Aussagen: 1922-04-05 Schlittenbauer Lorenz: Unterschied zwischen den Versionen

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V. g. u.
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'''Teil 2'''
'''Teil 2'''

Version vom 2. Januar 2011, 13:54 Uhr

Quelle

‎Staatsarchiv Augsburg

Detailinformationen

Datum

05.04.1922

Ort

Hinterkaifeck

Zugegen

Lorenz Schlittenbauer, Georg Reingruber

Inhalt

Teil 1: Aussage des Lorenz Schlittenbauer, Ortführer von Gröbern.

Kaifeck hinter Gröbern 5.4.22

Betreff: Mord an der Bauernfamilie Gabriel, Hinter Kaifeck bei Gröbern

Vorgerufen wurde der Lorenz Schlittenbauer. Bauer und Orstführer in Gröbern Hs.Nr. 20 und erklärt:

Ich bin Ortsführer in Gröbern Gem. Wangen und bin mit den Eheleuten Gruber sowie deren Tochter der verw. Viktoria Gabriel, geb. Gruber bekannt gewesen. Letztere hat ein außereheliches Kind 2 Jahre alt zu dem ich mich als Vater bekannt habe. Der Ehemann der Gabriel ist im Feldzug und zwar in Jahre 16 gefallen.

Am Samstag, den 01.04.22, um die Mittagszeit kam in mein Anwesen in Gröbern ein Kaffeehändler bei dem meine Frau Kaffee bestellte. Der Name ist mir nicht bekannt, auch nicht der Name der Firma welche den Kaffee liefert. Der Kaffee soll in 12 Tagen eintreffen. Der Kaffeehändler hat sich meiner Familie über geäußert, da in dem Anwesen von Gabriel niemand angetroffen werden konnte. Am Dienstag den 4.4.22, etwa um 3 Uhr herum kam in mein Anwesen ein Monteur und sagte zum meiner Tochter Viktoria Schlittenbauer, man möge der Familie Gabriel mitteilen, dass er den Motor jetzt hergerichtet habe. Er habe dabei erzählt, dass er in dem Anwesen niemanden angetroffen habe und alles abgesperrt sei. Dies alles erfuhr ich bei der Vesperzeit. Gleichzeitig wurde mir erzählt, dass ein Kaffeehändler da gewesen sei, der sich geäußert hat, dass in dem Anwesen Gabriel niemand zu sehen sei.

Mir ist diese Sache verdächtig vorgekommen und hab mir gedacht, da muß nachgesehen werden. Ich habe dann meine 2 Söhne Johann Schlittenbauer 16 Jahre alt und Josef Dick 9 Jahre al beauftragt, sich zu Gabriel zu begeben und an den Fenstern zu klopfen und durch die Fenster in die Zimmer hineinzusehen, ob niemand im Haus sei. Außerdem sagte ich ihnen, wenn sie von der Familie Gabriel jemanden sehen, zu sagen, der Motor sei jetzt hergerichtet. Kurz darauf kamen meine Söhne zurück und gaben an, dass sie niemanden angetroffen haben, dass sie etwas winseln hörten u. das Vieh im Stall schreie.

Ich habe daraufhin meine beiden Nachbarn Michael Pöll und Jakob Sigl veranlasst mit mir in die Behausung der Gabriel zu gehen. Es war dies am Dienstag den 4.4.22 um 5 Uhr nachm. Herum.

Wir fanden alle Türen mit Ausnahme der zum Maschinenhaus führende Türe verschlossen. Vom Maschinenhaus aus führte eine Scheunentür in die Tenne. Diese Tor war verschlossen u. zwar von innen aus in der Weise, dass in der Innseite des Tores eine Stange vom Tor zum Balken fest angebracht war.

Ich habe dann angeordnet, das Tor aufzureißen, was uns auch gelungen ist. In der Mitte der Tenne stand eine Häckselmaschine mit Handbetrieb. Die von der Tenne aus links in die Stallung führende Tür war offen und es schaute aus der selben ein junges Rind. Ich ging voran gegen die Stalltüre. Vor dieser war Heu gelagert. Ich trat auf das selbe und stolperte dabei gegen die Tür. Das Rind ist unterdessen in den Stallgang zurück gegangen, wie es von der Kette los war. Mein stolpern beachtete ich nicht weiter. Dagegen reif der hinter mir gehende Pöll: „Da ist ja ein Fuß“. Ich erwiderte daraufhin: „Das wäre ja noch schöner“. Ich wendete mich um und griff nach dem Fuß, zog ihn zur Ecke und erkannte dabei, dass dies der Andreas Gruber sei.

Ich schaute den Platz näher an u. bemerkte dabei, dass noch mehr Personen auf dem Boden liegen. Ich bemerkte dann den anderen Begleitern an ob denn diese Personen tot sind und zog davon, nämlich der Gruber und die Cäcillie Gabriel aus dem Heu hervor. Letztere legte ich sie 1 ½ m weiter nach links gegen die Maschine hin. Ich hatte dabei geglaubt, dass der 2 ½ jährige Josef Gabriel, mein Sohn, auch dabei sein könnte u. vielleicht noch zu retten wäre. Nachdem ich gesehen habe, dass sie kein Lebenszeichen gegeben haben, lies ich die anderen Personen gehen und ging durch den Stallgang in die Wohnung um mich nach meinem Sohn umzusehen.

Im Stallgang musste ich einem Rind ausweichen und stieg deshalb in den Barren. Dort sah ich einen Kreuzpickel im Barren an der Wand lehnen. Ich ging dann in die Küche, von dort aus in die Schlafkammer. Dort fand ich meinen Sohn mit zerschmettertem Kopf im Kinderwagen liegend vor. Ich habe dann die in den Hofraum führende Tür geöffnet und meine Begleiter, die mir von der Tenne aus nicht mehr gefolgt sind, hereingelassen.

Ich habe mich dann in das von der Küche aus gelegene Stübchen begeben. Dort lag das Bett auf dem Boden. Ich hob das Bett empor und sah unter diesem eine weibliche Leiche liegen, die mir unbekannt war. Neben dieser Leiche lag ein gepackter Rucksack. Ich glaubte es sei eine Hamsterin aus Augsburg oder sonst wo her. Wir gingen nun alle 3 aus dem Hause. Während Sigl und Pöll nach Gröbern zurück gingen, blieb ich in der Nähe des Hauses Gabriel zurück. Gleichzeitig gab ich meinem Sohn Johann den Auftrag mit seinem Rade zu dem Bürgermeister nach Wangen zu fahren und diesen von den Morden in Kenntnis zu setzten.

Unterdessen kamen mehrere Bauern aus der Ortschaft Gröbern zum Anwesen Gabriel. Den Bauernsohn Alois Schwaiger in Gröbern gab ich den Auftrag nach Waidhofen zu gehen und dort zu veranlssen, daß die Angehörigen der Ermordeten telefonisch von den Vorkommnis-sen in Kenntnis gesetzt werden. Dies war Abend um 6 Uhr. Mittlerweile sammelten sich mehrere Person aus der Umgebung an. Zutritt in die Wohnräume und des ganzen Hauses habe ich niemanden gestattet. Ich habe mich dann um das Vieh angenommen und dieses gefüttert. Nach Ankunft der Gendamarie und des Bürgermeisters Greger von Wangen, habe ich mich um nichts mehr gekümmert.

Bemerken möchte ich noch, dass mir der verlebte Gruber am Donnerstag den 30. März 22 vorm. Gegen 11 Uhr auf dem Felde zugerufen hat, dass er in der vergangenen Nacht von Einbrechern heim gesucht worden sei. Er habe die Spuren im Neuschnee bemerkt und ver- folgt, habe aber dabei keine Spur die vom Haus wegführt, gefunden. Dabei habe er bemerkt, dass an der Tür des Motorhauses der Verschluß aufgerissen sein. Die Einbrecher (2) wären auch im Motorhaus gewesen, hätten aber nichts mitgenommen. Ferner sagte Gruber, daß an der Türe zur Futterkammer Eindrücke von Brechwerkzeugen ersichtlich sind.

Soviel mir bekannt, war die Familie Gruber, gut situirt. Ich rechne, dass sie etwa 100000 M Bargeld besaßen. Auch Hartgeld dürfte in ihrem Besitz gewesen sein. Ferner haben sie noch Pfandbriefe von verschiedenen Banken im Besitz. Der Hinterlegungsort des Geldes und der Wertpapiere ist mir nicht bekannt.

Einen Verdacht auf eine bestimmte Person, die als Täter in Frage kommen könnte, kann ich nicht aussprechen. Dass die Familie Gabriel Feinde hatte kann ich ebenfalls nicht sagen. Die Leute waren sparsam und fleißig. Ich kann nicht angeben, ob die Familie spezielle Freunde und Bekannten hatte und öfters Besuch erhielten. Ich kann auch nicht angeben, ob jemand die Verhältnisse der Verlebten bekannt waren. Sie lebten zurück gezogen und verschlossen. Ich kann nicht angeben, dass die Familie in letzter Zeit größere Einnahmen gemacht hätten.

Wie mir mein Sohn Josef Dick sagte, ist die Cäzillia Gabriel seid Samstage 1.4.22 nicht mehr in die Schule Waidhofen gekommen. Ich nehme daher an, dass der Mord in der Nacht des 1.4.22 verübt worden ist. Ich schließe dies daraus, weil der Andreas Gruber nur mit Unter-hose und Hemd und die Cäzilli Gabriel im Hemd war, ferner die anderen drei Frauen noch angekleidet waren.

Zum Schluß bemerke ich noch, dass ich das Heu wie es auf den Leichen ausgebreitet war, liegen gelassen habe ausser was während der Zeit das losgelassene Rind weggefressen hat.

V. g. u.

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Teil 2 Die Familie G r u b e r von Hinterkaifeck kannte ich seit meiner Geburt. Das Anwesen in Hinterkaifeck gehörte ursprünglich dem Josef Ostermeier und nach dessen Tode heiratete dessen Witwe Cäzilie Ostermeier den Andreas Gruber. Aus der ersten Ehe der Frau Gruber mit Josef Ostermeier waren 2 Kinder da und zwar ein Knabe und 1 Mädchen. Der Sohn ist im Kriege gefallen und die Tochter ist heute noch verheiratet in der Nähe von Scheyern. Die Eheleute Gruber hatten mehrere Kinder, von denen aber nur 1 Tochter, die Viktoria am Leben geblieben ist. Die Kinder sind wohl alle gestorben, weil sie keine Pflege hatten und auch nicht genügend ernährt wurden. Ich selbst und auch mein Vater hatten öfters im Sinn, die Eheleute Gruber wegen Kindesmisshandlung anzuzeigen. Wir haben es nämlich öfters erlebt, dass die kleinen Kinder tagelang im Keller bleiben mussten und wenn man vorbeiging, hörte man die Kinder im Keller weinen. Ich sags ganz offen, die Leute waren nicht gut, da hat der Herrgott schon die rechte Hand am rechten Platz gehabt.

Die Viktoria Gruber, die später den Karl Gabriel geheiratet hat, war 13 Jahre jünger als ich. Ich habe sie natürlich auch schon seit ihrer Kinderzeit gekannt, aber in nähere Beziehungen bin ich erst mit ihr getreten, wie sie bereits Witwe war. Etwa im Jahre 1913 hat sie den Bauerssohn Gabriel geheiratet. Er wurde von den alten Grubers schlecht behandelt. Der alte Gruber hatte das Heft in der Hand und ließ es sich auch nicht nehmen, nachdem er übergeben hatte. Gabriel hat selbst mir gegenüber öfters geklagt, dass es ihm schlecht gehe und dass die Alten so geizig seien, dass es nicht einmal mittags etwas zum Essen gäbe.

Man hat auch davon gesprochen, dass die Ehe wieder geschieden werden sollte. Dazu ist es aber nicht mehr gekommen, weil der Krieg ausgebrochen und Karl Gabriel dann bald gefallen ist. Ich weiß noch, dass die alte Frau Gruber, als die Todesanzeige vom Mann der Tochter kam, gesagt hat, jetzt ist die Entscheidung schon da.

Soviel mir bekannt, war die Familie Gabriel, gut situiert. Ich rechne dass sie etwa 100.000 M Bargeld besassen. Auch Hartgeld dürfte noch in ihrem Besitze gewesen sein. Ferners haben sie auch Pfandbriefe von verschiedenen Banken im Besitze. Den Hinterlegungsort des Geldes und der Wertpapiere ist mir nicht bekannt.


Einen Verdacht auf eine bestimmte Person, der als Täter in Frage kommen könnte, kann ich nichts aussprechen. Daß die Familie Gabriel Feinde hatte kann ich ebenfalls nicht sagen. Die Leute waren sparsam und fleisig. Ich kann nicht angeben, ob die Familie spezielle Freunde und Bekannte hatte und öfter Besuche erhielt. Ich kann auch nicht angeben ob jemand über die Verhältnisse der Verlebten bekannt waren. Sie lebten zurückgezogen und verschlossen. Ich kann nicht angeben, dass die Familie in letzter Zeit größere Einnahmen gemacht hätten.

Fragen/Bemerkungen

Lorenz Schlittenbauer war zum Zeitpunkt der Morde Ortsführer von Gröbern.