Aussagen: 1922-04-05 Sigl Jakob

Quelle

Staatsarchiv Augsburg

Detailinformationen

Datum

05.04.1922

Ort

Hinterkaifeck

Zugegen

Jakob Sigl
Georg Reingruber

Inhalt

Aussage von Jakob Sigl, Auffindzeuge


Waidhofen 05.04.22

Betreff: Mord an der Bauernfamilie Gabriel in Kaifeck hinter Gröbern.


III. Person:
Erscheint der verheiratete Gütler Jakob Sigl, 30 Jahre alt, wohnhaft in Gröbern Hs. No.27 u. erklärt zur Sache wie folgt:
Am Dienstag den 4.4.22 nachm. gegen 5 Uhr kam in mein Haus der Schlittenbauer u. sagte zu mir, beim Gabriel müsste etwas los sein, entweder haben die sich aufgehängt oder es ist etwas anderes los.

Ferner erwähnte er noch, dass der Monteur, der den Motor bei Gabriel herrichtete, auch niemand treffen noch hören konnte. Auf Grund dessen ersuchte mich nun Schlittenbauer, mit ihm und dem Pöll mit in das Haus zu Gabriel zu gehen. Gegen 5 Uhr nachm. kamen wir dann am Hause an, fanden alle Türen, mit Ausnahme des zum Maschinenhaus führenden, verschlossen vor. Wir begaben uns dann in das Maschinenhaus u. sprengten dort gewaltsam das Scheunentor auf.

Beim Eintritt in die Scheune bemerkte Schlittenbauer als Erster durch die geöffnete Stalltür ein losgebundenes Rind. Schlittenbauer ging voraus, ich folgte ihm u. Pöll wiederum hinter mir.

Schlittenbauer stieg über ein Brett zur Stalltür. Ich folgte ihm unmittelbar nach u. stieß mit meinem Fuß an etwas an. Ich glaubte es war ein Fuß von einem am Boden liegenden Kalbe. Daraufhin erklärte Pöll: „Da habt´s ihn schon, das ist der Gruber.“ Auf dieses hin ging Schlittenbauer wieder zurück, packt den Fuß an u. zog ihn hervor, Schlittenbauer nahm das Brett, welches über die am Boden liegenden Leichen gebreitet und mit Heu zugedeckt war, weg u. gewahrten nun, dass 4 Leichen am Boden lagen.

Schlittenbauer sagte dann: „Wo wird denn dann mein Buberl sein“. Ich und Pöll verließen die Scheune hierauf, während Schlittenbauer sich durch den Stall in das Innere des Hauses begab. Er öffnete uns dann die östliche Eingangstür zum Hause. Hierauf begaben wir uns in das Schlafzimmer, wo wir die Wahrnehmung machten, dass auch der 2 ½ jährige Josef Gabriel in seinen Kinderwagen erschlagen gelegen war.

Vom Schlafzimmer dann gingen wir in die Küche, wo ich sofort am Boden ein Bett (Anna. Bettdecke) liegen sah, aus dem 2 Schuhe hervorschauten. Dies teilte ich alsgleich auch dem Schlittenbauer als auch dem Pöll mit. Schlittenbauer zog hierauf das Bett weg, dabei gewahrten wir eine weibliche Leiche. Schlittenbauer sagte sofort: „Das ist eine Fremde“. Ich und der Pöll entfernten uns nun aus dem Hause, während Schlittenbauer so viel ich weiß zurück blieb und das Vieh fütterte.

Später kamen dann mehrere Leute der ganzen Umgegend an das Haus von Gabriel. Ich kümmerte mich um nichts weiter mehr. Soviel ich weiß, wollte Schlittenbauer die Viktoria Gabriel heiraten u. zwar zu der Zeit, als er der Vater des außerehel. Kindes Josef Gabriel vor 2 Jahren ca. wurde. Die Ehe verhinderte, wie mir Schlittenbauer selbst einmal erzählte, der alte Gruber Andreas. Dieser soll sich geäußert haben, wenn die Heirat zwischen seiner Tochter u. dem Schlittenbauer zu Stande komme, dann verlasse er das Haus. Die letzte Zeit war Gruber mit Schlittenbauer nicht mehr in Feindschaft. Ob Schlittenbauer das Haus Gabriel in letzter Zeit besuchte, kann ich nicht sagen. Die ganze Familie Gabriel waren sehr sparsame Leute u. arbeitsam.

Ich glaube auch, dass sie ziemlich vermögend waren. Ob Goldgeld oder Pfandbriefe im Besitz der Familie Gabriel waren, weiß ich nicht. Bemerken möchte ich, dass im Hause Gabriel ein sehr wachsamer Hund war. Diesen sperrten sie aber jeden Abend in den Stall ein, was auch am 4.4.22 beim Eindringen ins Scheunentor durch uns noch der Fall war. Einen bestimmten Verdacht auf den Täter kann ich nicht machen. Jedoch hörte ich von einem gewissen Josef Schrätzenstaller ca. 25 Jahre alt, in Gröbern wohnhaft, dass Gabriel auf Lichtmeß d. i. der 2.2. einen Knecht in Dienst genommen habe. Wie langer er bedienstet war kann ich nicht sagen, ich selber habe diesen überhaupt nicht gesehen. Der Gabriel soll zu dem Schrätzenstaller einmal gesagt haben, wenn ich sage wo ich her bin, dann lacht ihr mich aus. Sonst vermag ich zur Sache nichts anzugeben.

Verbindung zum Mordfall Hinterkaifeck

Jakob Sigl war einer der Auffindezeugen.
Am 10.01.1952 machte Sigl eine weitere Aussage und wurde am 30.05.1952 noch einmal vernommen.

Fragen/Bemerkungen