Dokumente Gump: 1921-10-20 Vernehmung Stenzer Walter vom 20.10.1921

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Quelle

GStA PK, I. HA Rep. 84a Justizministerium, Nr. 54944

Detailinformationen

Datum

20.10.1921

Ort

München

Inhalt

Beglaubigte Abschrift!

München, den 20. Oktober 1921
V o r m e r k u n g.
Auf kurzhändige Ladung erscheint bei Amt

Herr Walter Stenzer

geboren am 19. Juli 1900 zu München, ledig. Absolvent der Oberrealschule-, wohnhaft Oettingerstraße 36 II bei den -Eltern und erklärt auf Vorhalt:
Ich war Angehöriger des Freikorps „Oberland“, und zwar von Mitte Mai bis 5. Juni 1921; am 5. oder 6. Juni 1921 wurde ich zur Nachrichtenzentrale Gruppe Süd versetzt. Der Chef war Hauptmann von Kessel richtig Kiefer. Dieser hat sicher nur das Beste gewollt, er hat soviel ich weiß, keinerlei Todesurteile vollstrecken lassen, auch keinerlei Requisitionen von Pferden pp. vornehmen lassen.
Bei der Gruppe Süd "Kriminalabteilung" war ich etwa 14 Tage und habe während dieser Zeit auf Veranlassung des Kriminalinspektors Friedrich, der mein direkter Vorgesetzter war, den Wirt Walenczyk auf der Straße von Krappitz nach Gogolin festgenommen und an Inspektor Friedrich abgeliefert, der ihn dann an das Gerichtsgefängnis in Krappitz verbringen ließ. Walenczyk war polnischer Spion; Walenczyk wurde, soviel ich weiß, von einem gewissen Gump in der Nähe von Leschnitz erschossen. Friedrich fuhr auf dem Motorrad des Dressel mit diesem dem Wagen voraus, in dem sich Walenczyk mit Gump befand, jedenfalls zu dem Zweck, um eine zur Erschießung geeignete Stelle zu suchen.
Einen gewissen Mussweiler kenne ich persönlich, kann aber. bezüglich seiner Personalien nur angeben, daß er aus Hamburg stammt er gehörte zu der Kriminalabteilung der Gruppe Süd und zum Konsortium Friedrich, Gump und Dressel. Dieser wurde dann später nach dem Weggang der Kriminal-Abteilung von Krappitz von dem Hauptmann von Kessel-Kiefer wegen Unzuverlässigkeit entlassen.
Ich habe davon sprechen gehört, daß Frau Walenczyk, mit dem Wilhelm Dressel ein Verhältnis unterhielt, Geld dafür geboten


hat, wenn ihr Mann bei Seite geschafft werde. Von einem Telegramm an Walenczyk, daß er nach Oppeln kommen solle, ist mir nichts bekannt. Einen Kutscher Seirer kenne ich dem Namen nach nicht, möglich aber ist es, daß ich ihn vom Sehen kenne.
Den Kutscher des Wagens, in dem Walenczyk transportiert wurde, kenne ich nicht. Wo Walenczyk begraben liegt, kann ich nicht bestimmt angeben, vermute aber, daß es in der Nähe des Ortes, wo er erschossen wurde, betätigt worden ist.
Ein Stellmach ist mir nur dem Namen nach bekannt, ich hörte öfter davon sprechen, daß er ermordet und seiner Barschaft beraubt worden sei. Wer in diesem Falle als Täter in Frage kommt, ist mir nicht bekannt. Ein Karl Görlitz, den ich persönlich kannte und der soviel ich weiß, von Dressel verhaftet wurde, wird vermißt und von seiner Mutter gesucht; er war meines Erachtens ein anständiger Mensch, er wurde aber der Spionage verdächtigt einen Nachweis hierüber vermag ich nicht zu erbringen. Soviel ich gehört habe, verschwand Görlitz auf dem Wege von Krappitz nach Leobschütz.
Sonstige Angaben, die für die Untersuchung von Belang wären, vermag ich nicht zu machen. Der Johann Döhl ist ein anständiger Mensch.

L.U. gez. ' Walter Stenzer

Polizeidirektion I. A. gez. Unterschrift.

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Beschuldigten-Vernehmung in der Strafsache gegen Gump und Genossen wegen Mordes
aufgenommen München am 6. März 1922 im Amtsgebäude Mariahilfplatz 17a
Gegenwärtig. Der Amtsrichter Meinzolt, der stellv. Ger.Schreiber Göhl,
     Der Zeuge wurde gemäß § 136 der St. P. O. vernommen wie folgt:
Z. P. Stenzer Walter, 21 Jahre alt, Praktikant hier, Oettingerstraße 36 II, übr. Fr. verneinend.
Z. S. Meine mir vorgelesene Aussage vom 20.10. 21 Bl. 24 d. A. ist im allgemeinen richtig. Ich ergänze und berichtige sie, wie folgt:
Ich weiß bestimmt, daß Friedrich mir den Befehl erteilte, einen polnischen Spion, der in einer Kutsche nach Gogolin fahre, zu verhaften. Den Namen des Spions nannte er nicht. Auch sagte


er nichts davon, daß er der Wirt vom „Deutschen Haus" sei. Ich fuhr mit dem Fahrrad, nicht einem Motorrad, der Kutsche nach und holte sie an der Oderbrücke ein. Sie wurde von dem Krappitzer Lohnkutscher gefahren. In der Kutsche saßen ein mir unbekannter Mann, ferner die mir bereits bekannnte Wirtin des "Deutschen Hauses" mit 2 kleinen Kindern. Ich erklärte den Mann für für verhaftet und nahm ihm seine Papiere ab, die auf den Namen Walenczyk lauteten. Ich brachte darauf den Mann nach Krappitz zurück und führte ihn dem Friedrich persönlich vor, lieferte ihm auch die dem Spion abgenommenen Papiere aus. Was weiter mit dem Mann geschah, weiß ich nicht, ich hörte nur, da daß er ins Gefängnis gebracht worden und von dort aus mit einem Wagen Richtung Leschnitz gebracht und im Walde erschossen worden sei. Ich habe auch gehört, daß Gump den Spion zur Erschießung begleitete und daß auch Friedrich und Dressel auf dem Motorrad mitfuhren. In welcher Weise Dressel sich an der Erschießung beteiligte, weiß ich nicht. Es ist mir auch nicht bekannt, ob die Erschießung auf höheren Befehl erfolgte.
Ich muß mich dahin berichtigen, daß. ich nicht mehr bestimmt weiß, ob ich den Spion an Friedrich persönlich ablieferte, weiß jedoch bestimmt, daß bei der :Ablieferung des Verhafteten ein gewisser Hennch, stud. der Handelswissenschaften in Nürnberg zugegen war und daß ich ihm die Papiere der Verhafteten aushändigte.
Ich habe in der Abteilung davon gehört, daß Frau Walenczyk geäußert habe, es komme ihr auf ein paar Tausend Mark nicht an, wenn ihr Mann aus dem Wege geräumt werde, von ihr persönlich habe ich es aber nicht gehört. Ich kann auch bestätigen, daß Dressel mit ihr ein Liebesverhältnis unter-hielt. Er hat im Gasthof gewohnt, hat auf ihre Kosten üppig gelebt und schrieb auch noch von Bielau aus an Frau Walenczyk . Dressel hat mir selbst erzählt, daß er Frau W. heiraten werde. Ich bekam zufällig einen Brief der Mutter des


Dressel zu lesen, in dem sie ihn zu seiner bevorstehenden Hochzeit in Krappitz beglückwünscht. Wo sich Gump z.Zt. aufhält, weiß ich nicht. Ich kann nur soviel sagen, daß er im Oktober v. Js. in einer Ortschaft auf der Strecke Ziegenhals-Bilau in Arbeit war. Ich habe seinerzeit ein Bild von ihm, vielmehr die photographische Platte seiner Aufnahme bei der Pol. Direktion abgegeben. Ich beschreibe ihn folgendermaßen. Untersetzte kräftige Gestalt, ca. 1,70 m groß, "0"-Beine, gesundes Aussehen, trug bis zum August einen Schnurrbart, von da ab war er glatt rasiert, spricht oberbayerischen Dialekt. Er soll aus der Gegend von Garmisch-stammen.

v. g. u. gez. Walter Stenzer
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Mit der Unterschrift gleichlautend

Oppeln, den 16. April 1922.
Handschriftl. Unterschrift

Justizinspektor
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