Aussagen: 1931-03-30 Schlittenbauer Lorenz: Unterschied zwischen den Versionen
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'''Frage''': Der Lehrer Yblagger hat Sie auch einmal an der Stelle getroffen, wo das Haus gestanden ist und damals haben Sie ihm erzählt, dass die Täter angeblich ein Loch gegraben haben?<br> | '''Frage''': Der Lehrer [[Personen: Yblagger Hans | Yblagger]] hat Sie auch einmal an der Stelle getroffen, wo das Haus gestanden ist und [[Aussagen: 1931-02-19 Yblagger Hans | damals haben Sie ihm erzählt]], dass die Täter angeblich ein Loch gegraben haben?<br> | ||
'''Antwort''': Jawohl das ist richtig. Das war auch der Fall. Ich habe nämlich an dem Tag, nachdem die Kommission da war im Stadelviertel in der Nähe des Auffindungsplatzes der Leichen eine Stelle gefunden, wo etwa ein schaufelstichtiefes Loch gegraben war. Die Aufgrabung war ganz frisch und mit Stroh zugedeckt. Ich glaube auch heute noch, dass die Täter damals die Leichen vergraben wollten, der Boden war aber wohl zu fest.<br><br> | '''Antwort''': Jawohl das ist richtig. Das war auch der Fall. Ich habe nämlich an dem Tag, nachdem die Kommission da war im Stadelviertel in der Nähe des Auffindungsplatzes der Leichen eine Stelle gefunden, wo etwa ein schaufelstichtiefes Loch gegraben war. Die Aufgrabung war ganz frisch und mit Stroh zugedeckt. Ich glaube auch heute noch, dass die Täter damals die Leichen vergraben wollten, der Boden war aber wohl zu fest.<br><br> | ||
'''Frage''': In der Wirtschaft sollen Sie sich ja selbst einmal als Täter bezeichnet haben?<br> | '''Frage''': In der Wirtschaft sollen Sie sich ja selbst einmal als Täter bezeichnet haben?<br> |
Aktuelle Version vom 21. Juni 2022, 10:22 Uhr
Quelle
Staatsarchiv München
Detailinformationen
Datum
30.03.1931
Ort
Zugegen
Lorenz Schlittenbauer
Martin Riedmayr, Kriminalinspektor
desweiteren unterzeichnet:
Friedrich Tenner, Polizeidirektor München I
August Fauss, Kriminaloberinspektor
Inhalt
Dst.2 München, den 30. März 1931
Betreff: Sechsfacher Mord in Hinterkaifeck Bei der Polizeidirektion München findet sich um 10 Uhr auf Vorladung ein, der verh. Landwirt Schlittenbauer Lorenz, geb. 16.8.1874 in Gröbern Gde. Wangen und dort wohnhaft, und macht auf Befragen folgende Angaben: Ich lebe seit meiner Geburt in Gröbern und war auch die größte Zeit meines Lebens dort. Lediglich vom 14. Lebensjahr ab bis nach der Militärzeit war ich an anderen Orten. Ich hatte 11 Geschwister, von denen aber heute nur noch 5 am Leben sind. Ich muß mich berichtigen. Es leben noch 6 Geschwister. Das elterliche Anwesen habe ich im Jahre 1899 übernommen und meine Eltern haben von diesem Zeitpunkt ab bei mir im Austrag gelebt, aber nicht immer, sie haben zwar von mir den Austrag gehabt, aber es hat nicht immer gut getan und da sind sie auch zeitweilig wo anders gewesen. Mein Vater hat nämlich sein ganzes Geld immer versoffen und da konnte ich ihm gar nicht genug geben und deshalb ist er fortgegangen. Mein Vater ist schon vor dem Kriege gestorben, den genauen Zeitpunkt weiß ich nicht mehr und meine Mutter im Jahre 1918. Meine erste Ehe habe ich bei der Übernahme des elterlichen Anwesens im Jahre 1899 geschlossen. Meine damalige Frau hieß Viktoria Tyroller und stammte aus dem Weißkopfanwesen in Ried Gde. Mühlried B.A. Schrobenhausen. Sie ist im Oktober 1918 gestorben. Sie hinterließ mir einen Buben und 3 Mädchen. In den ersten Jahren meiner Ehe lebten in meinem Hausstand noch 3 Geschwister von mir, die mir auch in der Landwirtschaft halfen. Außerdem lebten in meinem Hausstand die Eltern meiner ersten Frau, der Vater ist bereits im Jahre 1906 gestorben, die Mutter ist heute noch bei mir und ich muß immer noch für sie sorgen, obwohl sie vollständig mittellos ist und mich auch nichts angeht. Sie ist schon 84 Jahre alt. Von meinen Geschwistern hat beim Tod meiner ersten Frau niemand mehr bei mir gelebt. Ich hab sie ausheiraten müssen und die meisten sind eigentlich ins Kloster gegangen. Wie ich das zweitemal geheiratet habe, im Jahre 1921, war das Anwesen schuldenfrei und zudem in den vorangegangenen Jahren nahezu vollständig neu gebaut worden. Zudem hatte ich damals für 14.000 Mk. Pfandbriefe. Im Jahre 1921 hat auch meine älteste Tochter Magdalena geheiratet und ich habe ihr 20.000 Mk. Mitgegeben. Dieses Geld habe ich aus der Landwirtschaft erarbeitet. Es war damals schon nicht mehr so viel wert. Ich selbst habe damals kein Geld gebraucht und habe deshalb die 8.000 Mk., die meine Frau als Heiratsgut mitbrachte, auf meine 4 Kinder verteilt. Die Familie Gruber von Hinterkaifeck kannte ich seit meiner Geburt. Das Anwesen in Hinterkaifeck gehörte ursprünglich dem Josef Ostermeier und nach dessen Tode heiratete dessen Witwe Cäzilie Ostermeier den Andreas Gruber. Aus der ersten Ehe der Frau Gruber mit Josef Ostermeier waren 2 Kinder da und zwar 1 Knabe und 1 Mädchen. Der Sohn ist im Kriege gefallen und die Tochter ist heute noch verheiratet in der Nähe von Scheyern. Die Eheleute Gruber hatten mehrere Kinder, von denen aber nur 1 Tochter, die Viktoria am Leben geblieben ist. Die Kinder sind wohl alle gestorben, weil sie keine Pflege hatten und auch nicht genügend ernährt wurden. Ich selbst und auch mein Vater hatten öfters erlebt, daß die kleinen Kinder tagelang im Keller bleiben mußten und wenn man vorbeiging, hörte man die Kinder im Keller weinen. Ich sag’s ganz offen, die Leute waren nicht gut, da hat der Herrgott schon die rechte Hand am rechten Platz gehabt. Die Viktoria Gruber, die später den Karl Gabriel geheiratet hat, war 13 Jahre jünger als ich. Ich habe sie natürlich auch schon seit ihrer Kinderzeit gekannt, aber in nähere Beziehung bin ich erst mit ihr getreten, wie sie bereits Witwe war. Etwa im Jahre 1913 hat sie den Bauernsohn Gabriel geheiratet. Er wurde von den alten Grubers schlecht behandelt. Der alte Gruber hatte das Heft in der Hand und ließ es sich auch nicht nehmen, nachdem er übergeben hatte. Gabriel hat selbst mir gegenüber öfters geklagt, daß es ihm schlecht gehe und daß die alten so geizig seien, daß es nicht einmal mittags etwas zum Essen gäbe. Man hat auch davon gesprochen, daß die Ehe wieder geschieden werden sollte. Dazu ist es aber nicht mehr gekommen, weil der Krieg ausgebrochen und Karl Gabriel dann bald gefallen ist. Ich weiß noch, daß die alte Frau Gruber, als die Todesanzeige vom Mann der Tochter kam, gesagt hat, jetzt ist die Ehescheidung schon da. Es war ja auch allgemein bekannt, daß der alte Gruber mit seiner Tochter im Geschlechtsverkehr stand. Die alte Gruberin hat es ja zwar nicht erzählt, aber ihre Tochter, die Viktoria Gabriel. Diese war damals ca. 16 Jahre alt. Sie hat meiner ersten Frau erzählt, daß sie sich vor ihrem Vater nicht mehr halten könne, weil er immer Geschlechtsverkehr haben wolle. Nachdem der Karl Gabriel gefallen war, ist dann auch, wenn ich mich recht erinnere, ein Strafverfahren eingeleitet worden und der alte Gruber und seine Tochter wurden wegen Blutschande verurteilt. Die Viktoria Gabriel war überhaupt für den Geschlechtsverkehr leicht zu haben. Schon bald nach dem Tode ihres Mannes habe ich einmal mit ihr einen Schrank transportiert. Wir fuhren mitsammen mit meinem Fuhrwerk und da hat sie sich mir direkt angeboten. Sie sagte: „Du könntest mich jetzt leicht anpacken“. Ich ging aber damals darauf nicht ein, denn ich war damals noch verheiratet. Nach dem Tode meiner Frau (15.10.1918) kam eines Tages die Viktoria Gabriel zu mir in den Heustadel, paßte mich dort ab und machte mir den Vorschlag, ich solle sie heiraten. Meine Frau war damals etwa 14 Tage tot. Ich sagte nicht „nein“, weil ich mir dachte, ich brauche für mein Anwesen doch wieder eine Frau. Sie bot sich mir auch gleich zum Geschlechtsverkehr an, ohne das ich einen diesbezüglichen Wunsch geäußert hatte. Indem sie mich packte, warf sie sich aufs Heu und so habe damals zum ersten male mit ihr verkehrt. In der darauffolgenden Zeit kam das noch einige male vor, einmal beim Gänseabstechen sagte sie auch zu mir: „Geh heiraten wir“ und nahm mich dabei mit in die Remise, wo sie mich zum Geschlechtsverkehr aufforderte. Mir ist so etwas bis dahin noch nie vorgekommen, daß ein Weib sich selbst so anbietet. Insgesamt werde ich mit ihr höchstens 5 mal Verkehr gehabt haben. Sie machte mir dann einmal den Vorschlag, ich solle mit ihrem Vater wegen den Heiraten sprechen. Wann das war, weiß ich nicht mehr genau, ich weiß nur, daß sich hintennach herausgestellt hat, daß sie damals bereits in der Hoffnung war. Mir hat sie aber davon nichts gesagt. Ich nahm wirklich an, ich könnte sie heiraten und so ging ich einmal zum alten Gruber und machte ihm den Vorschlag, daß ich seine Tochter heiraten werde. Er war schon damit einverstanden, ebenso wie seine Tochter. Ich sagte ihm dann noch, daß ich natürlich eine Bedingung mache und das sei, daß er den Geschlechtsverkehr mit seiner Tochter aufhören müsse. Er solle sich bekehren von seinen Sünden und seine Tochter werde ich dann schon auf die rechten Wege führen. Ich sagte ihm auch, daß ich ein guter Christ sei und solche Sachen nicht leiden könne. Er sagte darauf: „Wir werden dann schon sehen“. Wie ich dann kurz darauf seine Tochter wieder traf, sagte mir dieselbe, daß sie in der Hoffnung sei. Sie sagte auch, daß ich der Vater sei. Ich protestierte dagegen und sagte ihr:“ Da ist doch Dein Vater auch dabei“. Sie erwiderte darauf:“Das ist eben das bessere, daß ich sagen kann, Vater Du bist auch dabei, sonst täte er mich erschlagen“. Sie sagte mir auch, daß es dem Vater nicht mehr recht sei mit der Heirat, aber den Vater müsse ich doch machen. Ich kam darauf auch noch mit dem alten Gruber zu sprechen als ich von der Wiese heimging und da fragte ich ihn, ob das sein Ernst sei, daß ich den Vater machen müsse. Er blieb darauf bestehen und fing gleich mit“Himmel Herrgott“ an und als ich ihm sagte, daß ich ihn anzeige, erwiderte er, das sei ihm gleich. Er rannte mir dann mit der Sense nach und ich lief davon. Ich ging aber dann noch ins Haus zu seiner Frau und zu seiner Tochter, währenddem er noch auf der Wiese war und fragte sie, ob das wirklich so sei. Die beiden Frauen blieben darauf bestehen, daß ich den Vater machen müsse, erklärten mir auch, daß ich zahlen müsse. Ursprünglich hatte mir die Viktoria Gabriel, als sie mir mitgeteilt hat, daß sie in der Hoffnung sei, gesagt, daß ich nichts zahlen brauche, sondern nur den Vater machen solle. Weil er aber dann so grob war und außerdem Geld verlangte, erklärte ich, ich mache den Vater nicht und ich zeigte ihn dann auch wegen Blutschande an. Das Verfahren wurde eingeleitet und inzwischen kam dann auch das Kind zur Welt. Am dritten Tage nach der Geburt kam dann die Viktoria Gabriel zu mir, bot mir an, sie zahle das ganze Geld, was die Vaterschaft ausmacht, wenn ich die Vaterschaft übernehme. Da sie auch dazu setzte, daß wir trotzdem noch heiraten könnten, war ich schließlich damit einverstanden. Sie brachte mir dann auch gleich 2.000 Mk., damit ich dann bei der Vormundschaft die Abfindung bezahlen konnte.
I. Anschließend an die Einvernahme wurde Schlittenbauer noch auf die an einzelnen Punkten zu Tage getretenen Unklarheiten seiner Aussagen hingewiesen. Er brachte je-doch seine Antworten in einer Weise vor, daß berechtigte Zweifel an seiner Täterschaft entstehen mußten. Wiederholt beteuerte er unter Tränen seine Unschuld, erklärte, daß er sehr wohl wisse, daß er in der dortigen Gegend als Täter angesehen werde und betonte, daß dies in erster Linie auf sein tatkräftiges Eingreifen als Ortsführer und auf seine Hilfsbereitschaft zurückzuführen sei. Er habe sich eben aus menschlichen Gründen um alles angenommen, habe sich aber nun nach den gemachten Erfahrungen zum Vorsatz gemacht, nie mehr in so selbstloser Weise einzugreifen. Anhaltspunkte für ein weiteres Vorgehen sind nicht mehr vorhanden. gez. Riedmayr,
Krim. Inspektor.
Mit den Akten des Landgerichts Neuburg a.d. Donau Nr. 526/22, 316/24, 233, 257, 535/25, 414/30 u.
1368/30 ferner Sonderakt „Schlittenbauer“
Ergebenst zurückgeleitet.
München, den 11. April 1931 gez. Fauss
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Verbindung zum Mordfall Hinterkaifeck
Fragen/Bemerkungen
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