Zeitungsartikel: 1951 Hecker Serie 01

Die Mordnacht in Hinterkaifeck

Detailinformationen

Datum

1951

Ort

Ingolstadt

Art des Dokumentes

Zeitungsserie

Verfasser

Josef Ludwig Hecker

Verfasst für

Donaukurier

Inhalt

Am 31. März des Jahres 1922 geschah in unserer näheren Heimat eine Bluttat, wie sie in der Kriminalgeschichte nur selten verzeichnet wird.

 

In den Abendstunden des genannten Tages wurden sämtliche Bewohner der Einöde Hinterkaifeck auf grauenvolle Art und Weise ermordet. Der Hof lag, einen knappen Kilometer von der nächsten Ansiedlung entfernt, in unmittelbarer Waldnähe linker Hand des Fußweges, der von der Ortschaft Gröbern bei Waidhofen nach Schrobenhausen führt. Seine Bewohner galten als Sonderlinge und lebten sehr zurückgezogen, man vermißte sie also zunächst nicht, und so wurde die Untat erst vier Tage später bekannt. Diesem Umstande ist es zum Teil wohl auch zuzuschreiben, daß der Mörder trotz aller Anstrengungen der Polizei nicht ermittelt werden konnte. Damit blieb auch das Motiv der Tat ungeklärt.
Besitzerin des Hofes war die 35jährige Viktoria Gabriel, geb. Gruber, deren Mann im Krieg verschollen war. Sie besaß zwei Kinder, eine achtjährige Tochter namens Cäzilie und einen zweieinhalbjährigen Sohn namens Josef. Ferner lebten ihre Eltern, der 63jährige Austragslandwirt Andreas Gruber und seine um neun Jahre ältere Ehefrau Cäzilie auf dem Hof. Am Tage, an dem der Mord geschah, trat die 45 Jahre alte Marie Baumgartner aus Kühbach bei Aichach ihren Dienst als Magd in Hinterkaifeck an. Sie sollte die erste Nacht in der Einöde nicht überleben.
Den Kern der nächsten Schilderungen bilden einwandfreie ermittelte Tatsachen. Der Rahmen in den diese Tatsachen gestellt sind, beruht nicht auf Erwiesenem, sondern stellt einen Versuch dar, das bis heute ungesühnt gebliebene Verbrechen zu motivieren. Übereinstimmend wird berichtet, daß die alten Gruber und ihre Tochter nahezu jeden Umgang mit ihren Nachbarn mieden und kaum jemandem Einlaß in den Hof gewährten. Das Wenige, dessen sich Zeugen aus jenen Tagen heute noch erinnern, läßt immerhin eine ungefähre Vorstellung zu, wie sich das tägliche Leben in Hinterkaifeck abspielte.

Der März des Jahre 1922 ist ein Frühlingsmonat im wahrsten Sinne des Wortes. Die Hügellandschaft zwischen Waidhofen und Gröbern erwacht zu einem zauberhaften Leben. Gelb und freudig nicken die Schlüsselblumen in den Wiesen, und da und dort brechen in den Gärten bereits die ersten Kirschblüten auf. Tag für Tag zieht die Sonne an einem leuchtend blauen Himmel ihre Bahn und schickt Strahlen über Felder und Wälder und über das einsame Gehöft Hinterkaifeck.
Zu diesem Zeitpunkt bereits, so darf man dem später Geschehenen zufolge vielleicht annehmen, geht ein Mensch umher, dessen Hirn schwarze Gedanken hegt. Mord, heißen diese Gedanken. Vernichtung einer ganzen Familie! In unheimlicher Lautlosigkeit reift der Entschluß zur entsetzlichen Tat. Kein Mensch ahnt die bevorstehende Tragödie, aber fast scheint es, als habe die Natur Kenntnis von dem grausigen Plan. Urplötzlich schwindet die Sonne vom Himmel. Unheilverkündende Wolken werfen düstere Schatten über das Land. Ein eisiger Windhauch fegt heran...

 

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