Berichte: 1938-09-06 Schlussbericht zu Pfleger Josef
Schlußbericht des KrimObAss. Kusterer über Josef Pfleger
Quelle
Staatsarchiv München
Detailinformationen
Datum
06.09.1938
Ort
Autor/Funktion
Inhalt
1 K. Pfleger Josef hat bei den wiederholten Vernehmungen immer wieder seine Unschuld beteuert und er ließ sich auch durch die Gegenüberstellung mit Heinrich Wöhrl nicht irre machen, seinen Standpunkt zu vertreten. Wenn man von den im Jahre 1935 gemachten belastenden Angaben der Tochter des Pfleger absieht, sind für die Begründung des Tatverdachte lediglich die Behauptungen des schon wiederholt schwer und neuerdings mit 10 Jahren Zuchthaus vorbestraften Büßers Heinrich Wöhrl vorhanden. Die Angaben des Wöhrl, bzw. die angebliche Tatschilderung durch Pfleger, stehen aber in so vielen Punkten mit den festgestellten Tatsachen im Widerspruch, daß sie schon aus diesem Grunde in großem Maße unglaubhaft erscheinen. Insbesondere die Behauptung, Pfleger habe die 6 Opfer mit einem Hammer erschlagen, als diese beim Abendessen in der Stube beisammen saßen, ist nach dem Tatortbericht unmöglich. Dabei soll Johann Schweiger daneben gestanden und keinen Finger gerührt haben, während er in Wirklichkeit zur Tatzeit in Strafhaft war. Wöhrl hat bei seiner ersten Vernehmung (Bl.5) angegeben im Jahre 1932 mit Schweiger zusammengetroffen zu sein und habe von ihm erfahren, Dass er mit Pfleger den Mord in Hinterkaifeck ausgeführt habe. Bei der neuerlichen Vernehmung (Bl.50) stellte er dies wieder in Abrede. Ferner habe ihn Pfleger aufgefordert, seine Frau, die Tochter und seinen Bruder Sebastian mit einem Hammer zu erschlagen und habe ihm zu diesem Zweck einen Hammer ausgehändigt und zwar angeblich im Frühjahr 1935. Zu dieser Zeit hat aber Frau Pfleger und deren Tochter bereits in Mittenheim gewohnt und zwar seit 2. bzw. 6.II.35. Aus dem gleichen Grunde kann auch die Ehefrau Pfleger bei dem letzten Besuch des Wöhrl bei Pfleger im Frühjahr 1935 in Deimhausen nicht mehr dort gewohnt haben. Der Lehrer Söllner in Deimhausen hat nach eigenen Angaben noch nie die Gemeindekasse in Verwahrung gehabt, was auch dem Pfleger zur Genüge bekannt war. Er kann deshalb den Wöhrl auch nicht zu einem Einbruch und Diebstahl der Gemeindekasse im Schulhaus aufgefordert haben. In der Mühle in Pobenhausen wurde bereits im Oktober 1933 eingebrochen und aus dem Geldschrank ein größerer Geldbetrag entwendet. Der Schlüssel zum Geldschrank war bis zu diesem Zeitpunkt im Diwan zwischen Seitenlehne und Sitzfläche verwahrt, jedoch später nicht mehr. Außerdem konnte der Täter ausgemittelt werden. Außerdem steht durch die Eintragung in der Schülerliste der Volkshauptschule Deimhausen fest, daß die beiden Kinder des Pfleger am Samstag den 1.4.22 und am 3. und 4.4.22 ganztägig der Schule ferngeblieben sind. Da dieser Eintrag den Vermerk: Eltern verreist, trägt, dürfte es keinem Zweifel unterliegen, daß Pfleger bereits am Samstag den 1.4.22 mit seiner Familie zum Besuch seiner Schwiegermutter nach Mittenheim gefahren ist. Die Anregung zu diesem Besuch ging aber nicht von Pfleger, sondern von dessen Ehefrau aus, die ihre kranke Mutter besuchen wollte. Nach Überzeugung des Lehrers Söllner hat Pfleger zweifellos schon am Tage vorher, wenn nicht früher um Schulbefreiung der Kinder nachgesucht. Die Richtigkeit dieser Eintragung wird bestätigt durch die Feststellung bei der Ortskrankenkasse Schrobenhausen, insbe-sondere durch den Rechnungsbeleg des Dr. Bach aus Schleißheim, wonach dieser bereits am 1.4.22 einen Nachtbesuch und am 3.4.22 noch einen Tagbesuch bei Maria Pfleger in Mittenheim in Rechnung stellte. Da die beiden Kinder am Mittwoch den 5.4.22 wieder die Schule besuchten, ist mit Sicherheit anzunehmen, Dass Pfleger am Dienstag den 4.4.22 wieder nach Deimhausen zurückgekehrt ist. Pfleger behauptet, daß er am Tage der Rückkehr von Mittenheim in der Gastwirtschaft“ zur Sonne“ in Hohenwart von dem Mord in Hinterkaifeck erstmals erfahren habe. Dies erscheint nach Angaben des Dr. Pointner von Hohenwart als sehr wohl möglich, da er selbst bereits am Dienstag den 4.4.22 am Tatort gewesen sei und im Laufe des Nachmittags und Abends in Hohenwart allgemein bekannt gewesen sei, daß die Bewohner der Einöde Hinterkaifeck ermordet aufgefunden wurden. Nach diesen Feststellungen muß als richtig unterstellt werden, daß Pfleger in der Tatnacht vom 31.3. auf den 1.4.22 noch in Deimhausen aufhältlich war. Es ist jedoch kaum anzunehmen, daß wenn er den Mord in Hinterkaifeck alleine oder mit einer 2. Person ausgeführt haben würde, er dann schon am Tage vor der Tat bei dem Lehrer Söllner in Deimhausen um Schulbefreiung für seine beiden Kinder für die beabsichtigte Fahrt nach Mittenheim nachgesucht haben würde. Wenn auch auf einer Einöde wie Hinterkaifeck die Vorbedingungen zur Tatausführung in gewissem Maße konstant sind, mußten die oder der Täter doch auch mit der Möglichkeit eines nicht ganz glatten Tatverlaufes rechnen. Dass Pfleger seinen Mordplan so wohl überlegt und durchdacht zur Ausführung gebracht hätte, ist bei seiner sonstigen geistigen Einstellung nicht anzunehmen. Auf gar keinen Fall würde er aber auch einer solch raffinierten Tatausführung dem ihm als Einbrecher bekannten Wöhrl anvertraut haben, daß er den Mord ausgeführt hat. Es ist mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß Heinrich Wöhrl entweder von Pfleger selbst, was von diesem auch bestritten wird, oder von einer anderen Person erfahren hat, daß Pfleger durch seine Tochter des Mordes in Hinterkaifeck beschuldigt wurde. Wöhrl dürfte dann diese Kenntnis als eigenes Erlebnis mit Pfleger der Behörde zur Kenntnis gebracht haben, um sich während seiner Strafhaft gewisse Vorteile, wenn auch nur Abwechslung zu verschaffen. Was die Behauptungen des Wöhrl unter Bezugnahme auf die Unterhaltung mit Josef Reichenberger, Büßer im Zuchthaus Straubing betrifft, so erscheint eine Nachprüfung dieses Vorbringens unter Berücksichtigung der vorstehenden Feststellung nicht mehr veranlaßt. Reichenberger hat sich, wie hier zur Genüge bekannt ist, schon wiederholt in anhängige Strafverfahren größerer Art einzumischen versucht um zu erreichen, auf Schub zu kommen und Gelegenheit zum Entweichen zu finden, wobei er aber in der Regel der Unrichtigkeit seines Vorbringens überführt werden konnte.
München, den 6. September 1938 I. Der Büßer Heinrich Wöhrl wird am Montag den 12.9.28 nach Anweisung der Staatsanwaltschaft in das Zuchthaus Straubing zurück verschubt. II. Josef Pfleger verbleibt bis zur weiteren Verfügung im Polizeigefängnis beim Polizeipräsidium München in Haft. III. Mit Akten (Band I Raubmord in Hinterkaifeck, Handakt zu 6 Js 440/37, C 103/35, 6 Js 349/38) und einer Kostenaufrechnung an den Herrn Oberstaatsanwalt bei dem Landgerichte Augsburg. Im Auftrage,
München, den 6. September 1938 1. K. 159/15 Zu den Akten: Mord in Hitnerkaifeck bei 1 K. Im Auftrage
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