Wissen: Das altbayerische Donaumoos
Was
Das altbayerische Donaumoos ist eine Niederung südlich der Donau in Bayern, im Dreieck zwischen Ingolstadt, Neuburg an der Donau und Pöttmes. Ursprünglich war es das größte bayerische Niedermoor. Das ursprünglich rund 20.000 Hektar große Donaumoos wurde 1790 mit eigenem „Kulturmandat“ des Kurfürsten Karl Theodor (1724-1799) trockengelegt, um die damalige „desolate Landwirtschaft“ zu optimieren und den Bauern eigenes Land zuzuweisen.
Historie
Trockenlegung
Auf Geheiß von Kurfürst Karl Theodor der Bayern 1777 - als die bayerische Linie der Wittelsbacher ausstarb -erbte begann man ab dem Frühjahr 1790 mit der Urbarmachung.
Das Donaumoos zählte im Jahre 1777 zu fast 2/3 des Landes, die landwirtschaftlich nicht genutzt wurden, unbesiedelt und unfruchtbar waren. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts begannen die Menschen die Moore zu kultivieren. Das geschah auch im Donaumoos, das bis dahin nicht genutzt worden war.
Im Frühjahr 1790 wurde nach langen Planungen mit der Austrocknung begonnen. Eigentlich war vorgesehen, daß das Militär dort die Gräben im Akkord aushebt, allerdings wurde bereits im 1. Jahr bemerkt, dass das zu teuer ist. Um Kosten einzusparen, wurde nun versucht soviele Arbeiter wie nur möglich zu bekommen. Dies geschah durch:
- Freiwillig sich Meldende, wovon die Wenigstnehmenden in Akkord für alle Kanal- Arbeiten beschäftigt wurden
- für geringe und leichte Nebenarbeiten wurden einige hundert Kinder der benachbarten Ortschaften beschäftigt, wovon jedes des Tages 12 kr. erhielt
- Für die schweren Arbeiten, welche nicht in Akkord gegeben werden konnten, wurden aus allen Gerichten die eingezogenen Vaganten, oder geringer Verbrechen halber zur Zuchthaus-Strafe Verurteilte eingezogen, die genauso bezahlt wurden wie andere Tagwerker, und bei Entlassung den Überschuss in bar erhielten.
Siedler
Die Donaumoos-Kommission machte salopp gesagt „Werbung“ und bot dieses neue Land wo von der Kommission Häuser und Wirtschaftsgebäude teils auf Vorrat, teils nach Auftrag gebaut wurden mit Anreizen wie günstigste Grundstückspreise, Steuerbfreiung für mehrere Jahre, Wehrdienstbefreiung an.
1827 schrieb Maximilian Joseph Römer, königl. Landgerichts-Assessor in Rosenheim in „Geschichte des Bairischen Volkes; Geschichte, Geographie und Statistik des Baierlandes“
„Der Kurfürst selbst gab ein großes Beyspiel, als er das große Donaumoos troken legte. Dieses erstrekte sich in einer Ausdehnung von 8 Stunden zwischen der Paar und der Donau, zwischen Schrobenhausen und Neuburg, ein unfruchtbarer Grund, der nur dem Viehe eine schlechte und kargliche Nahrung darbot. Nachdem zwei Kanale zur Ableitung des Sumpfwassers gegraben waren , wurden die gewonnenen Streken neuen Anbauern, mit Befreiung von allem grund und lehnherrlichen Verbande, eigenthumlich überlassen. Eine Donaumoos - Kulturs-Gesellschaft , an deren Spize der Staats= und Conferenz- Minister Freiherr von Kreitmair und der Referendar von Stengel als Directoren , der Landesregierungsrath von Aretin und der Hofkammerrath Riedl als Commissarien standen , mit großen Privilegien ausgestattet übernahm das Geschaft der Grundevertheilung und suchte die Unkosten durch Actien zu deken . Allein was auch immer geschah , um das Loos der Kolonisten zu erleichtern , die unůberwindliche Undankbarkeit des Bodens vereitelte den größten Theil der Hoffnungen , die man von diesem großen und ruhmwürdigen Unternehmen zu machen berechtiget war. Mit ungeheuren Kosten wurden breite Kandle angelegt und mit Alleen bepflanzt, eine Landstrasse durch den Sumpf errichtet , der Lauf der Donau geändert und ihre Krümmungen abgestochen , um die erneuerte Uiberschwemmung des gewonnenen Bodens bei eintretendem Hochwasser zu verhindern , alle gesezlich ausgesprochenen Vortheile für Kulturanten wurden den Ansiedlern in doppeltem Maaße gewährt und neue hinzugefügt, sie blieben doch , bis auf den heutigen Tag , in einem Zustande von Armuth und burgerlicher Kraftlosigkeit , den Niemand beneidet. Denn nicht überall sind die Hindernisse vollständig zu besiegen. welche die Natur der Hand des Menschen entgegensezt . Noch schädlicher wirkte aber auf das Aufblühen der neuen Kolonien das in der Folge gegebene Gesez , daß übelberichtigte Menschen , Vagabunden und Gauner auf das Donaumoos verpflanzt wurden . Verbrecher und Fluchtlinge können auf diesem Wege nur dadurch zu fleißigen Menschen und ordentlichen Bürgern umgewandelt , wenn sie , von der übrigen Gesellschaft isolirt und auf sich selbst beschränkt , durch die physische Nothwendigkeit gezwungen werden , ihr Brod im Schweiße ihres Angesichts zu verdienen . Das Donaumoos war aber keine nordamerikanische Kolonie und keine Botany Bay; schlechte Menschen, in den Schooß rechtlicher Bürger ausgeworfen , konnten dem Anbau des Bodens , ihre Hände an ewigen Müssigang gwöhnt , nicht förderlich seyn , sie konnten nur das Eigenthum und die Sicherheit derjenigen unaufhörlich gefährden , die das Unglük hatten , in ihrer Nähe leben zu müssen.“
Karlskron entstand als erste der Siedlungen. Die ersten Häuser entstanden ab 1791 entlang der neuerbauten Moosstraße von Reichertshofen nach Lichtenau (heutige Hauptstr. in Karlskron).
Da man ja noch im 1. Jahr erkannte, dass die Kultivierung wesentlich teurer als gedacht kommen wird, und man mit einem „Plan B“ dagegen halten zu versuchte, und 1792 nun neben Vaganten auch Strafgefangene ins Moos verlegte wurde für letztere eine Eisenfronfeste ( für die im Moose arbeitenden „Zuchthäusler“) , sowie ein Carré für die Sträflinge gebaut.
Allerdings konnte auch diese Wirtschaft die Kosten ebenso wenig decken, wie die Gründung einer privaten Aktiengesellschaft und die daraus resultierende Abgabe der Grundstücke, die nun kleiner bemessen wurden. Man besaß buchstäblich „zu wenig, um zu leben, aber zu viel, um zu sterben“. Eine Familie mit damals durchschnittlich 5-10 Kindern besaß zwar ein Haus, bzw. Dach über dem Kopf und musste keine oder wenig Steuern bezahlen, das Stückchen Land mit teils schlechter Bodenqualität zum Bewirtschaften war aber zu klein, um alle satt zu bekommen.
Ab 1799 lockerte Kurfürst Max IV. unter dem Einfluss seiner lutherischen Gemahlin Karoline von Baden vorsichtig die strengen Religionsbeschränkungen. 1803 und 1818 wurden Religionsedikte erlassen, die evangelischen Bürgern die Ansiedlung und die Religionsausübung erlaubten. Da es in Bayern viele dünn besiedelte Gebiete, vor allem in Moosgegenden, gab, rief Kurfürst Max IV. um 1800 Siedler ins Land. Dieser ersten Welle folgte 20 Jahre später eine zweite, bei der sich die Siedler vor allem nach verwaisten Bauernhöfen und billigstem Grund umsahen und so auch nach Oberbayern kamen. Viele wanderten um 1818/20 aus dem Elsass und aus der Rheinpfalz, das von den Franzosen besetzt war, ein.
Durch die Koalitionskriege verarmte Pfälzer folgten dem Aufruf ebenso wie Paare, die anderswo keine Heiratserlaubnis erhielten (Bsp. Knecht & Magd) oder Menschen ohne ständisches Ansehen, am ständegesellschaftlichen Rand lebende Angehörige der sogenannten „unehrlichen Berufe“. Im Donaumoos verbliebenen mitunter auch die helfenden Strafgefangenen und Vaganten.
Heiratserlaubnis
Bis in die jüngste Neuzeit war das Eingehen einer Ehe für beide Geschlechter geboten, da Wohnraum wegen des Konkubinats nicht gemietet werden konnte, allerdings musste bis bis 1876 die Gemeinde ( in Städten Magistrat), Gilde oder Zunft die Ehe und Familiengründung erlauben. Maßgebend war dabei Vermögen oder Einkommen, mit dem das Paar in der Lage sein musste, eine Familie zu unterhalten. wichtig war den Gemeinden, dass die neugegründeten Familien wirtschaftlich einigermaßen abgesichert waren und die Gemeindekasse nicht für den Unterhalt einer unter Umständen großen Kinderzahl aufkommen musste. Nach 1876 mussten bestimmte Gruppen wie z. B. Soldaten und einige Beamte trotz des Gesetzes über die Beurkundung des Personenstands und der Eheschließung von 1876 noch um eine Heiratserlaubnis ersuchen.
unehrliche Berufe
Die Finanzierung
Aktiengesellschaft „Donaumoos – Kulturkommission“ mit
Direktor Freiherr von Stengel
Georg Freiherr von Aretin
Die ersten Siedlungen
| Ort | Fertigstellung ab | benannt nach | Größe | weiteres |
|---|---|---|---|---|
| Grasheim | 1795 | Kolonist Graßmeier | Am 28. Februar 1796 erbaute der vormalige Donaumoos-Aufseher Graßmeier als Kolonist auf Moorgründen, die ihm gratis überlassen worden waren, eine Hofstätte. | |
| Karlskron | Mai 1791 | Kurfürst Karl Theodor | ||
| Karlshuld | 1795 | Kurfürst Karl Theodor | ||
| Kleinhohenried | 1795 | zunächst bestehend aus den Einöden "Brandheim" und "Neuhohenried" | ||
| Klingsmoos | ||||
| Kochheim | 1795 | verm. Kolonist Koch | Einöde, die 1795 von einem Kolonisten namens Koch besiedelt wurde. Selbst 1804 war der erste Kolonist noch allein | |
| Ludwigsmoos | ||||
| Neuschwetzingen | ||||
| Obermaxfeld | 1795 | König Maximilian I. Joseph | ||
| Probfeld | 1791/1792 | “Probfeld“ Anbauversuche |
>100 Tagwerk | der kurfürstl. Forstkammerdirektor Johann Peter Kling erwarb auf eigene Kosten zunächst 60 und kurz darauf weitere 40 Tagwerk entwässerten Moorbodens. Auf eigenem Grund begann er Anbauversuche durchzuführen, um den Kolonisten Beispiel und Hilfestellung zur praktischen landwirtschaftlichen Nutzung des neu gewonnenen Kulturlandes zu geben. 1802 errichtete er ein Hofgut als Versuchsbetrieb auf seinem erworbenen Land und nannte es Probfeld. |
| Rosing | 1795 | |||
| Stengelheim | 1795 | Stephan Freiherr von Stengel | ||
| Untermaxfeld | 1795 | König Maximilian I. Joseph | ||
| Zitzelsheim | 1808 | Kolonisten Michael Zitzelsberger | ||
Probleme
Das neue Land wurde angepriesen, wie das ,,gelobte Land" was die Verantwortlichen zunächst selbst wohl auch glaubten, es dann leider aber nicht wurde. Hinzu kam, daß sich Direktor Stephan Freiherr von Stengel, verkalkulierte, und die Kultivierung teurer als gedacht wurde. Seine verhängnisvolle Idee war nun private Geldgeber für dieses Staatsprojekt zu finden und er gründete dafür eine Aktiengesellschaft. Die Leidtragenden waren am Ende die Kolonisten und neuen Siedler, deren Grundstücke immer kleiner bemessen wurden und gleichzeitig nun immer mehr Menschen auf einer geringeren Fläche wohnten. Diese hatten somit: „zum Sterben zu viel aber zu wenig um eine große Familie sorgenfrei durchzubringen."
Die Religionsedikte von 1803 und 1818 die evangelischen Bürgern die Ansiedlung und die Religionsausübung erlaubten, sowie der Auswanderungsdruck aus der linksrheinischen Rheinpfalz durch die jahrelange französische Besatzung brachten die Pfälzer Einwanderer ins Moos. Gekommen sind aber nicht die Reichen, sondern die mitellosen.
Letzten Endes lebten dort nun die ärmsten der Armen zu dicht besiedelt aufeinander und Konflikte blieben natürlich nicht aus. An dieser Stelle sei ohne Vorurteile auch darauf hingewiesen, daß Delikte wie z. B. Wilderei, Einbrüche, das damals noch strafbare Betteln tatsächlich aus der Not heraus begangen wurde und oftmals als der letzten Ausweg gesehen wurde, um die Familie satt zu bekommen.
Quellen
Aktenmäßige Donaumoos-Kulturs Geschichte, 1795 Georg Freiherr von Aretin
Video: Bayerische Hauslandschaften | 1994 : Kolonistenhäuser im Donaumoos