Zeitungsartikel: 1953-01-20 Abendzeitung: Unterschied zwischen den Versionen
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Mit schweren Gedanken steigen die vier nach Hinterkaifeck hinauf. Als sie die Haustür verschlossen finden, geht Lorenz Schlittenbauer sofort auf die Stadltür zu. Er kennt sich in diesem Haus aus wie in seiner Hosentasche. Die anderen folgen ihm. Aber vor der Türschwelle weist er seinen 16jährigen Sohn | Mit schweren Gedanken steigen die vier nach Hinterkaifeck hinauf. Als sie die Haustür verschlossen finden, geht Lorenz Schlittenbauer sofort auf die Stadltür zu. Er kennt sich in diesem Haus aus wie in seiner Hosentasche. Die anderen folgen ihm. Aber vor der Türschwelle weist er seinen 16jährigen Sohn | ||
zurück. „Du bleibst besser erstmal draußen", knurrt er.<br> | zurück. „Du bleibst besser erstmal draußen", knurrt er.<br> | ||
Noch heute schüttelt die Erinnerung an das Geschehene den alten Jakob Sigl. In der Futterkammer, dem Raum zwischen Küche und Stall, liegen nebeneinander, nur flüchtig mit Heu und ein paar Brettern zugedeckt, vier Tote: Andreas Gruber und seine Frau, Viktoria Gabriel und die kleine Cäcilie.<br> | Noch heute schüttelt die Erinnerung an das Geschehene den alten Jakob Sigl. In der [[Sachverhalte: Die 5 Tatortbilder|Futterkammer]], dem Raum zwischen Küche und Stall, liegen nebeneinander, nur flüchtig mit Heu und ein paar Brettern zugedeckt, vier Tote: Andreas Gruber und seine Frau, Viktoria Gabriel und die kleine Cäcilie.<br> | ||
„Der Fuß von der alt'en Gruberin hat aus dem Heu herausg'schaut, das war das erste, was wir g'sehen haben." Schlittenbauer zerrt die vier Leichen aus dem Heu heraus und schleift sie auf die Seite. Alle weisen sie schwere Schädelverletzungen auf.<br> | „Der Fuß von der alt'en Gruberin hat aus dem Heu herausg'schaut, das war das erste, was wir g'sehen haben." Schlittenbauer zerrt die vier Leichen aus dem Heu heraus und schleift sie auf die Seite. Alle weisen sie schwere [[Sachverhalte: Tatort|Schädelverletzungen]] auf.<br> | ||
Dann finden | Dann finden sie im „Stüber!" die Magd Marie Baumgartner.<br> | ||
Schlittenbauer fällt der kleine Josef ein, der Bub, den er trotz allem immer geliebt hat. Im Schlafzimmer der Grubers finden sie ihn grauenvoll zugerichtet. Der Mörder hatte mit einem einzigen schweren Schlag das Dach des Kinderwagens und den Kopf des kleinen Bubenzerschmettert.<br> | Schlittenbauer fällt der kleine Josef ein, der Bub, den er trotz allem immer geliebt hat. Im Schlafzimmer der Grubers finden sie ihn grauenvoll zugerichtet. Der Mörder hatte mit einem einzigen schweren Schlag das Dach des Kinderwagens und den Kopf des kleinen Bubenzerschmettert.<br> | ||
Als sie sich wieder gefaßt haben, untersuchen die drei kopflos und ohne jedes System das Haus. Vieles läßt auf einen Raubmord schließen. Die leere, dickbauchige Geldtasche des alten Bauern, die auf seiner Bettstatt liegt, die herausgerissenen Schubladen und Kästen. Aber dann hängen da wieder die ganzen kostbaren Kleider der Bäuerinnen, da liegen zahlreiche wertvolle Schmuckstücke und mehrere Uhren, da finden sie einen ganzen Topf voller Gold- und Silbermünzen im Wert von rund 2000 Mark. Sie stehen vor einem vollkommenen Rätsel. Betäubt vor Entsetzen verlassen die Männer gegen vier Uhr nachmittags wieder den Hof, um im Dorf Bescheid zu geben. Einer von ihnen hält Wache bei den Toten. Wie ein Lauffeuer geht die Schreckenskunde von Haus zu Haus, von Dorf zu Dorf. Der Gendarm ist an diesem Abend ausgerechnet nicht zu finden. Aber dafür machen sich von weit und breit her alle auf den Weg, die gesunde Beine haben. Die Männer nehmen Dreschflegel, Sensen und Mistgabeln mit, die Frauen Weihrauch und Kerzen. Jeder rennt erst, von wilder Neugier getrieben, in das Schreckenshaus und verläßt es dann wieder, fast gelähmt vor Entsetzen. Schluchzend knien die Frauen und Männer vor dem Haus und fangen an zu beten.<br> | Als sie sich wieder gefaßt haben, untersuchen die drei kopflos und ohne jedes System das Haus. Vieles läßt auf einen Raubmord schließen. Die leere, dickbauchige Geldtasche des alten Bauern, die auf seiner Bettstatt liegt, die herausgerissenen Schubladen und Kästen. Aber dann hängen da wieder die ganzen kostbaren Kleider der Bäuerinnen, da liegen zahlreiche wertvolle Schmuckstücke und mehrere Uhren, da finden sie einen ganzen Topf voller Gold- und Silbermünzen im Wert von rund 2000 Mark. Sie stehen vor einem vollkommenen Rätsel. Betäubt vor Entsetzen verlassen die Männer gegen vier Uhr nachmittags wieder den Hof, um im Dorf Bescheid zu geben. Einer von ihnen hält Wache bei den Toten. Wie ein Lauffeuer geht die Schreckenskunde von Haus zu Haus, von Dorf zu Dorf. Der Gendarm ist an diesem Abend ausgerechnet nicht zu finden. Aber dafür machen sich von weit und breit her alle auf den Weg, die gesunde Beine haben. Die Männer nehmen Dreschflegel, Sensen und Mistgabeln mit, die Frauen Weihrauch und Kerzen. Jeder rennt erst, von wilder Neugier getrieben, in das Schreckenshaus und verläßt es dann wieder, fast gelähmt vor Entsetzen. Schluchzend knien die Frauen und Männer vor dem Haus und fangen an zu beten.<br> | ||
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Aktuelle Version vom 8. März 2024, 23:02 Uhr
Der Mörder lebt unter uns!
Detailinformationen
Datum
20. Januar 1953
Ort
Art des Dokumentes
Zeitungsartikel
Verfasser
Stefan Jörg
Verfasst für
Münchener Abendzeitung
Verfügbar
Inhalt
Stefan Jörg berichtet über die Bluttat von Hinterkaifeck |
Offene Fragen/Bemerkungen
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