Komplex Gump: Das deutsch-polnische Amnestieabkommen vom 21.06.1922

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Was

Am 21.06. wurde in Oppeln eine Vereinbarung über das Recht auf Straffreiheit im Oberschlesisches Volksabstimmungsgebiet unterzeichnet, weshalb das Ermittlungsverfahren gegen Adolf Gump eingestellt werden mußte.

§1. 1. des deutsch-polnischen Amnestieabkommens

No. 552. - DEUTSCH-POLNISCHES ABKOMMEN UEBER DIE GEWAHRUNG VON STRAFFREIHEIT IM OBERSCHLESISCHEN ABSTIMMUNGSGEBIETE, GEZEICHNET IN OPPELN DEN 21. JUNI 1922.


DIE DEUTSCHE REGIERUNG und DIE POLNISCHE REGIERUNG, von dem Wunsche geleitet, ihre Anteilnahme an dem künftigen Wohlergehen der Bevölkerung des oberschlesischen Abstimmungsgebietes durch gleichlautende Akte der Gnade zu bekunden, sind übereingekommen, die folgenden Vereinbarungen zu treffen und haben zu ihren Bevollmächtigten ernannt :

DIE DEUTSCHE REGIERUNG:
den Gesandten Dr. Paul ECKARDT.

DIE POLNISCHE REGIERUNG:
den Vizeminister Dr. Zygmunt SEYDA.

Die Bevollmächtigten haben sich, nachdem sie einander ihre Vollmachten mitgeteilt und diese in guter und gehöriger Form befunden haben, über folgende Bestimmungen geeinigt:


Artikel I:

§1ybr> 1. Gemäß Artikel 88 Abs. 3 des Versailler Vertrags vom 28. Juni 1919 wird für alle im oberschlesischen Abstimmungsgebiete während der Dauer der Besetzung durch die interallierten Mächte begangenen Straftaten Straffreiheit gewährt, soweit sie ausschließlich oder fiberwiegend aus politischen Beweggründen begangen sind.

§ 2.
I. Falls die Behörden des einen vertragschließenden Teiles die Gewährung der Straffreiheit nach § I dieses Artikels durch eine nicht mehr abzuändernde Entscheidung abgelehnt haben, bleibt es dem andern vertragschließenden Teile überlassen, auf schiedsgerichtliche Entscheidung anzutragen. Zu diesem Zwecke wird ein ständiger Schiedsgerichtshof eingerichtet
2. Der Gerichtshof besteht aus zwei Mitgliedern, von denen jeder vertragschließende Teil eines ernennt und dem andern Teile binnen zwei Wochen nach der Ratifikation des Abkommens namhaft macht.
3. Einigen sich die beiden Mitglieder über eine zu treffende Entscheidung nicht, so ist ein neutraler Schiedsrichter zuzuziehen, um dessen Ernennung der Vorsitzende der gemischten Kommission für Oberschlesien gebeten werden soll. Der Gerichtshof entscheidet in diesem Falle nach Stimmenmehrheit.
4. Der Gerichtshof kann jeden Beweis erheben, den er zur Aufklärung des Falles für notwendig erachtet. Die Beweiserhebung erfolgt durch das Mitglied des vertragschließenden Teiles, in dessen Gebiet sie vorzunehmen ist. Im übrigen regelt der Gerichtshof das zu beobachtende Verfahren selbst.
5. Die Entscheidungen des Gerichtshofes sind für die beiderseitigen Strafvollstreckungsbehörden bindend

Artikel 2.
§ I.
Straffreiheit wird gewährt für Straftaten, die im oberschlesischen Abstimmungsgebiete bis zu dem in Artikel I § i Abs. 2 bezeichneten Zeitpunkt durch die Presse oder gegen die §§ 113 bis 131 des deutschen Strafgesetzbuches begangen worden sind, sowie wegen solcher Straftaten, diein dem genannten Gebiete bis zu dem gleichen Zeitpunkt durch den Besitz von Waffen und Munition oder durch Handel mit solchen oder Schmuggel von solchen begangen worden sind.
§ 2.
Straffreiheit wird gewährt für alle im oberschlesischen Abstimmungsgebiete bis zu dem inArtikel I § I Abs. 2 bezeichneten Zeitpunkt begangenen Straftaten, sofern keine höhere Strafe erkannt oder zu erwarten ist als Gefängnis oder Festungshaft von nicht mehr als einem Jahr als Haft oder als Geldstrafe. Die Straffreiheit bezieht sich auch auf Polizeistrafen und auf Ordnungsstrafen.
§ 3.
Die in dem § 2 vorgesehene Straffreiheit wird nicht gewährt

I. bei Verbrechen und Vergehen des Wuchers, der Preistreiberei, des Schleichhandels

und der Bestechung ;

2. bei Verfehlungen gegen die Zoll- und Steuergesetze, es sei denn, dass es sich um

Übertretungen handelt.
Artikel 3.
Soweit nach den Artikeln I und 2 Straffreiheit gewährt wird, werden die verhängten Strafen nicht vollstreckt, die anhängigen Verfahren eingestellt und neue nicht eröffnet.
Artikel 4.
Ist wegen eines im oberschlesischen Abstimmungsgebiete bis zu dem in Artikel I §Ii Abs. 2 bezeichneten Zeitpunkt begangenen Verbrechens auf Todesstrafe oder auf lebenslängliches Zuchthaus erkannt worden, so tritt - falls nicht die Straftat aus Gewinnsucht begangen worden ist, - an Stelle der Todesstrafe Zuchthausstrafe von 15 Jahren, an Stelle der lebenslänglichen Zuchthausstrafe eine solche von 10 Jahren ein

Quellen

https://treaties.un.org/doc/Publication/UNTS/LON/Volume%2022/v22.pdf