Dokumente: 1922-08-22 Beschluß des obersten bayer. Landgericht in München in Erbsachen Gabriel: Unterschied zwischen den Versionen

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Gleichgiltig ist es (s. Ortmann 5 20, 2), ob die mehreren Personen gleichzeitig oder nacheinander von der Gefahr betroffen wurden, nicht aber ist es gleichgiltig, ob die Vernichtung der Opfer zu gleicher Zeit geschah resp. hat geschehen können oder nicht; nur wenn feststeht, daß der Tod nicht gleichzeitig eingetreten sein kann, muß die Vermutung des. § 20 entfallen (s.Arch.f.Civ.Pr.Bd. 107 S.368).<br>
Gleichgiltig ist es (s. Ortmann 5 20, 2), ob die mehreren Personen gleichzeitig oder nacheinander von der Gefahr betroffen wurden, nicht aber ist es gleichgiltig, ob die Vernichtung der Opfer zu gleicher Zeit geschah resp. hat geschehen können oder nicht; nur wenn feststeht, daß der Tod nicht gleichzeitig eingetreten sein kann, muß die Vermutung des. § 20 entfallen (s.Arch.f.Civ.Pr.Bd. 107 S.368).<br>
Jn welcher Reihenfolge die Bewohner des Anwesens in Hinterkaifeck von den Raubmördern oder dem einzigen Täter tötlich verletzt wurden und in welchem Zeitpunkt die einzelnen Opfer ihr Leben  ließen, ist zur Zeit völlig im Dunkeln. Ob diese Frage bei Ermittlung der Täter jemals eine zweifelsfreie Lösung finden wird, kann dahin gestellt bleiben. Zur Zeit steht nur soviel fest, daß anlässlich des im besagten Anwesen verübten Verbrechens dessen sämtliche Jnwohner getötet wurden; nach der Rechtsvermutung des § 20 BGB. müssen dieselben deshalb als gleichzeitig gestorben erachtet werden. Die Vorschrift des § 2356 BGB. steht der Ausstellung des beantragten Erbscheins nicht entgegen . Allerdings hat der Antragsteller nach § 2356 Abs.1 Satz 1 a.a.O. durch öffentliche Urkunden nachzuweisen, in welcher Weise die Person weggefallen ist, durch die er von der Erbfolge ausgeselassen wurde (§ 2354 Abs.2). Allein mangels solcher Urkunden genügtt gemäß §t 2356 Abs. I S.2 die Angabe anderer Beweismittel und als ein solches Beweismittel muß die dem Antragsteller im gegebenen Fall gemäß §20 BGB. zur Seite stehende Rechtsvermutung gelten. <br>
Jn welcher Reihenfolge die Bewohner des Anwesens in Hinterkaifeck von den Raubmördern oder dem einzigen Täter tötlich verletzt wurden und in welchem Zeitpunkt die einzelnen Opfer ihr Leben  ließen, ist zur Zeit völlig im Dunkeln. Ob diese Frage bei Ermittlung der Täter jemals eine zweifelsfreie Lösung finden wird, kann dahin gestellt bleiben. Zur Zeit steht nur soviel fest, daß anlässlich des im besagten Anwesen verübten Verbrechens dessen sämtliche Jnwohner getötet wurden; nach der Rechtsvermutung des § 20 BGB. müssen dieselben deshalb als gleichzeitig gestorben erachtet werden. Die Vorschrift des § 2356 BGB. steht der Ausstellung des beantragten Erbscheins nicht entgegen . Allerdings hat der Antragsteller nach § 2356 Abs.1 Satz 1 a.a.O. durch öffentliche Urkunden nachzuweisen, in welcher Weise die Person weggefallen ist, durch die er von der Erbfolge ausgeselassen wurde (§ 2354 Abs.2). Allein mangels solcher Urkunden genügtt gemäß §t 2356 Abs. I S.2 die Angabe anderer Beweismittel und als ein solches Beweismittel muß die dem Antragsteller im gegebenen Fall gemäß §20 BGB. zur Seite stehende Rechtsvermutung gelten. <br>
Aber selbst wenn man in vowürfiger Sache von einer gemeinsamen Gefahr nicht sprechen könnte und in dem begangenen Verbrechen mehrere selbständige gegen die einzelnen Personen gerichtete Lebensbedrohungen erblicken würde, so dürfte man doch mangels Jeglichen Nachwelses über die Reihenfolge der Todesfälle zum gleichen Ergebnis wie unter Anwendung des ¢ 20 BGB. gelangen, denn es wäre willkürlich von einer dieser Personen anzunehmen, daß sie die andere überlebt hat (v.Thur BGB. Bd. I S.384). Demnach erweist sich die weitere Beschwerde als unbegründet. Die Entscheidung im Kostenpunkte stützt sich auf Art.131 Ausf. Ges. zum BGB. Der Antrag der weiteren Beschwerde, die Kosten des Verfahrens den Erbbeteiligten nach Maßgabe des Erbscheins aufzuerlegen, ist unbegründet, da das gesamte Beschwerdeverfahren von Karl Gabriel betrieben wurde und nur hiedurch die ihm auferlegten Kosten entstanden sind.<br>
{|
|gez. Unzner
|Ulrich
|Knauer
|Silberschmidt
|}
Dr.Engelmann ist beurlaubt und deshalb an der Unterzeichnung verhindert.<br>
gez. Unzner.
Für den Gleichlaut der Ausfertigung mit der Urschrift. München, den 22. August 1922<br>
Der Gerichtsschreiber des Obersten Landesgerichts
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2.918

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