Editoren, Bürokraten
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<small>''Bezüglich der sich verfehlenden Aszendenten, Stiefeltern, Schwiegereltern kömmt auch der Mißbrauch des elterlichen Ansehens, der hausväterlichen Gewalt und die Verletzung der besonderen Pflicht, Sitte und Ordnung in der Familie aufrecht zu erhalten, in Betracht, und hierauf gründet sich der Unterschied ihrer Strafe gegenüber der gelinderen Bestrafung des mitschuldigen Untergebene''n</small> [Hommen, S. 61]<br> | <small>''Bezüglich der sich verfehlenden Aszendenten, Stiefeltern, Schwiegereltern kömmt auch der Mißbrauch des elterlichen Ansehens, der hausväterlichen Gewalt und die Verletzung der besonderen Pflicht, Sitte und Ordnung in der Familie aufrecht zu erhalten, in Betracht, und hierauf gründet sich der Unterschied ihrer Strafe gegenüber der gelinderen Bestrafung des mitschuldigen Untergebene''n</small> [Hommen, S. 61]<br> | ||
In Bayern war dieser Gedanke bereits früh in die Gesetzgebung aufgenommen worden. Schon in seiner Ausgabe des StGB für Bayern von 1813 hob Mengelein hervor, daß die Strafbarkeit der »Blutschande« im Mißbrauch der rechtlichen Privatgewalt durch Verführung zur »Unzucht« begründet liege. Strafbar seien vor allem Eltern und andere Blutsverwandte in aufsteigender Linie, die mit ihren Kindern oder anderen Abkömmlingen den Beischlaf vollzögen »oder dieselben sonst zur Wollust mißbrauchen«." Mittermaier sah schließlich 1906 bei der »Blutschande« das Moment der Verführung und des Mißbrauchs des Vertrauensverhältnisses als ebenso wichtig an wie die »naturwidrige Blutsvermischung«, die ursprünglich die Strafbarkeit begründet habe." Eingeführt wurde die Straffreiheit für »Deszendenten« bis 16 Jahre zuerst im StGB des Norddeutschen Bundes, was »im Hinblick auf den Druck des Abhängigkeitsverhältnisses« begrüßt wurde.90 Viele Juristen nahmen »einen Entschuldigungsgrund wegen psychischer Zwangslage« an.' Die »Deszendenten«, hieß es in einer Entscheidung des Reichsgerichts, seien »als willenlose, unter der Gewalt der sie mißbrauchenden Aszendenten handelnde Werkzeuge der letzteren anzusehen«, »als Objekte und Opfer deren Verbrechen sei Im RStGB wurde die Grenze der Straffreiheit für Deszendenten auf 18 Jahre erhöht. Im Vorentwurf von 1909 wurde allerdings vorgeschlagen, diese Straffreiheit im Ermessen des Richters zu belassen, denn es könne durchaus ein beinahe 18jähriger Deszendent der eigentliche Verführer sein» [Hommen, S. 62] <br> | In Bayern war dieser Gedanke bereits früh in die Gesetzgebung aufgenommen worden. Schon in seiner Ausgabe des StGB für Bayern von 1813 hob Mengelein hervor, daß die Strafbarkeit der »Blutschande« im Mißbrauch der rechtlichen Privatgewalt durch Verführung zur »Unzucht« begründet liege. Strafbar seien vor allem Eltern und andere Blutsverwandte in aufsteigender Linie, die mit ihren Kindern oder anderen Abkömmlingen den Beischlaf vollzögen »oder dieselben sonst zur Wollust mißbrauchen«." Mittermaier sah schließlich 1906 bei der »Blutschande« das Moment der Verführung und des Mißbrauchs des Vertrauensverhältnisses als ebenso wichtig an wie die »naturwidrige Blutsvermischung«, die ursprünglich die Strafbarkeit begründet habe." Eingeführt wurde die Straffreiheit für »Deszendenten« bis 16 Jahre zuerst im StGB des Norddeutschen Bundes, was »im Hinblick auf den Druck des Abhängigkeitsverhältnisses« begrüßt wurde.90 Viele Juristen nahmen »einen Entschuldigungsgrund wegen psychischer Zwangslage« an.' Die »Deszendenten«, hieß es in einer Entscheidung des Reichsgerichts, seien »als willenlose, unter der Gewalt der sie mißbrauchenden Aszendenten handelnde Werkzeuge der letzteren anzusehen«, »als Objekte und Opfer deren Verbrechen sei Im RStGB wurde die Grenze der Straffreiheit für Deszendenten auf 18 Jahre erhöht. Im Vorentwurf von 1909 wurde allerdings vorgeschlagen, diese Straffreiheit im Ermessen des Richters zu belassen, denn es könne durchaus ein beinahe 18jähriger Deszendent der eigentliche Verführer sein» [Hommen, S. 62] <br> | ||
===Missbrauchsstrukturen=== | |||
Sexuelle Gewalt ist, wie jede Form der Gewalt, zugleich Ausdruck und Bestandteil von Machtverhältnissen, hier männlicher Herrschaft über die Frau und das Kind, die der Aufrechterhaltung der geschlechtsspezifischen Machtverteilung dienen. Täter wie Opfer sind dabei eingebunden in ein komplexes Diskursgefüge aus Macht und Wissen, das ihnen bestimmte Positionen zuweist.<br> | |||
Zurück bleiben häufig niederschmetternde Schuldgefühle. Wohl wissend, welches unerhörte Tabu gebrochen wurde, plagt die Opfer das Gewissen. Die Seelenqualen, die der verbotenen Lust folgen, werden noch verstärkt, weil sich die meisten Betroffenen niemandem anzuvertrauen wagen. »Das eigentliche Trauma ist die Isolierung durch das Schweigen«, behauptet Carl Nedelmann, Direktor des Hamburger Michael-Balint-Instituts für Psychoanalyse und Psychotherapie. Der Druck, Inzest-Erlebnisse allein zu verarbeiten, könne zu erheblichen seelischen Schäden führen. [ DER SPIEGEL 33/1991]<br> | |||
====Folgen==== | |||
Die Hilfsorganisation [https://www.lichtweg.de/lichtweg.php Lichtweg] beschreibt anschaulich die Folgen für Betroffene, deren Leben durch die Missbrauchserfahrungen geprägt und belastet ist.<br> | |||
''Zentrales schädigendes Element bei sexuellem Missbrauch, vor allem innerhalb der Familie, ist die langfristige Verwirrung, der das Kind auf kognitiver, emotionaler und sexueller Ebene ausgesetzt ist. Es ist frühzeitig sexuell stimulierter Pseudo-Partner und zugleich strukturell abhängiges Kind, und es wird möglicherweise noch durch Gewalt bedroht. Die Verwirrung hinsichtlich der Generationszugehörigkeiten und die Vermischung der Rollen einer (väterlichen) Autoritätsfigur und sexuellen Partners wird von den Missbrauchern häufig durch die möglichst vollständige Verleugnung der Tatsache, dass überhaupt sexuelle Handlungen stattfinden, aufrechterhalten. So ereignet sich der Missbrauch oft in völligem Schweigen und in Dunkelheit. Die körperliche Nähe und die sexuelle Erregung stehen in direktem Widerspruch zur Negierung der Realität. Damit wird dem Kind die Möglichkeit genommen, die zentralen Aspekte dieser emotional intensiven und verwirrenden Erfahrung kognitiv und sozial sinnvoll zuzuordnen - und es ist darüber hinaus noch gezwungen, diese Verwirrung geheimzuhalten.<br> | |||
''Sexueller Missbrauch setzt das Kind also nicht nur traumatischen Erfahrungen aus, durch die seine sexuellen Gefühle und Vorstellungen in einer Weise beeinflusst werden, die seinem Entwicklungsstand und der Qualität seiner Beziehungen nicht entsprechen; wenn es entdeckt, dass eine Person, die es liebt und zu der es in einer lebenswichtigen Beziehung steht, es missbraucht und verletzt, wird es auch in seinem Vertrauen zutiefst erschüttert. Dieser Verrat durch den Missbraucher kann durch die Reaktionen der Umwelt wiederholt und verstärkt werden, wenn das Kind bei seinen Versuchen, sich mitzuteilen und sich dem Missbrauch zu entziehen, keinen Glauben und keine Unterstützung findet.<br> | |||
Als langfristige Folgen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen treten im Erwachsenenalter u. a. häufig auf: <br> | |||
*Störungen der Sexualität und Partnerschaftsprobleme | |||
* Sexualisierung von Beziehungen | |||
*Störung der Sexualfunktionen | |||
* emotionaler Rückzug und soziale Isolation, Misstrauen | |||
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====Nachbarn==== | |||
Fast alle Nachbarn erwähnen in ihren Aussagen vom Inzest gewusst zu haben, ob sie dies (erst) durch die Verurteilung 1915 erfuhren, oder bereits vorher wussten ist heute nicht mehr zu rekonstruieren, möglich ist natürlich, das man bereits vorher etwas ahnte. Sh. auch die beiden eingangs erwähnten Aussagen den Zeitraum 1903/1904 betreffend, sowie die ausreichenden Verdachtsmomente für die Anklageerhebung 1915.<br> | |||
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Die Berliner Morgenpost berichtete am 02.05.2008 zum Inzest-Drama von Amstetten sehr treffend:<br> | |||
''Dem Stumpfsinn entspricht die moralische Verödung. Geschieht nebenan eine Untat oder ein Unglück, zuckt der Beobachter die Schultern. Man habe nichts tun können, lautet später seine Ausrede: weil man ja nichts gewusst habe. In Wahrheit verhält es sich umgekehrt. Man hat nicht zu viel wissen wollen, weil man nichts tun wollte; aber man hat stets so viel gewusst, dass man wusste, was man so genau nicht wissen wollte, aus Bequemlichkeit, Ängstlichkeit und Feigheit. Man lernte mit dem Panzer zu leben. Auch wenn man heute einen Vorfall schrecklich findet, in Wahrheit berührt es einen kaum.<br> | |||
''Zur praktischen Erkenntnis von Gut und Böse muss der menschliche Wille empfänglich sein für die Nötigung des Gesetzes. Das moralische Sensorium liefert zwar kein Richtmaß für sittliche Urteile, aber es ist unabdingbar für das Bewusstsein der Tugend und Wahrheit. Ohne moralisches Gefühl ist der Mensch sittlich und geistig tot. Laute Empörung übertüncht nur den Mangel an moralischer Empfindung und Urteilskraft. Im allgemeinen haben Zuschauer wenig Skrupel und Zweifel. Von Scham oder Schuld sind sie weitgehend verschont. Es geht sie nichts an, was nebenan passiert. Ihre Moral erstreckt sich zuletzt bis zum Gartenzaun. Entgegen aller Appelle gilt der alte Befund: Die Grenzen der Moral sind die Grenzen der eigenen Gruppe. Auch im Haus des Verbrechens galt eine spezielle Moral: die des Gehorsams, der Loyalität, der Angst, der Strafe.'' | |||
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===Hinweise auf Missbrauch=== | ===Hinweise auf Missbrauch=== |