Ermittlungsstrang: Der Verdacht gegen die Gebrüder Kagerbauer

Personenbeschreibung

Zeitraum der Ermittlungen im Fall Hinterkaifeck

1924

Wodurch entstand der Verdacht?

Staatsanwalt Pielmayer schreibt über die Brüder Kagerbauer im Bericht vom 10.04.1924, dass nach deren Verhaftung wegen des Verdachts des Raubmords auch eine mögliche Tatbeteiligung zu Hinterkaifeck überprüft wurde.

Aktenbezüge

Im Bericht des Staatsanwalt Pielmayer 10.04.1924 ist von Erhebungen gegen die Brüder Kagerbauer zu lesen, die zu keinem Erfolg führte.

Einschätzung der Polizei zum Fall Hinterkaifeck

Die durchgeführten Erhebungen brachten nur Entlastendes.

Kriminelle Vorgeschichte

Die Ermittlungen gegen die Gebrüder Kagerbauer begannen damit, dass Otto Kagerbauer im Januar 1924 seinen Bruder Karl gewaltsam aus dem Gefängnis befreien wollte und dabei festgenommen wurde. Karl Kagerbauer befand sich wegen dem Verdacht sein uneheliches Kind -welches spurlos verschwunden war- getötet zu haben in Untersuchungshaft und war zu diesem Zeitpunk bereits nach Landhut verlegt worden.
Im anschließenden Verhör gestand Otto Kagerbauer, dass er und sein Bruder Karl 1922 zwei Morde begingen nämlich: am Gastwirt Paul Faltermaier von Katharinenzell und am Zimmermann Josef Schreck von Mauern. Die beiden Geständnisse wiederholte er auch bei der richterlichen Einvernahme. Nach der Festnahme und bei der Einlieferung auf dem Transport nach Landshut legte Otto Kagerbauer nach, und legte ein weiteres Geständnis ab. Demnach habe er am 20.10.1920 die Gütlerswitwe Katharina Mayerthaler auf der Einöde Georgenschwaig ermordet und danach deren Anwesen angezündet.
Im weiteren Verlauf gestand Otto K. noch weitere vier Morde sowie eine Brandstiftung, die er teils allein teils zusammen mit seinem Bruder beging.
Als er seinen 8. Mord -den an einer Mutter von sieben Kindern- gestand wurden offenbar erstmals Zweifel laut, ob er wirklich ein Massenmörder ist, oder ob er den Eindruck eines Geisteskranken erwecken möchte. Das Täterwissen schloss die letztgenannte Möglichkeit allerdings aus, dennoch wurde er nach München-Stadelheim überwiesen, um dort seinen Geisteszustand untersuchen zu lassen.

Chronologie der Verbrechen

Die allgemeine Zeitung hat bereits am 05.02.1924 einen Artikel über die kriminelle Laufbahn des Otto Kagerbauer veröffentlicht in welchem die von ihm gestandenen Verbrechen chronologisch niedergeschrieben sind.

Detailinformationen

Datum

05.02.1924

Ort

München

Art des Dokumentes

Zeitungsbericht

Verfasser

Allgemeine Zeitung

Verfasst für

Allgemeine Zeitung, Süddt. Tagblatt

Verfügbar

Zeitungsarchiv

Inhalt

Der Massenmörder Kagerbauer
Ein Verbrecher wie er glücklicherweise selten ist, ein Teufel in Menschengestalt, ist mit dem Massenmörder Kagerbauer dingfest gemacht worden. Ueber seine Untaten, sein Raffinement, seinen Zynismus schreibt das .Freisinger Tagblatt":
Seine Verbrecherlausbahn begann Kagerbauer mit einer Brandstiftung, indem er am Samstag, den 18. Oktober 1919. das Anwesen des Ökonomierates Schweiger anzündete, wodurch die Viehstallung und ein großer Stadel mit allen Fahrnissen bis auf die Grundmauern eingeäschert wurde. AIs Grund hierfür gibt er an, daß er sich geärgert hätte, wie dieser Mann infolge, der Kriegsverhältnisse zu Geld gekommen sei, während andere hätten darben müssen.
Seine Mordtaten haben sich dann in folgender chronologischer Reihenfolge abgespielt:
Am 30, Januar 1920 setzte Kagerbauer seine Verbrecherlaufbahn mit der Ermordung der Oekonomenswitwe Therese Besl im Stadtteil Lerchenfeld fort.
In der folgenden Zeit ermordete er an der bayerisch-badischen Grenze einen Gutsbesitzer. Ueber Zeit und Ort vermag er keine näheren Angaben zu machen. Wohl aber so behauptet er, hätte ihm dieser Fall das meiste Geld eingetragen.
Am 5. Oktober 1920 ermordete er in ihrer Behausung in Viecht bei Landshut die Bauersfrau Therese Hummel auf gleiche Weise wie die Besl. Man fand die Frau mit durchschnittenem Halse auf.
Am 20, Oktober 1920 äscherte er das Anwesen der Gütlerswitwe Katharina Mayerthaler auf der Einöde Georgenschwaige (Gemeinde Niederambach) ein. nachdem er sie auf gleiche Weise wie die beiden anderen Frauen ums Leben brachte. Wir haben darüber anläßlich des ersten Geständnisses Kagerbauers bereits berichtet.
Am 11. Nov. 1920, abends 8 Uhr. streckte er den Müller Ratthofer von Dietersdorf (Bez. Landshut), der auf das Bellen seines Hundes die Türe zur Nachschau geöffnet hatte, mit drei Schüssen nieder, verletzte dessen Frau durch Messerstiche am linken Arme, und ging dann unter Mitnahme non 4000 Mark flüchtig. Hier stimmen seine Angaben nicht ganz mit der Tataufnahme überein. Der Fall bedarf noch der weiteren Klärung.
Am 3. Febr. 1922 verletzte Kagerbauer zusammen mit seinem Bruder den Ökonomen M. Huber von Niederhummel bei einem Eindruchdiebstahl durch mehrere Revoloerschüsse tödlich,Huber erlag dann am darauffolgenden Tage seinen erlittenen Verletzungen.
Am 18. Juni 1922 brachten die Gebrüder Kagerbauer den Wirt Faltermeier von Katharinenzell durch Erschießen ums Leben.
Am 20. Sept. 1922 erschossen sie in Gemeinschaft den Zimmermann Schreck von Mauern auf der Heimfahrt von Moosburg in der Nähe Thalbachs bei Moosburg.
Als nicht ganz 20 jähriger Mensch verübte K sein erstes Verbrechen. Er besuchte nach Beendigung der Volksschule längere Zeit die Maschinenbauschule in Landshut. Er war während des Krieges weder im Felde noch beim Militär eingezogen.
Otto Kagerbauer macht zunächst den Eindruck eines stupiden, verschlagenen Menschen. Sobald er jedoch zu denken und sprechen beginnt, erkennt man in ihm sofort den intelligenten und zugleich boshaften Charakter.
Um den Mord der Besl zu verschleiern, schrieb er an dir hiesige Polizei drei Briefe, die sein Raffinement klar zutage treten lassen. Zwei davon waren in braunem Tütenpapier als Umschlag versehen. Sie lauten:

„An die hochlöbliche Polizei Freising. Die Sie bis jetzt einzogen wegen dem Raubmord, sind sich der Schuld nicht bewußt. Wir aber können uns rühmen, eine solche Tat auszuführen und bis jetzt noch nicht aufgekommen zu sein. Von uns zwei geschrieben.
H. B. H. B."
An die Polizei Freising. Hat die hochlöbliche Polizei, den Täter schon? Täter schon längst verschwunden. Beihilfe aber noch da.
H. B. H. B."

Die dritte Mitteilung auf blauen Kartenbrief geschrieben, mit Poststempel Feldkirchen b. München vom 31. 3. 20 versehen, bringt eine Verwandte der Besl in Zusammenhang mit der Tat und fordert die Polizei auf diese zur Untersuchung in Gewahrsam zu nehmen.
Als Grund für alle seine Mordtaten gibt er an, er hätte wenig gehabt, hätte sich selbständig machen wollen und hätte überall, besondcrs aber in den Wirtschaften gesehen, wie andere gezecht und gepraßt sowie das Geld mit vollen Händen hinausgeworfen hätten. Er hätte Geld gebraucht und deshalb sei er diese abschüssige Bahn gewandelt.

Quellen:

Bericht Staatsanwalt Pielmayer 10.04.1924
Ingolstädter Volksblatt ; Freie Presse vom 28. Januar 1924
Rosenheimer Anzeiger : Tagblatt für Stadt und Land vom 26./27. Januar 1924
Ingolstädter Anzeiger : Ingolstädter Volksblatt ; Freie Presse vom 5. Februar 1924
Münchner neueste Nachrichten : Wirtschaftsblatt, alpine und Sport-Zeitung, Theater- und Kunst-Chronik vom 26.01.1924
Rosenheimer Anzeiger : Tagblatt für Stadt und Land vom 02.02.1924/03.02.1924
Rosenheimer Anzeiger : Tagblatt für Stadt und Land vom 14.02.1924 Grafinger Zeitung : Heimatblatt für den Bezirk Ebersberg vom 09.05.1924