaifeck durchgeführt wurde war ich gerade 12 Jahre alt. Ich weiß noch, daß mein Vater und meine Mutter damals von der Polizei wegen des Mordfalles vernommen wurden. Frau Schreier, die Mutter der Brüder Karl und Andreas Schreier, hat damals meiner Mutter erzählt, daß ihre Söhne die Täter von Hinterkaifeck seien. Ihre Söhne hätten auch Schmuck und Kleidungsstücke von dem Mordfall nach Hause gebracht, die sie, Frau Schreier trage. Meine Mutter hat dieses Wissen um die Sache sehr belastet. Sie hat es selbstverständlich ihrem Mann erzählt. Schließlich ist meine Mutter dann in ihrer Angst zum Ortspfarrer gegangen und hat die Sache gebeichtet. Meine Eltern mußten ja um ihr Leben und um ihr Anwesen fürchten, weil nicht ausgeschlossen werden konnte, daß die Täter evtl. Mitwisser beiseite schafften.




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Wie ich in meinem Brief an die Staatsanwaltschaft Augsburg geschrieben habe, kam Frau Schreier nach dem Mord von Hintekaifeck zu uns und hat meiner Mutter von dem Mordfall erzählt. Wie schon erwähnt, bezichtigte sie ihre Söhne als Täter.  Als dann die Polizei zu uns ins Haus kam und meine Eltern vernommen hat, haben wir Kinder in unserer Neugierde versucht an der Türe zu lauschen. So habe ich bruchstückweise erfahren, daß Frau Schreier ihre beiden Söhne wirklich als die Mörder von Hinterkaifeck angegeben hatte. Einzelheiten über dieses damalige Gespräch habe ich nicht gehört und würde sie heute auch nicht mehr wiedergeben können. Ob die Frau Schreier geisteskrank war, kann ich nicht sagen. Ich nehme an, daß sie den Freitod gesucht hat, weil sie wegen der Mordsache mit ihrem Gewissen nicht mehr fertig wurde.
Wie ich in meinem Brief an die Staatsanwaltschaft Augsburg geschrieben habe, kam Frau Schreier nach dem Mord von Hintekaifeck zu uns und hat meiner Mutter von dem Mordfall erzählt. Wie schon erwähnt, bezichtigte sie ihre Söhne als Täter.  Als dann die Polizei zu uns ins Haus kam und meine Eltern vernommen hat, haben wir Kinder in unserer Neugierde versucht an der Türe zu lauschen. So habe ich bruchstückweise erfahren, daß Frau Schreier ihre beiden Söhne wirklich als die Mörder von Hinterkaifeck angegeben hatte. Einzelheiten über dieses damalige Gespräch habe ich nicht gehört und würde sie heute auch nicht mehr wiedergeben können. Ob die Frau Schreier geisteskrank war, kann ich nicht sagen. Ich nehme an, daß sie den Freitod gesucht hat, weil sie wegen der Mordsache mit ihrem Gewissen nicht mehr fertig wurde.


Andreas Schreier, einer der angeblichen Täter, ist einige Jahre nach dem Mordfall gestorben. Man hat damals erzählt, daß ihn der Teufel geholt habe. Bei seiner letzten Beichte hat er dem Pfarrer den Mord gestanden. Er hat den Geistlichen auch von seiner Schweigepflicht entbunden und ihm erlaubt, daß er die Sache an die Öffentlichkeit bringen darf. Nach der Beichte hat der betreffende Pfarrer seinen [[Personen: Herb Richard|Kaplan]] beauftragt die Beerdigung durchzuführen. Er hat ihm erlaubt, am offenen Grabe die Mörder namentlich bekanntzugeben. Dies war dann der Anlaß für einen Zwischenfall, bei dem Karl Schreier versucht hat, den Kaplan ins offene Grab zu stoßen. Der Pfarrer selber ist nach der Beichte sofort nach Schrobenhausen gefahren und hat den Vorfall und das Geständnis des Andreas Schreier berichtet. Wenn ich erwähnt habe, daß Andreas Schreier vom Teufel geholt wurde, so kann ich das auch durchaus begründen. Er hat nämlich vor seinem Tode zum Pfarrer der bei ihm war gesagt, daß der Teufel mit im Zimmer stehe. Ich erin-nere mich, daß ich damals in meiner kindlichen Neugierde in das Sterbezimmer des Andreas Schreier durch das Fenster hineingesehen habe. Nach seinem Tod war das Zimmer plötzlich kohlschwarz. Ich nehme an, daß dieser Umstand dafür spricht, daß Andreas Schreier tatsächlich vom Teufel geholt wurde.
Andreas Schreier, einer der angeblichen Täter, ist einige Jahre nach dem Mordfall gestorben. Man hat damals erzählt, daß ihn der Teufel geholt habe. Bei seiner letzten Beichte hat er dem Pfarrer den Mord gestanden. Er hat den Geistlichen auch von seiner Schweigepflicht entbunden und ihm erlaubt, daß er die Sache an die Öffentlichkeit bringen darf. Nach der Beichte hat der betreffende Pfarrer seinen [[Personen: Herb Richard|Kaplan]] beauftragt die Beerdigung durchzuführen. Er hat ihm erlaubt, am offenen Grabe die Mörder namentlich bekanntzugeben. Dies war dann der Anlaß für einen Zwischenfall, bei dem Karl Schreier versucht hat, den Kaplan ins offene Grab zu stoßen. Der Pfarrer selber ist nach der Beichte sofort nach Schrobenhausen gefahren und hat den Vorfall und das Geständnis des Andreas Schreier berichtet. Wenn ich erwähnt habe, daß Andreas Schreier vom Teufel geholt wurde, so kann ich das auch durchaus begründen. Er hat nämlich vor seinem Tode zum Pfarrer der bei ihm war gesagt, daß der Teufel mit im Zimmer stehe. Ich erinnere mich, daß ich damals in meiner kindlichen Neugierde in das Sterbezimmer des Andreas Schreier durch das Fenster hineingesehen habe. Nach seinem Tod war das Zimmer plötzlich kohlschwarz. Ich nehme an, daß dieser Umstand dafür spricht, daß Andreas Schreier tatsächlich vom Teufel geholt wurde.




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