Aussagen: 1951-11-29 Grünwald Anna

Vernehmung der Anna Grünwald

Detailinformationen

Datum

29.11.51

Ort

Schrobenhausen

Zugegen

Anna Grünwald
Venus
OK Venus
Hptw. Kiegele

Quelle

Staatsarchiv Augsburg, 1 Js 244/51

Inhalt

Kriminalabteilung beim
Schrobenhausen, 29.11.51

Präsidium d. LP. von Bayern
München, Winzererstr. 9


Vernehmungsniederschrift

Es erscheint als Zeugin die Landwirtsfrau

geb. am 23.3.1909 in Schrobenhausen, Gericht selbst, wohnhaft in Grillenberg Nr. 346 1/16, Post Schrobenhausen, und sagt zur Sache nach Belehrung über die Folgen bewußt unwahrer Bekundungen folgendes aus:
„ Ich bin das 2. Kind der damals noch ledigen Kassiererin Walburga Kerner. Mein ältester Bruder heißt Georg Kerner und wohnt in Ingolstadt. Der Kraftfahrer Matthäus Eser ist ein Bruder mütterlicherseits zu mir. Dennoch bin ich bereit in dieser Sache auszusagen, was ich weiß.

Mein Bruder Matthäus Eser verkehrte während seiner Schuljugend viel mit den Braunbuben ( alle drei sind bereits gestorben). Sie hießen Josef, Xaver und Karl. Johann Braun lebt noch in Schrobenhausen. Der war aber damals schon älter, mit dem hatte er kaum etwas zu tun. Besonders speziell war mein Stiefbruder auch mit dem Mertl Bene, wenn ich nicht irre schreibt er sich Stegmeier. Wegen dieses Umgangs mit den vorgenannten Buben hat mein Bruder von der Mutter fast jedes Tag seine Schläge bekommen. Unser Lehrer hat oft zu unserer Mutter gesagt, daß der Matthäus so ein gescheiter Bub wäre, wenn er nur lernen möchte. Unsere Mutter hat überhaupt gerne zugeschlagen. Sie hat sich wenig um uns gekümmert. Aufgezogen hat uns eigntlich unser Großvater.
Es ist mir noch bekannt, daß der Großvater mit dem Buben öfters in die Waldungen bei Gröbern zum Holzsammeln gegangen ist. Weiter weiß ich, daß die Buben auch manchmal gebettelt haben. Sie hatten damals meist Rudksack oder Kirm dabei. Ich selbst war nie beim Betteln. Ich bin auch nie nach Hinterkaifeck gekommen. Ich berichtige, daß ich schon beim Betteln war, aber nicht in Hinterkaifeck.
Ich kann mich noch dunkel an die Raubmordsache in Hinterkaifeck erinnern. Ich erinnere mich auch noch, daß meine Brüder mit anderen Buben dort hingelaufen sind, als die Tat bekannt geworden ist. Wenn ich nicht irre, wurde Matthäus damals von unserer Mutter gerade deswegen geschlagen, weil sie nicht zuassen wollte, daß er auch mit den anderen Buben nach Hinterkaifeck rennt. Die Mutter meinte, so ein kleiner Bub müsse nicht überall dabei sein. Wie die Sache aber genau war, das weiß ich nicht mehr. Ich kann also nicht mehr sagen, ob mein Bruder Matthäus nach Hinterkaifeck gekommen ist nach dem Raubmord, wie ich auch nicht mehr weiß, ob er zur selben Zeit überhaupt zu Hause war. Nach meiner Erinnerung glaube ich nicht, daß er nachts damals öfters nicht nach Hause gekommen ist.
Auf Vorhalt:
Mir sind soeben Aussagen meines Stiefbruders Matthäus Eser vom 26.11.1951, drittletzter Absatz, wortdeutlich urgelesen worden. Ich habe alles verstanden. Ich kann mich nicht daran erinnern, daß nein Stiefbruder Matthäus überhaupt einmal Geräuchertes nach Hause gebracht hätte, da wäre er ja von meinem Großvater erschlagen worden.
Mit meinem Stiefbruder Matthäus treffe ich mich so gelegentlich, schätzungsweise alle Jahr einigemale. Wenn ich nach Ingolstadt komme, besuche ich ihn wenn ich gerade noch Zeit habe und wenn mein Bruder Matthäus nach Schrobenhausen kommt, tut er dasselbe. Ich war mit ihm zuletzt bei der Beerdigung meiner Mutter am 19.3.1951 beisammen. Während der Maidult in Schrobenhausen hat mich sein Bruder letztmals in meiner Wohnung aufgesucht.
Die Geschichte, wie sie letzthin in der Zeitung gestanden hat, habe ich nicht gelesen. Wir haben keine Zeitung , mein Mann hat nur einmal so etwas daher gebracht, daß vom Mätthäus etwas drinn steht. Ich kann dazu nur sagen, daß mir Matthäus schon vor längerer Zeit , ich schätze 2 -3 Jahre, einmal so nebenbei gesprächsweise angedeutet hat, daß ihn der Hinterkaifecker aus der Gefangenschaft entlassen hat. Das soll der Hinterkaifecker Mörder gewesen sein. Er soll jetzt sogar Kommissar. sein. Ich kümmere mich um das Zeug nicht, näheres weiß ich nicht.
.Auf Befragen: erkläre ich, daß ich es für ausgeschlossen halte, daß mein Bruder selbst der Raubmörder von Hinterkaifeck gewesen ist. Er war ja damals nur ein Bub, ich zweifle überhaupt ob er Hinterkaifeck gekannt hat. Der spinnt ja: richtig ist, daß ich einmal von irgendwo gehört habe, daß er mit dem Hirn einmal wo hingerumpelt ist. Davon, daß er eine silberne Hirnschale hat, habe ich nie etwas gehört.

Geschlossen:
V.g.u.u.
Venus als Vernehmender
Grünwald Anna

Oberinsp. d. LP.
Rottach als Protokollführer
OK. d. LP.
Kiegele als Zeuge
Hptw. d. Stadtpolizei