Aussagen: 1922-04-28 Schönacher Simon
Quelle
Staatsarchiv Augsburg
Detailinformationen
Datum
28.04.1922
Ort
Rachelsbach
Zugegen
Simon Schönacher
Inhalt
Vernehmung des Simon Schönacher, Bauer und Maurer
Polizeidirektion München Rachelsbach, den 28. April 1922
Fahndungsabteilung Vormittags 11 Uhr
Betreff: Raubmord in Hinterkaifeck
In vorstehender Sache wurde in seiner Wohnung vernommen der verh. Bauer und Maurer
Simon S c h ö n e c k e r
50 Jahre alt, Rechelsbach Hs. Nr. 38 und gab folgendes an:
Ich kannte die ermordete Familie Gruber und Fr. Gabriel seit vielen Jahren. Ich habe alle Maurerarbeiten bei ihnen verrichtet und bin mit den dortigen Verhältnissen sehr gut vertraut gewesen.
Die ermordeten hatten sparsam und zurückgezogen gelebt und mir ist ein näherer Verkehr derselben mit anderen Personen nicht bekannt. Allgemein war bekannt, dass die Ermordeten sehr viel Geld hatten, insbesondere auch Hart- bzw. Goldgeld. So viel ich wahrgenommen hatte, hatte jeder von den 3 Ermordeten und zwar Gruber, dessen Frau und dessen Tochter, Frau Gabriel ihre eigene Kasse.
Wie ich vom Mord erfahren habe, war mein erster Gedanke, dass niemand anderer als Täter in Betracht kommen könne, als der mit bekannte Karl B i c h l e r, gen. Verdy.
Meinen Verdacht begründe ich damit, weil Bichler nichts mehr arbeiten wollte und schon allgemein als Dieb und Räuber bekannt ist.
So hat er bei dem Bauern Johann Walter (Hausname Sepp-Wartl) in Koppenbach im Herbst 1920 oder 21 Schafe gestohlen, die er nach Schrobenhausen getrieben und dann nach Augsburg verkauft haben soll. Walter hat von einer Anzeige Abstand genommen, weil er befürchtete, dass ihm Bichler aus Rache sein Anwesen anzünden könnte.
Ferner kamen es in den letzten Jahren verschiedene Hühnerdiebstähle hier vor und es hieß allgemein, dass als Täter nur Bichler in Betracht kommen könnte. So viel mir bekannt ist wurde bei Weber und Thomas Winter in Waidhofen Hühner gestohlen. Einmal war er bei dem Tagelöhner Blasius Lipp in Waidhofen im Heimgarten und es wurde ihm in Abwesenheit des Lipp von dessen Ehefrau etwas zu essen vorgestellt. Als er sich von dort entfernte gab er den Anschein, als ob er nachschauen gehen wollte, in Wirklichkeit ging er in den Hühnerstall und wollte dort Hühner stehlen. Durch das Geschrei einer Henne wurde Frau Lipp aufmerksam und als sie in den Hühnerstall kam, bemerkt sie, wie er Bichler die Henne stehlen wollte. Bichler ergriff die Flucht und ließ dabei seinen Hut zurück, der heute noch im Besitz der Lipp sein muss.
Ausserdem ist mir bekannt, dass er im vergangenen Jahr entweder in Ober- oder in Unterbärnach bei einem Bauern bedienstet war, dem er einen Sack voll Korn gestohlen hat und ihm zum Nachbarsbauern brachte, wo er denselben verkaufen wollte. Der Bauer schöpfte Verdacht und verständigte den Dienstherren des Bichler und zwar deshalb, wie er nicht arbeitet und doch gut lebt.
Bekannt ist mir auch, daß in der Umgebung im vergangenen Jahre an mehreren Plätzen frische Tabakblätter gestohlen wurden.
Ich bin in der landwirtschaftlichen Obstverwertungsgenossenschaft Waidhofen Vorarbeiter. Als solchen habe ich den Bruder des Karl Bichler, Anton Bichler, im Frühjahr 21 als Arbeiter eingestellt gehabt, er lief mir aber bald wieder davon, da ihm die Arbeit zu viel war, da er keine Arbeit gewöhnt ist.
Im Sommer 21 war Karl Bichler ebenfalls arbeitslos und trieb sich lieber arbeitsscheu zum Ärger der Bewohner im Dorfe und Umgebung umher, so dass bei der Gemeindeverwaltung Waidhofen von den Bewohnern der Antrag auf Einschaffung des Bichler in ein Arbeitshaus eingebracht wurde.
Eines Tages kam ich in die Wirtschaft zum Reger in Waidhofen wo bereits Karl Bichler anwesend war uns sich an einer kräftigen Brotzeit, trotz seiner Arbeitslosigkeit, labte. Mir fiel dies auf, weshalb ich ihn fragte: „Na Karl, dass Du noch leben kannst, wenn Du nichts arbeitest.“ Worauf er mir zur Antwort gab: „ Ja, Dimmerl, arbeiten tue ich nichts mehr, so dumm bin ich nicht mehr, dass ich mir die Hände dreckig mache, es muß so auch gehen und wenn ich mir die Hände blutig machen muss.“ Ich habe mich hierüber geärgert und gab ihm zu Antwort: „Das wird solange kein Gut tun, die Not bricht Eisen, das wird nicht mehr lange dauern und wir werden es bald erfahren“. Ich habe mit ihm dann die Unterhaltung abgebrochen. Ausserdem habe ich herfahren, dass in der gleichen Wirtschaft Bichler geäußert haben soll, den Hinterkaifeckern kehren wie ihre Goldtücke noch um.
Ferner ist mir bekannt, dass Karl Bichler eine intime Freundschaft mit einer Schmidgehilfen von Grebmeier in Waidhofen hatte. Dieser Gehilfe stamm aus München, war hier sehr ausgelassen und traue ihm jede Tat zu. Wie ich erfahren habe sollen sich die Beiden in letzter Zeit noch getroffen haben.
Die eben gemachten Angaben beruhen auf Wahrheit und kann ich dieselben jederzeit beeiden. Weitere Angaben kann ich nicht machen.
L.U.
Einvernommen durch:
gez. Neuss, Kr. Kom. gez. Schönacher Simon
gez. Kollmer, Kr. Sek.
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