Aktencheck: Zum Tod von Karl Gabriel: Unterschied zwischen den Versionen

 
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                  IM  AUFBAU
[[Datei:192312 Meixl.png|thumb|400px|Mit einer groß angelegten Anfrage begann der Ermittler Meixl 1923 die Suche nach Kriegskameraden von Karl Gabriel]]
== Was? ==
[[Personen: Gabriel Karl | Karl Gabriel]] ist am 12.12.1914, gefallen bei der Schlacht im Arras, nahe Neuville / Frankreich. Dies bezeugen zwei Kameraden [[Personen: Bichler Josef | Josef Bichler]] und [[Personen: Haas Nikolaus | Nikolaus Haas]], die ihn seit Schulzeiten gekannt haben, sowie sein Vorgesetzter [[Personen: Brunner Josef | Josef Brunner]].<br>
Bestätigt wird der Tod außerdem durch die Kriegsstammrolle „gefallen am 12.12.1914“ bei Neuville“. Und sein Tod wird dem zuständigen Standesamt in der Heimat (Hohenwart) gemeldet. Dennoch gab es immer wieder Gerüchte um vermeintliche Sichtungen.




Die Feststellung des Todes wurde in den Ermittlungen zum Sechsfachmord in Hinterkaifeck noch einmal wichtig und zwar um ihn als Tatverdächtigen auszuschliessen.
Mit der Berichterstattung meldeten sich auch immer wieder Zeugen, die noch nach dem offiziellen Tod Karl Gabriel gesehen haben mochten. Auch diese Spuren mussten untersucht werden.
[[Datei:192312 Beispielanfrage.png|thumb|Beispiel eines dieser Formulare]]
== Ermittlungen ==
Tatsächlich wurden direkt nach der Tat, noch im April 1922 seitens der Ermittler Nachforschungen zu einer möglichen Desertation eingeleitet - dies weniger aus Gründen eines konkreten Verdachts als vielmehr infolge der stagnierenden Ermittlungen-, die vom Zentralnachweise=Amt für Kriegsverluste und Kriegsgräber  [[Dokumente: 1922-04-29 Ersuchen bzgl. Karl Gabriel| negativ]] beantwortet wurde.<br>


<code>''Ers. Res. Karl Gabriel der 6. Komp. bayr. Res. Inf. Regt. 13, liegt in der Schützengrabenstellung seiner ehemaligen Kompanie beerdigt. Diese vorliegende Meldung trägt die Unterschrift des damaligen Regts. Kommandeurs, deren Richtigkeit kaum anzuzweifeln sein wird.'' </code> <br><br>
Außerdem wurden alle weiteren Kameraden von Karl Gabriel ermittelt, die gleichzeitig mit ihm zur 6. Kompanie des Reserve Infant. Regt. 13 gekommen sind und mit ihm im Feld standen. Dies zwar primär um hier mögliche Tatverdächtige auszuschließen. Als positiver Beifang wurde von mindestens zwei Kameraden der Tod nochmals bestätigt.<br>
Sobald man den Aufenthaltsort eines ehemaligen Kollegen ermittelte, wurde der nachfolgende Blanko-Vordruck an die zuständige Gemeinde und/oder Gendarmerie Station geschickt, worin diese zu weiteren Erhebungen gebeten wurden.<br><br>


== Was? ==
[[Personen: Gabriel Karl | Karl Gabriel]] ist am 12.12.1914, gefallen bei der Schlacht im Arras, nahe Neuville / Frankreich. Dies bezeugen zwei Kameraden [[Personen: Bichler Josef | Josef Bichler]] und [[Personen: Haas Nikolaus | Nikolaus Haas]], die ihn seit Schulzeiten gekannt haben, sowie sein Vorgesetzter [[Personen: Brunner Josef | Josef Brunner]].<br>


Mit diesem extra erstellten Formblatt wurde den rund 20 Kameraden von Karl Gabriel nachgeforscht.
{| class="docs" border="2" cellpadding="0" width="500"
|
<tt>
Betreff:  Der Raubmord in Hinterkaifeck.<br>
Jn der Nacht zum 1.April 1922 wurden auf dem Einödhof Hinterkaifeck Gemeinde Wangen, B.A. Schrobenhausen, sämtliche 6 Hofbewohner, darunter auch 2 Kinder im Alter von 9 bezw. 2 Jahren, in bestialischer Weise ermordet und beraubt. Siehe Sonderblatt des Bay.Pol.Bl.Nr.51 v. 8.4.22. Die Tat konnte bisher nicht aufgeklärt werden. Unter den Ermordeten war auch die Besitzerin des Anwesens, die Kriegerswitwe Viktoria Gabriel , deren Ehemann Karl Gabriel, geb.16.Dezember 1888 in Laag, als Ersatzreservist bei der 6.Komp. des Reserve-Jnfanterie-Regiments Nr.13 diente und am 12.Dezember 1914 bei Neuville Arras - Nordfrankreich, in Schützengrabenstellung gefallen und beerdigt ist.<br>
Die Möglichkeit ist gegeben, daß die Tat von einem ehemaligen Angehörigen der 6.Komp. ausgeführt worden ist. Erfahrungsgemäß haben die Leute im Felde sich gegenseitig ihre Lebenserfahrungen, Vermögens= und Familienverhältnisse ausgetauscht und so kann es sein, daß ein ehemaliger Angehöriger dieses Truppenteils sich unter Berufung auf seine Kameradschaft mit dem Gefallenen Eingang in die Familie Gabriel verschafft, von deren Wohlhabenheit Kenntnis erlangt und die Tat dann ausgeführt hat. Nach den Erhebungen ist mit dem gefallenen Karl Gabriel am 8.Dezember 1914 zur 6.Komp. Res.,Inf.Regt. ins Feld abgestellt worden:<br>
................................................................................................................ (Platzhalter für Name)<br>
<div align="center">An d…….  Stadtrat – Gendarmerie – ………….</div><br>
<div align="right">……</div><br>
Mit dem Ersuchen <br>
1. Ob der vorgenannte ……………. Dort<br>
bekannt ist und ermittelt werden kann, wenn ja <br>
2. den Genannten zu hören, ob er den Karl Gabriel etwa schon vor Abstellung ins Feld beim Ersatz-Bataillon des Jnf.Reg.13 oder erst im Felde kennen lernte und wenn ja, wie sein Gruppenführer hieß<br>
3. ob er die Ermordeten gekannt hat, wenn ja, auf welche Art und Weise er mit ihnen bekannt geworden und in Verkehr gekommen ist, und wer außerdem in der Familie noch verkehrt hat<br>
4. ob er seinerzeit irgendwelche Wahrnehmungen gemacht hat, die möglicherweise mit dem Raubmord in Hinterkaifeck in Zusammenhang gebracht werden können, oder eventuell auf die Person des Täters schließen lassen. <br>
Sollte es sich hier um eine bereits erheblich vorbestrafte, nicht in gutem Rufe stehende Person, oder um eine Person handeln, der man infolge seiner zur Zeit der Tat ungünstigen Vermögensverhältnisse eine solche Tat oder die Teilnahme an einer solchen Tat zutrauen kann, so wäre deren Aufenthalt in der kritischen Zeit und deren Verkehr mit zweifelhaften Personen einwandfrei festzustellen. Als Zeitpunkt für den Alibibeweis käme der <u>31.März und der  1.April 1922</u> in Frage. <br>
Um tunlichste Beschleunigung wird ersucht. <br>
<div align="center">I. A.  und handschriftl. Unterschrift</div>
</tt>
|}
<br><br>
Von den insgesamt 20 gelisteten und gesuchten Männern sind einige der handschriftlichen Überlieferungen ihrer Aussagen erhalten. <br><br><br>
Besonders nennenswert ist hier die Angabe des Kameraden [[Personen: Huber Sebastian| Sebastian Huber]], der zusammen mit Karl Gabriel auf Posten war als dieser fiel. Auch der im Zuge dieser Recherchen ermittelte [[Personen: Reitmeier Alois |Alois Reitmeier]] erinnerte sich an Karl Gabriel und dass er nur wenige Tage nachdem er bei der Kompanie war fiel.<br>
== Beweise/Indizien für den Tod Karl Gabriels ==
=== Behördliche Dokumente und Informationen ===
*Aufnahme in die Verlustliste (ein gewichtiger Punkt gegen die Fahnenflucht, die u. a. mit dem Tausch der Erkennungsmarke und des Soldbuches erklärt wird, ist dass die  [http://des.genealogy.net/search/show/1166933 Verlustliste 134] für das Reserve Infanterie Regiment 13, 6. Kompanie, der königlich bayerischen Armee für den Dezember 1914 nur einen einzigen Gefallenen, nämlich Karl Gabriel, 12 Leicht- und Schwerverwundete und keinen vermissten Soldaten zeigt. Sprich es  hätte sich da gar keine Möglichkeit des Identitätsdiebstahls geboten)
* Sterbebild
* Todesanzeige
* Witwenrente
* Grabstein/Gedenktafel
*[[Sachverhalte: Der falsche Erbschein von 1915|Nachlass den Erbfall Karl Gabrel betreffend]]


=== Aussagen von Augen- und Zeitzeugen für den Tod Karl Gabriels ===
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|[[Aussagen: 1924-01-23 Brunner Josef | Josef Brunner]]|| An den Karl Gabriel kann ich mich noch ganz gut erinnern. Er war Ersatzreservist, wird wahrscheinlich erst Anfangs Dezember ins Feld gekommen sein u. am 12.12.1914 kam er in meinen Zug. Vormittags gegen 10 Uhr gingen wir in Stellung u. um 12 Uhr ist er schon gefallen, ihn hat eine Mine getötet. Seinen Tod habe ich dem Feldwebel gemeldet u. deshalb ist mir der Name noch im Gedächtnis. Er befand sich sohin bloß 2 Stunden in meinem Zug.
|[[Aussagen: 1924-01-23 Brunner Josef | Josef Brunner]]|| An den Karl Gabriel kann ich mich noch ganz gut erinnern. Er war Ersatzreservist, wird wahrscheinlich erst Anfangs Dezember ins Feld gekommen sein u. am 12.12.1914 kam er in meinen Zug. Vormittags gegen 10 Uhr gingen wir in Stellung u. um 12 Uhr ist er schon gefallen, ihn hat eine Mine getötet. Seinen Tod habe ich dem Feldwebel gemeldet u. deshalb ist mir der Name noch im Gedächtnis. Er befand sich sohin bloß 2 Stunden in meinem Zug.
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| [[Aussagen: 1951 Bichler Josef | Josef Bichler]] || Als wir einige Tage später abgelöst wurden, haben mir Kameraden von Gabriel erzählt, dass er am Abend des 13. Dezember, kaum dass die Kompanie in Stellung gegangen war, gefallen ist. Von wem ich dies erfuhr, weiß ich nicht mehr. Sie sagten nur, dass Karl durch einen Minenschuß sofort getötet worden ist. Gabriel muss außerhalb des Schützengrabens auf Beobachterposten gewesen sein. Es dürfte der 16. oder 17. Dezember gewesen sein, als ich von seinem Tod hörte. Am 25. Dezember ging ich am frühen Nachmittag zur 6. Kompanie hinüber, um mir Näheres über den Tod meines Schulfreundes erzählen zu lassen.
| [[Aussagen: 1951 Bichler Josef | Josef Bichler]] || Als wir einige Tage später abgelöst wurden, haben mir Kameraden von Gabriel erzählt, dass er am Abend des 13. Dezember, kaum dass die Kompanie in Stellung gegangen war, gefallen ist. Von wem ich dies erfuhr, weiß ich nicht mehr. Sie sagten nur, dass Karl durch einen Minenschuß sofort getötet worden ist. Gabriel muss außerhalb des Schützengrabens auf Beobachterposten gewesen sein. Es dürfte der 16. oder 17. Dezember gewesen sein, als ich von seinem Tod hörte. Am 25. Dezember ging ich am frühen Nachmittag zur 6. Kompanie hinüber, um mir Näheres über den Tod meines Schulfreundes erzählen zu lassen.
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|[[Berichte: 1923-12-14 Aktenvermerk Reitmeier Alois|Alois Reitmeier]]||Er ist gleich, nachdem er nur einige Tage bei der Kompanie gewesen sein wird gefallen.
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|[[Berichte: 1923-12-17 Aktenvermerk Huber Sebastian|Sebastian Huber]]|| Am 11.12.14 seien sie in Nordfrankreich angekommen und am 12.12. abends habe er mit Gabriel auf Posten vorgehen müssen. In dieser Nacht 12./13.12. sei der Gabriel gleich gefallen
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== Spätere Sichtungen von Karl Gabriel (nach seinem Tod) ==
Bestätigt wird der Tod durch die Kriegsstammrolle „gefallen am 12.12.1914“ bei Neuville“. Und sein Tod wird dem zuständigen Standesamt in der Heimat (Hohenwart) gemeldet. Dennoch gab es immer wieder Gerüchte um vermeintliche Sichtungen.
=== Hausfelder Begegnung ===
 
 
== Hausfelder Begegnung ==




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Therese Großböhme hat im April 1999 dem Donau-Kurier mitgeteilt, dass ein [[Personen: Hausfelder Lorenz | Lorenz Hausfelder]] ihr mitgeteilt habe, dass dieser 1918 und 1926 eine Begegnung mit [[Personen: Gabriel Karl|Karl Gabriel]] in [[Orte: Pfaffenhofen | Pfaffenhofen]] gehabt habe. 1918 habe Gabriel ihm ein fremdes Soldbuch gezeigt und 1926 habe Gabriel erklärt, der Mörder von [[Hinterkaifeck | Hinterkaifeck]] zu sein. Sie habe dieses Geheimnis seit 60 Jahren mit sich herumgetragen und wolle dieses nun veröffentlichen. Der Bericht erschien am 15.04.1999 im Donaukurier. <br>
Therese Großböhme hat im April 1999 dem Donau-Kurier mitgeteilt, dass ein [[Personen: Hausfelder Lorenz | Lorenz Hausfelder]] ihr mitgeteilt habe, dass dieser 1918 und 1926 eine Begegnung mit [[Personen: Gabriel Karl|Karl Gabriel]] in [[Orte: Pfaffenhofen | Pfaffenhofen]] gehabt habe. 1918 habe Gabriel ihm ein fremdes Soldbuch gezeigt und 1926 habe Gabriel erklärt, der Mörder von [[Hinterkaifeck | Hinterkaifeck]] zu sein. Sie habe dieses Geheimnis seit 60 Jahren mit sich herumgetragen und wolle dieses nun veröffentlichen. Der Bericht erschien am 15.04.1999 im Donaukurier. <br>


==Eser Begegnung==
===Eser Begegnung===


[[Personen: Eser Matthäus | Matthäus Eser]] will Karl Gabriel 1945 begegnet sein.
[[Personen: Eser Matthäus | Matthäus Eser]] will Karl Gabriel 1945 begegnet sein.
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Nach dem Krieg sei  er am 24.5.1945 als Mitglied der 71.Inf.Div. von Russen während des Rückzugs gefangen genommen worden und dann habe  ihn ein russischer Kommissar, der sich als Mörder von Hinterkaifeck bezeichnet habe, entlassen, als er ihm erzählt habe, dass er aus Waidhofen kommt und Hinterkaifeck kennt, so dass er nach Hause zurückkehren konnte. Während einer Vernehmung durch Staatsanwalt Popp Ende November 1951 erklärte Eser, dass er alles, was er über Hinterkaifeck erzählt habe, erfunden habe.
Nach dem Krieg sei  er am 24.5.1945 als Mitglied der 71.Inf.Div. von Russen während des Rückzugs gefangen genommen worden und dann habe  ihn ein russischer Kommissar, der sich als Mörder von Hinterkaifeck bezeichnet habe, entlassen, als er ihm erzählt habe, dass er aus Waidhofen kommt und Hinterkaifeck kennt, so dass er nach Hause zurückkehren konnte. Während einer Vernehmung durch Staatsanwalt Popp Ende November 1951 erklärte Eser, dass er alles, was er über Hinterkaifeck erzählt habe, erfunden habe.


== Ermittlungen ==
Tatsächlich wurden direkt nach der Tat, noch im April 1922 seitens der Ermittler Nachforschungen zu einer möglichen Desertation eingeleitet-dies weniger aus Gründen eines konkreten Verdachts als vielmehr der stagnierenden Ermittlungen-, die vom Zentralnachweise=Amt für Kriegsverluste und Kriegsgräber  [[Dokumente: 1922-04-29 Ersuchen bzgl. Karl Gabriel| negativ]] beantwortet wurde.<br>
<code>''Ers. Res. Karl Gabriel der 6. Komp. bayr. Res. Inf. Regt. 13, liegt in der Schützengrabenstellung seiner ehemaligen Kompanie beerdigt. Diese vorliegende Meldung trägt die Unterschrift des damaligen Regts. Kommandeurs, deren Richtigkeit kaum anzuzweifeln sein wird.'' </code> <br><br>
Außerdem wurden alle weiteren Kameraden von Karl Gabriel ermittelt, die gleichzeitig mit ihm zur 6. Kompanie des Reserve Infant. Regt. 13 gekommen sind und mit ihm im Feld standen.<br>
Sobald man den Aufenthaltsort eines ehemaligen Kollegen ermittelte, wurde der nachfolgende Vordruck an die zuständige Gemeinde und/oder Gendarmerie Station geschickt, worin diese zu weiteren Erhebungen gebeten wurden.<br><br>


== gesetzliche Bestimmungen ==
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== Sonstiges ==
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