Zeitungsartikel: 1922-04-07 Bozner Nachrichten: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Das Hinterkaifeck-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
(Die Seite wurde neu angelegt: „Kategorie:Zeitungsartikel rechts == Detailinformationen == === Datum === 07.04.1922 === Ort === Bozen === Art des Dokumentes === Z…“)
 
 
Zeile 22: Zeile 22:
'''''Der sechsfache Mord im Einödhof.'''''
'''''Der sechsfache Mord im Einödhof.'''''


„Noch nie in meinem Leben habe ich ein so entsetzliches Bild gesehen, wie auf diesem toten Einödhof," so erklärte einer der Münchner Kriminalbeamten, die auf dem Einödhof Hinterkaifeck bei Wangen in Oberbayern die Erhebungen gepflogen haben und nun wieder nach München zurückgekehrt sind. Alle Bewohner des Hofes waren mit einer schweren Kreuzhaue, durch Schläge auf den Kopf getötet worden. Die Leichen der beiden Frauen, die in der Tenne lagen, waren in den Kleidern, während der alte Gruber und das acht Jahre alte Mädchen, deren Leichen ebenfalls in der Tenne aufgefunden wurden, bereits entkleidet waren. Auch die Dienstmagd, die tot in ihrer Kammer lag, hatte die Oberkleider bereits abgelegt, nur die Schuhe hatte sie noch an. Aus diesen Feststellungen schließt man, daß das Verbrechen zur Zeit des Schlafengehens verübt wurde. Der alte Gruber und seine Enkelin hatten sich bereits zu Bett begeben, die Frauen wohl noch mit der neuen Magd unterhalten, deren Sachen noch im Rucksack verpackt waren. Der Mord ist zweifel los am 31. März verübt worden. Am Samstag, 1. April, fehlte das Mädchen in der Schule; am selben Tage kam ein Reisender auf den Hof, der die Türen verschlossen fand. Im Stall lärmten das Vieh und der Hund. Der Reisende dachte sich nichts weiter dabei und entfernte sich wieder. Am Montag erschien ein Monteur auf dem Hof, der bestellt war, einen Motor einzurichten; auch er hörte das Geschrei des Viehes und verließ den Hof nach vergeblichem Pochen wieder. In der Gegend redete sich diese Beobachtung herum; der Ortsvorsteher, der davon erfuhr, schickte seine Buben auf den Hof und als auch diese unverrichteter Dinge zurückkehrten, begab sich der Ortsvorsteher mit zwei Begleitern an den Hof. Die Türe mußte aufgesprengt werden. Die Bewohner sind offenbar durch die Unruhe des von den Tätern im Stalle losgelassenen Viehes aus der Wohnung gelockt worden. Der Überfall erfolgte auf einem Gang, der von der Küche zum Stall und' zur Tenne sührt. Der Hund, der ständig im Stall eingesperrt war, wird als sehr scharf geschildert; er befand sich nach der Tat noch im Stall. Es ist unaufgeklärt, wie die Täter, ohne daß der Hund Lärm schlug, in den Stall kommen konnten, um das Vieh los zu lassen. Von den Mördern hat man keine Spur. Die Schmucksachen der Bäuerinnen, das Gold- und Silbergeld und die Depotscheine der bei einer Bank in Schrobenhausen hinterlegten Wertpapiere wurden gefunden. Unter einem Bette lag eine bauchige leere Brieftasche. Zweifellos ist den Mördern ein großer Geldbetrag in die Hände gefallen. Schon deshalb war viel Geld im Hause, weil demnächst mit einem Stallneubau begonnen werden sollte.
„Noch nie in meinem Leben habe ich ein so entsetzliches Bild gesehen, wie auf diesem toten Einödhof," so erklärte einer der Münchner Kriminalbeamten, die auf dem Einödhof Hinterkaifeck bei Wangen in Oberbayern die Erhebungen gepflogen haben und nun wieder nach München zurückgekehrt sind. Alle Bewohner des Hofes waren mit einer schweren Kreuzhaue, durch Schläge auf den Kopf getötet worden. Die Leichen der beiden Frauen, die in der Tenne lagen, waren in den Kleidern, während der alte Gruber und das acht Jahre alte Mädchen, deren Leichen ebenfalls in der Tenne aufgefunden wurden, bereits entkleidet waren. Auch die Dienstmagd, die tot in ihrer Kammer lag, hatte die Oberkleider bereits abgelegt, nur die Schuhe hatte sie noch an. Aus diesen Feststellungen schließt man, daß das Verbrechen zur Zeit des Schlafengehens verübt wurde. Der alte Gruber und seine Enkelin hatten sich bereits zu Bett begeben, die Frauen wohl noch mit der neuen Magd unterhalten, deren Sachen noch im Rucksack verpackt waren.  
 
Der Mord ist zweifellos am 31. März verübt worden. Am Samstag, 1. April, fehlte das Mädchen in der Schule; am selben Tage kam ein Reisender auf den Hof, der die Türen verschlossen fand. Im Stall lärmten das Vieh und der Hund. Der Reisende dachte sich nichts weiter dabei und entfernte sich wieder. Am Montag erschien ein Monteur auf dem Hof, der bestellt war, einen Motor einzurichten; auch er hörte das Geschrei des Viehes und verließ den Hof nach vergeblichem Pochen wieder. In der Gegend redete sich diese Beobachtung herum; der Ortsvorsteher, der davon erfuhr, schickte seine Buben auf den Hof und als auch diese unverrichteter Dinge zurückkehrten, begab sich der Ortsvorsteher mit zwei Begleitern an den Hof. Die Türe mußte aufgesprengt werden.  
 
Die Bewohner sind offenbar durch die Unruhe des von den Tätern im Stalle losgelassenen Viehes aus der Wohnung gelockt worden. Der Überfall erfolgte auf einem Gang, der von der Küche zum Stall und' zur Tenne sührt. Der Hund, der ständig im Stall eingesperrt war, wird als sehr scharf geschildert; er befand sich nach der Tat noch im Stall. Es ist unaufgeklärt, wie die Täter, ohne daß der Hund Lärm schlug, in den Stall kommen konnten, um das Vieh los zu lassen. Von den Mördern hat man keine Spur.  
 
Die Schmucksachen der Bäuerinnen, das Gold- und Silbergeld und die Depotscheine der bei einer Bank in Schrobenhausen hinterlegten Wertpapiere wurden gefunden. Unter einem Bette lag eine bauchige leere Brieftasche. Zweifellos ist den Mördern ein großer Geldbetrag in die Hände gefallen. Schon deshalb war viel Geld im Hause, weil demnächst mit einem Stallneubau begonnen werden sollte; das Material lag schon bereit. Der Unglücksort liegt auf der Anhöhe vor Gröbern, fast ganz im Wald.
</tt>
</tt>
|}
|}


== Offene Fragen/Bemerkungen ==
== Offene Fragen/Bemerkungen ==

Aktuelle Version vom 7. Mai 2022, 22:49 Uhr

Detailinformationen

Datum

07.04.1922

Ort

Bozen

Art des Dokumentes

Zeitungsbericht

Verfasser

unbekannt

Verfasst für

Bozner Nachrichten

Verfügbar

Zeitungsarchiv

Inhalt

Der sechsfache Mord im Einödhof.

„Noch nie in meinem Leben habe ich ein so entsetzliches Bild gesehen, wie auf diesem toten Einödhof," so erklärte einer der Münchner Kriminalbeamten, die auf dem Einödhof Hinterkaifeck bei Wangen in Oberbayern die Erhebungen gepflogen haben und nun wieder nach München zurückgekehrt sind. Alle Bewohner des Hofes waren mit einer schweren Kreuzhaue, durch Schläge auf den Kopf getötet worden. Die Leichen der beiden Frauen, die in der Tenne lagen, waren in den Kleidern, während der alte Gruber und das acht Jahre alte Mädchen, deren Leichen ebenfalls in der Tenne aufgefunden wurden, bereits entkleidet waren. Auch die Dienstmagd, die tot in ihrer Kammer lag, hatte die Oberkleider bereits abgelegt, nur die Schuhe hatte sie noch an. Aus diesen Feststellungen schließt man, daß das Verbrechen zur Zeit des Schlafengehens verübt wurde. Der alte Gruber und seine Enkelin hatten sich bereits zu Bett begeben, die Frauen wohl noch mit der neuen Magd unterhalten, deren Sachen noch im Rucksack verpackt waren.

Der Mord ist zweifellos am 31. März verübt worden. Am Samstag, 1. April, fehlte das Mädchen in der Schule; am selben Tage kam ein Reisender auf den Hof, der die Türen verschlossen fand. Im Stall lärmten das Vieh und der Hund. Der Reisende dachte sich nichts weiter dabei und entfernte sich wieder. Am Montag erschien ein Monteur auf dem Hof, der bestellt war, einen Motor einzurichten; auch er hörte das Geschrei des Viehes und verließ den Hof nach vergeblichem Pochen wieder. In der Gegend redete sich diese Beobachtung herum; der Ortsvorsteher, der davon erfuhr, schickte seine Buben auf den Hof und als auch diese unverrichteter Dinge zurückkehrten, begab sich der Ortsvorsteher mit zwei Begleitern an den Hof. Die Türe mußte aufgesprengt werden.

Die Bewohner sind offenbar durch die Unruhe des von den Tätern im Stalle losgelassenen Viehes aus der Wohnung gelockt worden. Der Überfall erfolgte auf einem Gang, der von der Küche zum Stall und' zur Tenne sührt. Der Hund, der ständig im Stall eingesperrt war, wird als sehr scharf geschildert; er befand sich nach der Tat noch im Stall. Es ist unaufgeklärt, wie die Täter, ohne daß der Hund Lärm schlug, in den Stall kommen konnten, um das Vieh los zu lassen. Von den Mördern hat man keine Spur.

Die Schmucksachen der Bäuerinnen, das Gold- und Silbergeld und die Depotscheine der bei einer Bank in Schrobenhausen hinterlegten Wertpapiere wurden gefunden. Unter einem Bette lag eine bauchige leere Brieftasche. Zweifellos ist den Mördern ein großer Geldbetrag in die Hände gefallen. Schon deshalb war viel Geld im Hause, weil demnächst mit einem Stallneubau begonnen werden sollte; das Material lag schon bereit. Der Unglücksort liegt auf der Anhöhe vor Gröbern, fast ganz im Wald.

Offene Fragen/Bemerkungen