Bericht des Kriminalsekretär Johann Kollmer

Quelle

Staatsarchiv München/ Pol. Dir. München 8091b

Detailinformationen

Datum

22. Mai 1922

Ort

Waidhofen

Autor/Funktion

Johann Kollmer, Kriminalsekretär

Inhalt

Bericht des Kriminalkommissärs Neuss
an die Polizeidirektion München


Polizeidirektion München
Waidhofen, den 22. Mai 1922

Fahndungsabteilung


An
den Herrn I. Staatsanwalt
beim Landgerichte
Neuburg a.D.


Betreff: Raubmord in Hinterkaifeck.

Auftragsgemäss begab ich mich am 20. Mai 22 vorm. 8.50 Uhr nach Waidhofen um an Hand der von dem Gerichtssekretär Xaver Dersch in Waidhofen bei der Polizeidirektion München gemachten Angaben die erforderlichen Erhebungen zu pflegen.
Wie aus dem beiliegenden Protokollen zu entnehmen ist, ergaben die Erhebungen, dass an den in Betracht kommenden Gerüchten nichts Wahres dara ist und dass es sich lediglich um leeres Biertischgerede handelt, bei dem die Schwätzer die Tragweite ihrer unsinnigen Reden nicht erblicken konnten.
Was den Taglöhner Josef Reil von Sandiszell anbelangt, so wurde er allgemein als ein Mensch bezeichnet, der es mit der Arbeit nicht recht hat und gerne dem Trunke huldigt. Sein Unterkommen verschafft er sich durch Gelegenheitsarbeiten, Handel u. dgl. Es wurde ihm auch das Zeugnis ausgestellt, dass er es auch mit dem fremden Eigentum nicht genau nehmen sollte, insbes. wenn es leicht sein kann, doch konnten mir keine Beweise hiefür erbracht werden, sodass ich es nur als Vermutung seitens der Leute betrachte. Ob er als Täter oder Mittäter oder Wisser in Betracht kommen könnte, hierüber gingen die Anschauungen bei den Leuten auseinander, Im allgemeinen wird er für zu dumm und feig gehalten, dass er sich an der Tat irgendwie beteiligt hätte.

Die bei den Bauern Thaler in Kaifeck aufgetauchten 2 Manns- und 1 Frauensperson sind nicht zu ermitteln gewesen.
Wie mir Thaler noch nachträglich mitteilte, haben sie seinerzeit nach ihrem Weggange von ihnen in Gundersdorf bei dem Gastwirt Michael Zeller übernachtet und dürften aus dem dortigen Fremdenbuch evtl. zu ermitteln sein. Die weiteren Erhebungen werden hierin fortgesetzt.

Auf Grund telefonischer Mitteilung der Polizeidirektion München (Hr.Kr.O.J.Reingruber) von heute vormittags an die Gendarmeriestation Hohenwart betr. der Anzeige der Kriminalpolizei Ingolstadt begab ich mich unverzüglich nach Wangen um die nötigen Erhebungen zu pflegen.

Bürgermeister Greger in Wangen, der als die geeignetste und zuverlässigste Person in Betracht kommt, erklärte mir auf Befragen zur Sache, dass der z.Zt. auf dem Einödhof Hinterkaifeck befindliche Bruder des Ermordeten Gruber, der verh. Gütler Bernhard Gruber von Strobenried nicht im Enfterntesten weder als Beteiligter noch Wisser an dem Morde in Frage kommt.

Greger kommt fast jeden über anderen Tag auf den Hof um dort die nötigen Arbeiten zu erledigen, wobei er stets mit Gruber zu tun hat. Bis jetzt ist ihm noch nicht im Geringsten aufgefallen, dass Gruber sich in seinem äusseren Benehmen in irgend einer Weise auffällig benommen hätte, sei es durch Lustigkeit oder sonstwie. Im Gegenteil jammert ihm Gruber jedesmal vor, dass er nun bald den Tag der Teilung herbeisehne, dass er wieder seine Ruhe habe und wieder auf seinen Hof zurückkomme. Gruber besitzt nämlich selbst einen schuldenfreien Anwesen mit 25 Tgw. Grund. Er ist verheiratet und hat 5 erwachsene Kinder, wovon bereits eine Tochter verheiratet ist und ein Sohn z.Zt. in seiner Abwesenheit den Hof zuhause bewirtschaftet. Gruber, sowie seine Angehörigen sind sehr religiös veranlagt.

Die sonst noch erforderlichen Erhebungen werden noch betätigt und deren Ergebnis durch Nachtragsanzeige berichtet.

gez. Kollmer Krim. Sekretär

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