Berichte: 1948-08-12 Meiendres: Unterschied zwischen den Versionen

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'''''Bericht des Oberkriminalinspektor Meiendres zum Mordfall Hinterkaifeck'''''
'''''Bericht des Oberkriminalinspektor Meiendres zum Mordfall Hinterkaifeck'''''
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== Quelle ==
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Staatsarchiv München
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== Detailinformationen ==
== Detailinformationen ==
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Unter Bezugnahme auf das Ersuchschreiben der Chefdienststelle Schwaben, I/Krim., vom 3.8.48, Tgb.Nr. 463/48, berichte ich folgendes:<br><br>
Unter Bezugnahme auf das Ersuchschreiben der Chefdienststelle Schwaben, I/Krim., vom 3.8.48, Tgb.Nr. 463/48, berichte ich folgendes:<br><br>


Am 1.5.31 wurde ich auf eigenes Ansuchen von der Gend.-Station Zwiesel, Lkr. Regen, zur Gend.-Station Hohenwart, Lkr.[[Orte: Schrobenhausen|Schrobenhausen]], versetzt. Nach etwa 3 Wochen Aufenthalt in [[Orte: Hohenwart | Hohenwart]] kam ich erstmals mit der Mordsache [[Hinterkaifeck | Hinterkaifeck]] in dienstliche Berührung. Der [[Sachverhalte: Tatort | Tatort Hinterkaifeck]] liegt im Dienstbereich Hohenwart. Bei Hinterkaifeck handelt es sich um einen in der Ortschaft [[Orte: Gröbern | Gröbern]], Gmde.-Flur [[Orte: Wangen|Wangen]] liegenden, zur Pfarrei und zum Schulbezirk [[Orte: Waidhofen | Waidhofen]], Lkr. Schrobenhausen, gehörenden [[Der_Hof_Hinterkaifeck#Hinterkaifeck_-_eine_Ein.C3.B6de.3F | Einödbauernhof]], der, als er wegen des vorgekommenen Mordes nicht verkauft werden konnte, etwa 5 Monate nach der Mordtat [[Sachverhalte: Abriss von Hinterkaifeck | abgebrochen]] wurde. Der Bauernhof lag etwa 500 m westlich der Ortschaft Gröbern, links des nach der Einöde Haid am Rain führenden Feldweg. Zwischen den beiden Einöden und der Südostwerts von Hinterkaifeck etwa 12 Minuten entfernt gelegenen Einöde [[Orte: Kaifeck | Vorderkaifeck]] liegt ein größerer Wald. Besitzer des Anwesens Hinterkaifeck waren die [[Personen: Ehepaar Gruber | Eheleute Gruber]]. Glaublich im Jahre 1913 übergaben sie ihr Anwesen an [[Personen: Gabriel Viktoria | ihre Tochter]], welche sich noch im gleichen Jahre mit dem Bauersohn [[Personen: Gabriel Karl | Gabriel (Andreas?)]] von [[Orte: Laag | Laag]], Gde. Wangen, Lkr. Schrobenhausen verehelichte und mit diesem das Grundstück bewirtschaftete. Das Verhältnis des Gabriel zu [[Personen: Gruber Andreas | seinem Schwiegervater]] soll kein gutes gewesen sein, weil damals schon vermutet wurde, das Gruber mit seiner leiblichen Tochter, also mit der Ehefrau des Gabriel, [[Sachverhalte: Der Inzest | Blutschande]] trieb. Bei Ausbruch des Krieges 1914-13 wurde Gabriel zum Heeresdienst eingezogen und ist angeblich im Jahre 1916 in Rußland gefallen. Nach dem Kriege, glaublich im Jahre 1920 oder 21 wurde Gruber wegen Blutschande, begangen an seiner leiblichen Tochter, nunmehr verwitwete Gabriel, zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt. (Das Gericht, das über die Angelegenheit verhandelte, ist mir nicht bekannt). Nach seiner Entlassung bzw. nach Verbüßung der Freiheitsstrafe, soll Gruber mit seiner Tochter weiterhin ein intimes Verhältnis gepflegt haben, das nicht ohne Folgen geblieben sein soll. Aus Furcht vor einer abermaligen Verurteilung wegen Blutschande wandte sich Gruber angesichts des zu erwartenden, von ihm erzeugten [[Personen: Gruber Josef | Kindes]], an den verwitweten Bauern und damaligen [[Wissen: Ortsführer | Ortsführer]] [[Personen: Schlittenbauer Lorenz | Schlittenbauer]] in Gröbern mit dem Ansuchen, er möchte die Vaterschaft für das Kind anerkennen. Nach anfänglichem zögern soll Schlittenbauer zugesagt haben. Als Gegenleistung soll ihm der Gruber 5000 Mark und seine Tochter als zukünftige Frau in Aussicht gestellt haben. Als Schlittenbauer von Gruber zur vereinbarten Zeit weder den Geldbetrag noch die Tochter zur Frau bekam, soll sich Schlittenbauer wie folgt geäußert haben:“Die Brut da draußen räuchere ich noch aus!“ Das Verhältnis des Schlittenbauer zur Familie Gruber soll sich in der Folgezeit sehr verschlechtert haben, auch soll es wiederholt zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Gruber und Schlittenbauer gekommen sein.<br>
Am 1.5.31 wurde ich auf eigenes Ansuchen von der Gend.-Station Zwiesel, Lkr. Regen, zur Gend.-Station Hohenwart, Lkr.[[Orte: Schrobenhausen|Schrobenhausen]], versetzt. Nach etwa 3 Wochen Aufenthalt in [[Orte: Hohenwart | Hohenwart]] kam ich erstmals mit der Mordsache [[Hinterkaifeck | Hinterkaifeck]] in dienstliche Berührung. Der [[Sachverhalte: Tatort | Tatort Hinterkaifeck]] liegt im Dienstbereich Hohenwart. Bei Hinterkaifeck handelt es sich um einen in der Ortschaft [[Orte: Gröbern | Gröbern]], Gmde.-Flur [[Orte: Wangen|Wangen]] liegenden, zur Pfarrei und zum Schulbezirk [[Orte: Waidhofen | Waidhofen]], Lkr. Schrobenhausen, gehörenden [[Sonstiges: Der Hof Hinterkaifeck#Hinterkaifeck - eine Einöde? | Einödbauernhof]], der, als er wegen des vorgekommenen Mordes nicht verkauft werden konnte, etwa 5 Monate nach der Mordtat [[Sachverhalte: Abriss von Hinterkaifeck | abgebrochen]] wurde. Der Bauernhof lag etwa 500 m westlich der Ortschaft Gröbern, links des nach der Einöde Haid am Rain führenden Feldweg. Zwischen den beiden Einöden und der Südostwerts von Hinterkaifeck etwa 12 Minuten entfernt gelegenen Einöde [[Orte: Kaifeck | Vorderkaifeck]] liegt ein größerer Wald. Besitzer des Anwesens Hinterkaifeck waren die [[Personen: Ehepaar Gruber | Eheleute Gruber]]. Glaublich im Jahre 1913 übergaben sie ihr Anwesen an [[Personen: Gabriel Viktoria | ihre Tochter]], welche sich noch im gleichen Jahre mit dem Bauersohn [[Personen: Gabriel Karl | Gabriel (Andreas?)]] von [[Orte: Laag | Laag]], Gde. Wangen, Lkr. Schrobenhausen verehelichte und mit diesem das Grundstück bewirtschaftete. Das Verhältnis des Gabriel zu [[Personen: Gruber Andreas | seinem Schwiegervater]] soll kein gutes gewesen sein, weil damals schon vermutet wurde, das Gruber mit seiner leiblichen Tochter, also mit der Ehefrau des Gabriel, [[Sachverhalte: Der Inzest | Blutschande]] trieb. Bei Ausbruch des Krieges 1914-15 wurde Gabriel zum Heeresdienst eingezogen und ist angeblich im Jahre 1916 in Rußland gefallen. Nach dem Kriege, glaublich im Jahre 1920 oder 21 wurde Gruber wegen Blutschande, begangen an seiner leiblichen Tochter, nunmehr verwitwete Gabriel, zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt. (Das Gericht, das über die Angelegenheit verhandelte, ist mir nicht bekannt). Nach seiner Entlassung bzw. nach Verbüßung der Freiheitsstrafe, soll Gruber mit seiner Tochter weiterhin ein intimes Verhältnis gepflegt haben, das nicht ohne Folgen geblieben sein soll. Aus Furcht vor einer abermaligen Verurteilung wegen Blutschande wandte sich Gruber angesichts des zu erwartenden, von ihm erzeugten [[Personen: Gruber Josef | Kindes]], an den verwitweten Bauern und damaligen [[Wissen: Ortsführer | Ortsführer]] [[Personen: Schlittenbauer Lorenz | Schlittenbauer]] in Gröbern mit dem Ansuchen, er möchte die Vaterschaft für das Kind anerkennen. Nach anfänglichem zögern soll Schlittenbauer zugesagt haben. Als Gegenleistung soll ihm der Gruber 5000 Mark und seine Tochter als zukünftige Frau in Aussicht gestellt haben. Als Schlittenbauer von Gruber zur vereinbarten Zeit weder den Geldbetrag noch die Tochter zur Frau bekam, soll sich Schlittenbauer wie folgt geäußert haben:“Die Brut da draußen räuchere ich noch aus!“ Das Verhältnis des Schlittenbauer zur Familie Gruber soll sich in der Folgezeit sehr verschlechtert haben, auch soll es wiederholt zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Gruber und Schlittenbauer gekommen sein.<br>


Die Familie Gruber, bestehend aus den Eheleuten Gruber, deren Tochter, verw. Gabriel, deren 2 Kinder im Alter von glaublich 7 und 2 Jahren, lebte sehr zurückgezogen und kam mit anderen Leuten, außer an den Sonntagen anläßlich der Kirchbesuche in Waidhofen, kaum in Berührung. Sie war auch als sehr geizig und habgierig bekannt und verlangte für ihre Produkte von den die dortige Gegend besuchenden Hamsterern Überpreise.<br>
Die Familie Gruber, bestehend aus den Eheleuten Gruber, deren Tochter, verw. Gabriel, deren 2 Kinder im Alter von glaublich 7 und 2 Jahren, lebte sehr zurückgezogen und kam mit anderen Leuten, außer an den Sonntagen anläßlich der Kirchbesuche in Waidhofen, kaum in Berührung. Sie war auch als sehr geizig und habgierig bekannt und verlangte für ihre Produkte von den die dortige Gegend besuchenden Hamsterern Überpreise.<br>
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Etwa 8 Tage vor dem Mord ersuchte Gruber den Ortsführer Schlittenbauer von Gröbern (das Verhältnis hatte sich inzwischen etwas gebessert) um eine Waffe, mit der Begründung, in seinem Hause sei seit einigen Tagen etwas nicht mehr in Ordnung, er vermute fremde Leute in seinem Anwesen. Schlittenbauer soll ihm darauf gesagt haben, er habe zwar einen alten Trommelrevolver, der aber nicht mehr zuverlässig sei, er (Gruber) solle sich doch an die Gendarmerie in Hohenwart wenden und diese in seinem Hause doch mal nachsehen lassen. Dies soll Gruber jedoch abgelehnt haben mit dem Hinweis, er wolle keinen Gendarm in seinem Hause sehen, er werde schon ohne Gendarmerie fertig werden. Er werde sich eine passende Waffe bereitlegen, um sich gegebenenfalls entsprechend verteidigen zu können. Von diesem Zeitpunkt an soll Schlittenbauer mit Gruber oder einem seiner Angehörigen, nicht mehr in Berührung gekommen.<br><br>
Etwa 8 Tage vor dem Mord ersuchte Gruber den Ortsführer Schlittenbauer von Gröbern (das Verhältnis hatte sich inzwischen etwas gebessert) um eine Waffe, mit der Begründung, in seinem Hause sei seit einigen Tagen etwas nicht mehr in Ordnung, er vermute fremde Leute in seinem Anwesen. Schlittenbauer soll ihm darauf gesagt haben, er habe zwar einen alten Trommelrevolver, der aber nicht mehr zuverlässig sei, er (Gruber) solle sich doch an die Gendarmerie in Hohenwart wenden und diese in seinem Hause doch mal nachsehen lassen. Dies soll Gruber jedoch abgelehnt haben mit dem Hinweis, er wolle keinen Gendarm in seinem Hause sehen, er werde schon ohne Gendarmerie fertig werden. Er werde sich eine passende Waffe bereitlegen, um sich gegebenenfalls entsprechend verteidigen zu können. Von diesem Zeitpunkt an soll Schlittenbauer mit Gruber oder einem seiner Angehörigen, nicht mehr in Berührung gekommen.<br><br>


Glaublich am 1.4.1922 nachm. kam ein [[Personen: Hofner Albert | Motorenschlosser]] aus Pfaffenhofen a.d. Ilm zu Schlittenbauer und teilte ihm mit, er komme soeben von Hinterkaifeck, wo er auf Bestellung den Benzinmotor repariert habe. Nachdem im Anwesen Hinterkaifeck niemand anwesend gewesen sei, habe er das außerhalb des Hauses stehende Motorenhäuschen aufgebrochen und die Reparatur vorgenommen. Er (Schlittenbauer) möchte so freundlich sein und der Familie Gruber sagen lassen, daß der Motor in Ordnung sei und zum Futterschneiden wieder verwendet werden könne.<br><br>
Glaublich am 1.4.1922 nachm. kam ein [[Personen: Hofner Albert | Motorenschlosser]] aus [[Orte: Pfaffenhofen|Pfaffenhofen a.d. Ilm]] zu Schlittenbauer und teilte ihm mit, er komme soeben von Hinterkaifeck, wo er auf Bestellung den Benzinmotor repariert habe. Nachdem im Anwesen Hinterkaifeck niemand anwesend gewesen sei, habe er das außerhalb des Hauses stehende Motorenhäuschen aufgebrochen und die Reparatur vorgenommen. Er (Schlittenbauer) möchte so freundlich sein und der Familie Gruber sagen lassen, daß der Motor in Ordnung sei und zum Futterschneiden wieder verwendet werden könne.<br><br>


Glaublich gegen 17.30 Uhr des gleichen Tages schickte nun Schlittenbauer seinen noch volksschulpflichtigen [[Personen: Schlittenbauer Johann | Sohn]] nach Hinterkaifeck, um den Auftrag des Schlossers aus Pfaffenhofen ausführen zu lassen. Als der junge Schlittenbauer im Anwesen Gruber niemand antraf, wurde er von seinem Vater nach etwa einer Stunde nochmals nach dort geschickt. Aber auch diesmal war das Anwesen des Gruber versperrt, sodass Schlittenbauer jun. wieder unverrichteter Dinge in sein elterliches Anwesen zurückkehrte. Unmittelbar nach Rückkehr seines Sohnes soll Schlittenbauer zu seinem Nachbarn gelaufen sein und in dessen Hof geschrieen haben:" Heh, Du, geh nur gleich mit, in Hinterkaifeck sind alle erschlagen!“ Daraufhin begaben sich Schlittenbauer, der von ihm angerufene Nachbar und ein dritter Einwohner von Gröbern, deren Namen mir entfallen sind, zum Anwesen Hinterkaifeck. Dort angekommen, soll Schlittenbauer das von innen versperrte Scheunentor aufgerissen haben und als erster in das Anwesen eingedrungen sein. Als er in der Scheune die mit Stroh zugedeckten Leichen der Eheleute Gruber und deren Tochter liegen sah, soll er ausgerufen haben: „Ha, da liegen`s ja die Herrgottsakra, jetzt sind`s hin!“ In Gegenwart der beiden Begleiter soll nun Schlittenbauer die Leichen bei den aus dem Stroh herausstehenden Füßen gefaßt und nacheinander herausgezogen haben. Allen drei war mit einem scharfen Gegenstand die Schädeldecke gespalten. Anschließend begaben sich Schlittenbauer und seine Begleiter in die Wohnräume des Anwesens, Schlittenbauer immer voran, wo sie glaublich in der Küche das 2 Jahre alte Kind, im anschließenden Schlafzimmer [[Personen: Gabriel Cäzilia | das 7 Jahre alte Kind]] und in der „Dienstbotenkammer“ die etwa 7 Tage vor dem Mord bei Gruber in den Dienst getretene [[Personen: Baumgartner Maria | Magd]] aus [[Orte: Mühlried | Mühlried]], Lkr. Schrobenhausen, tot auffanden. Alle Personen waren auf die gleiche Weise ermordet worden. Die Magd lag mit gespaltenem Schädel in Ihrer Kammer halb angezogen vor ihrem Bett. Vermutlich versuchte sie wegen der Vorgänge im Haus zu fliehen, was ihr aber nicht mehr gelang. Angesichts der herumliegenden Toten soll sich Schlittenbauer anschließend in die Speise begeben, dort ein Stück Rauchfleisch, Brot und Milch geholt und an Ort und Stelle tüchtig Brotzeit gemacht haben.<br>
Glaublich gegen 17.30 Uhr des gleichen Tages schickte nun Schlittenbauer seinen noch volksschulpflichtigen [[Personen: Schlittenbauer Johann | Sohn]] nach Hinterkaifeck, um den Auftrag des Schlossers aus Pfaffenhofen ausführen zu lassen. Als der junge Schlittenbauer im Anwesen Gruber niemand antraf, wurde er von seinem Vater nach etwa einer Stunde nochmals nach dort geschickt. Aber auch diesmal war das Anwesen des Gruber versperrt, sodass Schlittenbauer jun. wieder unverrichteter Dinge in sein elterliches Anwesen zurückkehrte. Unmittelbar nach Rückkehr seines Sohnes soll Schlittenbauer zu seinem Nachbarn gelaufen sein und in dessen Hof geschrieen haben:" Heh, Du, geh nur gleich mit, in Hinterkaifeck sind alle erschlagen!“ Daraufhin begaben sich Schlittenbauer, der von ihm angerufene Nachbar und ein dritter Einwohner von Gröbern, deren Namen mir entfallen sind, zum Anwesen Hinterkaifeck. Dort angekommen, soll Schlittenbauer das von innen versperrte Scheunentor aufgerissen haben und als erster in das Anwesen eingedrungen sein. Als er in der Scheune die mit Stroh zugedeckten Leichen der Eheleute Gruber und deren Tochter liegen sah, soll er ausgerufen haben: „Ha, da liegen`s ja die Herrgottsakra, jetzt sind`s hin!“ In Gegenwart der beiden Begleiter soll nun Schlittenbauer die Leichen bei den aus dem Stroh herausstehenden Füßen gefaßt und nacheinander herausgezogen haben. Allen drei war mit einem scharfen Gegenstand die Schädeldecke gespalten. Anschließend begaben sich Schlittenbauer und seine Begleiter in die Wohnräume des Anwesens, Schlittenbauer immer voran, wo sie glaublich in der Küche das 2 Jahre alte Kind, im anschließenden Schlafzimmer [[Personen: Gabriel Cäzilia | das 7 Jahre alte Kind]] und in der „Dienstbotenkammer“ die etwa 7 Tage vor dem Mord bei Gruber in den Dienst getretene [[Personen: Baumgartner Maria | Magd]] aus [[Orte: Mühlried | Mühlried]], Lkr. Schrobenhausen, tot auffanden. Alle Personen waren auf die gleiche Weise ermordet worden. Die Magd lag mit gespaltenem Schädel in Ihrer Kammer halb angezogen vor ihrem Bett. Vermutlich versuchte sie wegen der Vorgänge im Haus zu fliehen, was ihr aber nicht mehr gelang. Angesichts der herumliegenden Toten soll sich Schlittenbauer anschließend in die Speise begeben, dort [[Sonstiges: Die Räucherkammer | ein Stück Rauchfleisch]], Brot und Milch geholt und an Ort und Stelle tüchtig Brotzeit gemacht haben.<br>
Ob nun von Schlittenbauer, seinen Begleitern oder anderen Personen die Gendarmerie in [[Orte: Hohenwart | Hohenwart]] verständigt wurde, ist mir nicht mehr bekannt. Fest steht jedenfalls, daß die Gendarmerie Hohenwart reichlich spät von dem Mord erfuhr, was dazu führte, daß bis zum Eintreffen der Gendarmerie der Tatort von unzähligen Menschen betreten worden war und die vorhandenen Spuren restlos vernichtet waren, so daß sie für eine Auswertung nicht mehr in Frage kommen konnten.<br><br>
Ob nun von Schlittenbauer, seinen Begleitern oder anderen Personen die Gendarmerie in [[Orte: Hohenwart | Hohenwart]] verständigt wurde, ist mir nicht mehr bekannt. Fest steht jedenfalls, daß die Gendarmerie Hohenwart reichlich spät von dem Mord erfuhr, was dazu führte, daß bis zum Eintreffen der Gendarmerie der Tatort von unzähligen Menschen betreten worden war und die vorhandenen Spuren restlos vernichtet waren, so daß sie für eine Auswertung nicht mehr in Frage kommen konnten.<br><br>


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Ein gewisser [[Personen: Bärtl Josef | Bäcker Bärthel]] aus Geisenfeld, Lkr. Pfaffenhofen / Ilm, war ebenfalls der Tat dringend verdächtig, weil er sich wiederholt in der Gegend von Hinterkaifeck aufgehalten und die Familie Gruber des öfteren besucht hat. Bärthel ist seit dem Mord spurlos verschwunden und konnte bis heute nicht aufgefunden werden. Vermutlich ging Bärthel ins Ausland. Dieser wurde auch mehrere Jahre hindurch wegen Raubmords in Hinterkaifeck steckbrieflich verfolgt.<br><br>
Ein gewisser [[Personen: Bärtl Josef | Bäcker Bärthel]] aus Geisenfeld, Lkr. Pfaffenhofen / Ilm, war ebenfalls der Tat dringend verdächtig, weil er sich wiederholt in der Gegend von Hinterkaifeck aufgehalten und die Familie Gruber des öfteren besucht hat. Bärthel ist seit dem Mord spurlos verschwunden und konnte bis heute nicht aufgefunden werden. Vermutlich ging Bärthel ins Ausland. Dieser wurde auch mehrere Jahre hindurch wegen Raubmords in Hinterkaifeck steckbrieflich verfolgt.<br><br>


Der bereits erwähnte Pfarrer Haas von Waidhofen äußerte sich im Frühjahr 1931 einmal dahingehend, daß der Mörder von Hinterkaifeck wohl nicht mehr am Leben sei, berief sich aber gleichzeitig auf das Beichtgeheimnis. Die Bemühungen beim Vatikan, welche die Entbindung des Pfarrer Haas vom [[Wissen: Beichtgeheimnis | Beichtgeheimnis]] zum Ziele hatten, waren von Erfolg. Haas, der inzwischen nach Augsburg versetzt worden und sehr stark herzleidend war, erlag kurze Zeit später einem Herzschlag; Haas war also beim Eintreffen der Aussageerlaubnis aus Rom nicht mehr am Leben.<br>
Der bereits erwähnte Pfarrer Haas von Waidhofen äußerte sich im Frühjahr 1931 einmal dahingehend, daß der Mörder von Hinterkaifeck wohl nicht mehr am Leben sei, berief sich aber gleichzeitig auf das Beichtgeheimnis. Die Bemühungen beim Vatikan, welche die Entbindung des Pfarrer Haas vom [[Wissen: Beichtgeheimnis | Beichtgeheimnis]] zum Ziele hatten, waren von Erfolg. Haas, der inzwischen nach [[Orte: Augsburg|Augsburg]] versetzt worden und sehr stark herzleidend war, erlag kurze Zeit später einem Herzschlag; Haas war also beim Eintreffen der Aussageerlaubnis aus Rom nicht mehr am Leben.<br>


Soviel mit bekannt, wurden im Laufe der Erhebungen nicht weniger als 107 Personen des Mordes verdächtigt, ohne jedoch zu einem greifbaren Ergebnis zu kommen. Unter den Verdächtigen befanden sich auch 3 Brüder des bereits erwähnten Gabriel aus Laag, Gde. Wangen, Lkr. Schrobenhausen. Der Verdacht gegen die [[Personen: Gebrüder Gabriel | Gebrüder Gabriel]] wurde damit begründet, diese hätten ein Interesse daran gehabt, die ihrem Bruder von dessen Eltern anläßlich der Einheirat in Hinterkaifeck mitgegebene Mitgift von 5000 Mark und Aussteuer wieder in ihren Besitz zu bringen. Diese Verdachtsgründe erwiesen sich jedoch als haltlos.<br><br>
Soviel mit bekannt, wurden im Laufe der Erhebungen nicht weniger als 107 Personen des Mordes verdächtigt, ohne jedoch zu einem greifbaren Ergebnis zu kommen. Unter den Verdächtigen befanden sich auch 3 Brüder des bereits erwähnten Gabriel aus Laag, Gde. Wangen, Lkr. Schrobenhausen. Der Verdacht gegen die [[Personen: Gebrüder Gabriel | Gebrüder Gabriel]] wurde damit begründet, diese hätten ein Interesse daran gehabt, die ihrem Bruder von dessen Eltern anläßlich der Einheirat in Hinterkaifeck mitgegebene Mitgift von 5000 Mark und Aussteuer wieder in ihren Besitz zu bringen. Diese Verdachtsgründe erwiesen sich jedoch als haltlos.<br><br>
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