Zeitungsartikel: 1952-05-05 Weltbild: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 4. Juni 2011, 19:03 Uhr
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Auf dem ersten Hof in [[Orte: Gröbern| Gröbern]] treffen wir den Ortsführer [[Personen: Schlittenbauer Johann|Hans Schlittenbauer]], einen Mann von kleiner geduckter Statur mit rötlichen Haaren. Er werkelt gerad an einem Schuppen. | Auf dem ersten Hof in [[Orte: Gröbern| Gröbern]] treffen wir den Ortsführer [[Personen: Schlittenbauer Johann|Hans Schlittenbauer]], einen Mann von kleiner geduckter Statur mit rötlichen Haaren. Er werkelt gerad an einem Schuppen. | ||
"Von der Zeitung?" lacht er und dreht ein großes Messer in seinen Händen. "Ihr gebt keine Ruhe mit Hinterkaifeck?" | "Von der Zeitung?" lacht er und dreht ein großes Messer in seinen Händen. "Ihr gebt keine Ruhe mit Hinterkaifeck?" | ||
"Nein", sagen wir. Nachher sitzen wir bei ihm in der Küche. Ein seltsamer Raum, kahl an den Wänden, aber alles steht voller Gerümpel. Ein Mädchen näht auf einer modernen Nähmaschine. Das ist alles, was darauf deutet, daß hier wohlhabende Bauern wohnen. Der Bauer ist da, seine Frau, das große Mädchen, dann die [[Kinder]]. Ein Junge liegt auf dem Sofa und stöhnt, er ist krank. Ein anderer Junge sitzt auf dem Herd. Zwei kleine Kinder stehen umher.<br> | "Nein", sagen wir. Nachher sitzen wir bei ihm in der Küche. Ein seltsamer Raum, kahl an den Wänden, aber alles steht voller Gerümpel. Ein Mädchen näht auf einer modernen Nähmaschine. Das ist alles, was darauf deutet, daß hier wohlhabende Bauern wohnen. Der Bauer ist da, seine [[Personen: Schlittenbauer Viktoria|Frau]], das große Mädchen, dann die [[Kinder]]. Ein Junge liegt auf dem Sofa und stöhnt, er ist krank. Ein anderer Junge sitzt auf dem Herd. Zwei kleine Kinder stehen umher.<br> | ||
"Wir glauben nicht, daß der Mord aus [[Tatmotive|Rache]] geschah", sagen wir, "es ist wohl sicher ein Raubmord gewesen." | "Wir glauben nicht, daß der Mord aus [[Tatmotive|Rache]] geschah", sagen wir, "es ist wohl sicher ein Raubmord gewesen." | ||
"Raubmord?" beginnt der Bauer zu lachen. Das Lachen hüpft richtig in seiner Kehle, und es springt von ihm auf die anderen über, selbst der Kranke lacht, dumpf und hohlbrüstig. Sie können sich gar nicht beruhigen. Gerade daß sie nicht an ihre Stirnen deuten und uns zu verstehen geben, für wie naiv sie uns halten.<br> | "Raubmord?" beginnt der Bauer zu lachen. Das Lachen hüpft richtig in seiner Kehle, und es springt von ihm auf die anderen über, selbst der Kranke lacht, dumpf und hohlbrüstig. Sie können sich gar nicht beruhigen. Gerade daß sie nicht an ihre Stirnen deuten und uns zu verstehen geben, für wie naiv sie uns halten.<br> | ||
"Das war doch kein Raubmord. Das war Rache", stößt die | "Das war doch kein Raubmord. Das war Rache", stößt die Frau endlich hervor. Sie sind direkt heiter geworden. Sie machen sich über uns lustig. Warum? Wir wissen es nicht.<br> | ||
Nachher erzählt uns der Bauer, er sei damals dabei gewesen, als man die Toten fand. | Nachher erzählt uns der Bauer, er sei damals dabei gewesen, als man die Toten fand. | ||
"Ich war damals sechszehn Jahre alt", sagt er. "Am Dienstag kam der [[Personen: Mayer Josef|Postbote]] zu uns herauf und meinte: 'In Hinterkaifeck, da stimmt was nicht. Die haben noch nicht mal die Zeitung vom Samstag aus dem Kasten genommen.' Mein Vater hat mich raufgeschickt auf den Hof. Ich solle mal durchs Fenster sehen. Das hab' ich getan, aber nichts sehen können. Und dann hat der [[Personen: Schlittenbauer Lorenz|Vater]] zwei Nachbarn geholt, den [[Personen: Sigl Jakob|Jakob Siegl]] und den alten [[Personen: Pöll Michael|Pölt]]. Wir vier sind nach Hinterkaifeck gegangen. Oben hat der Siegl zu mir gesagt, ich solle lieber draußen bleiben. Man weiß nicht, was man drinnen [[Sachverhalte: Die Auffindung|findet]]. Und dann sind sie hineingegangen.<br> | "Ich war damals sechszehn Jahre alt", sagt er. "Am Dienstag kam der [[Personen: Mayer Josef|Postbote]] zu uns herauf und meinte: 'In Hinterkaifeck, da stimmt was nicht. Die haben noch nicht mal die Zeitung vom Samstag aus dem Kasten genommen.' Mein Vater hat mich raufgeschickt auf den Hof. Ich solle mal durchs Fenster sehen. Das hab' ich getan, aber nichts sehen können. Und dann hat der [[Personen: Schlittenbauer Lorenz|Vater]] zwei Nachbarn geholt, den [[Personen: Sigl Jakob|Jakob Siegl]] und den alten [[Personen: Pöll Michael|Pölt]]. Wir vier sind nach Hinterkaifeck gegangen. Oben hat der Siegl zu mir gesagt, ich solle lieber draußen bleiben. Man weiß nicht, was man drinnen [[Sachverhalte: Die Auffindung|findet]]. Und dann sind sie hineingegangen.<br> |