Zeitungsartikel: 1935-01-30 Berliner Allgemeine Zeitung: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 18. Juni 2012, 10:43 Uhr

Nach 13 Jahren verhaftet

Detailinformationen

Datum

30.01.1935

Ort

Berlin

Art des Dokumentes

Zeitungsartikel

Verfasser

unbekannt

Verfasst für

Berliner Allgemeine Zeitung

Inhalt

Nach 13 Jahren verhaftet
Unter sechsfachen Mordverdacht – Das Geheimnis von Kaifeck gelüftet?
München, 29. Januar
Telegramm unseres Korrespondenten
In Hohenwart bei Ingolstadt wurde heute auf Anzeige seiner [Personen: Pfleger Maria jun. | seiner 20jährigen Tochter]] der 56 Jahre alte aus Daimhausen gebürtige Pfleger unter dem Verdacht verhaftet, den sechsfachen Mord von Kaifeck, der seit dreizehn Jahren ungesühnt ist, begangen zu haben. Seine Verhaftung erinnert wieder an ins der dunkelsten Verbrechen, die in den letzten Jahren in Süddeutschland geschahen.

Am 2. April 1922 wurde in der Einöde Kaifeck, die eine gute Wegstunde vom nächsten Ort entfernt im Wald liegt, eine sechsköpfige Familie ermordet aufgefunden. Die Opfer waren das etwa 55jährige Ehepaar Huber (Anmerkung - richtig: Gruber), deren 35jährige Tochter namens Gabriele (Anmerkung – richtig (Gabriel) mit ihren beiden 9 uns 2 Jahre alten Kindern und die erst vor wenigen Tagen dort in Dienst getretene 47jährige Magd. Das Mädchen wurde in ihrer Kammer, das zweijährige Kind in seinem Wägelchen und die übrigen vier Ermordeten wurden im Stall gefunden, wohin sie anscheinen nacheinander gelockt und mit einem Beil getötete wurden.

Die Tat wurde erst nach vier Tagen entdeckt, als ein Vorüberkommender, durch das Brüllen des hungernden Viehs aufmerksam geworden, das Haus betrat. Bei der Untersuchung der Bluttat wurden im Schnee Fußspuren entdeckt, die zum Haus hinführten, aber nicht mehr weg. Geraubt war nichts worden, der Täter mußte mit den Örtlichkeiten vertraut gewesen sein.
Der Bevölkerung bemächtigte sich ungeheure Aufregung, die zu zahllosen Verdächtigungen und vielen Verhaftungen führte. Das Schlagwort „Kaifeck – verdächtig“ wollte jahrelang nicht verstummen. Das einsame Mordhaus, das niemand mehr bewohnen wollte, verfiel und wurde schließlich abgerissen.
Zuletzt richtete sich der Verdacht gegen den Mann der Frau Gabriel, der seit 1917 in Russland vermisst wurde. Seine Frau hatte dem im Feld stehenden Mann die Treue nicht gehalten und ihm nicht einmal auf seine Briefe geantwortet. Ihr jüngstes, ebenfalls ermordetes Kind, konnte nicht von ihm sein, und man nahm daher an, daß er nach seiner Entlassung aus der Gefangenschaft unerwartet zurückgekehrt sei und sich auf diese fürchterliche Weise für die Treulosigkeit seiner Frau gerächt habe, um sich nach der heimlich wieder zu entfernen.
Für diese Vermutung aber gibt es bisher keinen Beweis. Gabriel wurde nie mehr gesehen und ist inzwischen gesetzlich für tot erklärt worden.
Die Tochter des jetzt Verhafteten zeigte ihren Vater wegen angeblicher Äußerungen an, die auf seine Täterschaft schließen ließen. Da aber die Familienverhältnisse Pflegers so zerrüttet sind, dass auch ein Racheakt der Grund zur Anzeige gewesen sein kann, ist es sehr ungewiß, ob jetzt das Verbrechen seine Aufklärung findet.

Offene Fragen/Bemerkungen

Diesen Artikel stellte der User Hauser bei Allmystery zur Verfügung.