Dokumente Gump: 1921-11-11 Bericht des Oberstaatsanwalts von Neisse an den Generalstaatsanwalt Breslau vom 11.11.1921: Unterschied zwischen den Versionen
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Zu II. Das Freikorps „Oberland" hatte im Mai 1921 während seiner Kampftätigkeit im besetzten Gebiete Oberschlesiens in Leschnitz, Kreis Oppeln, eine sogenannte Nachrichtenzentrale eingerichtet, die nach Beendigung der Kämpfe nach Bielau, Kreis Neisse, verlegt und dort vom Privatdozenten Arnold Huge aus Heidelberg (genannt Geheimrat Berger) geleitet wurde. Bei dieser Zentrale wurde unter anderen der Polizeiinspektor a.D. Ernst Friedrich (genannt Hauptmann Fischer),geboren am 17. Dezember 1881 zu Priker, Kreis Usedom, beschäftigt, der nach kurzer Zeit mit Ruge sich veruneinigte, mit einigen von dessen Leuten nach Winnsdorf, Kreis Neisse, übersiedelte und dort eine zweite Nachrichtenzentrale einrichtete . Ihm werden folgende strafbare Handlungen zur Last gelegt: <br> | Zu II. Das Freikorps „Oberland" hatte im Mai 1921 während seiner Kampftätigkeit im besetzten Gebiete Oberschlesiens in Leschnitz, Kreis Oppeln, eine sogenannte Nachrichtenzentrale eingerichtet, die nach Beendigung der Kämpfe nach Bielau, Kreis Neisse, verlegt und dort vom Privatdozenten Arnold Huge aus Heidelberg (genannt Geheimrat Berger) geleitet wurde. Bei dieser Zentrale wurde unter anderen der Polizeiinspektor a.D. Ernst Friedrich (genannt Hauptmann Fischer),geboren am 17. Dezember 1881 zu Priker, Kreis Usedom, beschäftigt, der nach kurzer Zeit mit Ruge sich veruneinigte, mit einigen von dessen Leuten nach Winnsdorf, Kreis Neisse, übersiedelte und dort eine zweite Nachrichtenzentrale einrichtete . Ihm werden folgende strafbare Handlungen zur Last gelegt: <br> | ||
1) Gebrauchmachen von einem gefälschten Legitimationspapier, von einem auf den Namen Fischer ausgestellten Polizeiausweise des Oberschlesischen Selbstschutzes mit gefälschter Unterschrift des Ausstellers. Dies gibt Friedrich zu.<br> | 1) Gebrauchmachen von einem gefälschten Legitimationspapier, von einem auf den Namen Fischer ausgestellten Polizeiausweise des Oberschlesischen Selbstschutzes mit gefälschter Unterschrift des Ausstellers. Dies gibt Friedrich zu.<br> | ||
2) Unterschlagung von Sachen, die er im Gewahrsam hatte und die dem Oberschlesischen Selbstschutz gehörten, nämlich | 2) Unterschlagung von Sachen, die er im Gewahrsam hatte und die dem Oberschlesischen Selbstschutz gehörten, nämlich zweier Pferde,einer Schreibmaschine, Aktenmaterials, eines Motorrades sowie Waffen und Munition. Diesbezüglich ist Friedrich überführt, da er die Pferde ohne Genehmigung der Hauptabwickelungsstelle in Breslau verkauft hat und die übrigen Sachen trotz Auflösung das Selbstschutzes nicht abgeliefert hat.<br> | ||
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3) unbefugte Ausübung eines Amtes am 8.August 1921 im Gasthaus zum Golf von Florenz bei Ziegenhals Er soll ein dort eingestelltes Pferd des Oberschlesischen Selbstschutzes auf Grund des oben erwähnten Polizeiausweises beschlagnahmt haben. Friedrich bestreitet dies, gibt jedoch zu, dieses Pferd gemeinschaftlich mit seinem Untergebenen Baer. verkauft zu haben. Dieser Fall bedarf noch der weiteren Aufklärung.<br> | 3) unbefugte Ausübung eines Amtes am 8.August 1921 im Gasthaus zum Golf von Florenz bei Ziegenhals Er soll ein dort eingestelltes Pferd des Oberschlesischen Selbstschutzes auf Grund des oben erwähnten Polizeiausweises beschlagnahmt haben. Friedrich bestreitet dies, gibt jedoch zu, dieses Pferd gemeinschaftlich mit seinem Untergebenen Baer. verkauft zu haben. Dieser Fall bedarf noch der weiteren Aufklärung.<br> | ||
4) Diebstahl eines Pferdes im Gasthaus zum Golf von Florenz mittels Einbruches zum Nachteil des Gastwirts Hlubek. Dem Hlubek wurde in der Nacht zum 1. August 1921 aus seinem Stalle ein Pferd entwendet dadurch, daß die Stalltür mittels eines Eggenzinkens gewaltsam erbrochen wurde .Friedrich bestreitet. Der Fall bedarf noch der näheren Aufklärung. <br> | 4) Diebstahl eines Pferdes im Gasthaus zum Golf von Florenz mittels Einbruches zum Nachteil des Gastwirts Hlubek. Dem Hlubek wurde in der Nacht zum 1. August 1921 aus seinem Stalle ein Pferd entwendet dadurch, daß die Stalltür mittels eines Eggenzinkens gewaltsam erbrochen wurde .Friedrich bestreitet. Der Fall bedarf noch der näheren Aufklärung. <br> | ||
5) Diebstahl von Pferden in der Nähe von Ziegenhals und in der Tschecho-Slowakei.<br> | 5) Diebstahl von Pferden in der Nähe von Ziegenhals und in der Tschecho-Slowakei.<br> | ||
6) unbefugte Ausfuhr von Pferden, zu 5. Und 6.: Der Student Erich Exner aus Berlin wirft dem Friedrich vor, daß er im August oder Anfang September 1921 in der Nähe von Ziegenhals auf deutschen und tschechischem Gebiete zur Nachtzeit mit mehreren Genossen Pferde gestohlen hat und daß mit einem Pferdehändler aus Endersdorf (Tschechoslowakei) 32 Pferde nach der Tschecho-Slowakei verschoben worden sind. Diese Diebstähle und unbefugte Ausfuhr sind noch nicht aufgeklärt. Die Beschuldigung erscheint auch sehr unzuverlässig. <br><br> | 6) unbefugte Ausfuhr von Pferden, zu 5. Und 6.: Der Student Erich Exner aus Berlin wirft dem Friedrich vor, daß er im August oder Anfang September 1921 in der Nähe von Ziegenhals auf deutschen und tschechischem Gebiete zur Nachtzeit mit mehreren Genossen Pferde gestohlen hat und daß mit einem Pferdehändler aus Endersdorf (Tschechoslowakei) 32 Pferde nach der Tschecho-Slowakei verschoben worden sind. Diese Diebstähle und unbefugte Ausfuhr sind noch nicht aufgeklärt. Die Beschuldigung erscheint auch sehr unzuverlässig. <br><br> | ||
7) Mordversuch:<br> | 7) Mordversuch:<br> | ||
a) an einen Tschechischen Bahnbeamten,<br> | a) an einen Tschechischen Bahnbeamten,<br> | ||
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Die Beschuldigung beruht auf der Bezichtigung desselben Exner; Soweit bisher ermittelt, sollen junge Leute im Alter von 20 Jahren die Täter sein. Friedrich kommt wohl nicht in Frage. Er bestreitet.<br> | Die Beschuldigung beruht auf der Bezichtigung desselben Exner; Soweit bisher ermittelt, sollen junge Leute im Alter von 20 Jahren die Täter sein. Friedrich kommt wohl nicht in Frage. Er bestreitet.<br> | ||
8) Geheimbündelei: Die Haupabwickelungsstelle das ehem. Selbstschutzes wirft Friedrich vor, daß er trotz Auflösung das Korps ”Oberland" in Winnsdorf die geheime Nachrichtenorganisation fortgeführt hat, die sich zum Ziele machte, Nachrichten zu verbreiten, die auf eine Irreführung der öffentlichen Meinung hinzielten. Hierüber schweben noch die Ermittelungen Friedrich bestreitet. <br> | 8) Geheimbündelei: Die Haupabwickelungsstelle das ehem. Selbstschutzes wirft Friedrich vor, daß er trotz Auflösung das Korps ”Oberland" in Winnsdorf die geheime Nachrichtenorganisation fortgeführt hat, die sich zum Ziele machte, Nachrichten zu verbreiten, die auf eine Irreführung der öffentlichen Meinung hinzielten. Hierüber schweben noch die Ermittelungen Friedrich bestreitet. <br> | ||
Über Erpressungen gegen Dorfbewohner sind hier bisher keine Anzeigen eingegangen. <br> | Über Erpressungen gegen Dorfbewohner sind hier bisher keine Anzeigen eingegangen. <br> | ||
Das Amtsgericht Neisse, dem Friedrich von der hiesigen Polizei vorgeführt war, hat am 21. August 1921 von dessen Verhaftung abgesehen, weil es weder dringenden Tatverdacht noch Fluchtverdacht für gegeben erachtete. Meines Erachten lagen beide Voraussetzungen vor, da der dringende Verdacht der Straftaten zu 1 und 2 vorlag und Friedrich damals keinen festen Wohnsitz hatte.<br> | Das Amtsgericht Neisse, dem Friedrich von der hiesigen Polizei vorgeführt war, hat am 21. August 1921 von dessen Verhaftung abgesehen, weil es weder dringenden Tatverdacht noch Fluchtverdacht für gegeben erachtete. Meines Erachten lagen beide Voraussetzungen vor, da der dringende Verdacht der Straftaten zu 1 und 2 vorlag und Friedrich damals keinen festen Wohnsitz hatte.<br> | ||
Nach seiner Haftentlassung hat sich Friedrich nur noch kurze Zeit in Winnsdorf aufgehalten, und von dort nach Bernburg begeben. Inzwischen waren die Straftaten zu 3. und 4. zu meiner Kenntnis gelangt. Ich beantragte bei dem Amtsgericht Bernburg die verantwortliche Vernehmung und Verhaftung des Friedrich. Dieses Amtsgericht vernahm den Friedrich am 3. Oktober 1921 verantwortlich, verschonte ihn aber mit der Haft gegen Sicherheitsleistung von 5000 Mark. Friedrich hat jetzt eine feste Wohnung in Magdeburg, Alt-Fermersleben Nr. 60 und ist nicht mehr fluchtverdächtig.<br> | Nach seiner Haftentlassung hat sich Friedrich nur noch kurze Zeit in Winnsdorf aufgehalten, und von dort nach Bernburg begeben. Inzwischen waren die Straftaten zu 3. und 4. zu meiner Kenntnis gelangt. Ich beantragte bei dem Amtsgericht Bernburg die verantwortliche Vernehmung und Verhaftung des Friedrich. Dieses Amtsgericht vernahm den Friedrich am 3. Oktober 1921 verantwortlich, verschonte ihn aber mit der Haft gegen Sicherheitsleistung von 5000 Mark. Friedrich hat jetzt eine feste Wohnung in Magdeburg, Alt-Fermersleben Nr. 60 und ist nicht mehr fluchtverdächtig.<br> | ||
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