Dokumente: 1953-01-15 Bericht Herrnreiter: Unterschied zwischen den Versionen
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'''''Bericht des Ersten Staatsanwaltes Dr. Herrnreiter zum Mordfall Hinterkaifeck''''' | '''''Bericht des Ersten Staatsanwaltes Dr. Herrnreiter zum Mordfall Hinterkaifeck''''' | ||
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15. Januar 1953 | 15. Januar 1953 | ||
=== Ort === | === Ort === | ||
Augsburg | [[Orte: Augsburg|Augsburg]] | ||
=== Art des Dokumentes === | === Art des Dokumentes === | ||
Bericht | Bericht | ||
=== Verfasser === | === Verfasser === | ||
[[Ermittler: Herrnreiter | Dr. Herrnreiter]], Staatsanwalt<br> | [[Ermittler: Herrnreiter Ferdinand| Dr. Herrnreiter]], Staatsanwalt<br> | ||
[[Ermittler: Leinfelder | Leinfelder]], Gerichtsassessor<br> | [[Ermittler: Leinfelder | Leinfelder]], Gerichtsassessor<br> | ||
[[Ermittler: Maginot | Maginot]] | [[Ermittler: Maginot | Maginot]] | ||
=== Verfasst für === | === Verfasst für === | ||
=== | === Quelle === | ||
Staatsarchiv München | Staatsarchiv [[Orte: München|München]], PolDir 8091b | ||
== Inhalt == | == Inhalt == | ||
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An das<br> | An das<br> | ||
Bayer. Staatsministerium der Justiz<br> | Bayer. Staatsministerium der Justiz<br> | ||
z. Hd. Herrn Ministerialrat Dr. Resch<br> | z. Hd. [[Ermittler: Resch Alfred| Herrn Ministerialrat Dr. Resch]]<br> | ||
München<br><br> | [[Orte: München|München]]<br><br> | ||
über den<br> | über den<br> | ||
Herrn Generalstaatsanwalt<br> | Herrn Generalstaatsanwalt<br> | ||
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II.<br> | II.<br> | ||
Wesentliches Ergebnis der früheren Ermittlungen<br> | Wesentliches Ergebnis der früheren Ermittlungen<br> | ||
Während sich die ersten von der Gendarmeriestation Hohenwart und der Gendarmeriehauptstation Schrobenhausen auf Weisung der seinerzeitigen Staatsanwaltschaft [[Orte: Neuburg a. | Während sich die ersten von der Gendarmeriestation Hohenwart und der Gendarmeriehauptstation Schrobenhausen auf Weisung der seinerzeitigen Staatsanwaltschaft [[Orte: Neuburg a. d. Donau|Neuburg(Donau)]] getätigten Ermittlungen mehr auf Ortsansässige und Einheimische erstreckten, gingen die Polizeidirektion München und das Landespolizeiamt München, die alsbald die weitere Verfolgung der Straftat übernahmen, von der Erwägung aus, daß der oder die Täter in den Kreisen unstet im Lande umherziehender Personen zu suchen seien. In Verfolgung dieses Gedankens wurden mehrere hundert Zigeuner, Bettler, Landstreicher, Handwerksburschen, usw. überprüft, ohne daß ein Erfolg gezeigt werden konnte. Ob im Rahmen dieser Aktion auch die nunmehr der Tat verdächtigten [[Personen: Gebrüder Gump | Gebrüder Gump]] einer Prüfung unterzogen wurden, kann heute nicht mehr festgestellt werden.<br> | ||
In den folgenden Jahren wurden durch die Staatsanwaltschaft Neuburg und nach deren Auflösung durch die Staatsanwaltschaft Augsburg Ermittlungen gegen eine Reihe von Personen gepflogen, die vor allem durch Gerüchte und anonyme Anzeigen der Täterschaft verdächtigt wurden. Allein auch insoweit können heute verwertbare Feststellungen, ob dabei die Gebrüder Gump eine Rolle spielten nicht mehr getroffen werden.<br> | In den folgenden Jahren wurden durch die Staatsanwaltschaft Neuburg und nach deren Auflösung durch die Staatsanwaltschaft Augsburg Ermittlungen gegen eine Reihe von Personen gepflogen, die vor allem durch Gerüchte und anonyme Anzeigen der Täterschaft verdächtigt wurden. Allein auch insoweit können heute verwertbare Feststellungen, ob dabei die Gebrüder Gump eine Rolle spielten nicht mehr getroffen werden.<br> | ||
Fest steht jedoch nach den Angaben das heute noch bei der Staatsanwaltschaft Augsburg tätigen Ersten Staatsanwalts Dr. Dr. Herrnreiter, der in den ersten Kriegsjahren (1939-1942) den Fall bearbeitete, daß von dem seinerzeitigen Oberstaatsanwalt [[Ermittler: Hegel | Dr. Hegel]], der inzwischen verstorben ist, Weisung gegeben war, bei allen nur möglichen Gelegenheiten auf eine Unterbrechung der Verjährung durch richterliche Handlungen hinzuarbeiten.<br><br> | Fest steht jedoch nach den Angaben das heute noch bei der Staatsanwaltschaft Augsburg tätigen Ersten Staatsanwalts Dr. Dr. Herrnreiter, der in den ersten Kriegsjahren (1939-1942) den Fall bearbeitete, daß von dem seinerzeitigen Oberstaatsanwalt [[Ermittler: Hegel | Dr. Hegel]], der inzwischen verstorben ist, Weisung gegeben war, bei allen nur möglichen Gelegenheiten auf eine Unterbrechung der [[Wissen: Verjährung | Verjährung]] durch richterliche Handlungen hinzuarbeiten.<br><br> | ||
III<br> | III<br> | ||
Ermittlungsverfahren gegen die Gebrüder Gump<br> | Ermittlungsverfahren gegen die Gebrüder Gump<br> | ||
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a) Anton Gump bestreitet die Örtlichkeit von Hinterkaifeck und die Orte [[Orte: Gröbern | Gröbern]] und [[Orte: Waidhofen | Waidhofen]] zu kennen, obwohl er vier Jahre lang als landwirtschaftlicher Arbeiter in dieser Gegend beschäftigt war. Auffallend ist auch, daß er bei seiner Vernehmung sofort sagte, es sei kein Raubüberfall gewesen, weil nichts geraubt worden sei, obwohl die Veröffentlichungen in der Presse stets nur von einem „Raubmord“ sprachen.<br><br> | a) Anton Gump bestreitet die Örtlichkeit von Hinterkaifeck und die Orte [[Orte: Gröbern | Gröbern]] und [[Orte: Waidhofen | Waidhofen]] zu kennen, obwohl er vier Jahre lang als landwirtschaftlicher Arbeiter in dieser Gegend beschäftigt war. Auffallend ist auch, daß er bei seiner Vernehmung sofort sagte, es sei kein Raubüberfall gewesen, weil nichts geraubt worden sei, obwohl die Veröffentlichungen in der Presse stets nur von einem „Raubmord“ sprachen.<br><br> | ||
b) Anfangs bestritt Anton Gump um die Tatzeit herum beim Hamstern in der Schrobenhausener Gegend gewesen zu sein, später gab er jedoch zu, im Herbst 1922 in einem Bauernanwesen in der Gegend von Schrobenhausen eine Gans und Äpfel gehamstert zu haben. An den Ort will er sich nicht mehr erinnern können, sein Bruder Adolf habe bei dieser Gelegenheit nur nach Nordwesten gezeigt und gesagt, daß hinten Hinterkaifeck liege. Auch die Zeugin Schindler gibt an, daß sie 1922 mit den Gebrüdern Gump in der Schrobenhausener Gegend beim Hamstern war.<br><br> | b) Anfangs bestritt Anton Gump um die Tatzeit herum beim Hamstern in der Schrobenhausener Gegend gewesen zu sein, später gab er jedoch zu, im Herbst 1922 in einem Bauernanwesen in der Gegend von Schrobenhausen eine Gans und Äpfel gehamstert zu haben. An den Ort will er sich nicht mehr erinnern können, sein Bruder Adolf habe bei dieser Gelegenheit nur nach Nordwesten gezeigt und gesagt, daß hinten Hinterkaifeck liege. Auch die Zeugin Schindler gibt an, daß sie 1922 mit den Gebrüdern Gump in der Schrobenhausener Gegend beim Hamstern war.<br><br> | ||
c) Während seiner Inhaftierung im Gerichtsgefängnis Donauwörth erzählte Anton Gump einem Mitgefangenen, Strobel, daß sein Bruder Adolf der Mörder von Hinterkaifeck sei, er selbst aber mit der Tat nichts zu tun habe. Allerdings habe er kurz vor und nach der Tat mit seinem Bruder gesprochen.<br><br> | c) Während seiner Inhaftierung im Gerichtsgefängnis Donauwörth erzählte Anton Gump einem Mitgefangenen, [[Personen: Strobel Michael|Strobel]], daß sein Bruder Adolf der Mörder von Hinterkaifeck sei, er selbst aber mit der Tat nichts zu tun habe. Allerdings habe er kurz vor und nach der Tat mit seinem Bruder gesprochen.<br><br> | ||
d) bei Anton Gump wurde ein Zettel sichergestellt, auf welchem er sich, offenbar in der Absicht, sich nicht in Widersprüche zu verwickeln, Teile einer früheren Aussage notiert hatte.<br><br> | d) bei Anton Gump wurde ein Zettel sichergestellt, auf welchem er sich, offenbar in der Absicht, sich nicht in Widersprüche zu verwickeln, Teile einer früheren Aussage notiert hatte.<br><br> | ||
Der für die Fortführung des Verfahrens ausschlaggebende n Frage der Verjährungsunterbrechung wurde weitgehend Bedeutung geschenkt. Durch umfangreiche Erhebungen konnte als letzte nachweisbare richterliche Handlung der Erlaß eines Haftbefehls durch das Amtsgericht Schrobenhausen gegen einen gewissen Gabriel im Jahre 1937 festgestellt werden. Ob in Richtung gegen Gump Adolf und Anton vor 1942 zur Verjährungsunterbrechung geeignete richterliche Handlungen vorgenommen wurden, konnte bisher nicht mit Sicherheit ermittelt werden. Ausfindig gemacht wurde jedoch ein Polizeibeamter (Beck), der angab, daß er im Jahre 1937 oder später Postenchef des LP-Posten Unterbruck (LK. Freising) aufgrund eines vermutlich von der Staatsanwaltschaft Augsburg ausgegangenen Ermittlungsschreibens erfolglos nach dem Aufenthalt eines Gump geforscht habe. In den Ermittlungsschreiben sei Gump als im Verdacht der Täterschaft hinsichtlich des Mordes in Hinterkaifeck bezeichnet gewesen. Gegenwärtig werden neue Ermittlungen angestellt, ob Gump etwa im Jahre 1937 oder später zur Festnahme ausgeschrieben war, was Schlüsse auf das Vorhandensein eines Haftbefehls zulassen würde, und ob in dem Postein- und ausgangsbuch des LP.-Posten Unterbruck mehrere Angaben über das von Beck erwähnte Fahndungsersuchen erhalten sind.<br><br> | Der für die Fortführung des Verfahrens ausschlaggebende n Frage der Verjährungsunterbrechung wurde weitgehend Bedeutung geschenkt. Durch umfangreiche Erhebungen konnte als letzte nachweisbare richterliche Handlung der Erlaß eines Haftbefehls durch das Amtsgericht Schrobenhausen gegen einen gewissen Gabriel im Jahre 1937 festgestellt werden. Ob in Richtung gegen Gump Adolf und Anton vor 1942 zur Verjährungsunterbrechung geeignete richterliche Handlungen vorgenommen wurden, konnte bisher nicht mit Sicherheit ermittelt werden. Ausfindig gemacht wurde jedoch ein Polizeibeamter (Beck), der angab, daß er im Jahre 1937 oder später Postenchef des LP-Posten Unterbruck (LK. Freising) aufgrund eines vermutlich von der Staatsanwaltschaft Augsburg ausgegangenen Ermittlungsschreibens erfolglos nach dem Aufenthalt eines Gump geforscht habe. In den Ermittlungsschreiben sei Gump als im Verdacht der Täterschaft hinsichtlich des Mordes in Hinterkaifeck bezeichnet gewesen. Gegenwärtig werden neue Ermittlungen angestellt, ob Gump etwa im Jahre 1937 oder später zur Festnahme ausgeschrieben war, was Schlüsse auf das Vorhandensein eines Haftbefehls zulassen würde, und ob in dem Postein- und ausgangsbuch des LP.-Posten Unterbruck mehrere Angaben über das von Beck erwähnte Fahndungsersuchen erhalten sind.<br><br> |
Aktuelle Version vom 21. Februar 2017, 14:30 Uhr
Bericht des Ersten Staatsanwaltes Dr. Herrnreiter zum Mordfall Hinterkaifeck
Detailinformationen
Datum
15. Januar 1953
Ort
Art des Dokumentes
Bericht
Verfasser
Dr. Herrnreiter, Staatsanwalt
Leinfelder, Gerichtsassessor
Maginot
Verfasst für
Quelle
Staatsarchiv München, PolDir 8091b
Inhalt
Der Oberstaatsanwalt Augsburg, den 15. Januar 1953
1 Js 244/52 |