Ermittlungsstrang: Der Verdacht gegen Josef Bärtl
Personenbeschreibung
Zeitraum der Ermittlungen im Fall Hinterkaifeck
- bereits ab 1922 tauchte Bärtl in den Akten auf
- Mitte 1925 geht ein Ermittlungskomplex gegen ihn los, der einige Jahre andauert
- ab Mitte der 30er Jahre finden sich nur noch Erwähnungen seines Namens in den Akten, es fanden keine konkreten Maßnahmen gegen ihn mehr statt
Wodurch entstand der Verdacht?
Bärtl kam aus der Gegend, war vorbestraft und 1 Jahr zuvor aus der Psychiatrie geflohen. Damit passte er ins damalige Raster der Ermittler, die auch schauten, wem sie so eine Tat zutrauen konnten.
Aktenbezüge
Hintergrund und Chronologie der Ermittlungen
Jahr | Monat | Tag | Detail |
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1922 | April | 06 | Rheingruber liess umgehend nach Bärtl fahnden. Dieser war wegen Mordes ins Visier der Polizei geraten und in der Psychiatrie untergebracht gewesen, konnte dort zweimal erfolgreich fliehen. Zum Zeit der Tat befand er sich noch immer auf der Flucht. |
1922 | April | 18-20 | Zeugenaussagen zufolge hielt sich Bärtl in der Zeit um den 18. - 22. April 1922 in der Gegend zwischen Pfaffenhofen und Hohenwart auf. Er begegnete einem Bekannten auf der Staatsstraße und hat sich längere Zeit mit ihm unterhalten. Bärtl hatte ein Fahrrad dabei und wollte nach München. |
1922 | April | 27 | Der Tagesbericht der Augsburger Kriminalpolizei enthält eine Personenbeschreibung von Bärtl und berichtet von der sofortigen Fahndung nach ihm. |
1922 | Mai | 08 | Bärtl wird in München gesehen. Die Wahrsagerin Frl. Bü baut in ihre Aussage zum Fall Hinterkaifeck Bärtl ein, nachdem man ihr den Namen genannt und ein Lichtbild gezeigt hat. |
1922 | Mai | 12 | Staatsanwalt Renner berichtet von der bisherigen Erfolglosigkeit der öffentlichen Fahndung nach Bärtl. |
1922 | Mai | 15 | Im Tagesbericht der Münchner Kripo wird auch Bezug zu Bärtl genommen. |
1922 | September | 09 | Weiterhin kann die Staatsanwaltschaft Neuburg a.D. keinen Fahndungserfolg zu Bärtl verbuchen. |
1925 | Februar | 14 | Bezüglich Bärtl kann auch Anfang 1925 von der Staatsanwaltschaft Neuburg a.D nichts Neues berichten. |
1925 | Juni | 09 | Die Eheleute Schäfer (Schwester und Schwager der ebenfalls ermordeten Maria Baumgartner werden auch zu Bärtl befragt. Er ist ihnen nicht bekannt. |
1926 | Februar | 27 | Aufgrund eines Zeitungsartikels gibt es neue Hinweise. Einer Nachbarin war das Verhalten von Franziska Schäfer aufgefallen, nachdem beide über den Zeitungsartikel und Bärtl gesprochen haben. Ermittler befragen mehrere Frauen und zeigen ihnen das Foto von Bärtl. Keine kannte Bärtl. |
1926 | November | 06 | Im November hatte Staatsanwalt Pielmayer Bärtl in seinem zusammenfassenden Bericht erwähnt. Pielmayer schreibt: |
1926 | November | 12 | Kaum 1 Woche später erscheint eine weitere Fahndung nach Bärtl im Bayerischen Polizeiblatt. Gut möglich also, dass die erneute Fahndung etwas mit dem neu aufgenommenen Schwung in den Hinterkaifeck-Ermittlungen zu tun hatte. |
1926 | November | 25 | Auch die Zeitungen greifen diesen Aufruf auf und so schreibt beispielsweise der Ingolstädter Anzeiger am 25. November 1926 Folgendes:
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1926 | Dezember | (Mitte) | Offenbar gab es ergänzend zu den polizeiinternen Fahndungsmaßnahmen auch Plakataktionen, die nicht folgelos blieben. So schrieb die Schrobenhausener Zeitung in diesem Zusammenhang über den Dezember 1926: "Mitte Dezember 1926 sollte Bärtl, von dem in der ganzen Gegend Plakate mit Steckbriefen aushingen, in der Nähe von Vilshofen gesehen worden sei. Er habe dort vor einem Beamten die Flucht ergriffen und bei der Verfolgung einen Schuss aus der Pistole abgegeben." |
1927 | Januar | Irgendwann im Januar soll es zu einer Begegnung mit Bärt im Gebiet zwischen Mengofen und Dingolfing gekommen sein. Die Suchmaßnahmen der lokalen Polizei war erfolglos. | |
1927 | Januar | 26 | Das Anfang Juni 1927 erstellte handschriftliche Dokument weist darauf hin, dass direkt nachfolgend im Januar 1927 Bärtl in München erkennungsdienstlich erfasst wurde. Das Dokument lautet transkribiert:
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1927 | Februar | 15 | Im März 1927 geht bei der Polizei eine Anzeige eines Augsburger Händlers mit dem Namen Josef Hurtner ein. Er hatte gerade eine 14tägige Haftstrafe in Friedberg hinter sich gebracht. Einige seiner Mithäftlinge hatten mehrfach über den Mordfall Hinterkaifeck gesprochen, waren allerdings später in den Flüsterton gewechselt, so dass Hurtner nicht mehr viel mitbekam. Einer davon soll den Mörder von Hinterkaifeck gekannt haben. |
1927 | März | 07 | Im Polizeiblatt "Internationale Öffentliche Sicherheit" wird auch nach Bärtl gefahndet. Eine Zeugenaussage berichtet von einer zurückliegenden Begegnung mit Bärtl im Wald zwischen Mengofen und Dingolfing. |
1927 | März | 10 | Dieser von Hurtner namentlich Genannten sagte am 10. März 1927 aus: "Ich war zuletzt bis November 1926 in Kempten im Kohlenkontor als Hilfsarbeiter beschäftigt. Sodann begab ich mit mit meiner Geliebten Pfaffelhuber auf Wanderschaft. Wir kamen auch in die Gegend von Schrobenhausen, Rottenburg und Mallersdorf. Durch die umherziehenden Händler und Wanderburschen erfuhren wir, dass sich in dieser Gegend der Mörder von Hinterkaifeck herumtreibe. Man heisse diesen den eisernen Heini. Im Januar 27 gingen wir auf der Landstraße zwischen Mengofen und Dingolfing. Wir sahen im Walde ein Feuer auf das wir zugingen. Bei dem Feuer lag ein Mann der sich auf meinen Gruss hin nicht rührte und tat als könne er nicht Deutsch. Ein weiterer Bursche beschäftigte sich im Walde mit Holzsammeln. Ich dachte mir, dass dies der eiserne Heini sein könnte, denn es passter der Beschrieb der uns gesagt wurde auf ihn. Zweit Tage später wurden wir durch die Gendarmerie Mallersdorf kontrolliert. Wir teilten den Beamten das Geschehene mit. Diese sagten, dass es der gesuchte Josef Bärtl sei. Beiden Herrn legten Zivilkleider an und mussten wir ihnen die Stelle zeigen, wo wir den Mann beim Feuer liegen sahen. Gesehen haben wir den Mann und seinen Komplizen nicht mehr. In meiner Zelle wurde verschiedenens gesprochen, unter anderem auch über den Mord in Hinterkaifeck. Ich erzählte meinen Zellengenossen, dass ich den Mörder kenne und diesen in der Gegend von Mallersdorf auf meiner Wanderschaft gesehen habe. Weitere Angaben kann ich nicht machen". |
1927 | April | Und weiter schreibt die Schrobenhausener Zeitung:
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1927 | Mai | 05 | Nach der Entdeckung der Tat in Hinterkaifeck gab es mehrere Ausschreibungen im Bayerischen Polizeiblatt, eine davon mit dem bekannten Lichtbild. |
1927 | Juni | 01 | Ein Aktenvermerk fasst die vorhandenen Informationen zu Bärtl zusammen. Lichtbild und Fotos liegen demnach beim Erkennungsdienst vor. |
1927 | August | 26 | Am 26. August 1927 dann wird in Berlin notiert: IV. A. 2. Berlin, den 26. August 1927
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1929 | Mai | 14 | Der Berliner Polizeipräsident hakt vor der drohenden Löschung der Einträge zu Bärtl noch einmal nach und bittet um erneute Fahndung, falls die bisherigen Ermittlungen zu keinem Ergebnis gekommen sind. |
1929 | Mai | 16 | In Berlin wurde offenbar akribisch überprüft, welche (nationalen und internationalen) Fahndungen ihre Gültigkeit noch hatten. In genau dieser Absicht wurde das Polizeipräsidium München erst mal 1927 und 1929 aufgefordert, Auskunft darüber zu geben, ob Bärtl weiterhin gesucht wird oder nicht.
Nach der Aufforderung vom 16. Mai 1929 antwortet München unverzüglich: |
1929 | Mai | 21 | München, den 21. Mai 1929 Abt. I. DSt.2. |
1929 | Mai | 23 | Darunter ist handschriftlich von den Berlinern vermerkt:
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1931 | April | 26 | Der eifrige Hinweisgeber Sebastian Maier ist überzeugt, dass Bärtl nicht der Täter war. |
1932 | Mai | 09 | Die Suche nach Bärtl geht auch in den Kreisen der Fremdenlegionäre weiter. Ohne Erfolg. |
1934 | November | 24 | 1934 gab es einen Hinweis auf Bärtl von einem vermeintlichen Kollegen in der Fremdenlegion. Das verlief mangels konkreter Informationen im Sande. |
1940/ 1940 |
Auch 1939/1040 ging eine ähnliche Kommunikation zwischen Berlin und München vonstatten, wobei die negative Antwort nach Berlin dieses Mal aus der Staatsanwaltschaft Augsburg kam. | ||
1948 | August | 12 | Der Hohenwarter Ermittler Meinedres fasste seinen Wissensstand zum Fall Hinterkaifeck in einem Brief zusammen. Dabei erinnert er auch an die erfolglose Suche nach Bärtl und vermutet diesem im Ausland. |
1949 | Februar | 25 | Anneser verfasste am 25.02.1949 einen Brief, indem er das vorschnelle Festlegen auf Josef Bärtl als Täter durch Krim.Kom Reingruber bemängelte. Bereits bei der Ankunft hätte Krim. Kom. Reingruber den Josef Bärtl als Tatverdächtigen genannt. |
1951 | Dezember | 17 | Im Zuge einiger Befragungen von Zeitzeugen gibt Andreas Schwaiger an, sich an einen Dienstbuben zu erinnern, welcher Bäcker Bärtl genannt wurde. |
Einschätzung der Polizei zum Fall Hinterkaifeck
Der Leitende Ermittler Reingruber legte viel Wert auf die Verfolgung von Bärtl. Nicht nur war es eine der ersten Spuren, die Ermittlungen wurden durch Hinweise immer wieder erneut befüttert. Bärtl wurde mehrfach zur Fahndung ausgeschrieben und wurde sogar, ohne dass dessen Bedeutung in dem ungelösten Sechsfachmord bekannt geworden wäre,
Kriminelle Vorgeschichte
Quellen:
Ergänzend zu den oben bereits verlinkten Dokumenten seien die offiziellen Berichte erwähnt, die Bärtls Namen nennen: