Dokumente: 1935-01-02 Vernehmung Wittmann Georg

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Richterliche Einvernahme

Detailinformationen

Datum

02.01.1935

Ort

Kaisheim

Art des Dokumentes

Vernehmungsprotokoll

Verfasser

Verfasst für

Staatsanwaltschaft Augsburg

Quelle

Staatsarchiv Augsburg

Inhalt

Richterliche Vernehmung des Wittmann im Zuchthaus Kaisheim vom 2.1.1935.



Zur Person:
Wittmann Georg, 50 Jahre alt, geschiedener Unterhändler von Kastl (Oberpfalz), z.Zt. Büßer hier; zu Wolfgang Schwarz nicht verwandt und nicht verschwägert.
Zur Sache:
Im Jahre 1929 kam ich in die Gefangenenanstalt Amberg zur Verbüßung einer längeren Freiheitsstrafe. Ich kam bei dieser Gelegenheit öfters mit dem Mitgefangenen Wolfgang Schwarz, lediger Schäfer aus Württemberg zusammen. Wir waren während der Arbeit beisammen und auch im gleichen Schlafsaale. Schließlich hat sich zwischen uns beiden ein vollkommenes Vertrauensverhältnis herausgebildet. Als ich mehrere Wochen in Amberg war, wurden in diese Anstalt Gefangene von der aufgelassenen Anstalt Laufen verbracht. Unter diesen befand sich einer, den ich von früher her kannte. Sein Name ist mir augenblicklich nicht gegenwärtig. Ich weiß nur noch, daß er den Taufnamen Simon hatte und aus der Neuburger Gegend stammte, und zwar meine ich aus Karlskron oder Karlshuld. Diesen hatte ich im hiesigen Zuchthause, woselbst ich in den Jahren 1923 und 1924 eine Strafe verbüßte, mit seinen zwei Brüdern, die damals gleichfalls in Kaisheim zur Strafverbüsung waren, kennen gelernt. Mir war bekannt, daß derselbe mit seinen beiden Brüdern der Mordtat in Hinterkaifeck verdächtig war und einvernommen wurde. Als nun dieser Mann nach Amberg kam, habe ich dem etc. Schwarz erzählt, daß ich diesen kenne und daß derselbe schon der erwähnten Mordtat verdächtig war. Derselbe erwiderte darauf, daß dieser der Täter nicht sei, daß vielmehr in dieser Mordsache die Behörden stark irregeführt worden seien. Ich fragte ihn dann, ob denn er von der Sache etwas wisse, worauf er erwiderte: " ja, freilich weiß ich etwas!" Er erzählte mir dann folgendes:
"Ich habe mit noch zwei Schäfern in der Nähe des Einödhofes, in welchem die Mordtat geschah, Schafe gehütet. Mit der Magd des Bauern, die auch ermordet wurde, hatte ich


ein Liebesverhältnis. Wir vermuteten, bezw. wußten aus Mitteilungen der Magd, daß bei dem Bauern Geld zu haben sei. Ich und der inzwischen verstorbene Haupttäter vereinbarten, das Geld zu holen. Die Magd hatte ihre Mithilfe zugesagt, indem sie versprach, uns hereinzulassen. Wir hätten die Tat schon 2 Tage vorher ausgeführt, konnten aber zur Verübung derselben nicht kommen, weil der dritte Schäfer, der nicht Mittäter, wohl aber Mitwisser des beabsichtigten Diebstahls war, sich gerade in Augsburg befand. und sie deshalb nicht abkommen konnten, weil sonst dessen Herde, deren vorübergehende Beaufsichtigung sie übernommen hatten, ohne Aufsicht gewesen wäre. Als wir dann zur Ausführung der Tat gingen, hatten wir bloß die Absicht, das Geld zu stehlen, nicht aber die Absicht, irgend jemand um das Leben zu bringen. Es wäre auch niemand um das Leben gebracht worden, wenn nicht die Magd plötzlich umgeschwenkt hätte, indem sie Lärm machte. Ehe wir in das Wohnhaus eindrangen, hat der andere inzwischen verstorbene Mittäter aus der Schupfe ein Beil mitgenommen und mit demselben der Magd einen Hieb versetzt. Er hatte sie aber auf diesen ersten Hieb nicht genügend getroffen, sodaß sie noch schreien konnte, worauf dann die übrigen Hausinsassen wach wurden. Daraufhin hat der verstorbene Mittäter mit dem Beile den Bauern und die Bäuerin und die Eltern vom Bauern oder der Bäuerin niedergeschlagen.
Mir war der seinerzeit vielbesprochene Mordfall bekannt und deshalb wußte ich auch, daß damals ein Kind ermordet wurde. Ich fragte ihn deshalb, warum denn dann das unschuldige Kind ermordet worden sei, worauf er mir entgegnete, daß er das Kind umgebracht habe, weil er gefürchtet habe, das Kind könnte schreien und auf diese Weise vorübergehende Leute aufmerksam gemacht werden. Er erzählte mir dann noch, dass sie zwar Geld bekommen, daß sie sich aber mehr erhofft haben. Außerdem hätten sie noch meines Wissens eine Uhr und Schmucksachen erbeutet, die dann der andere in München versetzt oder verkauft habe. Nach der Tat seien sie beide sofort auf ein paar Tage fortgegangen und zwar meines Erinnerns nach Pöttmes, damit auf sie kein Verdacht falle. Nach ein paar Tagen seien sie wieder zu ihren Schafen zurückgekehrt.
Diese Mitteilung, die ich mir sogleich nach der Erzählung


aufgeschrieben habe, hat mir Schwarz zuerst allein erzählt. Dann aber hat er dieselbe gelegentlich unseres Zusammenseins mit dem Mitgefangen Sauerlacher, einem Stallschweitzer aus der Nähe von Schrobenhausen, dem Hinterkaifeck bekannt war, wiederholt. Ich wollte nämlich diesen Sauerlacher als weiteren Zeugen gewinnen und habe denselben in die Sache eingeweiht und dann in dessen Anwesenheit das Gespräch wiederum auf den Kaifecker Mord geführt. In dessen Gegenwart hat dann, wie erwähnt, etc. Schwarz, die mir gemachten Mitteilungen wiederholt. Sauerlacher sagte dann zu mir, daß diese Sache doch angezeigt werden solle. Ich verhielt mich zuerst ablehnend, habe die Sache dann aber doch der Staatsanwaltschaft Augsburg mitgeteilt, woraufhin wir vernommen und dem alles ableugnenden Schwarz gegenüber gestellt wurden. Wir sind damals mit der Farbe nicht recht herausgerückt, weil wir uns sonst vor den anderen Gefangenen nicht mehr hätten halten können.

Nach der Gegenüberstellung hat dann Schwarz , der ein Stockwerk unter mir untergebracht war, mich in den Abort bestellt, weil man sich durch die Abortröhren verständigen konnte. Ich ging in den Abort. Durch die Abortröhre rief mir dann Schwarz dem Inhalte nach folgendes zu: " Jetzt hast Du mir einen schönen Saustall eingebrockt, wenn ich das gewußt hätte, hätte ich Dir nichts gesagt. Wenn man Dir und dem Sauerlacher geglaubt hätte, dann würde ich um einen Kopf kürzer gemacht; halte doch Deine Fotze, Du hast ja nichts davon und derjenige, welcher die anderen vier umgebracht hat, ist ja schon gestorben."
Auf Vorhalt: Ich weiß bestimmt, daß er gesagt hat, das der andere vier umgebracht habe, weil ich mir dann sogleich gedacht habe, es müsse dann der Schwarz außer dem Kinde auch noch eine weitere Person umgebracht haben, da insgesamt 6 Personen er-mordet wurden.

Die von mir im Abschluß an die Mitteilungen des Schwarz sofort gemachten Aufschreibungen sind noch bei mir zuhause in der Wohnung meiner Mutter. Im Jahre 1932 erhielt ich Strafunterbrechung, bei welcher Gelegenheit ich diese Notizen mit nach Hause nahm, sie befinden sich in Kastl in meinem Schlafzimmer in der abgesperrten Kommode, zu welcher ich den Schlüssel bei meinen hiesigen Effekten habe.
Eben fällt mir der Name des von Laufen nach Amberg überstellten Gefangenen ein, er hieß Kaltenegger. Der Vollständigkeit halber möchte ich noch beifügen, daß mir Schwarz