Dokumente: 1971-08-27 Zeugenvernehmung Schilling Krezens

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Zeugenvernehmung

Detailinformationen

Datum

27. August 1971

Ort

Sattelberg

Art des Dokumentes

Vernehmungsprotokoll

Verfasser

Kammermeier KHM

Verfasst für

Bayrische Landpolizei

Verfügbar

Inhalt

Zur Person:

Familienname
Vornamen
Schilling geb. Märtl
Krezens
Alter (Jahre) / Familienstand
Beruf
Staatsangehörigkeit
geb. 16.04.1913 in Kühbach, verheiratet
Hausfrau
deutsche StA.
Wohnhaft in
(Gde., Straße, Nr., Tel.-Nr., Lkrs.)
8899 Sattelberg Nr. 30 (Dorfstraße)
Auswärtiger Beschäftigungsort
und -dauer
ohne
Ladungsfähige Anschrift wie Wohnung


Zur Sache: Ich bin in Kühbach aufgewachsen. Das ist ca. 10 km von Hinterkaifeck entfernt. Als die Leute in Hinterkaifeck umgebracht wurden, war ich neun Jahre alt. Aber ich kann mich daran noch gut erinnern. Als Kinder trauten wir uns damals eine ganze Zeit nicht mehr aus dem Hause. Im Jahre 1937 habe ich mich mit Josef Schilling in Sattelberg verheiratet und lebe seitdem hier. Wir hatten eine Landwirtschaft mit 17 Tgw. Grund. Jetzt ist alles verpachtet, In der Familie lebte noch die Mutter meines Mannes im Austrag. Der Vater meines Mannes war schon vor meiner Heirat verstorben. Meine Schwiegermutter ist 89 Jahre alt geworden. Sie ist im Januar 1967 gestorben. Die Schwiegermutter hat anfangs noch in der Landwirtschaft mitgeholfen, so gut es ging. In unserer Nachbarschaft lebte die Familie Schreier. Als ich nach Sattelberg heiratete, war von den Angehörigen der Familie niemand mehr hier. Die alte Frau Schreier und der Sohn Andreas waren zu dieser Zeit schon verstorben. Karl Schreier lebte in Schrobenhausen. Er kam gelegentlich nach Sattelberg, um sich seine Heimat anzuschauen. Ich kannte ihn daher nur flüchtig vom Sehen. Den Andreas Schreier kannte ich als Kind. Er war damals Maschinist beim Dreschwagen und kam auch nach Kühbach. Er wollte mal zu meiner um sieben Jahre älteren Schwester ans Kammerfenster kommen. Aus dem Gerede in der Familie weiß ich, daß meine Schwiegermutter mit der verstorbenen Frau Schreier in den zwanziger Jahren gerne geratscht hat, wenn sie sich begegneten. Die beiden Söhne Andreas und Karl Schreier sollen damals ihrer Mutter Sorgen gemacht haben, weil sie gerne Wirtshäuser besuchten und auch in Raufereien verwickelt waren. Einmal soll Frau Schreier meiner Schwiegermutter erzählt haben, Andreas sei mit blutiger Kleidung nach Hause gekommen. Das soll in der Zeit nach dem Mord von Hinterkaifeck gewesen sein. Meine Schwiegermutter hatte eine rege Phantasie. Nur deshalb weil Andreas Schreier mal mit blutiger Kleidung heimgekommen sein soll, brachte sie ihn mit dem Mord von Hinterkaifeck in Verbindung. Meine Schwiegermutter soll seiner Zeit auch behauptet haben, Frau Schreier hätte ihr erzählt, die Söhne Andreas und Karl hätten den Mord von Hinterkaifeck befangen. Aus dem Gerede in der Familie weiß ich weiter, daß meine Schwiegermutter zum damaligen Ortspfarrer Sperl gegangen ist und ihm bei der Beichte ihren Verdacht gegen die Brüder Schreier mitteilte. Der Pfarrer soll es abgelehnt haben, ihre Schilderung im Beichtstuhl entgegenzunehmen. Er soll verlangt haben, sie solle zu ihm ins Pfarramt kommen. Meine Schwiegermutter soll hingekommen sein. Auf Grund ihrer bestimmten Schilderungen soll der Pfarrer dann die Polizei verständigt haben. Sowohl meine Schwiegermutter als auch die alte Frau Schreier sollen von der Polizei vernommen worden sein. Die beiden Brüder Karl und Andreas Schreier sollten eingesperrt, jedoch bald darauf wieder entlassen worden sein. Wie weiter in der Familie gesprochen wurde, hat sich Andreas Schreier in der Haft ein Leiden zugezogen und ist bald darauf gestorben. Meine Schwiegermutter hat in der Folgezeit immer wieder behauptet, daß die Brüder Schreier den Mord von Hinterkaifeck verübten und sie das von der alten Frau Schreier erfahren habe. Sie ist auch später noch öfter vernommen worden. Sie soll Vorladungen zum Amtsgericht deswegen bekommen haben. Nach der Überzeugung unserer ganzen Familie hat sich die Schwiegermutter den ganzen Verdacht gegen die Brüder Schreier nur in ihrer Phantasie zusammengereimt. Anfangs der dreißiger Jahre ist aus Aresing ein gewisser Brückl verschwunden. Es soll damals der Verdacht entstanden sein, daß er ermordet und verscharrt worden sein soll. In diesem Fall hat meine Schwiegermutter behauptet, sie wisse, wo er eingegraben ist und hat auch diese Stelle bezeichnet. Sie wurde von der Polizei an diese Stelle gebracht und soll dann einen Maulwurfshaufen gezeigt haben. Durch ihre ständigen Verdächtigungen hat meine Schwiegermutter die Familie laufend in große Schwierigkeiten und Unannehmlichkeiten gebracht. Die Schwiegermutter besaß Aufschreibungen, die sie in ihrem Schrank in einem Geheimfach verwahrte. Davon ist nichts mehr da, mein Mann hat alles verbrannt. Das war zu Lebzeiten der Mutter gewesen. Meine Schwägerin Therese, jetzt verh. Tschernay, hatte schon weggeheiratet, als ich nach Sattelberg kam. Ich lernte sie nur dadurch kennen, daß sie ab und zu die Mutter besuchen kam. Die beiden haben sich recht gut verstanden. Sie hat der Mutter immer Recht gegeben und immer alles geglaubt. Sie glaubte auch die Verdächtigungen gegen die Brüder Schreier. Letztmals sah ich die Schwägerin Therese bei der Beerdigung der Schwiegermutter. Die Geschwister meines Mannes wollen von Frau Tschernay nichts wissen, denn sie hat die Mutter gegen mich aufgehetzt.

Wenn meine Schwägerin jetzt Angaben zum Mord von Hinterkaifeck machte, dann kann sie das nur von meiner Schwiegermutter wissen. Dieses Wissen meiner Schwiegermutter wurde seinerzeit schon von den Behörden überprüft und hat sich als unrichtig herausgestellt." Meine Schwiegereltern waren in den zwanziger Jahren in schlechten finanziellen Verhältnissen und hatten Schulden. Wir vermuten, daß die Schwiegermutter die Brüder Schreier des Mordes verdächtigte, weil sie auf die Belohnung von 2.000 DM spekulierte.
Geschlossen: Kammermeier (KHM)
Zugegen: Sendker (KHM)
v., g. u. u.
Zenta Schilling

Offene Fragen/Bemerkungen