Schlittenbauerchronik2: 03

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Erinnerungen v. Alois Schlittenbauer - Dokument 2

Seite 10 bis Seite 16





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DIE ERSTEN VERNEHMUNGEN (II)


Der erste Polizei Bericht aus München vom 06.04.1922.
Betreff: Raubmord in Hinterkaifeck Gemeinde Wangen.

Am 04.04.1922 abends 6 ¼ Uhr traf von der Gendarmeriestation Schrobenhausen die Fernmeldung ein, dass in einer Einöde der Gemeinde Wangen Bezirksamt Schrobenhausen 6 Personen ermordet aufgefunden wurden. Es wird um Abstellung von Kriminalbeamten und eines Polizeihundes ersucht. Im Auftrage des Leiters der Krim. Abteilung Polizeidirektor Damer begab ich (Reingruber) mich in Begleitung des Kriminal Kom. Neuss, Oberwachtmeister Kraus und den beiden Polizeihundeführer Oberwachtmeister Michael Ohlein der 24.Abteilung N.I. und der Wachtmeister Schering der N. II. mit ihren Polizeihunden, sowie des Kriminalsekretärs Biegleder des Erkennungsdienstes mit einem Auto der Leitung der Landpolizei noch am gleichen Tag um 9 Uhr nach Wangen. Dort trafen wir nachts 1 1/2 Uhr ein. Nachdem uns von der Gendarmerie Hohenwart und später vom Bürgermeister Greger in Wangen bestimmt versichert wurde, dass an der Mordstelle infolge mangels jeder Beleuchtungsgegenständen ein Arbeiten unsererseits nicht möglich sei, warteten wir bis 5 ½ Uhr morgens in der Wohnung des Bürgermeisters Greger in Wangen und gingen früh 5 ½ Uhr zur Mordstelle. Dort trafen wir um 6 Uhr mit dem Bürgermeister und dem Ortsvorsteher Lorenz Schlittenbauer ein. Da uns inzwischen bekannt geworden ist, dass am Vorabend bereits eine Gerichtskommission und die Gendarmerie in Schrobenhausen und Hohenwart Tatort anwesend waren, nahmen wir vorerst eine Besichtigung des Tatorts vor. In der Tenne fanden wir vier Leichen. Wie uns der Ortsführer Lorenz Schlittenbauer angab lagen die Leichen nicht mehr in der ursprünglichen Lage. Die Leichen sind vom Schlittenbauer wie folgt bezeichnet worden: 1. Andreas Gruber, Austragsbauer, 2. Cäcilia Gruber dessen Ehefrau, 3. Viktoria Gabriel Bauerswitwe, 4. Cäcilia Gabriel 7 Jahre alt. Sämtliche 4 Leichen hatten schwere Schädelverletzungen und lagen in Blutlachen. Der Andreas war nur mit Hose und Hemd bekleidet, das Mädchen Cäcilia hatte nur ein Hemdchen an. Die beiden Frauen trugen noch ihre Werktagskleider. Von der Tenne führt eine unverschlossene Türe in den Stallgang. An dieser Türe fanden sich viele Blutspritzer vor. Dem Stallgang entlang kommt man in einen Vorplatz und von da in die Küche. Im Stallgang selbst lag viel Heu und sonstiges Futter. Hier konnten wir kein Blut finden. Im Futtertrog in der Ecke lehnte ein sogenannter Kreuzpickel auch Kreuzhacke genannt. Schlittenbauer gab an, dass dieser Pickel am 04.04. im Futterbarren lag und von den Rindern abgelegt wurde. Er habe den Pickel an die Wand gelegt. Die Besichtigung des Pickels ergaben, dass am Stiel, dem sogenannten Haus, braunrote Flecken vorhanden sind, die meines Erachtens nach Blutflecken sein dürften. Der Pickel soll Eigentum der Hausbesitzer sein. Wo dieser eigentlich aufbewahrt war, konnte nicht bestimmt festgestellt werden. Von dem zuletzt erwähnten Vorplatz aus gelangten wir in die Küche. Dort waren auf dem Steinpflaster einzelne Blutflecken sichtbar, jedoch keinerlei Abdrücke oder Fußspuren. Von der Küche aus in gleicher Richtung fort, kamen wir in eine Kammer. Dort lag eine Frauensperson mit einer schweren Schädelverletzung in einer großen geronnenen Blutlache. Rechts von der Leiche steht ein Bett. Wie die Feststellungen ergaben, ist diese Tote mit der ledigen Maria Baumgartner, geboren 1877 in Kühbach gleich. Die Tote war noch vollständig bekleidet, sie hatte Ihre Lederschuhe noch an den Füßen. Von der Küche führt in östlicher Richtung eine Türe in den Hausgang. Auch dort fand sich am Boden ein Blutfleck vor(???). Links vom Hausgang aus führt eine Türe in das Schlafzimmer. Dort standen drei zusammenstehende Kästen und zwei Betten eine Kinderbettstatt und ein Kinderwägelchen. In dem Kinderwägelchen lag der 2 ½ Jahre alter Sohn Josef der Witwe Viktoria Gabriel mit zerschmettertem Schädel. Die Betten, sowie das Bett im Kinderbett waren nicht frisch gemacht(?). Auf dem einem Bette neben dem Schrank lagen verschiedene Schriftstücke und auch eine leere Geldbrieftasche. Die Kästen waren nicht verschlossen. Spuren von Gewaltanwendung, Erbrechen an denselben, nicht ersichtlich. Wie sich nachträglich herausstellte sind die Schränke bereits am 04.04, von den anwesenden Gendarmen durchsucht worden. Am Fußboden fanden sich wieder Blutflecken vor(??), jedoch keine Fußspuren. Rechts vom Hausgange führt eine Türe ins Wohnzimmer, dort war anscheinend nichts durchwühlt. Bei dem Morde war es nur auf Bargeld abgesehen. Bei der von uns in sämtlichen Räumen, einschließlich Keller, vorgenommener Untersuchung, wurde nur ein Fünfmarkschein in einem Gebetbuch gefunden. In den Schränken wurde eine Herrentaschenuhr und zwei Damenuhren, ein Ring, Kettchen, Rosenkränze und der gleichen Bauernschmucksachen vorgefunden. Ferner wurden im Schlafzimmer neben dem Bette stehenden Schrank, in einer Kassette folgendes Hartgeld gefunden. 1780 Mark in Gold, 10 Zehnmarkstücke, 159 Markstücke, 3 Zweimarkstücke, 14 Dreimarkstücke, 24 Fünfmarkstücke und 1 Zwanzigpfennigstück in Silber. Ferner eine Geldbörse mit 5,50 M in Aluminium, 1,50 M in Nickelzehnerl, 60 Pfennig in Nickelfünferl, 90 Pfennig Kriegsgeld, 5 einzelne Pfennige und 8 Pfennige in Aluminium, ferner 6,58 M in einer Blechbüchse. Außerdem waren im Gesamtbetrag von 15 100 Mark verschiedene Pfandbriefe auch die Zinsbögen vorhanden. Ein Teil der dazugehörigen Zinsbögen ist nach einem vorhandenen Depositenschein bei einer Bank in Schrobenhausen deponiert. Aus den vorhandenen Schlussscheinen dürfte festzustellen sein, wie viele Pfandbriefe angekauft und verkauft wurden und ob Pfandbriefe abgängig sind. Papiergeld dürfte dem Täter in ansehnlichem Betrage in die Hände gefallen sein. Es wurde die Vermutung laut, dass die Ermordeten möglicherweise 100000 M bar besessen haben. Sie hatten vor, einen Stall zu bauen. Dabei ist nicht unerwähnt zu lassen, dass Frau Gabriel 1921, 5000, - Mark mm Ankauf eines Motors und im Februar 1923, 3000.- Mark zur Bezahlung eines Dreschwagens von ihrer Stiefschwester Zäzilie Starringer in Gerentshausen entlehnt hat. Auch vom Bürgermeister Josef Frei in Waidhofen sollte Andreas Gruber in letzter Zeit 10 000,- Mark aufzunehmen versucht haben. Das die Ermordeten in der letzten Zeit größere Geldbeträge vereinnahmt hätten, ist nicht bekannt. Das Getreide vom vergangenen Jahr ist noch vorhanden. Die Tat selbst ist zweifellos am Freitag abends, vielleicht von 8 bis 11 Uhr begangen worden. Dies dürfte daraus zu schließen sein, dass Andreas Gruber nur mit Unterhose und Hemd und die Zäzilie Gabriel nur mit dem Hemdchen bekleidet war. Beide dürften schon vorher im Bette gewesen oder doch Anstalten zum Schlafen gehen getroffen haben. Wie die vernommenen Zeugen Schlittenbauer, Pöll und Sigl angaben, war bei ihrer Ankunft im Stall ein Rind losgekettet gewesen. Vielleicht ist durch diese im Stall entstandene Unruhe eines von den Ermordeten und vielleicht die Viktoria Gabriel in den Stall gegangen, dort niedergeschlagen worden und in die Tenne geworfen worden. Die weiteren Personen dürften infolge längeren Ausbleibens der Ersteren nach und nach zum Nachschauen nachgefolgt sein. Gruber oder die kleine Gabriel dürften die Letzten gewesen sein, da die Gabriel in der Tenne am nächsten an der Stalltüre lag. Die Dienstmagd Maria Baumgartner dürfte in der Kammer überrascht worden sein. Warum der oder die Mörder auch noch den 2 1/2 jährigen Knaben töteten, lässt nicht recht erklären. Bei diesem Kinde dürfte keine Gefahr zu befürchten gewesen sein. Es müsste denn sein, dass der Mörder dem Kinde mit Namen bekannte Person war oder aber das Kind hat Lärm gemacht. Möglicherweise ist das Kind aus verwandtschaftlichen Interesse „Erbscbaft" weggeräumt worden. Der Hühnerstall war noch geschlossen. Der Hund, welcher nachts regelmäßig im Stall untergebracht wurde, war auch am 04.04. nachmittags noch in Stall. Dieser soll an einem Auge verletzt sein, er wird als ein wachsamer Hund bezeichnet. Als weiterem Beweis dafür, dass die Tat am Freitag den 31.03. abends oder nachts verübt worden ist, ist anzunehmen, dass die Zäzilie Gabriel Samstag den 01.04. die Schule in Waidhofen nicht mehr besucht hat. Der Lehrer Georg Sellwanger in Waidhofen hat bestimmt erklärt, dass die Genannte am 01.04.1922 die Schule nicht besucht hat.
Endlich ist auch bestimmend die Aussage der beiden Kaffeereisenden Hans und Eduard Schirovsky. Diese waren am Samstag den 01.04. bei dem Anwesen, haben wiederholt an den Fenstern geklopft, schauten durch die Fenster in die Wohnung, konnten aber keine Personen wahrnehmen. Über die Person oder die Täter bestehen bisher keine greifbaren Anhaltspunkte. Nicht unerwähnt zu lassen ist, dass der Ortsvorsteher Lorenz Schlittenbauer, als er mit uns an die Mordstätte kam, ein etwas aufgeregtes Benehmen zeigte. Er redete sehr viel und machte sich auch sonst wichtig nahm sich um alles an und war auch mit den häuslichen Verhältnissen der Ermordeten gut vertraut. Er wusste am besten Bescheid. Er hat sich auch erboten 2 junge kranke Schwein die anscheinend durch Hunger und Durst stark gelitten hatten, in Verwahr zu nehmen. Im Einverständnisse des Bürgermeisters Greger hat er diese Schweine in seiner Behausung untergebracht. Die Erregtheit kann man sich vielleicht dadurch erklären, dass unter den Ermordeten sein eigenes Kind, der 2 1/2 Jahre alte Josef Gruber war. Schlittenbauer hatte, als er noch im Witwenstande war, mit der Witwe Viktoria Gabriel, deren Ehemann im Jahr 1915 im Felde gefallen ist, ein Verhältnis unterhalten, dass nicht ohne Folgen blieb. Schlittenbauer hätte die Viktoria Gabriel auch geheiratet, allein der Vater Andreas Gruber war mit der Heirat nicht einverstanden. Schlittenbauer hat die Alimente für den Knaben in Gesamtheit im Voraus beglichen und sich dann mit einer anderen Frauensperson verheiratet. Er gilt als gut situiert. Später habe er noch bei der Familien Gruber und Gabriel verkehrt, ist schon mit ihnen nicht verfeindet gewesen. Das Motiv einer solch entsetzlichen Tat fehlt bei Schlittenbauer.
Weiter ist zu erwähnen, dass in der Nacht vom Mittwoch zum Donnerstag am 30.03.1922 im Anwesen der Verlebten von 2 Männer ein Einbruch verübt worden ist. Es ist Angabe des Andreas Gruber das Motorenhaus erbrochen, jedoch nichts entwendet worden. Im Neuschnee waren Fußspuren von 2 Männer ersichtlich, die zum Anwesen führten, es war aber angeblich keine Spur vorhanden, welche vom Anwesen weggeführt hätte. Am Mittwoch den 29.03. nachmittags sollen neben dem Walde des Anwesen der Ermordeten 2 Burschen im Alter von 18 bis 22 Jahren bemerkt worden sein. Sie sollen ein luckyartiges Aussehen gehabt haben. Eine genaue Beschreibung konnte ich nicht beibringen. Die Gendarmen von Hohenwart hatten davon Kenntnis und wird weiter Feststellungen hierüber einleiten. Wie mir heute den 06.04.1922 der Gendarm Kom. in Hohenwart, gelegentlichen Fernspruchanfrage mitteilte seien auch am 29. und 30.03.1922 in der Umgebung der Mordstelle und zuletzt in Waidhofen, zwei Männer, etwa 40 Jahre alt, sprachen fremden Dialekt, gewöhnlich gekleidet, ohne Überzieher, angeblich versprengte Oberschlesier, aufgetaucht. Weitere Erhebungen und Berichte folgen von der Gen. Hohenwart. Die Ehegatten Gruber und Frau Gabriel galten als vermögende Leute, sie lebten sparsam, zurückgezogen und pflegten wenig Umgang. Über ihre Verhältnisse haben sie sich auch Verwandten gegenüber nicht ausgesprochen. Es war in der Umgebung bekannt, dass die Familien auch Bargeld, auch Hartgeld und Pfandbriefe besitzen. Es ist anzunehmen, dass der oder die Täter von diesen Umständen Kenntnis hatten. Über die Auffindung der Leichen durch die Zivilpersonen gestatte ich mir die bereits an die Staatsanwaltschaft Neuburg a.D. abgegebenen Vernehmungen hinweisen zu dürfen. Bemerkt wird noch, dass angenommen es könnte auch ein erst kürzlich entlassener Strafgefangener in Frage kommen bei sämtlichen hier wohnhaften und in letzter Zeit entlassenen Anstaltsgefangenen Erhebungen über ihren Aufenthalt am 31.03. und 01.04. eingeleitet wurde. Ferner sind die Strafanstalten Landsberg, Straubing, Kaisheim um namentlich Verzeichnisse über die in letzter Zeit entlassenen Gefangenen ersucht worden. An der Hand dieser Verzeichnisse werden dann die entsprechenden Aufenthaltserhebungen die einzelnen Entlassenen über ihren Aufenthalt zur kritischen Zeit eingeleitet. Die Polizeihunde konnten eine Witterung von den Tätern nicht aufnehmen. Es ist zu berücksichtigen, dass in der Zwischenzeit Schneefall und Regenwetter eingetreten ist. Der Bericht des polizeilichen Erkennungsdienstes folgt.

(Kriminal-Oberinspektor Reingruber).





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FAMILIÄRES


Am 22. Mai heiratet die Tochter Magdalena Schlittenbauer.
Der Perter so wurde der Lorenz Schlittenbauer im Dorf und in der ganzen Umgebung genannt. 1922 hat er die Wiese hinter seinem Stadel mit einer Drainage trocken gelegt.
Der Weiher der einmal im Jahr Wasser hatte das andere Jahr keines hat er eine Drainage bis zur Paar gegraben. Die Rohre sind noch drinnen, sie sind versandet.
1923 hat er 270.- Millionen Mark Landesabgabesteuer zahlen müssen.
1923 am 04.09. ist die Tochter Regina geboren.



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BERICHT RENNER


Neuburg 10.04.1922
Die seit Erstattung meines Berichtes vom 10.04.1922 fortgesetzten Ermittlungen haben ein greifbares Ergebnis nicht erreicht. Da mir die Gendarmerie des Tatorts (Station Hohenwart und Hauptstation Schrobenhausen) etwas zu schwerfällig arbeitete und nicht genug Initiative entwickelte, hatte sich auf meine Veranlassung Krim.Korn. Neuss von der Polizeidirektion München mit einem weiteren Beamten im April 1922 erneut an dem Tatort begeben, um persönlichen und örtlichen Beziehungen der Ermordeten sich etwa ergebenden Spuren gründlich zu klären und weiter zu verfolgen. Das Ergebnis seiner mehrwöchentlichen sehr eifrigen und gründlichen Erhebungen war indessen ebenfalls negativ.
Doch kann man nun den in meinem Berichte erwähnten Verdacht gegen den Ortsführer Lorenz Schlittenbauer von Gröbern, endgültig als beseitigt gelten.
Ebenso ist das Alibi eines in der Schrobenhausener Gegend vielfach verdächtigen Karl Bichler von Waidhofen, der Beziehungen zu den Ermordeten hatte, einwandfrei dargetan worden.

Gez. Renner.





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AUS DEN AKTEN


Neuburg den 29.Dezember 1922
Die seit dem Berichte vom 09.September 1922. Nr. 1369 weitere Ermittlungen gegen Schlittenbauer haben einen Erfolg nicht gezeitigt. usw.


Neuburg den 20. Oktober 1923
Auch die weiteren Ermittlungen haben keinerlei Anhaltspunkte zur Feststellung des Täters ergeben. Etwas Neues haben nur insofern gebracht, als Ende Februar 1923 bei Abbrucharbeiten auf dem Hinterkaifeckerhofs, das Mordwerkzeug gefunden wurde. Es ist eine alte blutbefleckte Reuthaue, bei der die Haue in ganz merkwürdiger Weise an dem Stiel mittels einer Schraube befestigt ist. Die Schraube steht etwa einen Zentimeter über die Schraubenmutter hervor. Durch diese Schraube wurden bei den Schlägen mit der Haue offenbar die bisher so rätselhaften Verletzungen bleistiftgroße runde Löcher an den Schädeln der Ermordeten, beigebracht. Die Haue wurde auf dem Dachboden des Hauses sorgfältigst versteckt gefunden. Bei Aufräumungsarbeiten wurde außerdem ein Taschenmesser in der Stadeltenne, unweit der Stelle, wo die Leichen lagen, gefunden. Wegen des Eigentümers der beiden Gegenstände wurden umfangreiche Erhebungen gepflogen. Beide wurden auch bei der Polizei in Schrobenhausen ausgestellt, und in den Zeitungen zu ihrer Besichtigung aufgefordert. Ein früherer Knecht des Hinterkaifeckerhofes - Sigl - erkannte mit Bestimmtheit die Haue. Er erinnerte sich wiederholt mit ihr auf dem Hof gearbeitet zu haben und auch wie sie der alte Grober so unfachmännisch mit einer Schraube repariert hat. Eine Verwandte der Ermordeten gibt an, einmal bei einem Besuch in Hinterkaifeck ein ähnliches Messer gesehen zu haben.
(Von einem blutigen Bandeisen war hier noch nicht die Rede)


Neuburg 10. April 1924
Der richterliche Augenschein fand am 04. und 05. April 1922 statt. Die Sektion der 6 Leichen fanden am 06. und 07. April statt. Die Ermordeten sind alle durch Schläge auf den Kopf getötet worden. Die Art der Verletzungen weist auf den Gebrauch verschiedener Werkzeuge hin. Die Leiche der jungen Frau Viktoria Gabriel, die nicht weniger als 9 sternförmige Wunden am Kopfe aufwies, zeigte auch noch Würgespuren am Hals. Von den Ermordeten war Andreas Gruber im Jahre 1915 wegen Blutschande mit seiner Tochter Viktoria Gabriel mit 1 Jahre Zuchthaus und die Viktoria mit 1 Monat Gefängnis bestraft worden.
Im September 1919 hatte der Ortsführer Lorenz Schlittenbauer von Gröbern, der natürliche Vater des ermordeten 2 1/2 jährigen Knaben, nach dem Schlittenbauer wegen Anerkennung der Vaterschaft und Alimentierung des Kindes in Anspruch genommen war, abermals gegen Gruber und seiner Tochter Strafanzeige erstattet; das Strafverfahren endete jedoch damals in Freisprechung der beiden Parteien, nach dem Schlittenbauer sich mit der Kindsmutter geeinigt und eine Abfindungssumme von 1800.- M für das Kind bezahlt hat.
Bei der Sektion der Leiche der jungen Frau wurde festgestellt, dass eine neuerliche Schwangerschaft nicht bestand, aber Würgespuren am Hals sichtbar waren.
Für Schlittenbauer, der selbst als verdächtig bezeichnet wurde, im übrigen aber allgemein als etwas sonderbarer, aber harmloser, gutmütiger und stets hilfsbereiter Mensch geschildert wird und selbst vermögend ist, ist ein Motiv zur Tat nicht erkennbar. (Renner)

Weiterhin sind Erhebungen nach der Richtung hin geflogen worden, ob vielleicht eine Persönlichkeit, mit welche der gefallene Karl Gabriel, der im Felde in einer Kompanie gedient hat, als Täter in Betracht kommen könnte. Karl Gabriel ist nach nur 4 täglicher Zugehörigkeit seiner Feldkompanie bereits am 12.12.1914 gefallen.


Bürgermeister Georg Greger von Wangen am 05.04.1922
Am 04.04.1922 vormittags 1/2 9 Uhr kam ein Monteur der Maschinenfabrik Ziegler aus Pfaffenhofen und gab an,dass er den Motor bei dem Einödbauer Gabriel in Stand zu setzen habe. Etwa 1/2 3 Uhr kam der Monteur wieder zu mir zurück und sagte: Dass in dem Anwesen des Gabriel niemand zu Hanse gewesen sei. Den Motor habe er, obwohl das Motorenhäuschen geschlossen war, repariert. Er habe dabei die Nägel aus der Türe losgelöst und nach der Instandsetzung des Motors die Türe wieder befestigt. Er habe dabei noch gesagt er werde sich zum Anwesen Lebmeier in Oberkaifeck begeben und dort den Motor herstellen. Dann werde er noch mal zu Gabriel hinschauen. Ferner habe der Monteur erwähnt, dass er den Ortsführer Lorenz Schlittenbauer in Gröbern von dem Vorfall in Kenntnis gesetzt und ihn ersucht hat, er möchte die Familie Gabriel mitteilen, dass der Motor wieder gebrauchsfähig sei.
Etwa um 5 nachmittags schickte der Schlittenbauer seinen Jungen zu mir mit der Mitteilung dass bei Gabriel alle ermordet worden sind. Ich verständigte sofort die Gendarmerie Station Hohenwart und begab mich mit den beiden Gendarmen zur Mordstelle. Dort angekommen war anwesend: Der Ortsführer Schlittenbauer mit mehreren Personen. Wir blieben dort bis zur Ankunft des Oberamtsrichters von Schrobenhausen. Die Familie Gabriel war gut situiert. Soviel ich weiß, haben sie Pfandbriefe und haben auch nach meiner Ansicht ziemlich Bargeld besessen. Die ganze Familie war als geizig bekannt und hatte ganz wenig Verkehr mit der Nachbarschaft gehabt. Irgend eine Verdächtigung kann ich nicht aussprechen.(Greger)



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AUS DER CHRONOLOGIE


Mitte Juni 1924 hatte es ein wolkenbruchartiges Gewitter, dass der Weiher voll Wasser wurde und alle Kartoffeln kaputt waren.
Im Jahr 1926 ging ein großer Sturm der den großen Birnbaum, mit 15 Sorten Birne umriss. Den Birnbaum hatte Lorenz Schlittenbauer selber veredelt, dieser Baum zertrümmerte bei dem Sturm die Kapelle. Schlittenbauer stellte die Kapelle wieder so her wie sie war. Unterm Verputz der alten Kapelle sah man die Jahreszahl 1811. Schlittenbauer hatte eine Asthma Medikamentenschachtel im Dachstuhl versteckt.

1926 ist die Tochter Anna geboren.

Die Sühneversuche Schlittenbauer-Sigl sind wahrscheinlich in dieser Zeit 1926-27 gewesen, denn in seinem Hausbuch steht: Am 14.September 1926 habe ich Sigl wegen der Fahrt der Paarwiesen verständigt. Die Streitigkeiten von Schlittenbauer und Sigl müssen nicht so groß gewesen sein, denn sie haben später, wegen dem Weg nach Schrobenhausen, die Äcker getauscht. 1926 beim Hausbrand vom Schlittenbauer seinem Anwesen wurden auch Tiere bei Sigl untergebracht und Sigl hat beim Hausbrand vom Schlittenbauer geholfen. Auch die Kinder untereinander haben miteinander gespielt als wie wenn nichts gewesen wäre.

1926 am 04. November nachmittags 3 Uhr brannte das ganze Anwesen, dass sich Schlittenbauer während des Krieges aufgebaut hat nieder. Die Brandursache soll von einem Funkenflug vom Dreschen mit dem Dampfkessel gewesen sein. Schlittenbauer war mit seinem Fuhrwerk in Wangen in der Mühle beim Getreidemahlen als er es erfuhr. Er hat die Feuerwehrspritze mit nach Gröbern mitgenommen. Alle Gröbener haben mitgeholfen, auch nach dem Brand und beim Hausbau haben sie zusammen geholfen. So dass er am 15. Dezember wieder notdürftig einzog. Er baute den Hof länger und breiter wieder auf. Den Putz und das Andere machte er später selber mit seinen Leuten. Im ganzen Dorf war das Vieh verteilt und das Getreide was noch zu retten war wurde auch unter den Nachbarn verteilt.

1929 wurde mit dem Hausbau von für den Sohn Johann in Gröbern begonnen.

Am __.Februar 1927 heiratete seine Tochter Maria nach Koppenbach in eine Landwirtschaft. Am 30. April 1929 heiratete seine Tochter Viktoria den Bäckermeister Xaver Baum von Schrobenhausen.



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AUS DEN AKTEN (II)


Und am 29.01.1926 fuhr der frühere Bürgermeister Greger nach München.
Der verheiratete Ökonom und ehemalige Bürgermeister Georg Greger von Wangen, traf am 27.01.1926 bei der Polizeidirektion München ein und teilte mit: Dass nach langer Pause in der Kaifeckeraffäre wieder eine Aufwallung in der Bevölkerung sei. Der Grund hierzu sei folgender: Vor etwa 14 Tagen ging unter den, in den Brummerischen Gastwirtschaftsanwesenden Gästen in Waidhofen, das Gerede, dass als Täter des Hinterkaifecker-Raubmordes niemand anderer, als der Ökonom Lorenz Schlittenbauer in Gröbern in Betracht komme. Der Verdacht gegen Schlittenhauer fußt sich daraus, dass Schlittenbauer seinem Nachbarn, den Ökonom Jakob Sigl den Vorwurf gemacht habe, Sigl habe einen Buben vom Schlittenbauer zum Meineid verleiten sollen. Auf Grund dieses Vorwurfes hatte Schlittenbauer den Sigl zum Sühneversuch vorladen lassen. Gelegentlich des Sühneversuches soll Sigl dem Schlittenbauer ins Gesicht gesagt, dass niemand Anderer als er den Mord in Hinterkaifeck begangen habe. Schlittenbauer soll diesen Vorwurf ohne Widerrede entgegengenommen haben und sich nur geäußert haben, er dürfe sich nicht aufregen. Es soll den Bürgermeister Gall, der den Sühneversuch abnahm, aufgefallen sein, dass Schlittenbauer bei dem schweren Vorwurf ganz blass im Gesicht wurde. Das kühle Verhalten des Schlittenbauers gegenüber der Schwere des Vorwurfs und auffallende Farbwechseln im Gesichte des Schlittenbauers, gab der dortigen Bevölkerung den Anlass ihn als Täter zu bezeichnen. Weiter brachte Greger vor dass ihm der Gütlerssohn Wörl von Gröbern gesagt habe, dass Sigl dem Wörl erzählt hat, als sie damals Schlittenbauer, Sigl und der inzwischen verstorbene Pöll bei der Aufdeckung des Raubmordes als Erste an den Tatort gekommen seien. Hatten sie das Anwesen überall versperrt vorgefunden. Sie wollten daher gewaltsam in das Anwesen eindringen. Auf einmal soll Schlittenbauer von der anderen Seite des Anwesen und zwar vom Hauseingang her gerufen haben. Da geht's her und Schlittenbauer habe mit dem rechtmäßigen Schlüssel die Haustüre aufgesperrt. Wo Schlittenbauer auf einmal den Schlüssel hergebracht habe war den Mitanwesenden ein Rätsel. Auch dieser Umstand verdichtet bei der Bevölkerung den Verdacht gegen Schlittenbauer immer mehr und die Bevölkerung spreche sich dahin aus, wenn er den Mord nicht begangen habe, wie kam er zu dem Schlüssel. In wieweit diese Angaben auf Wahrheit beruhen, wurden von hier aus noch nicht geprüft. Nach Angabe vom Greger soll wegen diesen neuerlichen Gesprächen bei der einschlägigen Gendarmeriestation bereits Anzeige erstattet sein. Sollte dies jedoch noch nicht der Fall sein, so wird die Mitteilung des Greger zur Kenntnis gebracht. (Belohnung?)

Antwort:
Am 05.04.1922 haben Schlittenbauer Sigl und Pöll übereinstimmig angegeben, dass sie alle 3 in das Maschinenhaus aus das Scheunentor erbrochen haben und von da aus in das Anwesen eingedrungen seien, sämtliche Türen waren verschlossen. Die in den Hofraum führende Haustüre will Schlittenbauer von innen geöffnet haben. Urschrift an Staatsanwalt Neuburg, abgegeben am 29. Januar 1926. I. A. Tenner. Reingruber.