Zeitungsartikel: 1953-05-06 Weltbild: Unterschied zwischen den Versionen

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Ein hinter die Kirche geducktes Haus, grau, mit langen Reihen kleiner Fenster. Ein Scheunentor führt hinein. Wo wohnt Herr Gump? Eine Frau deutet zu einer schmalen eisernen Treppe hinüber. "Da oben!" Lüstern, neugierig schaut sie uns an. "Ich hab es in der Zeitung gelesen", sagt sie, "der Gump soll es sein, sagen die Leute..." Die eiserne Treppe wankt unter unserm Gewicht. Dann lesen wir an der Tür: Gump!
Ein hinter die Kirche geducktes Haus, grau, mit langen Reihen kleiner Fenster. Ein Scheunentor führt hinein. Wo wohnt Herr Gump? Eine Frau deutet zu einer schmalen eisernen Treppe hinüber. "Da oben!" Lüstern, neugierig schaut sie uns an. "Ich hab es in der Zeitung gelesen", sagt sie, "der Gump soll es sein, sagen die Leute..." Die eiserne Treppe wankt unter unserm Gewicht. Dann lesen wir an der Tür: Gump!


Wir sind aufgeregt. Wir besuchen ja in dieser bayerischen Kleinstadt einen Mörder. "Eine Bestie in Menschengestalt", hat ihn eine Zeitung genannt. Sechs Menschen sind damals, am 31. März 1922, erschlagen worden. Hinterkaifeck, das war ein Einödshof, fünfhundert Meter vom nächsten Dorf weg, zwischen Augsburg und Ingolstadt. Der Bauer Gruber hauste darin mit seiner Familie, seltsame, abweisende, etwas verrufene Leute. Die zwei Kinder auf dem Hof waren in Blutschande gezeugt. Aber Geld hatten die Leute, viel Geld, in Papier, Silber und Gold. Und davon fehlte nichts, gar nichts, als man den Mord entdeckte. Die Leichen des alten Bauern und seiner Frau, der Tochter Viktoria und der siebenjährigen Cäcilie lagen in der Scheune neben der Stalltür. Alle mit einer Hacke erschlagen. Dem kleinen Josef, dreijährig, war durch das Dach des Kinderwagens der Schädel zertrümmert worden, die Magd lag tot in ihrer Kammer.
Wir sind aufgeregt. Wir besuchen ja in dieser bayerischen [[Ingolstadt|Kleinstadt]] einen Mörder. "Eine Bestie in Menschengestalt", hat ihn eine Zeitung genannt. Sechs Menschen sind damals, am 31. März 1922, erschlagen worden. [[Hinterkaifeck|Hinterkaifeck]], das war ein Einödshof, fünfhundert Meter vom nächsten Dorf weg, zwischen Augsburg und Ingolstadt. Der Bauer [[Personen: Gruber Andreas|Gruber]] hauste darin mit seiner Familie, [[Familie Gruber|seltsame]], abweisende, etwas verrufene Leute. Die zwei Kinder auf dem Hof waren in [[Sachverhalte: Strafprozess wegen Blutschande gegen Andreas Gruber und Viktoria Gabriel 1915|Blutschande]] gezeugt. Aber Geld hatten die Leute, [[Sachverhalte: Vor der Tat vorhandenes Geld|viel Geld]], in Papier, Silber und Gold. Und davon fehlte nichts, gar nichts, als man den Mord entdeckte. Die Leichen des alten Bauern und seiner [[Personen: Gruber Cäzilia|Frau]], der Tochter [[Personen: Gabriel Viktoria|Viktoria]] und der siebenjährigen [[Personen: Gabriel Cäzilia|Cäcilie]] lagen in der [[Sachverhalte: Die 5 Tatortbilder|Scheune]] neben der Stalltür. Alle mit einer [[Sachverhalte: Reuthaue|Hacke]] erschlagen. Dem kleinen [[Personen: Gruber Josef|Josef]], dreijährig, war durch das Dach des Kinderwagens der Schädel zertrümmert worden, die [[Personen: Baumgartner Maria|Magd]] lag tot in ihrer Kammer.


Es fehlte kein Geld, es fehlten nur geräuchertes Fleisch und Eier. Aus einer Brieftasche wurde etwas genommen, sonst war nichts durchwühlt. Und wie merkwürdig: das Vieh wurde die drei Tage nach das Mordtat immer gefüttert.
Es fehlte kein [[Sachverhalte: Nach der Tat vorhandenes Geld|Geld]], es fehlten nur geräuchertes Fleisch und Eier. Aus einer Brieftasche wurde etwas genommen, sonst war nichts durchwühlt. Und wie [[Sachverhalte: Tatort|merkwürdig]]: das Vieh wurde die drei Tage nach das Mordtat immer gefüttert.


Aus zwei Liegeplätzen im Heu schloß man auf zwei Mörder. Zahlreiche Verdächtige wurden verhaftet, aber weil das Verbrechen erst an vierten Tage entdeckt wurde und frischer Schneefall Spuren verwischte, versagten selbst die Hunde der Polizei. Haß und Rache tobten sich alsbald in der Gegend aus. Eine Tochter zeigte ihren Vater an, er sei der Mörder von Hinterkaifeck, und der alte Mann saß drei Monate, bis sich seine Unschuld herausstellte.
Aus zwei Liegeplätzen im Heu schloß man auf zwei Mörder. Zahlreiche Verdächtige wurden verhaftet, aber weil das Verbrechen erst an vierten Tage entdeckt wurde und frischer Schneefall [[Sachverhalte: Vorkommnisse vor der Tat|Spuren]] verwischte, versagten selbst die Hunde der Polizei. Haß und Rache tobten sich alsbald in der Gegend aus. Eine [[Personen: Pfleger Maria jun.|Tochter]] zeigte ihren [[Personen: Pfleger Josef|Vater]] an, er sei der Mörder von Hinterkaifeck, und der alte Mann saß drei Monate, bis sich seine Unschuld herausstellte.


Der Staatsanwalt hat uns vor Gump gewarnt: "Das ist ein versierter Mensch. Der kennt sich aus. Der wird Sie in Grund und Boden reden!" Das kann man sich vorstellen bei einem Mann, der sechs Menschen erschlug und diese Tat dreißig Jahre in seinem Innern verbarg.
Der [[Ermittler: Popp Andreas Dr.|Staatsanwalt]] hat uns vor Gump gewarnt: "Das ist ein versierter Mensch. Der kennt sich aus. Der wird Sie in Grund und Boden reden!" Das kann man sich vorstellen bei einem Mann, der sechs Menschen erschlug und diese Tat dreißig Jahre in seinem Innern verbarg.


Wir klopfen. Wir öffnen die Tür und stehen in einer kleinen sauberen Küche. Eine alte Frau steht vor uns. Böse sieht sie uns an. Kampfbereit wischt sie die Hände an ihrer Schürze ab und deutet nach hinten: "Da sitzt mein Mann."
Wir klopfen. Wir öffnen die Tür und stehen in einer kleinen sauberen Küche. Eine alte [[Frau]] steht vor uns. Böse sieht sie uns an. Kampfbereit wischt sie die Hände an ihrer Schürze ab und deutet nach hinten: "Da sitzt mein [[Personen: Gump Anton| Gump Anton]]Mann."


Vom Sofa erhebt sich ein kleiner alter rotbäckiger Mann mit einer großen Nase und grauen Haaren, die wie bei einer Bürste nach oben stehen. Er trägt einen Schnurrbart, der heftig zu zittern beginnt, sobald er erregt ist. Unbeholfen, hilflos steht er da, erschrocken, aufgeregt, übernächtigt. Die Röte auf seinem Gesicht weicht dann und wann einer wächsernen Blässe.
Vom Sofa erhebt sich ein kleiner alter rotbäckiger Mann mit einer großen Nase und grauen Haaren, die wie bei einer Bürste nach oben stehen. Er trägt einen Schnurrbart, der heftig zu zittern beginnt, sobald er erregt ist. Unbeholfen, hilflos steht er da, erschrocken, aufgeregt, übernächtigt. Die Röte auf seinem Gesicht weicht dann und wann einer wächsernen Blässe.
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Da erscheint in der Zeitung seiner Stadt ein Artikel, in dem Gump, zunächst noch ohne Namen, des Mordes bezichtigt wird. Drei Tage später bestellt ihn dieselbe Zeitung auf ihre Redaktion, durch einen Brief, in dem steht:"... daß in den nächsten Tagen mit Wahrscheinlichkeit Ihr Name in Zusammenhang mit der Affäre Hinterkaifeck durch die Presse gehen wird ... wir wollen Ihnen Vorschläge machen, um dies zu vermeiden."
Da erscheint in der Zeitung seiner Stadt ein Artikel, in dem Gump, zunächst noch ohne Namen, des Mordes bezichtigt wird. Drei Tage später bestellt ihn dieselbe Zeitung auf ihre Redaktion, durch einen Brief, in dem steht:"... daß in den nächsten Tagen mit Wahrscheinlichkeit Ihr Name in Zusammenhang mit der Affäre Hinterkaifeck durch die Presse gehen wird ... wir wollen Ihnen Vorschläge machen, um dies zu vermeiden."


Gump geht geängstigt hin. Man fordert von ihm, er solle eine Warnung in die Zeitung setzen, um sich gegen böse Zungen zu wehren. Er weigert sich. Da läßt man ihn selbst ein Telefongespräch führen, aus dem er glaubt entnehmen zu müssen, auch in Pfaffenhofen werde sein Name in Verbindung mit Hinterkaifeck genannt. Darauf gibt er, ganz verstört, seine Einwilligung zu der Warnung, die als kostenloses Inserat am nächsten Tage erscheint. Form und Inhalt der Warnung setzt ihm die Redaktion auf. Der Rechtsanwalt, zu dem er nachher geht, weil man ihm in der Redaktion auch noch, ohne ihn zu fragen, fotografiert hat, fragt entsetzt:<br>
Gump geht geängstigt hin. Man fordert von ihm, er solle eine Warnung in die Zeitung setzen, um sich gegen böse Zungen zu wehren. Er weigert sich. Da läßt man ihn selbst ein Telefongespräch führen, aus dem er glaubt entnehmen zu müssen, auch in [[Pfaffenhofen]] werde sein Name in Verbindung mit Hinterkaifeck genannt. Darauf gibt er, ganz verstört, seine Einwilligung zu der Warnung, die als kostenloses Inserat am nächsten Tage erscheint. Form und Inhalt der Warnung setzt ihm die Redaktion auf. Der Rechtsanwalt, zu dem er nachher geht, weil man ihm in der Redaktion auch noch, ohne ihn zu fragen, fotografiert hat, fragt entsetzt:<br>
"Wie konnten Sie so was zulassen? Wissen Sie nicht, was das in den Augen der Leser bedeutet? Sie haben sich selbst gleichsam des Mordes bezichtigt."
"Wie konnten Sie so was zulassen? Wissen Sie nicht, was das in den Augen der Leser bedeutet? Sie haben sich selbst gleichsam des Mordes bezichtigt."


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Ja, da sind die Leute, die sie persönlich kennen, die lachen darüber, daß der Toni ein Mörder sein soll. Aber da sind die vielen andern, die zwar wissen, wie 'Gump aussieht - er war zuletzt fünf Jahre Prüfer beim Wohnungsamt und lief einmal von Wohnung zu Wohnung -, aber die ihn nicht näher kennen. Die sind es, die tuscheln und mit dem Finger auf den alten Mann zeigen und die es glauben, wenn in einer Frankfurter Zeitung steht: "Der Untersuchungsrichter richtet keine Fragen mehr an den überführten Mörder. Angesichts des vor ihm kauernden Verbrechers läuft es sogar dem erfahrenen Kriminalisten eiskalt den Rücken hinunter. " An dieser Schilderung ist kein wahres Wort.<br>
Ja, da sind die Leute, die sie persönlich kennen, die lachen darüber, daß der Toni ein Mörder sein soll. Aber da sind die vielen andern, die zwar wissen, wie 'Gump aussieht - er war zuletzt fünf Jahre Prüfer beim Wohnungsamt und lief einmal von Wohnung zu Wohnung -, aber die ihn nicht näher kennen. Die sind es, die tuscheln und mit dem Finger auf den alten Mann zeigen und die es glauben, wenn in einer Frankfurter Zeitung steht: "Der Untersuchungsrichter richtet keine Fragen mehr an den überführten Mörder. Angesichts des vor ihm kauernden Verbrechers läuft es sogar dem erfahrenen Kriminalisten eiskalt den Rücken hinunter. " An dieser Schilderung ist kein wahres Wort.<br>
Was hat diesen Mann in diesen furchtbaren Verdacht gebracht? Die Aussage seiner Schwester, einer Frau, die auf dem Totenbett gestanden haben soll, ihre beiden Brüder seien die Mörder von Hinterkaifeck. Eine Frau, die auf dem Totenbett liegt, spricht die 'Wahrheit, scheint ein unumstößlicher Satz zu sein. Aber die Kriminalgeschichte kennt mehr als einen Fall, in dem Sterbende bewußt gelogen haben, um einen satanischen Haß auch nach ihrem Tode noch walten zu lassen. Was ist diese Creszentia Meier, die ihre Brüder des Mordes bezichtigt hat, für eine Frau gewesen!
Was hat diesen Mann in diesen furchtbaren Verdacht gebracht? Die Aussage seiner Schwester, einer Frau, die auf dem Totenbett gestanden haben soll, ihre beiden Brüder seien die Mörder von Hinterkaifeck. Eine Frau, die auf dem Totenbett liegt, spricht die 'Wahrheit, scheint ein unumstößlicher Satz zu sein. Aber die Kriminalgeschichte kennt mehr als einen Fall, in dem Sterbende bewußt gelogen haben, um einen satanischen Haß auch nach ihrem Tode noch walten zu lassen. Was ist diese [[Personen: Maier Kreszenz|Creszentia Meier]], die ihre Brüder des Mordes bezichtigt hat, für eine Frau gewesen!


"Ich hab' sie 1919 zum erstenmal gesehen, bevor wir geheiratet haben", erzählt die Ehefrau. "Der Toni hat mich als seine Braut vorgestellt, und sie hat wütend zu ihm gesagt:'Ich kenne dich nicht,' "
"Ich hab' sie 1919 zum erstenmal gesehen, bevor wir geheiratet haben", erzählt die Ehefrau. "Der Toni hat mich als seine Braut vorgestellt, und sie hat wütend zu ihm gesagt:'Ich kenne dich nicht,' "
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Am anderen Tag sind wir mit dem alten Mann unterwegs. Wir sind etwas vorsichtig. Immerhin glaubt die Staatsanwaltschaft doch anscheinend immer noch, daß er ein Mörder ist. Vielleicht ist doch etwas dran? Wir setzen Gump vorne neben den Fahrersitz. Der Sicherheit halber...
Am anderen Tag sind wir mit dem alten Mann unterwegs. Wir sind etwas vorsichtig. Immerhin glaubt die Staatsanwaltschaft doch anscheinend immer noch, daß er ein Mörder ist. Vielleicht ist doch etwas dran? Wir setzen Gump vorne neben den Fahrersitz. Der Sicherheit halber...


Bei dem Bauern Thoma in Schönbichl sind wir zuerst. Dort hat der andere Bruder gewohnt, Adolf Gump, von dem es heißt, daß er von erbitterten Kriegsgefangenen, die er brutal gequält haben soll, erschlagen wurde. Aber hier ist nur was von einem Fahrradunfall bekannt. Man stellt ihm das beste Zeugnis aus. Er sei ein großer "Militarist" gewesen, aber sonst eine "Seele von Mensch". Die Witwe legt uns später den Totenschein ihres Mannes vor. Es wird darauf bestätigt, daß Gump eines natürlichen Todes gestorben ist. Dieses Dokument befindet sich anscheinend nicht in den Akten des Staatsanwalts.
Bei dem Bauern Thoma in Schönbichl sind wir zuerst. Dort hat der andere Bruder gewohnt, [[Personen: Gump Adolf|Adolf Gump]], von dem es heißt, daß er von erbitterten Kriegsgefangenen, die er brutal gequält haben soll, erschlagen wurde. Aber hier ist nur was von einem Fahrradunfall bekannt. Man stellt ihm das beste Zeugnis aus. Er sei ein großer "Militarist" gewesen, aber sonst eine "Seele von Mensch". Die [[Personen: Gump Salome|Witwe]] legt uns später den Totenschein ihres Mannes vor. Es wird darauf bestätigt, daß Gump eines natürlichen Todes gestorben ist. Dieses Dokument befindet sich anscheinend nicht in den Akten des Staatsanwalts.


Der alte Thoma erzählt uns, wie die Creszentia Meier 1938 ihren sterbenden Vater dazu gebracht hat, vor seinem Tode zu ihr zu ziehen. "Einmal ist sie hier gewesen. Im Gasthaus hat sie gewohnt. Es war ihr nicht fein genug hier bei uns. Dem alten Gump hat sie gesagt, sie würde ihn Pflegen wie ihren Augapfel. Er hat nicht recht gewollt. Dann hat sie heimlich Briefe an ihren Vater geschrieben. Ich weiß nicht, was sie geschrieben hat. Was Gutes wird es nicht gewesen sein. Denn der Vater ist wirklich mißtrauisch geworden auf uns. Und auf den Adolf. Eines Tages hat er seine Sachen zusammengepackt und ist nach Augsburg gefahren. Ich weiß dann nicht mehr viel. Bloß daß die Centa den Vater für hundert Mark an die Anatomie in München verkaufen wollte. Meine Tochter, die ihn nach Augsburg gebracht hat, die hat sie verdächtigt, ihn bestohlen zu haben."<br>
Der alte Thoma erzählt uns, wie die Creszentia Meier 1938 ihren sterbenden [[Personen: Gump Anton sen.|Vater]] dazu gebracht hat, vor seinem Tode zu ihr zu ziehen. "Einmal ist sie hier gewesen. Im Gasthaus hat sie gewohnt. Es war ihr nicht fein genug hier bei uns. Dem alten Gump hat sie gesagt, sie würde ihn Pflegen wie ihren Augapfel. Er hat nicht recht gewollt. Dann hat sie heimlich Briefe an ihren Vater geschrieben. Ich weiß nicht, was sie geschrieben hat. Was Gutes wird es nicht gewesen sein. Denn der Vater ist wirklich mißtrauisch geworden auf uns. Und auf den Adolf. Eines Tages hat er seine Sachen zusammengepackt und ist nach Augsburg gefahren. Ich weiß dann nicht mehr viel. Bloß daß die Centa den Vater für hundert Mark an die Anatomie in München verkaufen wollte. Meine Tochter, die ihn nach [[Augsburg]] gebracht hat, die hat sie verdächtigt, ihn bestohlen zu haben."<br>
Wir erreiche Augsburg. Gump sitzt jetzt hinten. Langsam haben sich Gestalt und Wesen der Frau herausgeschält, die eine so entsetzliche Anklage gegen ihre Brüder erhob.<br>
Wir erreiche Augsburg. Gump sitzt jetzt hinten. Langsam haben sich Gestalt und Wesen der Frau herausgeschält, die eine so entsetzliche Anklage gegen ihre Brüder erhob.<br>
Bei der Schwester Tina liefern wir unseren "Mörder" ab. Es dauert nicht lange, und wir haben die ganze Familie um uns versammelt, zwei Schwestern, einen Schwager, eine Kusine. "Soll ich es sagen?" ruft Schwester Rosa aus, und Schwester Tina sagt: "Wir müssen es sagen. Wir müssen dem Toni jetzt helfen. Wir können keine Rücksicht auf die Familie nehmen."
Bei der Schwester [[Tina]] liefern wir unseren "Mörder" ab. Es dauert nicht lange, und wir haben die ganze [[Familie Gump|Familie]] um uns versammelt, zwei Schwestern, einen Schwager, eine Kusine. "Soll ich es sagen?" ruft Schwester [[Personen: Gump Rosalie|Rosa]] aus, und Schwester Tina sagt: "Wir müssen es sagen. Wir müssen dem Toni jetzt helfen. Wir können keine Rücksicht auf die Familie nehmen."


'''''Hundert Teufel im Leib?'''''<br>
'''''Hundert Teufel im Leib?'''''<br>
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Zuletzt besuchen wir noch jenes Cafè in Augsburg, wo Centa Meier einmal Hausmeisterin war. Die Besitzerin erinnert sich bald. "Herrgott, das war doch die, die so unglaublich schmutzig war. Gestohlen hat sie, Und sonst war es auch nicht richtig bei ihr. Ja, die haben wir sehr schnell wieder entlassen ... Ja, die ... wenn es die ist, die Sie meinen, dann kann ich Ihnen nur sagen, daß bei ihrer angeborenen teuflisch Art alles Lug und Trug war, was sie gebeichtet hat."
Zuletzt besuchen wir noch jenes Cafè in Augsburg, wo Centa Meier einmal Hausmeisterin war. Die Besitzerin erinnert sich bald. "Herrgott, das war doch die, die so unglaublich schmutzig war. Gestohlen hat sie, Und sonst war es auch nicht richtig bei ihr. Ja, die haben wir sehr schnell wieder entlassen ... Ja, die ... wenn es die ist, die Sie meinen, dann kann ich Ihnen nur sagen, daß bei ihrer angeborenen teuflisch Art alles Lug und Trug war, was sie gebeichtet hat."


Wir erinnern uns, was ihr Beichtvater, Kaplan Hauber, einigen Jugendlichen über Frau Meier erzählt hat: "Diese Frau hat nur erklärt, daß ihre Brüder in Augsburg leben." Aber weder Adolf noch Anton Gump haben jemals in Augsburg gewohnt...
Wir erinnern uns, was ihr Beichtvater, [[Personen: Hauber Anton|Kaplan Hauber]], einigen Jugendlichen über Frau Meier erzählt hat: "Diese Frau hat nur erklärt, daß ihre Brüder in Augsburg leben." Aber weder Adolf noch Anton Gump haben jemals in Augsburg gewohnt...


Anton Gump ist zur Zeit der Tat Fabrikarbeiter gewesen. Adolf Gump, der ältere, war Korbmacher. Er zog mit einem Schubkarren voller Körbe, Bettzeug und ähnlichem Hausrat mit seinem Vater zusammen auf dem Lande umher, von Dorf zu Dorf, wegen seiner Armut und seines Berufes bei den begüterten Bauern nicht eben angesehen.<br>
Anton Gump ist zur Zeit der Tat Fabrikarbeiter gewesen. Adolf Gump, der ältere, war Korbmacher. Er zog mit einem Schubkarren voller Körbe, Bettzeug und ähnlichem Hausrat mit seinem Vater zusammen auf dem Lande umher, von Dorf zu Dorf, wegen seiner Armut und seines Berufes bei den begüterten Bauern nicht eben angesehen.<br>
bettelarm war Adolf, arm war sein Bruder. Aber der Hof in Hinterkaifeck war voller Geld. Gold und Silber fand man in einem Schrank, denn die Mörder nicht einmal aufgemacht hatten, obwohl sie noch drei Tage nach der Tat im Hause gewesen sein müssen. Nicht einmal das Papiergeld, das der alte Bauer in einer Tasche unter seinem Kopfkissen verbarg, haben die Mörder genommen. Welches Unmaß von Haß muß die Mörder getrieben haben, wenn in der damaligen Zeit der beginnenden Inflation  sogar Gold und Silber für sie gleichgültig waren. Und man fragt sich: Hätten so arme Leute wie die Gumps, drei Tage mit diesen Schätzen eingesperrt, der Verlockung widerstanden?<br>
Bettelarm war Adolf, arm war sein Bruder. Aber der Hof in Hinterkaifeck war voller [[Sachverhalte: Nach der Tat vorhandenes Geld|Geld]]. Gold und Silber fand man in einem Schrank, denn die Mörder nicht einmal aufgemacht hatten, obwohl sie noch drei Tage nach der Tat im Hause gewesen sein müssen. Nicht einmal das Papiergeld, das der alte Bauer in einer Tasche unter seinem Kopfkissen verbarg, haben die Mörder genommen. Welches Unmaß von Haß muß die Mörder getrieben haben, wenn in der damaligen Zeit der beginnenden Inflation  sogar Gold und Silber für sie gleichgültig waren. Und man fragt sich: Hätten so arme Leute wie die Gumps, drei Tage mit diesen Schätzen eingesperrt, der Verlockung widerstanden?<br>
Wir haben weiter gesucht. Wir dachten an Eifersucht. Aber war es denkbar, daß einer aus Eifersucht eine ganze Familie ausrottet und daß ihm dabei der unbeteiligte Bruder hilft? Wir haben geforscht und haben einen Zeugen gefunden, der die Grubers gut gekannt hat. Was dieser Mann aussagt, deutet auf Rache, aber weit weg von den Brüdern Gump. Der Staatsanwalt ist eine Spur zu Ende gegangen. Er muß umkehren und weitere Spuren verfolgen, vielleicht lassen sie sich noch einmal auffrischen, vielleicht ergeben sich zwischen ihnen Zusammenhänge. Der Name Hinterkaifeck bleibt auch nach dreißig Jahren in rätselhaftes Dunkel gehüllt.<br>
Wir haben weiter gesucht. Wir dachten an [[Tatmotive|Eifersucht]]. Aber war es denkbar, daß einer aus Eifersucht eine ganze Familie ausrottet und daß ihm dabei der unbeteiligte Bruder hilft? Wir haben geforscht und haben einen Zeugen gefunden, der die Grubers gut gekannt hat. Was dieser Mann aussagt, deutet auf Rache, aber weit weg von den Brüdern Gump. Der Staatsanwalt ist eine Spur zu Ende gegangen. Er muß umkehren und weitere Spuren verfolgen, vielleicht lassen sie sich noch einmal auffrischen, vielleicht ergeben sich zwischen ihnen Zusammenhänge. Der Name Hinterkaifeck bleibt auch nach dreißig Jahren in rätselhaftes Dunkel gehüllt.<br>
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