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München, den 11. Mai 1925.
Betreff:
Sechsfacher Raubmord in Hinterkaifeck.
I. Aktenvormerkung.
Der led. Händler Georg S e i d l, geb. am 8.12.92. zu
Wernstorf, B.A. Vilsbiburg, Strafgefangener in der Strafanstalt
Amberg, hatte gelegentlich einer Einvernahme durch den Krim.Sekr.
Kliegel der Krim.Pol. Regensburg in einer anderen Sache auch Angaben über den sechsfachen Raubmord in Hinterkaifeck gemacht und
zwar dahin gehend, dass als Täter 2 Brüder, die am Hofberg in Landshut wohnen, als Täter in Frage kommen. Später erklärte er, dass die beiden Fuchsbrunner heissen und am Hofberg in Landshut Nr. 24 wohnen. Sein Wissen habe Seidl durch Er
zählen einer der Brüder und zwar sei sowohl Seidl als auch der
Erzähler betrunken gewesen.
Mit diesen Angaben hatte Seidl erreicht, dass er von Amberg
in das Amtsgerichtsgefängnis Regensburg überstellt wurde. Bei seinen weiteren - auch gerichtlichen - Einvernahmen blieb Seidl
auf seinen Angaben bestehen, welche dann die Festnahme der Gebrüder
Fuchsbrunner in Landshut zur Folge hatten.
In Betracht kommen:
Fuchsbrunner Georg, gesch. Händler, geb. 2.1.95 in
Untersiegsdorf, Ger. Traunstein, wohnhaft in Berg ob Landshut
Nr. 24, und
Fuchsbrunner Franz, led. Händler, geb. 28.11.99. in
Westach, Ger. Wasserburg, in Berg ob Landshut Nr. 24 wohnhaft.
Bei den weiteren Erhebungen und Gegenüberstellung den Seidl
mit den Brüdern Fuchsbrunner hat sich herausgestellt, dass die
Angaben des Seidl erdichtet sind. Das Alibi für die Fuchsbrunner
konnt für die Zeit der Tat nachgewiesen werden, weshalb sie nach
3 tägiger Untersuchungshaft wieder auf freien Fuss gesetzt wurden.
Seidl blieb aber auf seinen Aussagen hinsichtlich der ihm gegenüber gemachten Erzählung bestehen.
Nun bezichtigte Seidl als 3 Täter einen Ludwig Steinstorfer in Neustadt a.D. wohnhaft, sowie einen gewissen Leonhard ( Hardl) Altstetter, welcher in Neufahrn festgenommen und in das Amtsgericht Mallersdorf eingeliefert wurde.
Mit den beiden will Seidl Kleider gewechselt haben, damit sie
nicht so leicht erkannt würden, in Wirklichkeit war es umgekehrt
der Fall, da Seidl in Neustadt einen Alteisendiebstahl beging
und sich durch die Umkleidung unkenntlich machen wollte.
Altstetter musste mangels Beweises wieder entlassen
werden. Richtig ist, dass Beide sich gut kennen. Bei Steinstorfer
war überhaupt das Absteigequartier für lichtscheues Gesindel, dort
hat ausser dem genannten Altstetter noch eine Frau Jäger, dann
Seidl und der gesuchte Bärtl verkehrt.
Seidl richtete seine Aussage nun gegen Bärtl, der ihm
von dem Raubmord in Hinterkaifeck bei Steinstorfer erzählt haben
will. Auch im "Duschlbräu" in Landshut habe er (Bärtl) ihm von
der Sache erzählt. Bärtl soll unter dem falschen Namen "Johann
Höschter“ oder so ähnlich, gehen. Bärtl hätte ihm (Seidl)
auch mitgeteilt, dass als Mittäter ein gewisser Raith Karl aus
Manching und Beuschl Rupert aus Landshut in Frage kommen.
II. Unter Uebersendung der in dieser Sache angefallenen Verhandlungen ersucht die Staatsanwaltschaft Neuburg a.d. unter A.V.
A 374 am 28.4.25. um Erhebungen über den Aufenthalt des Bärtl
sowie über die allenfalsige Beteiligung des Raith oder Raithl
und Beuschl am Raubmord in Hinterkaifeck.
III. Die von Seidl bezeichneten Raith und Beuschl sind personengleich mit dem led. Taglöhner Karl Reith, geb. 18.5.97.
in Manchging, B.A. Ingolstadt-nähere Pers. im Akt - und Rupert
Beischl, verh. Bäcker, geb. 8.3.00, in Berg ob Landshut,
nähere Pers. im Akt.
Die Angaben des Seidl, selbst wenn er sie von Bärtl haben will,
sind auch in diesem Falle nicht zutreffend. Reith wurde am
18.7.19. vom Volksgerichte Ingolstadt wegen 2 Verbrechen des
Diebstahls zur Gesamtzuchthausstrafe von 3 Jahren verurteilt und
hat diese Strafe am 18.7.22. verbüsst. Wie auch aus den weiteren
Erhebungen hervorgeht, befand sich der Ehemann der bereits genannten
Jäger aus Neustadt a.D. zu dieser Zeit im Zuchthause in Straubing und hat durch Reith, der um 11 Mt. früher entlassen wurde,
seine Frau grüssen lassen. Das Alibi für Beischl konnte hier nicht
festgestellt werden.
Seidl befindet sich zur Zeit zur Beobachtung auf seinen Geisteszustand in der Krankenabteilung des Gefängnisses in Stadelheim. Mit Rücksicht auf die Unglaubwürdigkeit des Seidl wurde von
einer Einvernahme Umgang genommen.
IV. Abgabenachricht an St.A. Neuburg gegeben.
V. Verhandlungen an die Krim. Polizei
in Landshut
zur Einleitung von Erhebungen in der Richtung gegen Beischl und
direckten Erledigung weitergeleitet.
VI. Vormerkung zum Pers. Akt Reith und Beischl gefertigt
VII. Zum Akt: Raubmord in Hinterkaifeck. (Abteilung I)
Polizeidirektion:
J.A.
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