Zeitungsartikel: 1922-04-08 Schrobenhausener Wochenblatt
Titel
Detailinformationen
Datum
08.04.1922
Ort
Art des Dokumentes
Zeitungsbericht
Verfasser
Schrobenhausener Wochenblatt
Verfasst für
Verfügbar
Staatsarchiv München
Inhalt
Die Schreckenstat in Hinterkaifeck Vieles zwar haben die bisher am Tatort durch verschiedene Kommissionen vorgenommenen Untersuchungen aufgedeckt, mehr liegt jedoch in Rätseln und was sonst alles behauptet wird, beruht auf Vermutungen oder ist unrichtig. Fest steht, dass ein Elektromonteur aus Pfaffenhofen, der den Motor reparieren wollte, am Dienstag das Haus verschlossen vorfand, deshalb den Verschluss des Motorenhäuschens löste, die Reparatur ausführte und dann in Gröbern davon Mitteilung machte. Der Ortsvorsteher von Gröbern, Herr Schrittenlocher machte sich daher mit zwei Leuten auf, um Nachschau zu halten. Sie fanden nichts Verdächtiges vor, drangen da die Haustüre verschlossen war, durch den Stadel ins Innere und stießen dort sofort auf die vor der Türe zum Stall liegenden vier Leichen der beiden alten Gruber, der Kriegerswitwe Gabriel und deren 8jährigen Tochter, sämtliche mit eingeschlagenen Köpfen, mit Heu und Brettern verdeckt. Beim Eindringen in die Wohnung fanden sie in der sich an die Küche anschließenden „hinteren Kammer“ die zunächst unbekannte Person am Boden liegend in ihrem Blute, vollständig angekleidet , mit dem Oberbett zugedeckt, anscheinend um die Leiche vom Fenster aus dem Blicke zu ziehen. Ihre Personalien waren anderntags bald festgestellt. Es handelt sich tatsächlich um die in den vorgefundenen Ausweispapieren bezeichnete Dienstmagd Baumgartner, die am Freitag Nachmittag von ihrer Schwester, wohnhaft in Mühlried, an ihren neuen Dienstplatz geleitet worden war. Sie steht im 45. Lebensjahr, tat sich unter fremden Leuten etwas schwer, freute sich in der Nähe ihrer Schwester ein Plätzchen gefunden zu haben, wo es sonst keine „Ehehalten“ gäbe, und fand noch am selben Abend einen so tragischen Tod. Das 2 ½ jährige Knäblein fand sich –wohl der traurigste Anblick – in seinem Kinderwagen in der Kammer vor, ebenfalls den Kopf zerschmettert, derart, dass Gehirnteile an seinem Hemdchen und am Dache des Wägelchens klebten. Aus verschiedenen Umständen muss man schließen, insbesonders auch aus der Bekleidung und den unbenützten Betten, dass die Tat kurz vor dem Bettgehen erfolgte und zwar am Freitag. Die junge Frau war sogar noch vollständig bekleidet, trug allerdings keine Schuhe mehr. Irgend ein Mordinstrument wurde bis heute noch nicht vorgefunden und die im Viehbarren aufgefundene kreuzhacke dürfte, wenn überhaupt, erst verwendet worden sein, nachdem mit einem anderen Instrumente die Ermordeten zunächst bearbeitet, vielleicht bewusstlos gemacht worden sind. Mit Sicherheit darf angenommen, dass die im Stadel vorgefundenen Personen auch im Stadel ermordet wurden, nachdem sie auf irgend eine Weise dort hingelockt worden sind; denn es ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte, dass die Leichen anderswo ermordet u. dann weggeschleppt worden seien. Ob das lose vorgefundene Rind sich selbst losgerissen hat oder von den Tätern losgelassen worden ist, um die Leute in den Stadel zu locken, steht nicht fest. Am Dienstag Abend hat, wie bereits berichtet, eine Gerichtskommission aus Schrobenhausen als erste den Tatbestand festgestellt, während des frühen Morgens am Mittwoch traf auch im Auto , von der Schrobenhausener Gendarmerie verständigt, Oberinspektor Reingruber von der Polizeidirektion München mit dem Erkennungsdienst und zwei Polizeihunden, im Laufe des Mittwochs auch der Staatsanwalt von Neuburg ein. Am Donnerstag wurde mit der Sezierung der Leichen begonnen, die erst am Samstag abgeschlossen sein dürfte. Die Polizeihunde konnten keinerlei Spuren mehr aufnehmen. Wie jetzt feststeht, war nur der Schrank durchwühlt und daraus anscheinend, aus der auf dem Bett vorgefundenen leeren Brieftasche zu schließen, nur Papiergeld mitgenommen, während, nur unschwer aufzufinden, eine Blechbüchse und eine Kassette mit 1780 Mark Goldgeld und 1700 Mark Silbergeld, ebenso eine große Anzahl von Wertpapieren von den Tätern unberührt gelassen worden sind. Nach Aussage von Leuten müssen ca. 100.000 Mark an Papiergeld vorhanden gewesen sein. Allem Anschein nach sind die Täter – denn vermutlich kommen mehrere in Frage- nicht nur radikal, sondern auch sehr vorsichtig zu Werke gegangen, was die Nachforschungen sehr erschwert. Die Gier nach dem Gelde scheint mit ziemlicher Bestimmtheit der Antrieb zur Tat gewesen zu sein. Auch scheint bereits in der Nacht zum Donnerstag ein Einbruch versucht worden zu sein und zwei Burschen, wenigstens hat der alte Gruber Vorübergehenden diese Auskunft erteilt und lässt ein zur Sicherung an der Türe ganz frisch angebrachtes Stück Brett darauf schließen, dass er Verdacht hegte. Viele Neugierige fanden sich in diesen Tagen am Tatorte ein. Die Beerdigung wird voraussichtlich am Samstag vormittags 9 Uhr im Friedhof in Waidhofen stattfinden. Hoffentlich gelingt es den weiteren Nachforschungen das bestialische Verbrechen der gerechten Sühne entgegenzuführen.
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