Sachverhalte: Der falsche Erbschein von 1915
Was?
Der nach dem Tod von Karl Gabriel ausgestellte Erbschein vom 09.02.1915 erwies sich als fehlerhaft und wurde nach den Morden korrigiert.
Vorgeschichte
Im Ehe-und Erbvertrag hatte das Ehepaar Gabriel keine Regelung für Erbfälle getroffen, weshalb bei Karl's Tod das gesetzliche Erbrecht angewandt wurde.
Grundlagen
Nach gültigem Recht hätte ihn seine Tochter Cäzilia auch bei den Immobilien zu ¾ und seine Witwe zu ¼ beerbt.
Vorgänge
Am 09.02.1915 wurde ein Erbschein ausgestellt indem Viktoria Gabriel die Alleinerbin ihres verstorbenen Mannes war. Allerdings beantragte die Witwe noch am gleichen Tag die Abgabe der Akten an das hiesige Notariat zur Beurkundung der Hypothekenbestellung für das Vatergut von Cäzilia. Dieser Wert entsprach zwar dem ihr zustehenden Erbteil. Mitbesitzerin auf dem Anwesen das ihrem Vater zur Hälfte gehörte und das ihr nun eigentlich zu 3/8 gehörte wurde sie nicht. Ihre Mutter stand ab 03.07.1915 als Alleineigentümerin im Grundbuch, für Cäzilia wurde am gleichen Tag eine Hypothek ohne Brief für ihr Vatergut, das dem Geldwert von 3/4 des Erbes entsprach im Grundbuch eingetragen.
Einzelheiten zur Erbsache Karl Gabriel
- 13.01.1915: Viktoria meldete Karls Tod dem Standesamt Hohenwart vermutlich an diesem Tag (Die„Todesanzeige“,ein zweiseitiger Vordruck ist mit diesem Datum datiert).
- 15.01.1915: die Witwe wird vom Amtsgericht Schrobenhausen für den Dienstag 9. Februar 1915 Vormitt. 8 1/2 Uhr zur Eröffnung mit ihrem Ehevertrag und dem Kataster vorgeladen.
- 09.02.1915: Viktoria erscheint beim Nachlaßgericht, sie nimmt die Erbschaft an und gibt u.a. an, daß eine weitere letztwillige Verfügung neben dem Ehe- und Erbvetrag nicht vorliegt.
Noch vor der Vermögensaufnahme ist vermerkt:
Als solches ist vorhanden:
Das Haus Nr 27 ½ in Gröbern welches samt Vieh,Fahrnis und Einrichtung wertet:
An Schulden sind vorhanden:
Wert des Leibgedings meiner Eltern (18x500)
Kurrentschulden
Es ergibt sich demnach ein beiderseitiges Gesamtvermögen von 2 450 M und bildet die Hälfte hiervon zu 1 225 M den Reinnachlaß.
Ich die Witwe beantrage Abgabe der Akten an das hiesige Notariat zur Beurkundung der Hypothekenbestellung für das Vatergut des minderjährigen Abkömmlings auf dem bezeichneten Anwesen.
Es wird hiermit bezeugt, dass der am 12. Dezember 1914 in Neuville verstorbene
verheir. Gütler Karl Gabriel von Hinterkaifeck aufgrund Ehe-und Erbvertrags,
beurkundet vom k . Notariate dahier am 11. März 1914 unter R. Nr. 399-
ausschließlich von seiner Wittwe Viktoria Gabriel in Hinterkaifeck beerbt worden ist.
KGL. AMTSGERICHT
- 03.03.1915: unter diesem Datum befindet sich ein Vermerk, das Viktoria Gabriel auf den 19.03.1915 erneut vorzuladen ist, weil von Seiten des Vaters des Erblassers sei angegeben worden, daß 2000 M Pfandbriefe und 600 M. Bargeld da wären und das keine Currentschulden bestünden.
- 19.03.1915: Viktoria gibt in dieser „2. Anhörung“ dann folgendes an: „Als mein Mann ins Feld rückte, war wohl ein größerer Geldbetrag da, derselbe ist in
Folge der hernach erwachsenen größeren Ausgaben aufgezehrt worden." Nun folgen die berichtigten Angaben zum ehelichen Vermögen, Pfandbriefe für 2 000 M mit 4% verzinslich, Kurrentschulden zu 550 M.
Der ermittelte Nachlaß vom 09.02.1915 wurde korrigiert:
Besitz (Anwesen und Pfandbriefe)
-Schulden (Leibgedinge und Currentschulden)
Gesamtvermögen:
die Hälfte hiervon als Reinnachlaß
der Anteil des Kindes hiervon ist 2665 x ¾ = 1998 M
das im Grundbuch eingetragene Vatergut der Cäzilia Gabriel betrug 2000 Mark
Folgen
Dadurch das Karl Gabriel mit der Heirat auch Miteigentümer des Hofes wurde, wäre seine Tochter nach seinem Tod zu 3/8 Hofeigentümerin gewesen. Nach den Morden klagte Cäzilias Großvater, da er u. a. in der Kleidung seiner Enkelin einen Beweis gesehen hatte, dass sie nach ihrer Mutter verstarb, er in ihr die alleinige Erblasserin und in sich den Alleinerben sah. Diese Klagen hatten lediglich den Erfolg, daß der im Februar 1915 ausgestellte Erbschein am 11.09.1922 korrigiert wurde!
Niederschrift in der Nachlaßsache des Karl Gabriel I.Der Erbschein vom 9.Februar 1915 wird als unrichtig eingezogen. Derselbe ist mit roter Tinte zu durchstreichen. Erbschein
Es wird hiermit bezeugt, daß der am 12.Dezember 1914 in Neuville verstorbene Gütler Karl Gabriel von Hinterkaifeck auf Grund Gesetzes von seiner Witwe Viktoria Gabriel in Hinterkaifeck zu 1/4 - einem Viertel.- und von Zäzilie Gabriel, Gütlerstochter in Hinterkaifeck zu 3/4 - drei Viertel - beerbt worden ist.
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Offene Fragen/Bemerkungen
Quellen/Herkunft
Nachlassakte Karl Gabriel im Staatsarchiv München Signatur AG Schrobenhausen 1914/188