Wissen: Fingerabdrücke
im Aufbau
Was
Ein Fingerabdruck bzw. Daktylogramm ist individuell und einzigartig. Jeder Mensch hat ein unverwechselbares Muster von Hautleisten, das sich von dem jedes anderen Menschen unterscheidet, sogar von eineiigen Zwillingen.
Fingerabdrücke heißen bei Medizinern Papillarleisten. Sie befinden sich überall auf unserem Körper auf der obersten Hautschicht. An den Finger sind sie besonders ausgeprägt. Der Fingerabdruck wird daher in der Strafverfolgung benutzt.
Historisches
Alphonse Bertillon war ein französischer Kriminalist und Anthropologe. Das von ihm entwickelte anthropometrische System zur Personenidentifizierung wurde zu seinen Ehren später Bertillonage genannt.
Die Bertillonage ist ein anthropometrisches System zur Identifizierung von Personen anhand von Körpermaßen. Es handelt sich hierbei um ein biometrisches Erkennungsverfahren. Bertillon knüpfte an die äußere Erscheinung der Person an. Nach einem genau festgelegten Verfahren wurde mit Hilfe dazu entwickelter Spezialgeräte elf Körpermaße erhoben und die Messungen auf Karteikarten eingetragen. Anlässlich der Weltausstellung in Lüttich gab der Pariser Polizeipräfekt bekannt, dass in Paris bislang 12.614 rückfällige Straftäter durch das von Bertillon entwickelte System identifiziert wurden.
Das System wurde unter anderem in Großbritannien, Frankreich, den USA und Deutschland eingesetzt, jedoch wegen punktueller Ungenauigkeiten in der Identifikation und hohem Aufwand weltweit nach wenigen Jahrzehnten durch das mit wesentlich weniger Aufwand durchzuführende Fingerabdruckverfahren als Identifizierungssystem weitgehend abgelöst.
Bertillon war ein Gegner der Daktyloskopie (Fingerabdruckverfahren), die er für ungenau hielt. Trotzdem gelang ihm selbst 1902 die erste Identifizierung eines Mörders in Europa anhand eines Fingerabdrucks. Der Erfolg konnte Bertillon jedoch nicht umstimmen, der die Daktyloskopie weiterhin ablehnte und in der Folgezeit nur ungern über diesen Fall sprach.
Das Ende der Bertillonage kam mit dem spektakulären Diebstahl der Mona Lisa aus dem Louvre im Jahre 1911: Der Täter hatte sowohl auf einer Glasscheibe als auch auf einer Türklinke seine Fingerabdrücke hinterlassen. Wie sich bei Verhaftung des Diebes 1913 herausstellte, waren die Abdrücke bereits seit 1909 registriert, aber in den Tausenden nach Körpermaßen sortierten Karteikästen nicht gefunden worden. Genauso schnell, wie die Bertillonage zwei Jahrzehnte zuvor in vielen Ländern eingeführt worden war, schwenkte die Polizei nun um auf die leistungsfähigere Daktyloskopie.
1892 wurde in Argentinien erstmals ein Mord, ein doppelter Kindsmord durch die Mutter, rein aufgrund eines Fingerabdrucks aufgeklärt.
Juan Vucetich, ein argentinischer Kriminalist österreichischer Abstammung verließ nach seiner seiner Lehre als Böttcher seine Heimat Kroatien und zog nach Argentinien. 1888 wurde er in La Plata Angestellter der Landespolizei und ab 1891 Leiter der Statistikabteilung. Mit anthropometrischen Studien zur Täteridentifikation beauftragt, fiel ihm auf, dass kein Fingerabdruck dem anderen gleicht.
Am 29.06.1892 wurden in Necochea der sechsjährige Ponciano Carballo Rojas und seine vier Jahre alte Schwester Feliza ermordet. Die Mutter sagte aus der Nachbar Pedro Ramón Velázquez dessen Heiratsantrag sie ablehnte hätte ihre Kinder erschlagen, weil er Rache an ihr üben wollte. Die Meldung über den Mord erreichte La Plata (die Provinzhauptstadt) erst am 8. Juli. Polizeiinspektor Álvarez von der Zentralpolizei wurde nach Necochea geschickt, um die örtliche Polizei bei den Ermittlungen zu unterstützen. Álvarez untersuchte den Tatort, obwohl dieser schon „alt“ war. Nach einiger Zeit entdeckte er einen braunen Fleck an einer Schlafzimmertür, den er (nach sorgfältiger Untersuchung) als blutigen Fingerabdruck identifizierte.
Álvarez erinnerte sich an seine Ausbildung bei Juan Vucetich, entfernte den Teil der Tür mit dem Abdruck und kehrte mit dem Beweis nach La Plata zurück.
Zu diesem Zeitpunkt konnte der Nachbar aufgrund eines Alibis als Täter bereits ausgeschlossen werden, allerdings gab es im Umfeld der Mutter einen Freund, der geäußert haben soll, er würde sie heiraten, „wenn diesen beiden Gören nicht wären“.
Die Mutter musste daraufhin ihre Fingerabdrücke abgeben und konnte anhand dessen überführt werden. Konfrontiert mit dem Beweis brach sie zusammen und gestand die Tat.
Der Fall legte den Grundstein für die Überlegenheit von Fingerabdrücken zur Personenidentifizierung gegenüber der Anthropometrie . Infolge der Rojas-Morde war Argentinien das erste Land der Welt, das die Anthropometrie abschaffte und seine Strafregister ausschließlich auf der Grundlage der Fingerabdruckklassifizierung führte. Sein daraus resultierendes Klassifizierungssystem wird noch heute in vielen südamerikanischen Ländern verwendet.
Daktylogramme beim Erkennungsdienst der Polizeidirektion München
Historisches
1902 zu einer Zeit als in Deutschland die Registrierung der Verbrecher nach Fingerabdruckformeln noch völlig unbekannt war, wurde das Verfahren in einer Zeitschrift, der britisch-indischen Regierung von einer Sachverständigen-Kommission empfohlen.
Dr. Robert Heindl (1883-1958), Jurist und Kriminologe besorgte sich das o. e. Gutachten: ” Calcutta 1897: Report of committee to examine into the system of identification by finger impressions by C. Strahan and A. Pedler.”
und erkannte die ungeheurere Bedeutung der Daktyloskopie für die Kriminalistik, deshalb besorgte er sich eine auszugsweise Übersetzung des Gutachtens und sandte diese zusammen mit der ihm gleichzeitig zugegangenen offiziellen Darstellung des sogenannten „Henry schen Registrierverfahrens“ dem Chef der Münchener Kriminalpolizei. Eine Antwort erhielt er damals nicht.
Von 1904-1906 erweiterte Heindl seine Kenntnisse durch praktische Versuche auf dem Gebiet der Tatortdaktyloskopie in Lausanne unter der Leitung von Professor Dr. R. A. Reiss. Danach sammelte er Arbeitspraxis in London unter Sir Edward Henry dem Chef von Scotland Yard.
Als sich Dr. Heindl 1907 am die Polizei in München wandte, konnte er zwar mit praktischen Erfahrungen argumentieren, dennoch gelang es ihm erst im Folgejahr den damaligen Polizeipräsidenten Julius Freiherr von der Heydte, sowie den bayrischen Minister des Innern Friedrich v. Brettreich für seinePläne zu gewinnen.
1908 durfte er detaillierte Organisationsvorschläge zu einer „Daktyloskopischen Landeszentrale für das Königreich Bayern" ausarbeiten, die dann von Dr. Harster ausgebaut und geleitet wurde. So entstand der zweite deutsche Landeserkennungsdienst mit einem lückenlos durchgeführten Netz von daktyloskopischen Aufnahmestellen. (Polizeipräsident Koettig, damals Chef der Dresdener Kriminalpolizei, erkannte die Richtigkeit und Wichtigkeit der in dem Gutachten enthaltenen Ausführungen und empfahl seiner vorgesetzten Behörde in einem Bericht vom 30. März 1903 die Einrichtung einer Fingerabdruckregistratur. So entstand die erste deutsche daktyloskopische Landeszentrale. Im ganzen Königreich Sachsen wurden daktyloskopische Aufnahmestellen eingerichtet und in Dresden eine Sammelstelle gebildet)
Die Registratur für Fingerabdrücke die. trotzdem die Kosten der Einrichtung nur 1400 M betrugen, zur Aufnahme von 190.000 Karten ausreicht, trat mit dem 1. Juli 1909 ins Leben und seitdem werden von allen Personen, die wegen strafbarer Handlungen auf der Polizei vorgeführt werden und in Haft behalten werden Fingerabdrücke genommen.
Statistik über die Tätigkeit der bayerischen Landestelle für Fingerabdrücke
Die Sammlung der Fingerabdruckblätter entstanden durch „Außenstellen“ (Gendarmeriestationen) im ganzen Königreich Bayern und wurden in München gesammelt bzw. archiviert.
Die Sammlung wuchs rasch, denn: Nicht nur von allen Personen, die wegen strafbarer Handlungen auf der Polizei vorgeführt werden und in Haft behalten wurden die Fingerabdrücke genommen, es wurden auch die Fotografien der an einem Tatort vorgefundenen Fingerabdrücke an die Zentralsammelstelle eingeschickt.
| Jahr | genommene Abdrücke männl. |
genommene Abdrücke weibl. |
Dem Erkenn.Dienst München zugesandte Fingerabdrücke |
zum Abgleich verwendete Abdrücke | Gesamtbestand Fingerabdruckblätter |
Quelle: |
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Start der Registratur am 1. Juli 1909
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| 1909* | 7995 | 621 | Münchner neueste Nachrichten | |||
| 1910* | 6710 | 1129 |
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12719 | Münchner neueste Nachrichten | |
| (*) Für die Zeit vom 01.07.1909 -31.12.1910 liegen zwar genaue Zahlen vor, aber die Zahlen aus 1910 können nicht speziell einem exakten Zeitraum zugeordnet werden, da zum Jahresende 1909 keine Statistik veröffentlicht wurde, und mit der ersten publizierten Statistik zum Jahrsende 1910 der Zeitraum bis zum 01.07.1910 berücksichtigt wurde | ||||||
| 1911 | 7267 | 7627 |
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27.613 | Münchner neueste Nachrichten | |
| 1912 | 6673 | 12.434 |
|
19.107 | Münchner neueste Nachrichten | |
| 1913 | 5972 | 20.765 |
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46.720 | Münchner neueste Nachrichten | |
| 1914 | ||||||
| 1915 | 1835 | 1047 | 6383 davon:5085 ♂ u. 1298 ♀ |
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102.049 | Münchner neueste Nachrichten |
| 1916 | 1660 | 899 | 5096 |
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109.452 Bis 31.12.1916 wurden 252 Bögen entfernt, da die Personen zwischenzeitlich verstorben waren
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Münchner neueste Nachrichten |
| 1917 | ||||||
| 1918 | 7494 |
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124.519 | Münchner neueste Nachrichten | ||
| 1919 | 6071 | 1762 |
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137.178 | Münchner neueste Nachrichten Münchner neueste Nachrichten Art. 2 | |
| 1920 | ||||||
Anlage und Archivierung
Die Fingerabdruckkarten wurden klassifiziert, um sie in daktyloskopische Registraturen einordnen zu können. Man untersuchte Bögen, Schlingen, Wirbel und zu ammengesetzte Muster und sortierte nach ihnen. Schließlich bekam die einzelne Karte ihren Ort in der groß angelegten daktyloskopischen Karten-Registratur arithmetisch zugewiesen.
Quellen
Wikipedia
Hautarzt über Einzigartigkeit des Fingerabdrucks"Ein Fingerabdruck ist so individuell wie ein QR-Code"
System und Praxis der Daktyloskopie und der Sonstigen Technischen Methoden der Kriminalpolizei von Robert Heindl, 1922
Spuren einer Mörderin
Wikipedia Francisca Rojas
Ivan Vučetić
Wikipedia Bertillonage
Spuren im Recht
William James Herschel Artikel in der Welt
Wikipedia William James Herschel