Aussagen: 1938-09-02 Sammlung zu Pfleger Josef
Quelle
Staatsarchiv München
Detailinformationen
Vernehmung des Arztes Dr. Hans Pointner und der getrennt lebenden Ehefrau Pflegers Maria Pfleger
Datum
02.09.1938
Ort
Zugegen
Dr. Hans Pointner, Arzt in Hohenwart
Maria Pfleger
Kusterer, Kriminaloberassistent
Inhalt
München, den 2. September 1938
Der Unterzeichnete fuhr am 31.8.1938 mit der Bahn nach Pfaffenhofen a.d. Ilm und von dort mit eigenem Fahrrad nach Hohenwart und Deimhausen. In den vorbezeichneten Orten wurden die nachfolgend angeführten Personen zur Sache einvernommen:
Ich kann mich entsinnen, daß die Hirtensfrau Maria Pfleger von Deimhausen vor vielen Jahren einmal bei mir in Behandlung gestanden ist und in der Klinik in München wegen Gallensteinleidens operiert werden mußte. An die genaue Zeit kann ich mich heute aber nicht mehr entsinnen. Auch habe ich aus dem Jahre 1922 keine Aufschreibungen mehr. Ein Kartothek habe ich nie angelegt, da ich immer eine möglichst einfache Buchführung hatte. Die Pfleger war in den letzten Jahren nie mehr mir als Patientin. Wenn mir nun gesagt wird, daß die Pfleger laut Feststellung bei der Ortskrankenkasse Schrobenhausen vom 2.4.22 bis 17.4.22 krank und arbeitsunfähig gemeldet war, so glaube ich nicht, daß die Pfleger trotz Krankmeldung während dieser Zeit mit ihren Familien-angehörigen noch einen mehrere Tage dauernden Besuch bei Ihrer Mutter in Mittenheim gemacht haben dürfte. Ich gebe allerdings die Möglichkeit zu, daß wenn die Pfleger schon vorher, als sie noch gesund war, nach Mittenheim gefahren ist und dort erkrankte, daß ich sie dann nachträglich rückwirkend auf den ersten Krankheitstag bei der Kasse als arbeitsunfähig gemeldet habe. Dies ist aber ganz bestimmt der Fall, wenn sie mir eine Bestätigung von dem angeblich dort in Anspruch genommenen Arzt überbracht hat. Ich kann mich nicht entsinnen, daß ich von der Pfleger oder deren Mann bei einer Rückfahrt mit dem Omnibus von Pfaffenhofen nach Hohenwart eine Bestätigung von einem Arzt in Schleißheim übergeben, erhalten habe. Die Möglichkeit gebe ich allerdings zu. Ich kann mich heute noch gut entsinnen, daß ich am Dienstag, als die Ermordung der Familie Gruber in Hinterkaifeck bekannt wurde, im Laufe des Nachmittags selbst nach Hinterkaifeck gekommen bin und den Tatort besichtigte. Bei meinem Eintreffen lagen sämtliche Leichen noch an den Auffindungsstellen. Im Laufe des Nachmittags und Abends des gleichen Tages (Dienstag den 4.4.22) war hier in Hohenwart schon allgemein bekannt, daß die Bewohner in Hinterkaifeck ermordet wurden. Ich halte es deshalb schon für möglich, daß wenn Pfleger am gleichen oder folgenden Tage von Schleißheim zurückgekommen und in der Gastwirtschaft" zur Sonne“ eingekehrt ist, daß er dann von dem Mord erfahren hat. Ich werde versuchen, nochmals nachzusehen, ob ich die Unterlagen aus dem Jahre 1922 noch finden kann, was ich allerdings nicht glaube. Sollte dies der Fall sein, werde ich davon Nachricht geben“.
Die allgemeine Ortskrankenkasse Schrobenhausen hat mit Bericht vom 2.9.38 eine Rechnung des Dr. med. Wilhelm Bach von München - Schleißheim übermittelt. Laut Aufstellung auf der Rückseite dieser Rechnung ist ersichtlich, daß Dr. Bach bei der Hütersfrau Maria Pfleger von Deimhausen am 1.4.22 einen Nachtbesuch in Mittenheim und am 3.4.22 einen Tagbesuch vorgenommen hat. Nach dem anliegenden Bericht des Kassenleiters wurden die Daten (1.4. und 3.4.22) vom Kassenleiter selbst und zwar wahrscheinlich auf Grund anderer Unterlagen eingetragen. Auf grund dieses Rechnungsbeleges, der nach persönlicher Zusicherung des Kassenleiters bei den Akten bleiben kann, steht nun einwandfrei fest, daß die Ehefrau Pfleger bereits am 1.4.22 bei ihrer Mutter in Mittenheim zu Besuch war.
gez. Kusterer
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Verbindung zum Mordfall Hinterkaifeck
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