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Staatsarchiv München | Staatsarchiv München | ||
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Polizeidirektion [[Orte: München|München]] Fahndungsabteilung | Polizeidirektion [[Orte: München|München]] Fahndungsabteilung | ||
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Staatsarchiv München | Staatsarchiv [[Orte: München|München]], PolDir 8091b | ||
== Inhalt == | == Inhalt == | ||
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Polizeidirektion München <div align="right">Schrobenhausen, den 2.Mai 1922</div> | Polizeidirektion München <div align="right">Schrobenhausen, den 2.Mai 1922</div> | ||
Fahndungsabteilung<br><br> | |||
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Am 5.April 1922 habe ich im [[Sachverhalte: Die 5 Tatortbilder#Tatort 3: Schlafzimmer der Kinder und von Viktoria|Schlafzimmer der Ermordeten]] unter anderem die anliegende Beitragsaufstellung der Ortskrankenkasse Schrobenhausen vorgefunden. Nach dieser war mindestens in den Monaten Juli oder August 1921 bei [[Personen: Gabriel Viktoria | Frau Viktoria Gabriel]] eine [[Personen: Rieger Kreszenz | Kreszenz Rieger]] in Arbeit gestanden.<br><br> | Am 5.April 1922 habe ich im [[Sachverhalte: Die 5 Tatortbilder#Tatort 3: Schlafzimmer der Kinder und von Viktoria|Schlafzimmer der Ermordeten]] unter anderem die anliegende Beitragsaufstellung der Ortskrankenkasse Schrobenhausen vorgefunden. Nach dieser war mindestens in den Monaten Juli oder August 1921 bei [[Personen: Gabriel Viktoria | Frau Viktoria Gabriel]] eine [[Personen: Rieger Kreszenz | Kreszenz Rieger]] in Arbeit gestanden.<br><br> | ||
Ich habe deshalb nach Auffindung dieser Beitragsaufstellung, also am 5. April 22 dieselbe mit noch anderen Notizen zwecks unmittelbarer sofortiger Einleitung weiterer Erhebungen dem Sicherheitskommissär [[Ermittler: Goldhofer Georg | Goldhofer]] der Gend. Stat. [[Orte: Hohenwart | Hohenwart]] in Hinterkaifeck übergeben. Insbesondere hatte ich ihn ersucht wegen Wichtigkeit der Sache umgehend dahin Erhebungen einzuleiten, wie lange die Rieger bei Gabriel beschäftigt war, und um welche Person es sich hier handelt, mit welchen Personen sie im Verkehr stand u.s.w.. Wie nun aus der mir vom Staatsanwalt [[Orte: Neuburg a. | Ich habe deshalb nach Auffindung dieser Beitragsaufstellung, also am 5. April 22 dieselbe mit noch anderen Notizen zwecks unmittelbarer sofortiger Einleitung weiterer Erhebungen dem Sicherheitskommissär [[Ermittler: Goldhofer Georg | Goldhofer]] der Gend. Stat. [[Orte: Hohenwart | Hohenwart]] in Hinterkaifeck übergeben. Insbesondere hatte ich ihn ersucht wegen Wichtigkeit der Sache umgehend dahin Erhebungen einzuleiten, wie lange die Rieger bei Gabriel beschäftigt war, und um welche Person es sich hier handelt, mit welchen Personen sie im Verkehr stand u.s.w.. Wie nun aus der mir vom Staatsanwalt [[Orte: Neuburg a. d. Donau| Neuburg a.D.]] zwecks Vornahme entsprechender Erhebungen übergebenen Anzeige der Gend. Station [[Orte: Schrobenhausen | Schrobenhausen]] vom 10. April hervorgeht, wäre die Rieger vom 9. Oktober 21 bis<br> 2. Februar 22 bei Gabriel als Dienstmagd bei der Ortskrankenkasse Schrobenhausen in Stellung gemeldet gewesen. Deren Jetziger Aufenthalt sollte in Adelshausen sein und dort beim Wirt erfragt werden können.<br><br> | ||
Trotz der Dringlichkeit wurde unterm 15. April 22 eine Aufenthaltsermittlung an die Gendarmeriestation [[Orte: Karlskron | Karlskron]] gerichtet, die dort infolge der Osterfeiertage verspätet in Lauf gelangte und wegen ihrer anscheinend unwichtiger Natur nicht als vordringlich behandelt worden ist, soll doch lediglich nur der Aufenthalt der Rieger ermittelt werden.<br><br> | Trotz der Dringlichkeit wurde unterm 15. April 22 eine Aufenthaltsermittlung an die Gendarmeriestation [[Orte: Karlskron | Karlskron]] gerichtet, die dort infolge der Osterfeiertage verspätet in Lauf gelangte und wegen ihrer anscheinend unwichtiger Natur nicht als vordringlich behandelt worden ist, soll doch lediglich nur der Aufenthalt der Rieger ermittelt werden.<br><br> | ||
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Was den Mord betrifft, so muß hier noch insbesondere angeführt werden, daß nach den Angaben der Rieger –Anl.1- der [[Sachverhalte: Der Spitz | Hofhund]] der Ermordeten, der sonst als allgemein sehr bissig und wachsam bezeichnet wird, gerade bei Anton Bichler nichts gemacht hat, d.h. bei Betreten des Hofraumes sich ganz ruhig verhalten und nicht gebellt hat. | Was den Mord betrifft, so muß hier noch insbesondere angeführt werden, daß nach den Angaben der Rieger –Anl.1- der [[Sachverhalte: Der Spitz | Hofhund]] der Ermordeten, der sonst als allgemein sehr bissig und wachsam bezeichnet wird, gerade bei Anton Bichler nichts gemacht hat, d.h. bei Betreten des Hofraumes sich ganz ruhig verhalten und nicht gebellt hat. | ||
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Sehr | Sehr bezeichnend sind auch die Angaben des Wiedl –Anl.5- wonach dessen Bruder | ||
[[Personen: Bichler Karl | Karl Bichler]]<br> | [[Personen: Bichler Karl | Karl Bichler]]<br> | ||
sich darauf interessiert hat, wie man einen wachsamen Hund lahmlegen könnte. Er soll sich in dieser Richtung an den Schäfer des Bauern Josef Greppmeier in Steinenkirch, der ein solches Mittel haben soll, gewandt haben.<br><br> | sich darauf interessiert hat, wie man einen wachsamen Hund lahmlegen könnte. Er soll sich in dieser Richtung an den Schäfer des Bauern Josef Greppmeier in Steinenkirch, der ein solches Mittel haben soll, gewandt haben.<br><br> | ||
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Dessen Verschlagenheit und Getriebenheit dürfte wohl aus den verschiedenen dem Michael Bichler in Vorschlag gebrachten und teils auch ausgeführten Diebstählen, ebenso durch dessen verschiedenen Äußerungen –Anl. 2 & 4- deutlich hervorgehen.<br><br> | Dessen Verschlagenheit und Getriebenheit dürfte wohl aus den verschiedenen dem Michael Bichler in Vorschlag gebrachten und teils auch ausgeführten Diebstählen, ebenso durch dessen verschiedenen Äußerungen –Anl. 2 & 4- deutlich hervorgehen.<br><br> | ||
Die Annahme, daß bei dem Mord nur Papiergeld geraubt worden ist, dürfte nicht als einwandfrei feststehen. Bekanntlich habe ich mit Oberwachtmeister Kraus der Polizeidirektion München im Schlafzimmer der Ermordeten in einem Schrank eine [[Sachverhalte: Nach der Tat vorhandenes Geld | Büchse mit Hartgeld]], darunter 1880 M in Gold, vorgefunden.<br><br> | Die Annahme, daß bei dem Mord nur Papiergeld geraubt worden ist, dürfte nicht als einwandfrei feststehen. Bekanntlich habe ich mit [[Ermittler: Kraus Hermann |Oberwachtmeister Kraus]] der Polizeidirektion München im Schlafzimmer der Ermordeten in einem Schrank eine [[Sachverhalte: Nach der Tat vorhandenes Geld | Büchse mit Hartgeld]], darunter 1880 M in Gold, vorgefunden.<br><br> | ||
Nach den bestimmten Angaben des [[Personen: Schönacher Simon | Simon Schönecker]] {Anm.: richtig: Schönacher] –Anl. 4- in [[Orte: Rachelsbach | Rachelsbach]], Nr. 33 wohnhaft, hatte jedes von den drei Ermordeten und Gruber, [[Personen: Gruber Cäzilia | dessen Frau]] und die Witwe Gabriel eine eigene Kasse. Nachdem aber bis jetzt nur eine Kasse (Büchse) mit Hartgeld vorgefunden worden ist, muß mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß die Täter auch Hartgeld geraubt haben könnten.<br><br> | Nach den bestimmten Angaben des [[Personen: Schönacher Simon | Simon Schönecker]] {Anm.: richtig: Schönacher] –Anl. 4- in [[Orte: Rachelsbach | Rachelsbach]], Nr. 33 wohnhaft, hatte jedes von den drei Ermordeten und Gruber, [[Personen: Gruber Cäzilia | dessen Frau]] und die Witwe Gabriel eine eigene Kasse. Nachdem aber bis jetzt nur eine Kasse (Büchse) mit Hartgeld vorgefunden worden ist, muß mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß die Täter auch Hartgeld geraubt haben könnten.<br><br> | ||
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Sofern jene vom Reisländer in der –Anl. 16- näher bezeichneten Burschen die Täter des Mordes bzw. am Mord beteiligt waren, so sind die Angaben desselben in sofern von Bedeutung als daß es sich hier um Burschen gehandelt hat, die Reisländer erkannt hätte.<br><br> | Sofern jene vom [[Personen: Reisländer Simon| Reisländer]] in der –Anl. 16- näher bezeichneten Burschen die Täter des Mordes bzw. am Mord beteiligt waren, so sind die Angaben desselben in sofern von Bedeutung als daß es sich hier um Burschen gehandelt hat, die Reisländer erkannt hätte.<br><br> | ||
Der Bruder des hier bezeichneten Reisländer, der 24 jährige Gütlerssohn Johann Reisländer in Westerbach, Nr. 43 wohnhaft, gab mir an, daß er Montag oder Dienstag, den 3. oder 4.April in Schrobenhausen zu tun hatte und das er bei dieser Gelegenheit den ihm persönlich bekannten Karl Bichler gesehen habe. Er trug gelbe Schuhe, war gut gekleidet und wollte nach Angabe des Buchdruckereibesitzers Franz Filsermayr in Schrobenhausen eine Landkarte kaufen.<br><br> | Der Bruder des hier bezeichneten Reisländer, der 24 jährige Gütlerssohn [[Personen: Reisländer Johann|Johann Reisländer]] in Westerbach, Nr. 43 wohnhaft, gab mir an, daß er Montag oder Dienstag, den 3. oder 4.April in Schrobenhausen zu tun hatte und das er bei dieser Gelegenheit den ihm persönlich bekannten Karl Bichler gesehen habe. Er trug gelbe Schuhe, war gut gekleidet und wollte nach Angabe des Buchdruckereibesitzers Franz Filsermayr in Schrobenhausen eine Landkarte kaufen.<br><br> | ||
Der Buchdrucker Filsermayr wurde durch den [[Ermittler: Kollmer Johann | Krim. Sekr. Kollmer]] zur Sache gehört und gab er ihm an, daß am Montag, den 4 v.M. in den Vormittagsstunden zu ihm in das Geschäft ein Bursche kam und eine Reisekarte von der Oberpfalz haben wollte. Nachdem er Karten überhaupt nicht führt verwies er ihn an die Buchhändlerin Maria Hieber. Ob er dort die gewünschte Karte bekommen hat, vermochte Filsermayr nicht anzugeben.<br><br> | Der Buchdrucker Filsermayr wurde durch den [[Ermittler: Kollmer Johann | Krim. Sekr. Kollmer]] zur Sache gehört und gab er ihm an, daß am Montag, den 4 v.M. in den Vormittagsstunden zu ihm in das Geschäft ein Bursche kam und eine Reisekarte von der Oberpfalz haben wollte. Nachdem er Karten überhaupt nicht führt verwies er ihn an die Buchhändlerin Maria Hieber. Ob er dort die gewünschte Karte bekommen hat, vermochte Filsermayr nicht anzugeben.<br><br> | ||
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Filsermayr beschreibt den Burschen etwa 20 Jahre alt, 1,70 m groß, schlank, längliches Gesicht, trug braunen Anzug, hoch geschlossen mit Gürtel, gelb-grüne Sportmütze und graue Wickelgamaschen. Er sah sehr verkommen aus und machte ihm einen schlechten Eindruck.<br><br> | Filsermayr beschreibt den Burschen etwa 20 Jahre alt, 1,70 m groß, schlank, längliches Gesicht, trug braunen Anzug, hoch geschlossen mit Gürtel, gelb-grüne Sportmütze und graue Wickelgamaschen. Er sah sehr verkommen aus und machte ihm einen schlechten Eindruck.<br><br> | ||
Die Buchhändlerin Maria Hieber erklärte, daß sie sich nicht mehr entsinnen könne, ob an diesem Tage von einem Burschen nach einer Karte von der Oberpfalz gefragt wurde.<br><br> | Die Buchhändlerin Maria Hieber [1] erklärte, daß sie sich nicht mehr entsinnen könne, ob an diesem Tage von einem Burschen nach einer Karte von der Oberpfalz gefragt wurde.<br><br> | ||
Wie ich bereits in meiner Anzeige vom 28.4.22 angeführt habe und dies auch aus den Angaben des [[Orte: Waidhofen#Einwohner (ansässige Familien)|Greppmeier]] –Anl. 8- hervorgeht, verkehrte Karl Bichler sehr viel mit dem ehemal. Schmiedlehrling, späteren Gehilfen Georg Mader, geb. 20.12.03 in München. Außerdem brachte ich noch in Erfahrung, daß er mit einem Kulturarbeiter “Hugo“, näheres bis jetzt unbekannt, der von Amerika gekommen sein soll, Verkehr hatte. | Wie ich bereits in meiner Anzeige vom 28.4.22 angeführt habe und dies auch aus den Angaben des [[Orte: Waidhofen#Einwohner (ansässige Familien)|Greppmeier]] –Anl. 8- hervorgeht, verkehrte Karl Bichler sehr viel mit dem ehemal. Schmiedlehrling, späteren Gehilfen Georg Mader, geb. 20.12.03 in München. Außerdem brachte ich noch in Erfahrung, daß er mit einem Kulturarbeiter “Hugo“, näheres bis jetzt unbekannt, der von Amerika gekommen sein soll, Verkehr hatte. | ||
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== Offene Fragen/Bemerkungen == | == Offene Fragen/Bemerkungen == | ||
* '''Nicht korrekte Datumsangabe:''' Im Abschnitt über den Dienstknecht Andreas Schreier taucht zweimal die Datumsangabe "Januar 1920" auf und es wird gleichzeitig darauf hingewiesen, dass zu diesem Zeitpunkt die auf Hinterkaifeck beschäftigte Dienstmagd schwanger gewesen sei. Tatsächlich gab es eine ehemalige Dienstmagd, von der wir wissen, dass sie auf dem Hof ein Kind zur Welt brachte, und zwar war das Kreszenz Rieger, deren Tochter im März 1921 zur Welt kam.<br>Es liegt also nahe, dass Schreier nicht im Januar 1920 sondern erst im Jahr darauf auf Hinterkaifeck war. Die Diskussion zu diesem Punkt finden Sie in unserem [http://forum.hinterkaifeck.net/index.php?topic=4250.msg76047#msg76047 Forum] (Registrierung erforderlich). | |||
*[1] Bei der genannten Buchhändlerin Maria Hieber handelt es sich um die Mutter von [[Personen: Hueber August|August Hueber]]. Sie führte nach dem Tod ihres Mannes die Buchhandlung in Schrobenhausen Haus-Nr.228. Die Buchhandlung Hueber ist die Einzige des Namens in Schrobenhausen und auch so ist sie in dem Einwohnerverzeichnis (ca. 1920) erwähnt. | |||
Die Schreibweise der Namen in diesem Protokoll sind nicht immer korrekt. Reisländer wird mit "ß" geschrieben. In der Kriegsstammrolle seines Bruders von Simon Reisländer ist die Unterschrift, ohne Zweifel nur mit "s" hinterlegt. | |||
Auch die Diskussion zu diesem Punkt finden Sie in unserem [http://forum.hinterkaifeck.net/index.php?topic=4250.msg76047#msg76047 Forum] (Registrierung erforderlich). | |||
*Quelle für Kriegstammrollen: [http://www.ancestry.com (Quelle: Ancestry)] |