Zeitungsartikel: 1951 Hecker Serie 02: Unterschied zwischen den Versionen
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Der alte Gruber wendet langsam den Kopf. Immer noch brennt die Kerze, immer noch schimmert in ihrem Licht Viktorias Haar. Das Tuch ist auf ihre Schulter niedergeglitten. Nun schlägt sie ein Kreuz und erhebt sich. Die alte Frau bläst die Kerze aus. Es ist nahezu dunkel in der Küche, aber die von Hinterkaifeck sind dafür bekannt, daß sie wenig Licht brauchen.<br> | Der alte Gruber wendet langsam den Kopf. Immer noch brennt die Kerze, immer noch schimmert in ihrem Licht Viktorias Haar. Das Tuch ist auf ihre Schulter niedergeglitten. Nun schlägt sie ein Kreuz und erhebt sich. Die alte Frau bläst die Kerze aus. Es ist nahezu dunkel in der Küche, aber die von Hinterkaifeck sind dafür bekannt, daß sie wenig Licht brauchen.<br> | ||
Viktoria nähert sich dem Fenster und blickt in den trostlosen Regen hinaus. Ihr Vater tritt an ihre Seite. Während der letzten vierzehn Tage hat man von diesem Fenster aus nichts gesehen als blühendes Land, und nun ist die ganze Schönheit in unbarmherzigen Wasserfluten ertrunken. Der Platz vor dem Gehöft gleicht stellenweise einem See, und immer noch regnet es mit unverminderter Heftigkeit. Der Blick reicht kaum bis zum Weg hinüber, der nach Gröbern führt. Jenseits des Wegen verschwimmt alles in grauen Dunstschleiern.<br> | Viktoria nähert sich dem Fenster und blickt in den trostlosen Regen hinaus. Ihr Vater tritt an ihre Seite. Während der letzten vierzehn Tage hat man von diesem Fenster aus nichts gesehen als blühendes Land, und nun ist die ganze Schönheit in unbarmherzigen Wasserfluten ertrunken. Der Platz vor dem Gehöft gleicht stellenweise einem See, und immer noch regnet es mit unverminderter Heftigkeit. Der Blick reicht kaum bis zum Weg hinüber, der nach Gröbern führt. Jenseits des Wegen verschwimmt alles in grauen Dunstschleiern.<br> | ||
Wo das undurchdringliche Nebelgrau beginnt, ragen, einem scharfen Auge eben noch erkennbar, drei Bäume. Andreas Gruber starrt hin. Er kneift die Lider zusammen, um den Blick zu schärfen. Täuscht er sich | Wo das undurchdringliche Nebelgrau beginnt, ragen, einem scharfen Auge eben noch erkennbar, drei Bäume. Andreas Gruber starrt hin. Er kneift die Lider zusammen, um den Blick zu schärfen. Täuscht er sich, oder steht da drüben, neben dem mittleren der drei Bäume, eine menschliche Gestalt? Offenbar täuscht er sich nicht, denn seine Tochter macht die selbe [[Sachverhalte: Fremde immer nur Fremde#Beobachter am Waldrand |Wahrnehmung]].<br> | ||
"Da drüben steht einer", sagt sie, und ihre Hand, die auf dem Fensterbrett liegt, ballt sich zur Faust.<br> | "Da drüben steht einer", sagt sie, und ihre Hand, die auf dem Fensterbrett liegt, ballt sich zur Faust.<br> | ||
"Unsinn", erwidert der alte Mann. "Bei einem solchen Regen stellt sich kein Mensch wie ein Holzklotz ins Freie."<br> | "Unsinn", erwidert der alte Mann. "Bei einem solchen Regen stellt sich kein Mensch wie ein Holzklotz ins Freie."<br> |